Читать книгу Frauenmörder - Reinhard Budde - Страница 4

Kapitel II

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Die Ferien waren zuende. Den Frauenmörder hatte man in Venlo gefasst. Als Björn am ersten Schultag ins Lehrerzimmer kam, wurde er gleich von Schulleiterin Seibold abgefangen. „Herr Aumann, Sie haben mir unlängst einen schönen Schreck eingejagt. Da schlage ich die Zeitung auf und sehe Sie als Frauenmörder! Gut, Sie waren es ja dann doch nicht... Aber im ersten Moment!“ Björn versuchte zu grinsen. Am liebsten hätte er sie jetzt - umgebracht!


Zuerst musste er in die 12b, zwei Stunden Deutsch. Es war keine Problemklasse. Dennoch gab es dort ein Problem. Das trug den Namen Anja Olsen, war blond, vollbusig und dreist. Sie hatte es auf ihn abgesehen, war sicher nicht verliebt in ihn, wollte ihn einfach verführen, aus den Angeln heben, zum geilen Trottel machen. Sie war inzwischen 18, war einmal hängen geblieben und ein Ass in Englisch. Aber sonst waren ihre Noten eine einzige Katastrophe. Sie hatte mal im Geschichtsunterricht auf die Frage, was ihr zur Jahreszahl 1933 einfalle, geantwortet: „Das war doch das Ende des Ersten Weltkrieges!“ Und in Deutsch fiel ihr zu Brecht ein, der habe doch „die, nein, den Faust“ geschrieben. Aber Englisch... das beherrschte sie besser als er. Sie hätte bestimmt gern einen jungen, attraktiven Englischlehrer mit ihren üppigen Rundungen durcheinander gebracht. Aber ihr war in dem Fach nur die alte, verknöcherte Kollegin Winter beschieden. Also wurde Björn ihr Opfer! Thema der ersten Stunde: Nachkriegsliteratur, „Gruppe 47“. Interesse der Klasse: null! „Man muss die Schüler begeistern“, empfahl immer wieder die junge Kollegin Reuter, Mathe. In diesem Sinne hatte er seinen Beruf verfehlt. Er konnte nur schlecht begeistern. Also... Das Problem trug an diesem Morgen einen super-kurzen Jeansrock. Anja saß ganz vorn, hatte lässig die hübschen Beine übereinander geschlagen und stellte gerade fest, dass die deutsche Nachkriegsliteratur nicht ihr Ding sei und ließ noch mehr Bein sehen. Um zwei hatte Björn den Schuldienst endlich hinter sich. Er ging in den wenige Minuten entfernt liegenden Park an der Kö und setzte sich in die Sonne. Die Ruhe währte nicht lange, denn Anja Olsen tauchte plötzlich auf und setzte sich neben ihn. „Macht Ihnen dieser scheiß Lehrerjob eigentlich Spaß?“ fragte sie provozierend. Björn wollte nicht die Wahrheit sagen: „Ja, macht er!“ Anja konnte das nicht verstehen. „Jahr für Jahr den selben Quark runter leiern, für den sich niemand interessiert. Ich glaube, Ihr Lehrer seid alle pervers!“ Ja, diese Anja hatte schon Mut und Power. Björn hätte das Gespräch gern beendet. Aber Anja war noch nicht fertig. „Hast du eigentlich eine Freundin?“ Jetzt wurde sie unverschämt. Björn versuchte, cool zu bleiben: „Zurzeit nicht!“ Anja schlug wieder gekonnt die Beine übereinander, vom Rock war jetzt nichts mehr zu sehen: „Dachte ich mir doch! Die alte Seibold ist scharf auf dich. Aber die würde ich auch nicht anrühren. Ich hab übrigens am Wochenende noch nichts vor. Du kannst mich ja mal anrufen. Ich geb dir meine Handynummer.“ Björn sagte nichts, nahm den Zettel mit der Nummer und war froh, dass Anja endlich von ihm abließ. Aber morgen zehn Uhr würde er sie wieder treffen, im Geschichtsunterricht.


