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4| Maggie
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Die Arbeit im Woodlands-Pflegeheim umfasst nur einen kleinen Teil meiner Tätigkeit, aber von allen erfüllt sie mich wahrscheinlich am meisten. Ich besuche das Heim zweimal pro Woche und untersuche eine Reihe von Patienten, oder Bewohner, wie sie von dem Personal dort genannt werden. Ein Pflegeheim ist normalerweise die letzte Station für diese Menschen auf ihrem Weg durchs Leben. Niemand spricht es gern laut aus, aber dort gehen die Menschen hin, um zu sterben. Das Personal – und ich – versuchen, diese Erfahrung für sie so angenehm und komfortabel wie möglich zu gestalten. Bei jenen Patienten, denen noch etwas Zeit bleibt, behandle ich alle Arten von Erkrankungen. Demenz ist davon wahrscheinlich die Häufigste. Alzheimer ist eines meiner Spezialgebiete, obwohl ich zugeben muss, dass es eine Menge gibt, was ich oder wir noch nicht über diese Krankheit wissen. Es gibt Medikamente, mit denen sich die Begleiterscheinungen behandeln lassen, aber ein Heilmittel existiert bis zum heutigen Zeitpunkt nicht.
Meine eigene Praxis befindet sich in Lincolnshire. Ich teile sie mir mit drei weiteren Ärzten, die alle auf Innere Medizin und Altenpflege spezialisiert sind. Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie stolz ich war, als ich meinen Namen auf einer der Glastüren lesen konnte: »Margaret H. McDaniel, M.D.« Es war ein langer, steiniger Weg bis dorthin, und ich habe es geschafft, die Praxis seit zwölf Jahren am Laufen zu halten. Mit einunddreißig Jahren hatte ich sie eröffnet. Jetzt bin ich dreiundvierzig und ich kann mir ein anderes Leben nicht mehr vorstellen. Ich nehme meinen Beruf sehr ernst.
Was meine Patienten betrifft, möchte ich gern so gewissenhaft wie nur möglich verfahren. Je mehr man über einen Patienten mit Alzheimer weiß, desto besser. Sie haben es hier mit dem kompletten Leben einer Person zu tun. Und damit meine ich Erinnerungen. Wir alle nehmen unsere Erinnerungen als selbstverständlich hin, bis wir anfangen, sie zu verlieren. Deshalb kenne ich gern die komplette Lebensgeschichte eines Patienten, seine oder ihre Biografie, alles, was mir dabei helfen könnte, den Patienten dabei zu helfen, etwas von ihrer sehr flüchtig gewordenen Vergangenheit zu erhalten.
Und deshalb bereitet mir der Fall von Judy Talbot solche Kopfzerbrechen.
Judy – ich rede meine Alzheimer-Patienten gern mit dem Vornamen an, weil es mir so leichter fällt, mit ihnen zu kommunizieren – lebte bereits im Woodlands, als ich dort anfing. Sie ist dreiundsiebzig Jahre alt, doch ihr Zustand lässt sie älter wirken. In ihrem Fall begann die Erkrankung unverhofft und schnell. Nach nur wenigen Jahren befand sie sich bereits in einem fortgeschrittenen Stadium, während es bei den meisten Patienten sechs bis zehn Jahre dauert, um von ersten leichten Symptomen über moderate Probleme bis zu jenem Stadium zu gelangen. Ihr Fall ist nicht ungewöhnlich, nur nicht allzu häufig anzutreffen. Im Moment ist Judy noch in der Lage, sich verständlich zu machen, auch wenn es ihr oft schwerfällt, sich an die richtigen Worte zu erinnern. Sie spricht nur das Allernötigste, meist gebräuchliche Redewendungen, die der Situation angemessen sind, wie »Danke«, »Ja«, »Nein«, »Das ist nett«, »Hallo« und »Auf Wiedersehen«. Ihr Langzeitgedächtnis scheint sie komplett verloren zu haben, auch wenn Martin mir erzählt, dass sie ihn gelegentlich mit ein oder zwei Sätzen überrascht, die sich auf irgendein Ereignis ihrer Vergangenheit beziehen. Judy zeigt keinerlei Anzeichen für Aggressionen, Wutausbrüche oder Umherirren. Sie hat auch noch keine abendliche Verwirrtheit gezeigt. Die Patientin ist damit zufrieden, dazusitzen und aus dem Fenster zu starren oder fernzusehen. Sie ist eine der ruhigsten Patientinnen mit Alzheimer, die ich je gesehen habe. Das Personal im Woodlands sorgt dafür, dass sie tägliche Spaziergänge durch die Flure unternimmt und hinaus in den Garten geht, wenn das Wetter schön ist. Früher muss Mrs. Talbot einmal sehr athletisch gewesen sein, denn ihr Muskeltonus ist für eine Frau ihres Alters und in ihrem Zustand höchst außergewöhnlich. Abgesehen von ihren Muskeln ist sie jedoch fürchterlich untergewichtig und daher dünn und zerbrechlich. Trotzdem überrascht sie das Personal immer wieder mit ihrer Stärke. Wie ich hörte, gab es vor meiner Zeit im Woodlands einen Zwischenfall, bei dem sie einen Mordverdächtigen mit einem Tritt in die Weichteile ausschaltete! Das hätte ich zu gern gesehen. Und seit ich diese Geschichte gehört habe, mache ich mir um die ganzen Narben und Wunden am Körper dieser Frau noch mehr Sorgen.
