Читать книгу NOLA Knights: His to Defend - Rhenna Morgan - Страница 7
Kapitel 3
ОглавлениеEvette überprüfte einmal mehr die Adresse auf der Visitenkarte und dann die Hausnummer, die auf der coolen Plakette am schmiedeeisernen Zaun eingeätzt war.
Yep. Definitiv der richtige Ort.
Ihr Blick wanderte zurück zu dem massiven Plantagenhaus, das vor ihr stand. Mit seiner weißen Fassade und den klassischen runden Säulen gehörte es zum typischen Architekturstil, den jeder Besucher im Garden District von New Orleans erwartete. Die zweite Etage war wie eine Galerie aufgebaut, die sich perfekt dazu eignete, bei einem Mint Julep – einem Cocktail aus Bourbon, Minze und Zuckersirup – den Sonnenuntergang zu genießen.
Und es war riesig.
Wunderschön und atemberaubend in seiner majestätischen Schönheit.
Die Frage war, warum sie hier und nicht bei einem Geschäftsgebäude war. Ja, sie hatte schon vorher gewusst, dass die Adresse, die Sergei ihr gegeben hatte, im Garden District lag. Aber bis sie aus der historischen Saint-Charles-Straßenbahn ausgestiegen war, hatte sie nicht geahnt, dass die Adresse sie zu einem Haus führen würde.
Nein, kein Haus, Evie. Ein Haus war etwas für normale Leute. Das Ding hier war eine Villa, und ein Teil von ihr hatte Angst, überhaupt dort an der Haustür anzuklopfen.
Sie starrte hoch zu dem massiven Kronleuchter, der über der riesigen Eingangstür aus Mahagoni hing. Diese Tür war das Einzige, was zwischen ihr und einem Job stand. Sie konnte entweder auf dem Bürgersteig stehen bleiben und wie eine Touristin glotzen, oder den Mut aufbringen, es anzugehen.
„Nun, Ersteres wird dir nicht dabei helfen, dich um deinen Jungen zu kümmern“, murmelte sie leise. Sie presste die Lippen aufeinander und nahm die Schultern zurück. Toll gemacht, Evie. Sie haben wahrscheinlich überall Überwachungskameras, die direkt auf dich gerichtet sind. Lass sie ruhig sehen, dass du mit dir selbst laberst.
Sie ging mit der gleichen vorgetäuschten Zuversicht voran, die sie seit dem Tag, an dem sie mit Emerson aus dem Krankenhaus gekommen war, wie einen Panzer vor sich hertrug. Das war der Moment gewesen, in dem ihr klar geworden war, dass sie sich mehr aufgebürdet hatte, als sie tragen konnte. Es war allerdings etwas Wahres dran an der Phrase: Täusch es so lange vor, bis es tatsächlich klappt. Einen Tag nach dem anderen anzugehen und ihre unerbittliche Entschlossenheit hatten ihr geholfen, so weit zu kommen, und sie hatte nicht vor, jetzt zu kneifen.
Evie drückte auf die Klingel, und hinter der Tür ertönte ein Geräusch, das sich wie eine einzelne Kirchenglocke anhörte. Sie prüfte ein letztes Mal ihr Outfit, das aus einer engen schwarzen Hose mit Aufschlägen an den Knöcheln, einem ärmellosen, cremefarbenen Häkelshirt mit Herzausschnitt und unechten Perlenknöpfen bestand. Dazu trug sie einen passenden Blazer, der an den Unterarmen hochgerollt war, und elegante, allerdings nicht allzu hohe braune Pumps. Es waren alles qualitativ hochwertige Teile, die sie im Laufe der Jahre in Secondhandläden gekauft hatte, doch niemand außer ihr würde wissen, dass es gebrauchte Ware war. Zumindest nicht, wenn sie nicht gesehen hatten, wo sie wohnte. Sie hatte gedacht, der Look würde ihre wagemutige Ich-kann-das-Einstellung vermitteln, aber angesichts des Anwesens, vor dem sie nun stand, hätte sie vielleicht besser ein klassisches Kostüm wählen sollen.
Zu spät.