Gegen Abend rief seine zwei Jahre ältere Schwester aus Aachen an. Auch vom Fach. Hauptschullehrerin. Björn erzählte ihr von seinem blonden Problem. Elvira lachte: „Mein kleiner Bruder als Frauenheld. Aber lass nur die Finger davon. Denk an Sebastian Friedrich!“ Sebastian... ein Bekannter, Gymnasiallehrer in Köln. Er hatte was mit einer 14-jährigen Schülerin. Als sie schwanger wurde, drehte er durch und nahm sich auf dem Dachboden den Strick!


Am nächsten Tag: Geschichte in der 12b. Anja hatte sich entschlossen, dieses Mal nicht mit einem super-kurzen Rock, sondern mit hautengen Lederklamotten zu provozieren. Thema: Der Zweite Weltkrieg. „Der muss … Ja, ich glaube 1950 war der endlich zuende, nach 30 Jahren! Der heißt doch auch 30-jähriger Krieg. Oder? “ Björn musste grinsen. Eine völlig neues Bild des 30-jährigen Krieges. Diese Anja erfand die Weltgeschichte einfach neu. Eine Naivität mit Charme, wie sich Björn eingestehen musste.


Er war wieder zu Hause, hatte sich einen Ring Fleischwurst, eine Pädswosch vom Pferdemetzger auf dem Carlplatz mitgebracht und zwei Dosen Weißbier aus dem Supermarkt. Er dachte darüber nach, was wäre, wenn Anja nicht seine Schülerin sei, er sie in der Disco kennengelernt hätte. Aber er hatte noch nie in der Disco eine Frau kennengelernt. Er war einfach nicht der Typ. Und diese Anja würde ihn in der Disco noch nicht mal ansehen. Aber... Anja ging ihm nicht aus dem Sinn. Sie verfolgte ihn bis in den Schlaf. Er träumte von ihr. Aber jetzt war er der Schüler und sie die Lehrerin. Er musste nach vorn kommen. Dann zog sie sich aus und befahl ihm, sie anzufassen. Sie drückte seine Hand zwischen ihre Beine und küsste ihn. Sie öffnete seine Hose... Björn wachte auf. Was war das für ein Traum? Ein Wunschtraum oder ein Alptraum? Er stand auf und holte sich ein Glas Mineralwasser. Übermorgen war Samstag. Sie habe noch nichts vor, hatte sie gesagt...


Der Freitag begann für Björn ganz ruhig, denn freitags hatte er keinen Unterricht in der 12b. Aber da war ja auch noch die Seibold. „Wollen Sie nicht mal zu unserem Wohltätigkeitsbasar ins Gemeindehaus nach Bilk kommen, Herr Aumann? Ich würde mich sehr freuen!“ Björn versuchte, es freundlich klingen zu lassen: „Mal sehen!“


Er saß wieder am Küchentisch und grübelte. Anja war 18, also nicht mehr minderjährig. Das war sauber. Aber dienstrechtlich.... Und überhaupt: Wenn das in der Schule die Runde machen würde, wäre er ohnehin erledigt. Aber es reizte ihn schon, herauszubekommen, wie weit sie gehen würde. Ein Spiel, ein gefährliches Spiel. Er nahm den Zettel mit der Handynummer und rief an. Anja wirkte nicht überrascht, sondern eher sachlich. „Du kannst mich ja morgen um sieben zu Hause abholen, Rochusstraße 16, zweiter Stock.“ Sollte er sich jetzt freuen oder schämen? Björn wusste es nicht und griff zur Grappa-Flasche.