Ganz gewiss gibt es Erinnerungen, die mit diesen zusammen hängen.
Einmal fragte ich Martin, ihren Sohn, ob seine Mutter beim Militär gewesen sei. In meinen Anfangstagen arbeitete ich mit Kriegsveteranen, und ich weiß, wie Kampfnarben aussehen. Für mich hat es den Anschein, als wäre Judy Talbot im Krieg gewesen. Auf ihrer Haut finden sich unzählige Narben, darunter eine sehr große an ihrer rechten Schulter, die bis zu ihrer Brust hinabreicht. Ich bin sicher, dass sie von einer Art Messer stammt. Wer immer die Wunde genäht hat, muss ein Anfänger gewesen sein. So sehen Narben aus, wenn sie auf dem Schlachtfeld behandelt werden und kein professioneller Arzt greifbar ist. Noch verstörender sind die beiden alten Schusswunden. Eine befindet sich an ihrer linken Schulter, direkt unter dem Schlüsselbein, die andere auf der linken Seite ihres Abdomens.
Nun, wenn Judy Talbot diese Wunden nicht bei der Armee erlitten hat, wie hat die alleinerziehende Mutter aus der Vorstadt sie sich dann zugezogen?
Martin behauptet, es nicht zu wissen.
Ich glaube ihm nicht.
In den letzten Monaten habe ich Martin sehr zu schätzen gelernt. Wir haben angefangen, uns zu daten – ich schätze, so nennt man das wohl – und wir genießen die Zeit zusammen. Als ich ihn das erste Mal sah, fand ich ihn ein wenig nebech, um einen Ausdruck zu bemühen, den mein jüdischer Großvater gern benutzte. Er ist kein unattraktiver Mann und mit zehn Kilo weniger würde er großartig aussehen. Zuerst war er arbeitslos und schien in meiner Gegenwart sehr nervös zu sein. Jetzt weiß ich, dass er das war, weil er mich attraktiv fand, und das ist sehr schmeichelhaft, weil ich mich selbst gar nicht so empfinde. Martin hat jetzt wieder einen Job und ist nun weniger nervös, aber er neigt dazu, gestresst und unruhig zu sein. Ich kann mir vorstellen, dass es keine leichte Aufgabe ist, für seine Mutter zu sorgen. Alzheimer kann für die Familien oft härter sein als für den Patienten selbst. Aber, um ehrlich zu sein, glaube ich, dass an der Geschichte seiner Mutter mehr dran ist, als er mir erzählen will. Ich denke, das ist auch der Grund für Martins Anspannung, und weniger ihre Krankheit. Irgendetwas Traumatisches ist ihr – und vielleicht auch ihm – zugestoßen. Zuerst mutmaßte ich, dass Judy Talbot von ihrem Ehemann missbraucht wurde. Martin versicherte mir, dass das nicht der Fall sei, andererseits hat er seinen Vater nie kennengelernt. Martins Vater war eines der ersten Opfer des Vietnamkrieges, zumindest behauptet er das. Auch hier bin ich nicht sicher, ob ich das glauben soll. Lügt Martin oder weiß er es selbst nicht?
Die andere Möglichkeit ist, dass Judy in irgendwelche kriminellen Aktivitäten verstrickt war. Könnte sie eine gesuchte Flüchtige sein, die sich viele Jahre unter falschem Namen versteckte? Falls dem so ist, halte ich es für meine Pflicht, die Wahrheit herauszufinden.