Sie war hier, und nach den schweren Schritten auf einer harten Oberfläche hinter der Tür zu urteilen, wurde es nun ernst.
Der Türknauf wurde gedreht.
Evie hob ihr Kinn an und strahlte mit ihrem Markenzeichenlächeln die Tür an.
Eine Sekunde später verblasste es. Der pure Schock, als Sergei auf sie herabblickte, wurde nur noch von der Tatsache übertroffen, dass er zum ersten Mal, seit er vor einem Jahr ins Diner gekommen war, ohne Anzugjacke vor ihr stand.
Heilige Mutter Gottes, war er ein schöner Anblick. Einige Männer brauchten einen Anzug, um mächtig auszusehen, aber nicht Sergei. Das Fehlen der Jacke und wie sich sein feines Hemd über diese breiten Schultern spannte, brachte seinen erstklassigen Oberkörper erst so richtig zur Geltung.
Heute bestand sein Outfit aus einem sehr hellen lavendelfarbenen Hemd, gepaart mit einer perfekt sitzenden grauen Hose. Obwohl er stets Anzüge bevorzugte, wenn sie ihn gesehen hatte, trug er nur selten Krawatten. Auch heute machte er da keine Ausnahme. Sein Anblick verlockte eine Frau dazu, ihre Finger unter den Stoff des Hemdes zu schieben, um herauszufinden, ob er eher eine beharrte oder glatt rasierte Brust hatte.
„Ms. Labadie.“
Die Amüsiertheit in seiner Stimme brachte sie dazu, ihre Augen von seiner Brust loszureißen und seinen Blick zu erwidern. Hatte sie gestarrt?
Ähm, hallo? Natürlich hast du das. Das tust du doch immer.
Richtig. Und nun standen ihre Wangen in Flammen und sie glotzte ihn schon wieder an. Sie räusperte sich. „Ich habe nicht erwartet, Sie hier zu sehen.“ Sie drehte sich und blickte zu den anderen Häusern, die die Straße säumten. „Eigentlich habe ich nicht erwartet, überhaupt hier zu sein. Ich dachte eher, ich würde zu einem Geschäftsgebäude gehen.“
„Ein Geschäftsgebäude?“
„Ja. Sie wissen schon. Eine Vermittlungsagentur oder so etwas in der Art.“
Er trat zurück, winkte sie herein und schüttelte den Kopf. Angesichts des Grinsens auf seinem Gesicht war sie sich ziemlich sicher, dass sein Kopfschütteln mehr humorvoll als ablehnend gemeint war wegen ihrer Vermutung. „Ich fürchte, nein.“
Wow.
Der Eingang präsentierte alles, was an diesen Plantagenhäusern so wundervoll war. Er war nicht so anmaßend und verschwenderisch wie bei einigen riesigen Luxusvillen, die sie online gesehen hatte, aber dennoch so anspruchsvoll im Detail, dass er augenblicklich einen enormen Eindruck vermittelte. Die Wände waren in einem beruhigenden Buttergelb gehalten. Die weißen Fuß- und Sockelleisten waren mindestens acht Zentimeter hoch und enthielten Details, die einen Tischlermeister ins Schwärmen versetzen könnten. Eine etwa fünfzehn Zentimeter breite Bordüre aus herrlichem Hartholz umrahmten kleine achteckige, elfenbeinfarbene Kacheln, die wie ein altmodisches Kreuzstichmuster angelegt waren. „Dieses Haus ist wunderschön.“
„Es ist ein Wahrzeichen.“ Sergei schloss die Tür hinter ihr und ging voraus. „Soweit ich weiß, wurde bei der Renovierung und den Details darauf geachtet, dass sie bemerkenswert nah an der ursprünglichen Bauweise von 1867 blieben.“
Sie stoppte neben einem massiven Gemälde mit verziertem Goldrahmen – dasselbe Haus, das sie eben erst betreten hatte, aber in einer anderen Epoche angesiedelt. Irgendetwas daran beruhigte sie. Als ob alle technologischen Fortschritte der Gegenwart in einem einzigen Moment ausgelöscht worden wären und das Chaos des Sofortzugriffs auf die Welt mit sich gerissen hätte.