Er klingelte an der Haustür, aufgeregt. Als er in den zweiten Stock kam, war die Tür zu Anjas Appartement nur angelehnt. Björn ging rein. „Ich bin noch im Bad“, rief Anja. „Setz dich hin, nimm dir was zu trinken.“ Björn sah sich um. Ein schickes Appartement in guter Wohnlage, top eingerichtet. Die junge Dame musste über nicht unerhebliche finanzielle Mittel verfügen. Er wusste, dass Anjas Eltern getrennt lebten. Der Vater war ein erfolgreicher Makler in Kopenhagen, die Mutter Zahnärztin in Oberkassel. Wahrscheinlich finanzierten sie das alles. Bjön hatte nicht mehr das Gefühl, eine seiner Schülerinnen zu besuchen. Und als Anja im knappen Bademäntelchen ins Zimmer kam, schon gar nicht. Sie ging an die Zimmerbar, machte sich einen Gin-Tonic. „Was trinkst du? Whisky oder Cognac? Du kannst aber auch Gin oder Tequila haben, oder Eierlikör!“ Er hätte jetzt den mahnenden Zeigefinger heben und erklären müssen, wie gefährlich Alkohol vor allem für junge Leute sei. Er nahm einen Cognac. Anja setzte sich in einen der Designer-Sessel, zog die Beine hoch, und der Bademantel geriet ins Rutschen... „Du findest bestimmt, dass ich so eine typische Blondine bin. Viel in der Bluse, nichts in der Birne. Gut, in der Bluse... aber ich bin nicht blöd, wenn ich auch schon mal die Weltgeschichte durcheinander bringe. Weist du, dieser Bildungskram geht mir auf die Nerven. Ich lebe gern... und es wird ja gerade erst spannend, mein Leben. Wie siehst du das?“ Björn fühlte sich unwohl in seiner Doppelrolle als Lehrer und... „Bildung kann nicht schaden. Und sie kann auch spannend sein“, sagte er zögerlich. Anja lachte: „Typisch Lehrer! Wann hattest du zum letzten Mal Sex? Nun sag schon.“ Björn war wieder mal irritiert. „Ja, warum...? Vor einem halben Jahr.“ Anja machte sich noch einen Gin-Tonic. „Siehst du: Du hattest jetzt ein halbes Jahr nur Bildung. Ich hatte meinen letzten Sex gestern Abend. Was machen wir denn jetzt? Disco, Bildung oder Amore?“ Björn fiel fast vor Schreck das Glas aus der Hand. „Wir können zusammen essen gehen oder in die Disco. Mehr nicht. Das musst du verstehen.“ Anja schmollte: „Bist du schwul?“ Björn wollte es jetzt ganz sachlich versuchen. „Ich bin dein Lehrer. Du bist zwar volljährig, aber ein Verhältnis mit einer Schülerin, das geht einfach nicht. Ich riskiere meinen Job.“ Anja war enttäuscht, gab aber nicht auf. „Ich bin doch kein kleines unschuldiges Schulmädchen, das sich in den Lehrer verliebt hat. Ich hatte schon sieben oder acht Jungs, und ich bin auch nicht verliebt in dich. Für mich ist das alles ein geiles Spiel. Und Spielverderber mag ich nicht!“ Björn stand auf: „Komm, zieh dir was Schickes an, und dann gehen wir zum Italiener!“ Sie gingen zu „Carlo“. Björn hatte das Restaurant vorgeschlagen. Er war zuletzt vor einem Jahr dort zu Gast gewesen, mit seiner Schwester. Anja hatte sich wirklich schick gemacht. Ein eng geschnittenes dunkelgraues Kostüm mit knielangem Rock. Die blonden Haare streng zusammengebunden. Anja wirkte wie eine junge Geschäftsfrau. Sie bestellten Prosecco und studierten die Speisekarte. „An sich nimmt man ja in Italien mindestens drei Gänge. Aber das ist nicht drin. Ich nehme Scaloppine al limone und einen gemischten Salat.“ Björn konnte siech nicht entscheiden. Schließlich nahm er Tagliatelle mit Kalbsragout. Anja erzählte, dass sie als Kind mit den Eltern oft in Italien gewesen sei, am Gardasee, an der Adria und auf Elba. Sie könne sogar ein bisschen italienisch sprechen. Sie würde gern mal nach Rom, aber auch nach New York und Rio. Zuletzt sei sie in Kopenhagen bei ihrem Vater gewesen. „Aber nach Dänemark zieht mich kaum etwas, obwohl in meinen Adern ja auch dänisches Blut fließt.“ Björn wollte wissen: „Und was macht deine Mutter?“ Anja winkte ab: „Mama hat wenig Zeit für mich. Sie ist Zahnärztin, hat viel zu tun. Und dann ist da noch Max, ihr Freund. Der ist ziemlich anstrengend. Er ist Kunsthändler in Köln, macht gutes Geld, ist aber ein Spinner. Ich mag ihn irgendwie nicht. Aber jetzt erzähl mal was von dir.“ Björn hatte seinen inneren Widerstand gegen die Situation aufgegeben. Er saß nicht mit seiner Schülerin im Restaurant, sondern mit einer attraktiven jungen Frau. „Was soll ich erzählen? Ich komme aus Moers, habe in Düsseldorf studiert... Ich hätte gern etwas Künstlerisches gemacht. Aber.... schlecht ist der Lehrerjob nicht.“ Anja fand das wenig aufregend: „Und sonst? Große Liebe, Träume, Familie?“ Björn hatte nicht viel zu bieten. „Sicher, ein paar Verhältnisse über die Jahre, aber nie was wirklich Ernstes. Und Familie? Bruder und Schwester, mein Vater lebt nicht mehr, meine Mutter wohnt in Wesel und ist wieder verheiratet. Aber ich bin kein Familienmensch.“ Sie nahmen noch ein Dessert, tranken Espresso. Jetzt wollten sie in die Disco. Aber im Auto drückte sich Anja plötzlich an ihn, versuchte ihn zu küssen. „Sei doch nicht so spießig. Oder bist du doch schwul?“ Björn drückte sie weg: „Lass es doch einfach!“ Anja wurde wütend. „Ich kann an jedem Finger zehn Typen haben. Wenn du mich hässlich findest, sag es einfach. Dann höre ich auf.“ Ein geschicktes Luder, und Björn spürte, dass er ihr nicht gewachsen war. Er konnte sie ja jetzt auch nicht einfach rausschmeißen. „Fahr los, du weißt ja, wo ich wohne.“ Und Björn fuhr los. Anja zog Björn gleich auf die Couch. „Hast du Kondome mit?“ Björn hatte nicht, aber für Anja kein Problem. „Hier in meiner Tasche ist ein Päckchen.“ Anja zeigte sich als routinierte Liebhaberin, die Björn nicht zur Ruhe kommen ließ. Widerstand wäre zwecklos gewesen. Was ihn aber störte, war Anjas erste Äußerung danach: „Wenn das die alte Seibold wüsste. Die würde mich von der Schule werfen – und dich umbringen!“ Sie standen erst gegen Mittag auf. Anja hatte Kaffee gemacht und ein paar Kuchenhörnchen aufgebacken. Björn war noch etwas benommen. Aber der starke Kaffee half, wieder halbwegs klar zu werden im Kopf. Anja hatte eine Zucchero-CD aufgelegt. Björn lachte: „Wir können die Seibold ja auf ihrem Wohltätigkeitsbasar besuchen. Sie hat mich eingeladen.“ Es klingelte, Anjas Handy. Sie verlegte das Gespräch schnell nach draußen in die Diele. Björn hörte nur, wie sie sich verabschiedete: „Also, bis um fünf!“ Anja nahm noch einen Schluck Kaffee. „Sei mir nicht böse, aber ich schmeiß dich jetzt raus. Ich hab nachher noch eine Verabredung.“ Björn fühlte sich verletzt. Dabei war es doch nur gut für ihn, dass Anja die Sache, diese Liebesnacht offensichtlich nicht so ernst nahm. Zu Hause machte er sich eine thailändische Dosensuppe heiß und trank ein Bier. War Anja nur mit ihm ins Bett, weil er ihr Lehrer war? Oder fand sie ihn attraktiv? Und er fragte sich, ob Frauenmörder gut aussähen oder hässlich seien. Diese Anja hatte sich auf auf jemand eingelassen, der aussah wie ein Frauenmörder. Und auch die Seibold war scharf auf einen... Björn dachte nicht weiter in diese Richtung. Obwohl: Interessant waren diese Gedankenspiele schon. Morgen würde im Klassenzimmer Anjas Platz leer bleiben, weil sie von ihrem Lehrer ermordet worden war. Und auch die Seibold würde nicht mehr auftauchen. Nonsens! Björn schaltete den Fernseher ein und schaute sich die Sportschau an. Montag, 8 Uhr, für Björn die Schattenseite des Lehrer-Jobs. Er stand mal wieder unausgeschlafen vor der 12b. Er schaute zu Anja rüber, die heute mit alten Jeans und ausgeleiertem T-Shirt unauffällig wirkte. Sie schien von ihm keine besondere Notiz zu nehmen. Björn wollte über das Theater sprechen und über ein Stück, das immer noch zu den meistgespielten auf deutschen Bühnen zählt: Frank Wedekinds „Frühlings Erwachen“. Er wusste aus eigener Lehrer-Praxis, dass dieser Text mit seinen sexuellen Fragestellungen immer wieder für heiße Diskussionen bei den Schülern sorgte. Das Stück handelt von Jugendlichen, die versuchen, mit ihrer Pubertät fertig zu werden in einer Gesellschaft voller Zwänge und Tabus. Geschrieben 1891. Björn gab den Inhalt wieder, versuchte, provozierende Fragen zu entwickeln. Anja meldete sich: „Warum müssen wir uns denn mit diesen verklemmten Typen aus dem 19. Jahrhundert abgeben?“ Eine brutale Frage, aber eine, wie Björn fand, gute Frage. „Genau darüber werden wir dann sprechen.“ Die zweite Stunde wurde zum üblichen Langweiler: Es war der x-te Versuch, den Kids beizubringen, wann man ein Komma setzt und wann nicht. Diese Versuche zogen sich von der Grundstufe bis in die Oberstufe – nahezu ohne Erfolg!