Martin und ich sind heute Abend zum Essen verabredet. Daran ist nichts verwerfliches – denn offiziell bin ich nicht die Hausärztin seiner Mutter, auch wenn diese sie kaum noch untersucht. Ich mag Judy, und ich mag Martin. Ich möchte ihm gern näherkommen, aber das wird so lange nicht passieren, bis ich ihm wirklich vertrauen kann.
Ich traf mich mit Martin in einem Restaurant namens Kona Grill in Lincolnshire. Dort werden amerikanisch-asiatische Speisen und Sushi angeboten, und zwischen 17 und 19 Uhr gibt es dort eine prima Happy Hour. Die Appetizers gibt es dann zum halben Preis und man kann sich eine komplette Mahlzeit daraus zusammenstellen. Wir waren schon einmal dort gewesen und es gefiel uns. Zudem liegt es recht günstig, denn ich kann nach der Arbeit im Woodlands hier vorbeischauen, und er kommt auf seinem Weg von seinem Büro in Deerfield nach Buffalo Grove ebenfalls hier vorbei.
Er war bereits da und arbeitete an seiner ersten Margarita. Ich mache mir nichts aus Happy-Hour-Drinks und trinke auch nur selten Alkohol, und wenn, dann einen Wein zu einem guten Essen. Martin, soviel ich weiß, neigt zu einem täglichen Cocktail. Aber ich nörgele nicht an ihm herum. Auf die Art habe ich meinen letzten Freund verloren. Er warf mir vor, ich würde mich wie seine Ärztin und nicht wie seine Partnerin verhalten.
»Gut siehst du aus«, sagte er, nachdem er mich auf die Wange geküsst hatte.
»Danke, doch das sagst du jedes Mal, wenn wir uns sehen«, antwortete ich lachend.
»Aber es stimmt.«
»Martin, ich habe den ganzen Tag gearbeitet. Ich sehe sicher müde aus.«
»Deshalb könntest du einen davon gebrauchen.« Er hob sein Glas. »Macht dich gleich wieder munter.«
»Kaffee macht mich munter. Hast du schon was zu Essen bestellt?«
»Noch nicht.«
Die Bedienung erschien und ich ließ mir ein Wasser bringen. Martin und ich entschieden, uns eine Pizza zu teilen, die sie hier Fladenbrot nannten, und eine California Roll. Das reichte mir vollauf.
»Ich hab gerade nach deiner Mutter gesehen«, erzählte ich ihm.
»Ich war gestern bei ihr, aber da warst du nicht da.«
»Ich weiß.«
»Wie ging es ihr heute?«
»Wie immer. Ich glaube, sie mag mich. Es heitert sie auf, wenn sie mich sieht.«
»Das ist mit jedem Besucher so. Du solltest sehen, wie sie reagiert, wenn sie Gina sieht. Mom blüht dann regelrecht auf. Ich wünschte, Gina könnte öfter bei ihr sein. Mom wird sie nicht wiedererkennen, oder? Wenn Gina über Weihnachten hier ist, sind es vier Monate oder so, seit sie sie zum letzten Mal gesehen hat.«
»Wenn die Bindung zwischen ihnen so stark ist, wie du sagst, wird sie sich erinnern. Das Bild deiner Tochter steht direkt auf ihrer Kommode und deine Mutter kann es sich jeden Tag ansehen.«
»Ich hoffe, du hast recht.«
»Wie läuft‘s auf Arbeit?«
Martin zuckte mit den Achseln. »Ach, unverändert. Es ist nicht das, was ich am besten kann oder was mir am meisten gefallen würde, aber es ist Arbeit. Immer noch besser, als Arbeitslosengeld zu bekommen. Sam war heute da. Der ist schon echt eine Nummer für sich. Hat die ganze Zeit nichts anderes getan, als sich über den Weihnachtsrummel aufzuregen – Weihnachtsmusik, Weihnachtsdekoration, Weihnachtsdies und Weihnachtsdas. Seiner Meinung nach sollte Hanukkah so viel Aufmerksamkeit bekommen.«
»Tut es hier in der Gegend doch, oder nicht? Hier gibt es einen sehr großen Anteil von Juden.«
»Ich weiß. Er ist einfach komisch.«
»Mein Großvater war Jude.«
»Wirklich?«
»Ja. Aber meine Großmutter nicht, also blieb nicht viel davon hängen. Er war auch ein ganz eigener Charakter. Er hat mir immer Schokotaler – Hanukkah gelt – für meine Weihnachtsstrümpfe geschickt.«
Das Essen kam und wir stürzten uns darauf. Spätestens da merkte ich, dass ihn etwas bedrückte. Normalerweise aß er schnell und redete viel. Aber dieses Mal war er eher schweigsam und stocherte in seinem Essen herum.