„Kommen Sie“, sagte er, während er neben der geschwungenen Treppe stand. „Ich führe Sie herum.“
Es gab nicht viele Dinge, die Evie die Sprache verschlugen. Nicht einmal einige der schickeren Häuser, die sie besucht hatte. Doch die Details dieser Villa ließen sie förmlich dahinschweben und erinnerten sie an all die entzückenden Bilder aus vergangenen Zeiten.
Verzierte Kristallkronleuchter. Handgeknüpfte Teppiche. Elegante Vorhänge, die vor den großen Fenstern hingen und am Boden geschmackvoll drapiert waren. All das erinnerte sie an die französischen Paläste, die sie sich einmal online angesehen hatte, nur mit einem kreolischen Flair.
„Es handelt sich um sieben Schlafzimmer und acht Bäder“, sagte er, als er aus dem Aufzug in die Küche trat. „Diese Räume erfordern regelmäßige Reinigung, ebenso wie der Ballsaal und die Wohnräume. Es gibt einen Hausmeister und eine Köchin, deren Aufgaben Sie koordinieren müssen.“
Sie würde was?
Sie blieb hinter ihm stehen. „Mr. Petrovyh.“
„Sergei.“
Sie nickte. „Sergei.“ Evie betrachtete die erstklassigen Granitarbeitsflächen mit den hochwertigen Edelstahlgeräten. Allmählich ließ die Faszination nach, die sie bisher so in den Bann gezogen hatte. Jedenfalls so weit, dass sie endlich wieder das Ruder in die Hand nehmen konnte. „Warum bin ich hier?“
„Ich zeige Ihnen das Haus und teile Ihnen meine Erwartungen mit.“
So, wie er das sagte, lag da ein gewisser Unterton in seiner Stimme, der besagte: Sei nicht dumm! Dennoch konnte sie den riesigen Elefanten im Raum beim besten Willen nicht sehen. „Und das tun Sie, weil …?“
Er vergrub seine Hände in den Hosentaschen und neigte den Kopf ein wenig zur Seite, während in seinen Augen die Herausforderung schimmerte. „Sie wollten einen Job, Evette. Seit einer Viertelstunde sind dieses Anwesen und alles, was damit zu tun hat, offiziell genau das.“ Ohne auf eine Erwiderung zu warten, drehte er sich um und schlenderte zur Hintertür der Küche. „Kommen Sie hier entlang, ich zeige Ihnen das restliche Gelände und den Pool.“
Sie folgte ihm, ohne einen einzelnen klaren Gedanken zustande zu bringen, zu fassungslos über seine beiläufige Erklärung, um auch nur darauf zu kommen, Einspruch einzulegen. In der Sekunde, als sie den hinteren Gartenbereich sah, setzte ihr Gehirn vollkommen aus, und sie akzeptierte die Tatsache, dass nichts mehr einen Sinn machen würde. Zumindest nicht, bis sie die Gelegenheit hätte, sich hinzusetzen und ihrem Verstand Zeit zu geben, das alles zu verarbeiten.
Perfekt getrimmte Hecken formten eine klassische Begrenzung um den kristallklaren Pool, und das Gras, das sich über die gesamte Rückseite erstreckte, war golfplatzwürdig. Eine Balustrade trennte die erhöhte Steinterrasse von einem geschwungenen Plattenweg aus Sandstein zum Pool. Marmorstatuen, die wahrscheinlich aus Italien importiert worden waren, schmückten die vielen bunten Blumenbeete, die wirklich alles – von Chinesischer Kräuselmyrte bis zu Rosenbüschen – beherbergten.
Sergei beendete seine Litanei an Instruktionen, von denen sie kein einziges Wort gehört hatte, stemmte seine Hände in die Hüften und blieb ihr gegenüber stehen. „Irgendwelche Fragen?“
Könnten Sie das alles noch mal wiederholen?
Besonders den Teil, bei dem ich dieses Anweisen hier leite?
