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Interviews mit Managern in Tokio6 DR. MARTIN GLATZ

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Wirtschaftsdelegierter für Japan

Wie kommt die hohe Identifikation der Mitarbeiter mit dem Unternehmen zustande?

Die Unternehmen bestimmen das Leben der Japaner. Dieses Prinzip ist zwar in den letzten Jahren in manchen Fällen durchbrochen worden, gilt aber in einem hohen Maße immer noch. Die Freizeit ist im Vergleich weniger wichtig, auch wird sie oft noch mit Arbeitskollegen verbracht. Die Familie hat sekundären Stellenwert. Es sind vor allem Schulen und Universitäten, über die sich Japaner ein effizientes Netzwerk aufbauen. Der berufliche Erfolg wird nicht wesentlich von der Familie bestimmt.

Wie werden die Mitarbeiter motiviert?

Dem Mitarbeiter winkt jedenfalls in größeren Unternehmen eine stattliche Abfertigung, meist mit dem sechzigsten Lebensjahr. Oft wird danach eine zweite Karriere begonnen. Die Erwerbsquote liegt in der Altersgruppe der 60- bis 65-Jährigen noch bei beachtlichen 60 Prozent. Mehr noch als durch finanzielle Anreize werden Japaner von ihrem Willen motiviert, sich nützlich zu machen und zum Gemeinwohl beizutragen.

Stimmt es, dass es in Japan kein „Neinsagen“ gibt?

Natürlich gibt es ein „Nein“, aber es wird umschrieben, für die der Sprache Mächtigen in der Regel unmissverständlich. Auch das „Ja“ hat Nuancen. Das japanische Wort für „Ja“ ist „Hai“ und bedeutet, „Ich habe gehört, dass du etwas gesagt hast“, und nicht „Ich habe dich verstanden“. Es bringt also keine Zustimmung zum Ausdruck und ist somit weit weg von unserem „Ja“. In diesem Zusammenhang fallen immer wieder zwei Begriffe: „Tate mae“ (Höflichkeit, aber auch im Sinne von Schein oder Fassade). Im Gegensatz dazu steht „Honne“ (Realität), und die sieht oft recht anders aus.

Ein Fallbeispiel aus der Praxis: Ein österreichisches Unternehmen hatte eine Maschine nach Japan verkauft und bei der Inbetriebnahme wurde ein japanischer Mitarbeiter verletzt. Aus dem Bericht war klar zu erkennen, dass der Unfall auf einen Bedienungsfehler zurückzuführen war. Damit stand für das österreichische Unternehmen fest, wo die Schuld lag, und es entzog sich berechtigterweise der Verantwortung. Das wurde dem japanischen Partner auch so kommuniziert, mit folgenschweren Konsequenzen. Der japanische Kunde erwartet von seinem Lieferanten das gemeinsame Beseitigen von Problemen, unabhängig von der Verantwortung für das Herbeiführen derselben. Das österreichische Unternehmen verlor schnell das Vertrauen seines Kunden und bald der gesamten Branche. Bis heute war es der Firma nicht möglich, neu in den Markt einzutreten.

Wie laufen die Entscheidungsprozesse?

Anders als bei uns. Es werden alle Mitarbeiter in den Entscheidungsprozess mit eingebunden, von unten nach oben. Jeder, der von der Entscheidung betroffen ist, darf seine Meinung abgeben, wie sich die Veränderung auf sein Arbeitsumfeld auswirkt. Das kann sehr langwierig sein, dafür werden Entscheidungen dann von allen getragen und es muss im Nachhinein keine Überzeugungsarbeit mehr geleistet werden. Die Mannschaft steht gesammelt dahinter, alles läuft wie ein Uhrwerk.

Wo liegen die Unterschiede beim Verhandeln?

Man verhandelt immer im Kollektiv, nie mit Einzelnen. So gesehen kann man auch gar nicht sagen, wer wirklich entscheidet, denn es wird vieles auf verschiedenen Ebenen entschieden. Alle sind wichtig, und man sollte niemanden übergehen. Ganz oben zu verhandeln zu beginnen, kann oft noch viel länger dauern, weil die Führungsebene nach unten weiterdelegiert, um den Boden für die Entscheidung aufzubereiten. Interventionen von außen, vor allem an höherer Stelle, werden in diesem System als störend empfunden.

Spürt man eine Veränderung am japanischen Markt?

Auch Japan ändert sich. Tabus werden aufgebrochen, zum Beispiel die lebenslange Zugehörigkeit zu ein- und derselben Firma. Märkte öffnen sich – unter dem Druck der Wettbewerbsfähigkeit – zusehends ausländischen Lieferanten. Das gilt zum Beispiel für die Automobil- und die Eisenbahnindustrie ebenso wie für die Pharmaindustrie und schafft gerade für österreichische Nischenanbieter große Chancen. Der demografische Wandel, sprich, die alternde Gesellschaft, beeinflusst nicht nur das Marktverhalten der Konsumenten, sondern auch die politische Schwerpunktsetzung, manchmal zulasten der jüngeren Generation.

Was können wir von den Japanern lernen?

Japaner arbeiten an der ständigen Verbesserung von Abläufen und Produkten, eine Philosophie, die als „kaizen“ bekannt geworden ist. Österreichische Unternehmen, die Geschäfte mit Japan machen, müssen den hohen Ansprüchen ihrer japanischen Kunden gerecht werden und sind so in der Lage, nach ihrem Markteintritt in Japan ein besseres Produkt anzubieten als davor.

Was können die Japaner von uns lernen?

Österreichische Firmen verfügen über ein hohes Maß an Flexibilität, Anpassungsfähigkeit und Pragmatismus. Das sind Werte, die in einem zunehmend internationalen Umfeld stark gefragt sind.

Der Samurai-Manager

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