In der Pause stand im Treppenhaus plötzlich Anja neben ihm. „Na, hat sich der Herr Lehrer von seinem erotischen Wochenend-Abenteuer schon erholt?“ fragte sie lässig-frech. Björn erschrak, als würde die ganze Schule mithören. „Lass doch den Quatsch!“ Aber Anja hatte eine Idee: „Komm doch heute Abend mal mit deinem Wedeking vorbei. Und dann schauen wir, wie es ist, das Frühlingserwachen! So gegen sieben!“ Björn war froh, am Ende des Flurs die Seibold zu sehen. „Ich muss zur Chefin. Ciao!“ Frau Seibold war enttäuscht, dass Björn nicht zu ihrem Wohltätigkeitsbasar gekommen war. „Ich hatte fest mit Ihnen gerechnet, Herr Aumann!“ Sie hatte aber ein neues Attentat vor: „Wir müssen dringend über das Schulfest sprechen. Ich denke, Sie wären der Richtige, alles zu koordinieren. Vielleicht sollten wir uns darüber mal ganz ungezwungen unterhalten. Nicht hier im Büro. Sagen wir morgen um acht bei mir zu Hause. Ich habe einen schönen spanischen Rotwein. Also: Aachener Straße 85, dritter Stock!“ Björn kam diese dreiste Art irgendwie bekannt vor. Aber was wollten die Frauen eigentlich von ihm? Er war doch immer als der graue, unattraktive, langweilige Normalo gehandelt worden. Dachte er zumindest.