Das wäre sicherlich nicht die cleverste Antwort, wenn man die sich bietende Gelegenheit betrachtete. Ehrlichkeit war ja gut und schön, aber manchmal brauchte ein Mädchen etwas Zeit, um aus der Realität schlau zu werden. „Ich habe eine Tonne von Fragen, es wird allerdings wohl eine Weile dauern, bis sie Gestalt annehmen.“
Er nickte einmal kurz, als wäre ihre Erwiderung nicht nur akzeptabel, sondern als hätte er nichts anderes erwartet. Sergei drehte sich um und ging auf ein Gebäude zu, das auf der anderen Seite des Gartens und am Ende der Einfahrt lag. „Gut, dann folgen Sie mir und wir werden über Ihr Gehalt reden.“
Für einen kurzen Moment machte sich ihr praktischer Verstand für die Verhandlungen bereit, wurde aber schnell von ihrer Neugier beiseitegeschoben, als sie sich dem allein stehenden Gebäude näherte. „Was ist hier drin?“
„Es ist das Kutscherhaus.“ Er öffnete die malerisch gestaltete Hollandtür, die als Haupteingang diente, und ging ihr voraus. Im Gegensatz zum Haupthaus hatte sich der ehemalige Besitzer hier einige Freiheiten herausgenommen. Es besaß immer noch den gleichen Charme wie alles andere, aber mit wesentlich mehr modernen Details.
Wunderschön.
Absolut atemberaubend.
Versiegelte Holzböden. Weiß getünchte Wände. Eine opulente Holztreppe mit schmiedeeisernen Details im Geländer. All dies wurde mit Geräten, die auf dem neusten Stand der Technik waren, und rustikalen Akzenten unterstrichen. Es wirkte wie ein Landhaus, das sich gegen die Moderne gewehrt hatte.
Sie schlenderte durch den Wohn- und Essbereich mit seinen hohen Decken und blieb an einem langen Esstisch mit einer Sitzbank auf einer Seite stehen. Evie blickte hinauf zur offenen Galerie, von der aus zwei Schlafzimmer abzweigten. „Wer wohnt hier?“
„Sie wohnen hier, Ms. Labadie.“ Er nahm einen großen braunen Umschlag vom Tisch und schüttete den Inhalt aus – einen kleinen Stapel Papiere, die an einer Ecke zusammengetackert waren, einen dicken weißen Briefumschlag, einen Satz Schlüssel und einen Kugelschreiber. Sergei hob den dicken Umschlag auf und reichte ihn ihr. „Sie erhalten natürlich einen Bonus für die Unterzeichnung des Vertrages und Zeit, sich um die Schulanmeldung für Emerson zu kümmern. Danach werden meine Männer Ihnen beim Umzug helfen.“
Evie hörte die Worte. Sie wusste tief im Innern, dass sie sich endlich zusammenreißen musste, um das alles zu verarbeiten, allerdings war sie zu nichts anderem im Stande, als die Schlüssel auf dem Tisch vor ihr anzustarren.
„Ich soll hier wohnen?“
„Eine Bedingung des Jobs. Nicht verhandelbar.“
Ein Platz zum Wohnen.
Ein wirklich absolut verflucht schöner dazu.
Einer, bei dem sie sich nicht ständig darüber Sorgen machen musste, dass Emerson auf dem Weg von der Schule nach Hause getötet oder rekrutiert wurde, sich einer Gang anzuschließen.
Sie war geneigt, nach den Schlüsseln zu greifen, doch stattdessen zog sie den Stapel Papiere zu sich.
Ein Vertrag.
Zahlen und Details zeichneten sich zwischen der Juristensprache ab. Eintausend Dollar pro Woche. Miete und Nebenkosten als Teil des Pakets inklusive. Drei Wochen Urlaub. Krankenversicherung.
Und alles, was sie dafür tun musste, war, das Haus sauber zu halten und die Arbeiten der anderen Dienstleister zu koordinieren.
Das war großartig.
Genau die Veränderung, die sie brauchte, um Emerson das Leben ermöglichen zu können, das er verdient hatte, und ihre Karriere wieder in die Spur zu bringen.
