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DIE FROHE KUNDE

Als Khadidsche zur Welt kam, herrschte im Hidschaz11 Unwissenheit vor. Doch inmitten dieses Sumpfes wuchsen auch immer noch einige Rosen-Menschen, die von den Lastern der Unwissenheit unberührt geblieben waren, Menschen wie Waraqa ibn Newfel, ʿUbeydullah ibn Dschaḥsch, Quss ibn Sāʿide, Eksem ibn Ṣayfī, Zuheyr ibn ebī Sulmā, ʿUthman ibn el-Ḥuweyrith und Zeyd ibn ʿAmr. Sie suchten nach der Wahrheit, indem sie sich darum bemühten, dem von Abraham aufgezeigten Weg zu folgen und bei den Menschen in ihrem Umfeld Interesse für dessen Grundprinzipien und Werte zu wecken. Die Häuser dieser Menschen, denen in punkto wahrer Erkenntnis damals niemand das Wasser reichen konnte, waren Zentren, die andere Wahrheitssucher anzogen. Dort wurden gute Ratschläge erteilt oder auch in der Sprache der Poesie die neuesten Nachrichten verkündet.

Kurzum: Auch Khadidsche zählte zu den Wenigen, die den Lastern und der Unmoral des Zeitalters der Unwissenheit noch trotzten. Sie vertraute Waraqa ibn Newfel, der ihr viele Probleme abnahm und ihr nicht nur ein naher Verwandter war, sondern auch ein wichtiger Quell der Erkenntnis. Schon damals führte sie ein rechtschaffenes Leben. Ihre Keuschheit und Ehrenhaftigkeit und ihr Sinn für Schönheit waren weithin bekannt und wurden allseits bewundert. Schon zu Zeiten, in denen den meisten Menschen die grundlegenden Werte abhandengekommen waren, hatte man sie Ṭāhira, die Reine, gerufen. Unter den Frauen der Quraysch war sie Seyyide, Dame, genannt worden, was von großem Respekt zeugt. Mit einem weiteren Namen, Dscheyyide, wurden ihr weiter Horizont und ihre gute Auffassungsgabe gelobt.

Schon vor dem Islam war die Kaabe als heiliger Ort verehrt worden. Die Menschen pilgerten zu ihr, um sie dann nackt zu umschreiten. Sie stellten dort Götzenbilder auf, die einzelne Stämme repräsentierten. Damals wie heute waren die Versorgung der Pilger und die Pflege der Kaabe ehrenhafte Aufgaben, auf die man stolz war. Die entsprechenden Ämter wurden von Generation zu Generation vererbt. Folglich genossen die Hüter der Kaabe hohes Ansehen. Wie bereits erwähnte, gehörte Qusayy ibn Kilab, den seine Abstammungslinie mit dem Propheten verband und der in fünfter Generation mit Khadidsche verwandt war, zu jenen bemerkenswerten Männern, die diesen prestigeträchtigen Dienst verrichteten.

In diesem Umfeld, in dem die Traditionen Abrahams verehrt und weitergegeben wurden und religiöse Themen permanent Gesprächsthema waren, wuchs Khadidsche also heran; und sie sog all das begierig in sich auf. Besonders aber interessierte sie die in Thora und Bibel angekündigte nahende Ankunft des Propheten. Dieses Thema beschäftigte nicht nur sie und ihren Cousin Waraqa, sondern den ganzen Hidschaz, ja die ganze Arabische Halbinsel. Fast schien es damals, als wetteiferten die Araber darum, wer am meisten über den kommenden Propheten wisse. Man diskutierte darüber, wie er wohl aussehen und über welche großartigen Qualitäten er verfügen werde – ähnlich wie man es vor der Geburt des eigenen Kindes zu tun pflegt. Auch über seinen Geburtsort und über die mit seinem Kommen verbundenen Zeichen zerbrach man sich den Kopf.

Khadidsche wartete, seitdem sie die frohe Kunde vernommen hatte, voller Gottvertrauen auf das Erscheinen des Propheten. All die Mutmaßungen über seine Körpergröße, seine Stimme, seine Gewohnheiten und seine vornehme Erscheinung waren ihr nicht verborgen geblieben. Und dennoch erschienen ihr diese Merkmale eher wie die Beschreibungen einer Traumgestalt, der jeder Bezug zu ihrem realen Leben fehlte.

Selbst die Gelehrten der damaligen Zeit wurden nicht müde, das bevorstehende Ereignis zu verkünden. Und langsam aber sicher wiesen tatsächlich immer mehr Zeichen darauf hin, dass es nun bald so weit sein musste. Der Schatten des angekündigten Propheten berührte bereits die Welt, und in der ganzen Region bereitete man sich darauf vor, sein Kommen gebührend zu feiern.

11 Der Hidschaz ist die nordwestliche Region der Arabischen Halbinsel. Hierzu gehören auch die Heiligen Stätten Mekka und Medina.

Khadidsche

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