Es war ein schöner Spätsommertag. Björn entschloss sich, nicht gleich nach Hause zu gehen, sondern sich auf die Terrasse seines Stammbistros zu setzen. Am Nebentisch saß eine attraktive Frau, vielleicht Anfang dreißig, langes dunkles Haar, Sonnenbrille. Björn bestellte Kaffee. Er überlegte: Wenn ich doch nun ein solcher Frauentyp bin, könnte ich diese Frau am Nebentisch doch einfach ansprechen. Aber was sollte er sagen? Da fehlten ihm Phantasie und Erfahrung. Anja würde sagen: „Darf ich mich zu Ihnen setzen? Wir sollten uns näher kennenlernen. Ich wohne übrigens hier gleich um die Ecke und Kondome hab ich auch.“ Und dabei verführerisch mit dem Bein wippen. Gut, das mit dem Bein sollte er vielleicht lassen. Er könnte sie aber zum Prosecco einladen. Jetzt schaute sie zu ihm rüber. Er hätte gern gelächelt. Aber sein Gesicht war plötzlich wie vernagelt. Er könnte sich natürlich auch von hinten an sie heran schleichen, die Hände auf ihren Hals legen – und zudrücken! Er als „gesuchter“ Frauenmörder! Die Kellnerin brachte den Kaffee. Das Handy der Frau meldete sich. Die Frau sprach italienisch, sehr laut und impulsiv. Björn hörte die Worte Milano, Roma und amici raus. Eine interessante Frau, eine Italienerin. Sie würde besser zu ihm passen als Anja. Aber stopp: Er hatte zwar mit ihr geschlafen, aber doch kein Verhältnis mit ihr. Oder? Er zahlte und ging.


Frauenmörder

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