„Mr. Petrovyh …“ Sie leckte sich über die Unterlippe und blickte auf den Vertrag. Es gab Geschäfte, die einfach zu gut waren, um wahr zu sein, und sie wäre verflucht naiv, wenn sie nicht ihren Teil dazu beitragen würde, herauszufinden, ob dieses hier eins davon war. Sie zwang sich, ihn direkt anzusehen. „Wessen Haus ist das hier?“
Sein Grinsen war das eines Wolfes. Eines hungrigen, gerissenen und vernichtend schönen Wolfes. „Meins.“
Dieses Eingeständnis hätte sie eigentlich erschrecken müssen. Es hätte sie direkt aus der Tür jagen müssen und zurück zur Straßenbahn, mit der sie hergekommen war. Stattdessen blieb sie wie versteinert, wo sie war, und schickte ein Gebet um Verständnis gen Himmel.
„Ist das ein Problem, Ms. Labadie?“
Für einen russischen Mafioso zu arbeiten?
Mit ihm zu leben?
Nun, nicht mit ihm. Jedenfalls nicht ganz. Doch bei näherer Betrachtung musste sie sich die Frage stellen, wie hoch wohl die Wahrscheinlichkeit von umherfliegenden Kugeln und Entführung sein könnte. Sie schob den Vertrag vor sich hin und her. „Ich wusste nur nicht … Ich wusste nicht, dass eine Unterkunft inbegriffen ist. Oder dass ich für Sie arbeiten würde.“
Er pirschte sich von seiner Seite des Tisches bis zum Ende heran, umrundete ihn und kam direkt auf sie zu. Die Art, wie er sie dabei mit diesen tiefblauen Augen ansah, machte ihr klar, warum die Beute eines Raubtieres nicht flüchten konnte. Sie war zu fasziniert, von der Schönheit des Jägers vollkommen gefangen, um sich selbst zu schützen. „Ich bin ein sehr anspruchsvoller Arbeitgeber, Ms. Labadie. Ich erwarte viel von denjenigen, die für mich arbeiten. Als Gegenleistung für ihre Fähigkeiten und Loyalität biete ich eine ausgezeichnete Vergütung. Aber missverstehen Sie eins nicht …“ Er schob ihr den Vertrag wieder hin. Tätowierungen zierten die Spitzen seiner Finger – seltsame Symbole, die für sie keinen Sinn ergaben, und komplizierte Muster, die sich um seine Handgelenke schlangen, bevor sie unter den Hemdärmeln verschwanden. „Dies hier ist meine Welt und Sie werden nach meinen Regeln spielen.“
Da war es. Eine Warnung und ein Ultimatum, alles in einem. Das Angebot war großzügig. Mehr als das. Wenn sie es annehmen würde, hätte sie endlich einen Ausweg aus den nicht enden wollenden Problemen, die sie selbst verursacht hatte, als sie voller Trauer um ihre Mutter vom Weg abgekommen und schwanger geworden war.
Aber dafür würde sie einem sehr gefährlichen Mann eine Menge schulden. Mehr als das, sie würde nicht nur dem Teufel etwas schulden. Sie würde mit ihm zusammenleben. Und damit ging auch eine gewisse Gefahr einher. „Ich habe einen Sohn. Ich habe die Verantwortung für ihn. Ich kann nicht …“ Sie schluckte hart, versuchte, einen Weg zu finden, ihren Bedenken Ausdruck zu verleihen, ohne ihn zu beleidigen.
Keine leichte Aufgabe, wenn allein der Gedanke daran, was sie gerade in Erwägung zog, sie zu Tode erschreckte.
Offensichtlich stand ihr diese Angst förmlich ins Gesicht geschrieben, denn er beantwortete die unausgesprochene Frage dennoch. „Ihnen wird kein Leid zugefügt. Auch nicht Emerson. Diejenigen, die für mich arbeiten, sind unantastbar.“
Unantastbar.
Ausgesprochen mit absoluter Überzeugung.
Eine unzerbrechliche Endgültigkeit, die mit der Subtilität eines Richterhammers durch den schönen Raum hallte.