»Stimmt etwas nicht, Martin? Geht es dir gut?«, fragte ich.
»Ich weiß nicht. Ich hab dir schon davon erzählt. Ich hab gelegentlich diese wirren Träume. Wenn ich davon aufwache, bin ich den restlichen Tag mies gelaunt und angespannt.« Er winkte ab. »Aber mir geht‘s gut.«
»Hattest du bereits Erfahrungen mit Depressionen? Nicht nur bei dir selbst, auch bei deiner Mutter?«
»Hmmm, ich glaube nicht. Zumindest nichts, was man eine klinische Depression nennen würde. Ich meine, jeder ist dann und wann mal niedergeschlagen, oder? Nach meiner Scheidung war ich deprimiert. Ich war depressiv, als ich arbeitslos war. Aber jetzt geht es mir gut. Das war normal, denke ich. Oder nicht?«
»Sicher, so lange, bis es dich in deinem Alltag einzuschränken beginnt. Was ist mit deiner Mutter?«
»Sie trank recht viel, während ich aufwuchs. Als ich aufs College ging, wurde es richtig schlimm, denke ich. Das war die Zeit, wo unser Haus langsam aber sicher verfiel. Als ich nach Hause kam, um sie zu besuchen, merkte ich, dass sie mehr trank. Aber weißt du was? Sie hielt sich weiter fit. Sie hatte einen Boxsack im Keller und schlug jeden Tag ihres Lebens darauf ein. Und sie ging Laufen. Aber ich kann nicht sagen, ob sie wirklich eine Alkoholikerin war oder nicht, denn ich hab sie nie betrunken erlebt, weißt du? Sie hielt sich ziemlich gut.«
»Das heißt nicht, dass sie keine Alkoholikerin war … oder ist.«
»Okay, nun, dann denke ich, dass Mom womöglich für ein paar Jahre depressiv gewesen sein kann.«
Ich nutzte die Chance und bohrte weiter. »Martin, ihr Verhalten könnte etwas mit all den Narben zu tun haben.«
»Maggie, nicht schon wieder.«
»Aber es könnte wichtig sein! Sie hat Schusswunden, Martin! Welche gewöhnliche Mutter in einer Kleinstadt hat denn Schusswunden?«
»Ich sagte dir doch schon, dass ich nicht weiß, woher sie die hat. Das war, bevor ich geboren wurde, und sie hat mir nie davon erzählt. Ich wusste nichts von ihnen, bis du mir davon erzähltest.«
Ich wusste, dass er log. Er vermied es, mir in die Augen zu sehen und aß weiter. Also sagte ich: »Dann verstehe ich nicht, wieso du nicht daran interessiert bist, die Geschichte dahinter herauszufinden. Wäre sie meine Mutter …«
»Okay«, blaffte er mich an. »Herrgott, Maggie. Glaubst du, mir macht das keine Sorgen? Ich bin ziemlich neben der Kappe, was meine Mutter betrifft, weißt du? Allein die Tatsache, dass sie in einem Pflegeheim leben muss, ist erschütternd.«
»Ich weiß.« Ich legte ihm eine Hand auf seinen Unterarm. »Es tut mir leid.«
Er begann fahrig zu werden, legte sich eine Hand auf die Brust und atmete schwer.
»Martin?«
Er antwortete mir nicht. Der arme Mann hatte einen Ausdruck reinster Verzweiflung im Gesicht.
»Martin, was ist los? Geht es dir gut?«
Er nickte heftig, griff nach seinem Glas Wasser – und warf es um. Der Inhalt ergoss sich über den Tisch und ein wenig über mein Kleid.
»Oh, Mist, tut mir leid«, sagte er, doch sein Tonfall hörte sich an, als würde er jeden Moment anfangen zu weinen. Ich sagte ihm, dass es kein Problem sei, und begann den Schlamassel aufzuwischen und mit einer Serviette meine nassen Kleider abzutupfen.
