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1.1 Die Bedeutung der Samurai in Japan

Es wäre eine Anmaßung zu behaupten, ich wäre in der Lage, etwas über das wahre Wesen der Samurai preiszugeben. Das folgende Kapitel soll auch keine historische Aufarbeitung der Krieger des alten Japan darstellen, sondern einen pragmatischen Weg aufzeigen, was wir im Management von diesem Stand lernen und im täglichen Leben umsetzen können.

Die Samurai waren annähernd vergleichbar mit unserem mittelalterlichen Rittertum. Sie dienten ihrem Fürsten (Daimio) und waren ihm zu Treue und Loyalität verpflichtet. Die vorrangige Waffe des Samurai war das Schwert (Katana). Ein Samurai war ein Meister der Schwertkunst. Sie genossen über fünf Jahrhunderte in Japan höchstes gesellschaftliches Ansehen und dies, obwohl sie keine politische Macht und auch keinen nennenswerten materiellen Besitz hatten. Wenn ein Samurai in ein Dorf kam, verneigten sich die Bewohner und zollten ihm höchsten Respekt. Wie aber war es möglich, ohne Entscheidungsgewalt und Geld einen solchen Status zu bekommen?

Die Samurai verkörperten ihre Werte auf unvergleichbare Art und Weise: vor allem den der Ehre. Für einen Samurai war das gesprochene Wort gleichzusetzen mit der Tat. Wenn ein Samurai ein Versprechen gab, war dies so gut wie eingelöst. Die Konsequenz, das zu tun, was er gesagt hatte, machte ihn glaub- und somit auch vertrauenswürdig.

Für den Samurai war das gesprochene Wort gleichzusetzen mit der Tat.

Das Nichteinlösen eines Versprechens bedeutete für einen Samurai den Verlust seiner Ehre. Und ein Samurai verlor eher sein Leben als seine Ehre. Sollte eine Situation eintreten, in der es ihm nicht möglich war, seine Worte in die Tat umzusetzen, konnte er seine Ehre und die seiner Familie nur wiederherstellen, wenn er sich das Leben nahm. Er tat dies, indem er sich sein Schwert ungefähr sechs Zentimeter unterhalb des Nabels in den Bauch rammte und dann umdrehte. Diese Zeremonie wird in Japan „Seppuku“ genannt. Im Westen ist sie besser bekannt unter dem Begriff „Harakiri“.

Die fatalen Konsequenzen, welche das Nichterfüllen eines Versprechens mit sich brachten, veranlassten einen Samurai, sehr genau darüber nachzudenken, welche Zusagen er machte und welche nicht. Er war stets überlegt, besonnen und sehr bedacht in seinen Aussagen. Er konnte einen Auftrag auch ablehnen. Nur wenn er ihn annahm, musste er ihn auch zu Ende führen.

Halten, was man verspricht!

In einem berühmten Zitat über den Samurai-Kodex heißt es:

Rechtschaffenheit ist die Macht, über ein bestimmtes Verhalten vernunftgemäß und ohne Wanken zu entscheiden – zu sterben, wenn es richtig ist zu sterben, zuzuschlagen, wenn es richtig ist zuzuschlagen. 3

Die Samurai waren gefürchtete Krieger. Aber was war der Grund dafür?

Ein Samurai wusste, dass er jederzeit sein Leben aufs Spiel setzen musste. Sein Leben hing also von seiner Fähigkeit zu kämpfen ab. Folglich war ein Samurai bestrebt, sein Geschick in der Kampfkunst mit dem Schwert zu perfektionieren. Allein ein guter Kämpfer zu sein, war zu wenig. Viele Kämpfe zu überleben, bedurfte eines hohen Maßes an zusätzlichen Fähigkeiten, wie Gelassenheit, Flexibilität, Entschlossenheit, Mut und vor allem Intuition. Es handelt sich hierbei um Werte, die auch im heutigen Management eine fundamentale Bedeutung haben. Ich werde im Kapitel „Die Werte der Samurai in Bezug auf unser Geschäftsleben“ (S. 38) genauer auf dieses Thema eingehen.

Um sich diese Fähigkeiten anzueignen, war tägliches Training notwendig. Jetzt stellt sich natürlich die Frage: Wie trainiert man Eigenschaften wie Gelassenheit, Mut und Entschlossenheit?

Die Perfektion liegt in der Ganzheit.

