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5. Strafe
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a) Die Strafe ist Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren oder Geldstrafe. Innerhalb dieses weiten Strafrahmens werden vor allem die Beweggründe des Täters eine Rolle spielen, insbesondere seine Absicht, der Schwangeren aus einer Bedrängnis (vgl. § 218a Abs. 4 S. 2) zu helfen; jedoch ist hierbei zu beachten, dass bei Ärzten die gesteigerte Pflicht zum Schutz – auch des werdenden – Lebens kompensierend wirkt (vgl. § 46 Abs. 2). Ferner wird die Dauer der abgebrochenen Schwangerschaft wichtig sein (vgl. § 218a Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3). Maßgeblich ist auch wegen § 218 Abs. 2 Nr. 2 die Art der Ausführung.
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Abs. 2 sieht einen erhöhten Strafrahmen für besonders schwere Fälle vor. Regelbeispiele sind das Handeln gegen den Willen der Schwangeren (aber nicht schon: ohne Einwilligung)[33] und die leichtfertige, d.h. leicht erkennbare, Verursachung der Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung der Schwangeren (d.i. über § 226 hinaus jede längere, erhebliche Beeinträchtigung im Gebrauch der Sinne oder des Körpers oder in der Arbeitsfähigkeit oder eine lebensbedrohende, qualvolle oder ernste und langwierige Krankheit)[34]. Zur Natur der Regelbeispiele grundsätzlich u. § 33 Rn. 65 ff. Die Gewerbsmäßigkeit wurde nur deshalb nicht aufgenommen, damit nicht die Vornahme indizierter Schwangerschaftsabbrüche einbezogen werden könne[35].
Zur Konkurrenz mit Angriffen gegen Leben und Gesundheit der Mutter s.o. Rn. 14, gegen ein lebend abgegangenes Kind o. Rn. 28.
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b) § 218 Abs. 3 nimmt mit der Formulierung „begeht die Schwangere die Tat“ auf Abs. 1 Bezug. Damit wird das bisher umstrittene Verhältnis zwischen der Fremd- und der Selbstabtreibung dahingehend geklärt, dass der Selbstabbruch einen privilegierenden Spezialtatbestand des Fremdabbruchs darstellt.
Allerdings ist die Formulierung insofern missverständlich, als sie fälschlich eine Alleintäterschaft der Schwangeren zu verlangen scheint. Das ist jedoch keineswegs der Fall. Schon durch die zur Ermöglichung des Abbruchs durch einen anderen erforderlichen Handlungen ist die Schwangere fast immer aktive Mittäterin nach § 25 Abs. 2[36]. In Betracht kommt auch eine mittelbare Täterschaft, z.B. durch Täuschung des Arztes (Kröger LK § 218 Rn. 30). Es handelt sich um ein „besonderes persönliches Merkmal“ nach § 28 Abs. 2, sodass die Strafmilderung nur der Schwangeren selbst zugute kommt. Auch dieser Tatbestand ist durch Unterlassen begehbar; die Schwangere ist insbesondere zur Inanspruchnahme ärztlicher Hilfe und zur Einwilligung verpflichtet und kann nur nach § 218a gerechtfertigt oder nach § 35 entschuldigt werden[37].
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Ein persönlicher Strafausschließungsgrund, der ebenfalls nur der Schwangeren zugute kommt, ist die Vornahme durch einen Arzt innerhalb von 22 Wochen seit der Empfängnis nach einer Beratung durch eine Beratungsstelle (§ 218a Abs. 4 S. 1).
Mit dieser Regelung sollten nach dem bisherigen Recht abbruchwillige Frauen ohne Indikation wenigstens zur Annahme der Beratung und zur Hinzuziehung von Ärzten veranlasst werden. Bei der neuen Regelung mit ihrer Straffreiheit schon bei Abbruch durch einen Arzt innerhalb von zwölf Wochen nach Beratung erscheint die Privilegierung lediglich als erhebliche Verlängerung der Frist für den Abbruch, die kaum noch gerechtfertigt erscheint. Der Arzt selbst bleibt strafbar nach § 218 Abs. 1, womit der Gesetzgeber ein gefährliches Erpressungsinstrument geschaffen hat, gegen welches § 154c StPO nur eine unvollkommene Abhilfe bietet. Die Ausgestaltung als persönlicher Strafausschließungsgrund hat aber auch für die Schwangere den Nachteil, dass ihr ein Irrtum über die komplizierten Voraussetzungen nicht zugute kommt. Die Schwangere tut also gut daran, sich selber über die Eigenschaft des Unterbrechers als Arzt, den Zeitpunkt der Schwangerschaft und die Erfüllung der Erfordernisse der Beratung genau zu vergewissern.
Die Straffreiheit gilt nur für § 218, nicht etwa für eine eventuelle Nötigung des Arztes (SA-Berat. 7/2451).
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Liegen die großzügig gefassten Voraussetzungen des § 218a Abs. 4 S. 1 nicht vor, so kann das Gericht gleichwohl von Strafe (und demgemäß nach § 153b StPO die Staatsanwaltschaft mit Zustimmung des Gerichts schon von der Anklageerhebung) absehen, wenn sich die Schwangere zur Zeit des Eingriffs in „besonderer Bedrängnis“ befunden hat (§ 218a Abs. 4 S. 2).
Dieses Merkmal muss vor dem Hintergrund der grundsätzlichen Priorität der Beratung nach S. 1 gesehen werden; andererseits ist im Gegensatz zu S. 1 auf die subjektive Lage abzustellen. Bei fehlender Beratung und später als 22 Wochen nach der Empfängnis kann daher nur ausnahmsweise von Strafe abgesehen werden. Im Wesentlichen wird die Vorschrift auf die Fälle beschränkt bleiben, in denen die Schwangere nach Beratung keinen Arzt gefunden hat (BTD 7/4696 S. 6). Zusätzlich müssen freilich über den bei unerwünschter Schwangerschaft immer vorhandenen Motivationsdruck hinausgehende Gründe wie jugendliches oder vorgerücktes Alter, fehlende Unterstützung durch die Angehörigen und den Erzeuger, besonders ungünstige Eheverhältnisse u.ä. vorliegen (BTD VI/3434 S. 14). § 218a Abs. 4 S. 2 will weniger neben § 153 StPO (Einstellung wegen geringer Schuld) eine weitere Möglichkeit der Einstellung schaffen als die unterschiedliche Auslegung des dort erforderlichen Merkmals des fehlenden öffentlichen Interesses ausschalten (BTD VI/3434 S. 14). Damit ist für eine Anwendung des § 153 StPO im Rahmen des § 218a Abs. 4 StGB kaum noch Raum.