Читать книгу Erde:... Tag X. - Reiner J.B. Fleisinger - Страница 7
K.4: Die bissige Erfahrung
ОглавлениеVom Sonnenlicht des angebrochenen Tages das in mein Gesicht scheint, werde ich wieder geweckt. Die Sonne, sie knallt schon wieder mit so einer Intensität vom Himmel, wie all´ die strengen Tage zuvor. Nichts mehr zu spüren von der gewittrigen Abkühlung der Nacht zuvor. Auch das kommt noch dazu, meine Wangen und meine Stirn brennen, ich glaube ich habe einen Sonnenbrand. Ich habe einen hämmernden Kopfschmerz, als hätte ich gestern die ganze Nacht durchgesoffen. Dabei dürften es die hohen Ozonwerte sein die den Schmerz verursachen. Ich richte mich auf und sehe, der Boden hat alles Wasser in sich aufgesaugt, er ist porös und aufgebrochen als die Sonnenstrahlen ihn wieder austrockneten. Nur an vereinzelten Stellen sind noch ein paar Pfützen übrig geblieben. Versteckt hinter Gestein noch nicht gefunden von der UV-Strahlung, werden sie von der wandernden Sonne später dann doch erfasst werden und ebenso entschwinden. Sie sind mit Dreck vermischt, nicht gerade für einen Menschen die leckere Erfrischung. Vielleicht sind die Wolken die gestern Nacht auf mich herabregneten, in einem weniger kontaminierten Gebiet entstanden, womöglich aus einem weit entfernten See, der perfektes Trinkwasser speichert, klar und nicht verseucht. Ich habe zwar noch eine ausgewogene Wasserration im Kanister, aber wäre ich schlau gewesen, hätte ich den Regen mit dem Kanister aufgefangen und er wäre wieder bis oben hin gefüllt. Ich hätte nur so was wie einen Trichter haben müssen der die Tropfen konzentriert hätte. Ich glaube da wäre sogar ein Trichter im Werkzeugfach unter der Ladefläche gewesen, der für den Benzintank gedacht ist. Mein Gott bin ich blöde, dass mir das gestern nicht eingefallen ist. Ich muss viel cleverer werden wenn ich überleben will, ein Satz den ich mir sehr oft selbst an den Kopf werfen muss. Denn wie heißt es so schön? Nur die Harten kommen in den Garten, der Schund kommt in den Schlund! Puuh… mein Kopf schmerzt, ich drücke mir beide Hände fest gegen die Schläfen, vielleicht wird es irgendwie besser. Was gäbe ich jetzt für eine Schmerztablette und einer Brandsalbe für die glühende Haut und das brennende Empfindungsorgan, das ich mein Gesicht nenne. Wäre es jetzt Nacht, ich glaube der Feind würde mich als eine Art Glühwürmchen erkennen, weil ich so krebsrot leuchte. Alles in meinem Gesicht fühlt sich so brennend an, bin selber schuld das ich den Sonnenstrahlen ungewollt meinem Körper angeboten habe. Ich befeuchte Teile der Decke mit Wasser aus dem Kanister und kühle die betroffenen Stellen ein wenig, denn die Haut braucht jetzt dringend eine kühle Feuchtigkeit. Naja, kühl ist das Wasser zwar nicht mehr, aber die Feuchtigkeit tut trotzdem gut. Hätte ich die Plane der Ladefläche bloß ganz geschlossen, dann hätte ich jetzt keine rote Birne. James Watt hätte mich wohl statt dem Glühfaden für sein Experiment verwendet. Jetzt muss ich erst mal meine Blase entleeren und dann ziehe ich meine vom Regen aufgefrischte Kleidung wieder an, hoffentlich stinkt sie nicht mehr so nach Schwein, das kurz vor der Schlachtung stand. So, da stehe ich jetzt hier nackt in der Wüste und pinkle in den Sand und niemand ist da, um mich wegen öffentlichen Ärgernisses anzuzeigen. Upps, der Pups war jetzt keine Absicht! Naja, mit Händen waschen ist ja wohl nichts, zu kostbar ist mir das Wasser, lieber schütte ich es mir in die Kehle als über meine Extremitäten. Außerdem habe ich kein Toilettenpapier und ich werde Ihnen garantiert nicht verraten, wie ich so meine anderen Geschäfte erledige, aber es funktioniert reibungslos. Nun ist es genug, jetzt ist Schluss als nackigen Flitzer hier im Nirgendwo. Ich gehe an