Perfektion liegt in der Ganzheit. Deshalb existieren im buddhistisch geprägten asiatischen Kulturkreis immer zwei Seiten: das Yin und das Yang. Sie stehen für einander entgegengesetzte, aber dennoch aufeinander bezogene Kräfte.4

Die eine Seite waren der Kampf, das Töten, das Blutvergießen. Auf der anderen Seite beschäftigten sie sich aber auch mit der Kunst. Viele bedeutende japanische Gedichte stammen aus der Feder von Samurai. Berühmte Bilder und Schnitte hängen heute weltweit in zahlreichen Museen. Deren Schöpfer waren oft Samurai. Dies ist die andere Seite: eine zarte, achtsame und liebevolle. Aus dieser Dualität beider Extreme resultiert die Gelassenheit.

Mut heißt, das zu tun, was getan werden muss.

Mut heißt, das zu tun, was getan werden muss. Dem steht meist die Angst im Wege. Das heißt: Um Mut zu trainieren, muss ich der Lage sein, die Angst zu überwinden. Angst bedeutet psychologisch betrachtet sich in einen Zustand zu versetzen, von dem man selbst nicht möchte, dass er eintritt. Dieser Zustand ist im Moment der Angst aber noch nicht real und somit auch nicht existent. Man fürchtet sich also vor etwas, was es noch gar nicht gibt. Angst resultiert auch aus der Tatsache zu glauben, etwas hergeben zu müssen, was man behalten möchte. Der Samurai ging mit der Vorstellung in den Kampf, er sei bereits tot. Denn jemand, der bereits tot ist, hat nichts zu verlieren. Wenn er nichts zu verlieren hat, muss er auch vor nichts mehr Angst haben. Hinzu kam die traditionelle Ansicht, dass der Verlust des Lebens nicht das Schlimmste war, das einem Menschen zustoßen konnte, sondern der Verlust seiner Ehre. Dieses fest verankerte Wertebild machte die Samurai zu unglaublich entschlossenen und mutigen Kämpfern, die in der Lage waren, in einem Kampf beinahe übermenschliche Kräfte zu entwickeln.

Entschlossenheit war ein Wert, der bei einem Samurai über Leben und Tod entschied. Das Gegenteil von Entschlossensein ist Zögern. Dies war in einem Kampf mit einem Todesurteil gleichzusetzen.

Entschlossenheit zu trainieren, setzt eine gute Intuition voraus und die ist ein Zusammenspiel aus allen Werten.

Angst und Unentschlossenheit sind die größte Geißel vieler Manager. Wie man damit umgeht und diese Problematik auch wirkungsvoll und nachhaltig therapiert, werde ich im Kapitel „Die Werte der Samurai in Bezug auf unser Geschäftsleben“ ausführlich behandeln. Wie bereits erwähnt, war ein Samurai seinem Daimio oder Shogun gegenüber zu Loyalität verpflichtet. Loyalität ist aber nicht zu verwechseln mit Unterwürfigkeit oder bedingungslosem Gehorsam. Im Gegenteil: Der Samurai war verpflichtet, seinen Herren darauf aufmerksam zu machen, wenn er davon überzeugt war, dass dessen Entscheidung falsch war. Das Ignorieren einer Fehlentscheidung galt als illoyal.

Wir sehen also, dass ein Samurai ein breites Spektrum an Werten zur Verfügung hatte. Das Harte konnte sich ohne das Zarte nicht entfalten und die Disziplin nicht ohne eigenständiges Denken. Der Samurai verkörperte Werte, welche viele Manager zu viel besseren Führungskräften machen würden, wovon wiederum die Unternehmen und auch deren Mitarbeiter enorm profitieren könnten.

Werte sind die Basis nachhaltigen Erfolges.

1853 landete der amerikanische US-Commodore Matthew Calbraith Perry5 mit seinen Schiffen an der Küste Japans und brachte eine neue Waffentechnologie mit, welche dem Samurai-Schwert naturgemäß überlegen waren. Er zwang die Japaner 1854 im Vertrag von Kanagawa zur Öffnung des Landes für amerikanische Handelsschiffe und zu einem langfristigen Handelsabkommen mit den USA. Schusswaffen wurden ins Land gebracht und an die Bevölkerung verkauft. Pistolen und Gewehre waren selbst den besten Meistern der Schwertkunst überlegen und somit verloren die Samurai allmählich ihre Bedeutung als Krieger.

Der Samurai-Manager

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