Dann sagte er: »Ich bin gleich wieder zurück«, stand unverhofft auf und lief eilig zu den Toiletten. Ich wusste, dass mit ihm irgendetwas so gar nicht stimmte. Nach allem, was er mir erzählt hatte, vermutete ich, dass er ernsthafte Probleme mit Depressionen und Unruhezuständen hatte, und nun hatte ich die Bestätigung dafür bekommen.
Nach zehn Minuten wurde ich unruhig. Ich stand auf und wollte schon den Manager bitten, in der Herrentoilette nach dem Rechten zu sehen, als Martin wieder erschien. Er sah blass aus. Seine Augen waren rot, so als hätte er geweint.
»Komm, Martin.« Ich nahm seine Hand und führte ihn zu unserem Tisch zurück. »Sag mir, was du fühlst.«
Er beschrieb mir starkes Herzklopfen, Kurzatmigkeit und tiefe Unruhe. Das Gefühl eines drohenden Schicksals. Ich sagte ihm, dass er wahrscheinlich eine Panikattacke erlitten hatte und sich das wieder legen würde. Die nächsten fünf Minuten sprach ich beruhigend auf ihn ein.
»Du wirst nicht sterben, du hattest keinen Herzanfall, sondern nur einen Adrenalinschub, der so nicht auftreten sollte. Das geht wieder vorbei, Martin. Atme einfach tief durch und versuche dich zu entspannen. Würdest du gern gehen?«
Er schüttelte den Kopf.
Nach einer Weile beruhigte er sich tatsächlich.
»Tut mir leid, Maggie.«
»Sei nicht albern. Mit den Symptomen von Angststörungen kenne ich mich ziemlich gut aus. Viele meiner Patienten leiden darunter.«
»Was empfiehlst du ihnen?«
»Ich schicke sie zu einem Psychiater. Zu jemandem, mit dem sie reden können, und der ihnen entsprechende Medikamente verschreiben kann, um ihnen zu helfen.«
Er schüttelte seinen Kopf. »Ein Seelenklempner? Ich will nicht zu einem Klapsdoktor. Kannst du mir nicht was verschreiben?«
»Keine Chance. Ich bin kein Psychiater. Mit den Medikamenten kenne ich mich nicht gut genug aus. Außerdem muss die Dosis individuell auf den jeweiligen Patienten angepasst werden, und das kann nur ein qualifizierter Psychiater. Davon abgesehen sollte ich dich nicht behandeln, wenn wir zusammen sind.«
Ich könnte schwören, dass er zweimal hinhören musste. »Was?«
»Du hast mich schon gehört.«
»Wir sind zusammen? Wirklich?«
»Das ist unser wievieltes Date, unser viertes? Also, ich würde sagen, wir sind zusammen.«
Er nahm meine Hand und sah sehr süß dabei aus. »Maggie, das … macht mich sehr glücklich.«
»Fühlst du dich besser?«
Er lachte ein wenig. »Klar.«
Der Rest unseres Essens verlief ganz gut. Seine Mutter erwähnte ich nicht wieder. Als wir das Restaurant verließen, verblieben wir so, dass er mich bald wieder anrufen würde. Wir verabschiedeten uns mit einem Kuss, und ich sagte ihm, dass er sich keine Sorgen machen soll. Wenn er wieder eine Attacke erlitt, sollte er sich einfach daran erinnern, dass sie wieder vorbeigehen würde und er ein paar Übungen dagegen machen konnte.
Während ich nach Hause fuhr, dachte ich darüber nach, was ich gesagt hatte, und hoffte, nicht zu vorschnell damit gewesen zu sein. Ja, ich mochte ihn. Er konnte sehr liebenswürdig sein. Er war klug, obwohl er hin und wieder dazu tendierte, sich selbst kleinzumachen. Er brachte mich zum Lachen. Die meiste Zeit war er gut gelaunt, und es war offensichtlich, dass er seine Mutter und seine Tochter liebte. Aber da war eine Wand zwischen uns, und das war die Vergangenheit seiner Mutter. Ich war entschlossen, dieses große Mysterium zu lösen, denn sonst konnte ich mich nicht völlig auf Martin einlassen. Nicht auf eine langfristige, ernsthafte Weise.
Als ich an meinem kleinen Haus in Deerfield ankam, suchte ich die Nummer eines alten Freundes heraus, der als Privatdetektiv arbeitete.