die Front des Wagens um mich wieder zu bekleiden. Sie ist zwar trocken, aber dafür hart und kratzig. Das Hemd wie Schmirgelpapier, die Unterwäsche hart und steif und och…, die linke Socke hat ein großes Loch. Aber wo ist meine Hose? Ich habe sie doch gestern Nacht genau dort drüber über den Stoßfänger gelegt und jetzt ist sie einfach verschwunden. Unter dem Wagen ist sie nicht und tragen tue ich sie auch noch nicht, aber wo kann sie nur hingekommen sein? Ob sie der Wind in die Steppe mitgerissen hat? Aber dann müssten doch die anderen Kleidungsstücke ebenso im Winde verweht sein, aber das sind sie ja nicht. Es war bestimmt keiner hier der mich beklaut hat, denn sonst hätte er wohl eher alles geklaut, vielleicht inklusive dem Auto und mir auf der Ladefläche. Oder er hätte mich Schlafenden überfallen, ausgeraubt oder gar getötet. So eine gewaltsame Enteignung soll es schon geben. Ich hoffe nur, dass das mir nie passieren wird, denn gegen mehrere, vielleicht einer Bande oder Gang, wäre ich wohl hilflos gegenüber. Aber wo verflixt ist e jetzt nur mein Beinkleid? Wie beschämend wäre es, mit Oberhemd und Socken, aber ohne Hose vor einem Überlebenden zu stehen. Was soll ich nur sagen wenn ich die Hand reichen soll und ich aber zwangsweise mein bestes Stück mit den Händen verdecken muss? Ich glaube in so einer peinlichen Situation hätte ich mich noch nie befunden. Dann wäre ich bestimmt für immer und ewig als der Perversling der Wüste bekannt und könnte mich nie wieder irgendwo blicken lassen. Dabei stehe ich auf keinerlei von Perversion, zumindest weiß ich es noch nichts davon. Oder war diese gestrige Situation über die ich nicht so gerne mehr spreche schon eine Art von Perversion? Gar nicht zu denken, wenn ich so entblößt vor dem Feinde stünde, ich glaube der würde sich doch nur totlachen und ich würde mich und Grund und Boden schämen. Obwohl ich nicht mal denke, dass der Feind eine Art von veränderlichen Gesichtszügen besitzt. Vielleicht würde der Feind mich aber sogar laufen lassen, weil er sich eventuell denken würde, so eine niedere Lebensform kann der Welt nichts anhaben. Wo steckt die beschissene Hose jetzt denn nur, och verdammt noch mal! Ich verzweifle schon fast bei der Suche. Was war das, da war doch ein Geräusch? Werde ich schon Wahnsinnig, habe ich einen Sonnenstich? Jetzt wird es höchste Zeit mit Beinkleid zu finden, sonst habe ich bald eine gare Nudel und einen gebratenen Hinterschinken. Es ist bestimmt kein Vergnügen, wenn die Genitalien aussehen wie ein englisches Frühstück, das eine gebratenes Würsten, Schinken und gekochte Eier beinhaltet. Der Sand wird auch immer heißer auf dem ich barfuß laufe, aber ich ziehe meine Stiefel erst wieder an, wenn ich die Hose habe. Da ist schon wieder das Geräusch, hört sich an wie ein Jaulen. Jetzt sehe ich woher das kommt. Es kommt von einem Felsen der da an der Strecke liegt und dahinter ist ein ähhh… Hund? Tatsächlich und dieser Köter hat mir doch wirklich die Hosen geklaut. Er trinkt schmatzend die Drecksbrühe aus einer Pfütze und mein Beinkleid liegt direkt neben seiner Schnauze. Ich habe nichts gegen Hunde, nein ganz im Gegenteil, ich liebe Tiere über alles, dennoch muss man in so einer Situation sehr vorsichtig sein. Dieser hat keinen Schaum vor dem Mund, so kann ich davon ausgehen dass er keine Tollwut hat. Ich glaube sowieso, dass diese Krankheit in den letzten Jahrhunderten von unserem Erdball verschwunden ist. Dennoch kann es sein, dass sich in Extremsituationen anderen Erkrankungen durch Beispielsweise verunreinigtes Wasser oder Lebensmittel breitmachen können. Man weiß nie was in den Pfützen für Keime lungern aus diesen er trinkt. Also ist es am besten überhaupt nicht in den Kontakt durch Berührung zu kommen.