Die Logik sagte ihr, dass er das gar nicht garantieren konnte. Aber wenn sie die Entschlossenheit in seinen Gesichtszügen betrachtete und die Art, wie unerbittlich er seinen eindrucksvollen Körper positionierte, kam ihr in den Sinn, dass selbst das Schicksal es sich wohl lieber zweimal überlegen würde, sich mit ihm anzulegen.
Mit zittrigen Händen hob sie den Vertrag an und begann, ihn zu lesen, zwang sich diesmal dazu, jedes einzelne Detail davon zu verinnerlichen.
Sergei verhielt sich vollkommen ruhig. Keine unausgesprochenen oder ausgesprochenen Versuche, sie zu einer Entscheidung zu drängen. Er wirkte nur wie ein geduldiger Jäger, der auf seine aufgestellte Falle vertraute.
Der Bonus für die Vertragsunterzeichnung würde mehr als reichen, um Emersons Platz an der Schule zu garantieren. Am Ende jeder Woche hätte sie sogar genug Geld übrig, um ihre eigene Schulbildung zu finanzieren. Emerson wäre in der Lage, in einer sicheren Gegend zur Schule zu gehen, und sie hätte abends Zeit, mehr als einen Kurs pro Semester zu besuchen.
Ein Flattern breitete sich in ihrem Magen aus, und ihre Arme fühlten sich so leicht an, dass sie tatsächlich prickelten.
Hoffnung.
Es war Jahre her, seit sie sie gefühlt hatte. Sie hatten den Glauben daran schon aufgegeben, dass eine solche Chance jemals auf sie zukommen würde. Aber die Chance war jetzt hier, wenn sie mutig genug war, sie anzunehmen.
Dorothy hatte ihm vertraut und Sergei hatte all seine Versprechen gehalten. Er hatte die Schläger ausradiert, die ihr Diner überrannt und sie täglich bedroht hatten.
Ihr Blick glitt zu dem Kugelschreiber, der auf dem Tisch lag. Es war kein gewöhnlicher Stift. Eher eines dieser silbernen Dinger, die wahrscheinlich Hunderte von Dollar kosteten. Sie nahm ihn auf und das Metall fühlte sich herrlich kühl an ihren Fingern an. Das Knistern der Papiere, als sie auf die letzte Seite blätterte, war im offenen Raum in dem ansonsten stillen Moment überdeutlich zu hören. Ehe sie sich versah, starrte sie auf ihre Unterschrift.
Evette Labadie.
Jede Linie elegant und gut geübt. Eine Unterschrift, von der sie einmal geschworen hatte, sie dazu zu nutzen, um große Dinge zu vereinbaren.
Damit hatte sie nicht falschgelegen. Sie hatte sich nur nicht vorgestellt, dass es bei einem Geschäft sein würde, das sie alles kosten könnte.
Beim Aufstehen blätterte sie die Papiere wieder zurück und überreicht sie dann Sergei.
Er nahm sie entgegen, und sein ruhiges Durchblättern ließ ihn wirken wie einen zufriedenen Mann, der gerade genau das, was er wollte, in Zement gegossen hatte. „Eine kluge Wahl, Ms. Labadie.“ Er neigte seinen Kopf auf eine Art, die sich wie ein formales Ritual anfühlte, behielt dabei jedoch stets den Augenkontakt zu ihr. Sobald er sich wieder aufgerichtet hatte, war der angespannte Moment vorbei und wurde ersetzt durch seine anmaßende Selbstsicherheit, die er bereits den gesamten Morgen über zur Schau getragen hatte.
Er ging zur Tür, während er sein erstes Kommando als Arbeitgeber an sie richtete. „Gehen Sie. Kümmern Sie sich um Ihren Sohn und seine Schule. Sie haben heute Zeit, umzuziehen; meine Männer stehen Ihnen zur Verfügung. Morgen beginnen Sie mit Ihren regulären Aufgaben.“
In der geöffneten Tür hielt er inne, musterte sie von Kopf bis Fuß, hob eine Augenbraue und grinste. „Das ist eine große Aufgabe, Ms. Labadie. Ich schlage vor, Sie machen sich besser an die Arbeit.“