>>Hey du blöder Köter, was willst du da mit meiner Hose? Such dir was anderes zu spielen!<< Ich gehe rüber zu dem Vierbeiner, aber er knurrt mich nicht gerade freundlich an. Was soll ich nur machen, wie komme ich an meine Hose? Er sieht an mir etwas baumeln und plötzlich springt er mich an. Ich versuche ihn mit Händen und Beine wegzudrücken, doch er hat ganz schön viel Kraft.
>>Du stehst wohl auf Würstchen, aber das ist nicht für dich gedacht! Autsch, du gehst mir auf den Sack!<<
Es gelingt mir dem Köter mit der Faust auf die Schnauze zu hauen denn ich weiß, dies ist die empfindlichste Stelle eines Hundes und bei einer solchen Gefahrensituation kann man dies tun. Das hat mein Vater mir gelehrt, genauso wie man bei einem Hai feste in die Augen drücken soll, wenn man noch über Finger verfügt nach dem Biss. Ich habe aber auch gelernt, um Hunde zu unterwerfen soll man ihn ins Ohr beißen und besteigen. Was ist, wenn das nicht stimmt? Dann hat er mich wieder am Sack! Das Besteigen lasse ich bleiben, aber ins Ohr werde ich beißen. Ein kurzer Biss und jetzt springt er jaulend davon. Autsch, ich glaub das hat mir jetzt im Innersten selbst mehr wehgetan, denn ich liebe Hunde. Er spurtet empört davon und ich muss ihn schimpfen, denn sonst glaubt er, er kann mit mir machen was er will.
>>Das hast du jetzt davon, lege dich nicht mir der U.S. Army an! Blöder Köter!<<
Ich werfe ihm meine zum Knäuel geballten Socken hinterher, er dreht sich um und schnappt sie sich. Er nimmt sie einfach mit. >>Jetzt nimmt der Köter auch noch meine Socken mit! Ich hoffe du erstickst daran!<< Schreie ich ihm nach. Tatsächlich er spuckt sie nicht wieder aus, er nimmt sie mit, was soll das? Natürlich möchte ich nicht dass er daran erstickt, lieber wäre mir, er wäre mein Wegbegleiter an meiner Seite. Aber endlich habe ich meine Hose wieder, ich halte sie gegen das Licht um zu sehen, ob alles mit ihr in Ordnung ist. >>Na ganz toll, jetzt habe ich auch noch Luftlöcher drin. Der Köter hat mir tatsächlich Löcher in die Hose gebissen. Na dann eben wie Stone washed! Jetzt ist so noch dreckiger als vorher.<< Schreie ich dem flitzenden Vierbeiner nach.
Durch welches Schlammloch hat er die denn nur gezogen? Ich ziehe sie wieder an. Ja jetzt fühle ich mich wieder wohl, zwar ein wenig vollgesabbert und bis auf die paar Löcher die der Hund hineingebissen hat, blieb sie größtenteils unbeschädigt. Gar nicht so übel, wer kann denn behaupten er hat eine klimatisierte Hose. Nur die Bisse, die schmerzen ein wenig, ich glaube er wollte eher spielen als raufen. Hätte er richtig zugebissen, wäre mein Würstchen jetzt wohl eher ein durchgekautes undefinierbares Ding das noch an mir hängt. Der Hund ist ein Perversling, ich frage mich, wo ist er nur hergekommen und wo ist er hin geflüchtet? Für einen streunenden Hund ist die extreme wüstenähnliche Beschaffenheit eigentlich auch nicht gerade das Wahre. Wer wohl der Besitzer des ungezogenen Hundes ist? Aber jetzt muss ich mich damit nicht mehr befassen. Ich werde ganz schön schwitzen und streng riechen ohne Socken in meinen Stiefeln, da kann ich nur hoffen nicht noch ein paar Kojoten damit anzulocken. Ich packe meine Sieben Sachen zusammen, rolle den Schlafsack zusammen und verstaue die Plane des Pick-ups wieder sicher. Alles gut verstaut und noch ein kleiner Schluck vom Wasser aus dem Kanister zum Befeuchten der Kehle könnte die Reise eigentlich weiter gehen. Jetzt habe ich noch eine Idee, da mir mein Gesicht immer noch vom Sonnenbrand höllisch brennt wende ich ein Verfahren an, das schon meine Mutter so gemacht hat. Ich laufe rüber zu der Pfütze und reibe mir den schlammigen Dreck auf Wangen, Stirn, Hals und Kinn. Ich merke gleich welchen kühlenden Effekt dies hat und es ist einer Moormaske bestimmt nicht ganz so abweichend. Viele Stämme von Eingeborenen hatten dies schon vor langer Zeit so gemacht, so bekamen sie den idealen Sonnenschutz. Selbst Tiere machen dies so. Ich merke schon wie es antrocknet, deshalb haue ich mir gleich nochmals eine Portion drauf. So, nun kann es mit einer kleinen Verzögerung endlich weiter gehen mit der Fahrt. Ich betätige den Zündknopf und klopfe auf die Tankuhr, doch sie will leider nicht mehr anzeigen als noch drin ist im Tank. Das reicht höchstens noch für 30 oder 40 Meilen. Tja wenn bis dann keine Tankmöglichkeit gegeben ist, muss ich den Wagen wohl stehen lassen und weitermarschieren wie ich es eben schon gewohnt bin. Ich schaue beim Losfahren in den Rückspiegel, wie man es auch machen soll, doch ich kann noch nicht losfahren als ich mein lächerliches mit Dreck verschmiertes Gesicht sehe. Man sehe ich bescheuert aus, als würde ich direkt aus einer Wellnessoase kommen.
>>Würde irgendjemand über mein Abenteuer einen Roman schreiben, dann wäre es der komischste Endzeitroman aller Zeiten!<< Ich sehe nicht besser aus, egal wie lange ich mich noch im Spiegel betrachte.
>>Aber immer noch besser mit Maske, als mit knallrotem Kopf. Der Hund hat bestimmt gedacht, dass ich ein Streichholz bin. Aber zum Stöckchen spielen habe ich keine Lust mehr!<<
Ich fahre weiter, die Klimaanlage des Autos funktioniert nicht mehr richtig, bald kommt nur noch warme Luft durch, das Kühlmittel darin ist wohl aufgebraucht. Da habe ich so einen Miniventilator für den Zigarettenanzünder im Handschuhfach gefunden, tja benütze ich halt diesen zur Abkühlung. Aber er kann nicht für die gewünschte Luftzirkulation sorgen, so muss ich die Fenster wieder öffnen um den Fahrtwind in den Wagen zu lassen. Es kommt mir vor, als wäre dieser befahrene Weg ein Highway in die Unendlichkeit. In so vielen Endzeitfilmen habe ich diese Strecken schon gesehen, staubig, dreckig und nun ganz in echt. Ist das eine extreme Hitze, kaum noch auszuhalten. Die Luft vibriert und die Luftspiegelungen zeigen wirklich verrückte Sachen auf der Straße. Fast hätte ich es geglaubt, dass dort vorne eine Kolone Kamele sie überqueren will. Na ich will doch nicht hoffen, dass ich schon auf dem afrikanischen Kontinent angelangt bin. Jetzt stelle ich mir nochmals die Frage woher der Hund eigentlich kam und wem er gehört? Wie konnte, oder besser gesagt, wie kann er hier Draußen überleben? Hat er irgendwo ein Herrchen oder ein Frauchen die genauso überlebten wie ich? Ist dieser Hund erst nach dem Bombenwurf zur Welt gekommen oder zuvor? Die Haustiere haben dasselbe Wasser getrunken wie wir Menschen und das war eben kontaminiert mit diesem bekannten Gift, das zur Unfruchtbarkeit führt. Also dürfte der Hund bereits zuvor das Licht dieser trostlosen Welt erblickt haben. Irgendwo liegt ein Geheimnis, das spüre ich. Ein einzelner Hund auf weiter Prärie, eigentlich undenkbar, da muss ein Mensch der ihn begleitet in der Nähe sein. Wäre ich dem Köter nur gefolgt. Jetzt ist es auch zu spät um Kehrtwende zu machen, die Stelle liegt schon Meilen zurück. Aber wo ist denn der nur so schnell hin verschwunden? Der ist bestimmt schon längst über alle Berge. >>An mein Würstchen wollte er, na geht's noch?! Tststs.<<