Читать книгу EIN ZOMBIE KOMMT SELTEN ALLEIN - Rich Restucci - Страница 13
Zuflucht
ОглавлениеIch warf immer mal wieder einen Blick auf meinen neuen Freund. Mit einem dicken und schweren orangefarbenen Verlängerungskabel band ich sein Bein vorsichtshalber am Feldbett fest. Sein Verband war innerhalb einer Stunde komplett vollgesogen und als ich ihn wechselte, rührte er sich. Ich sah mich im Schuppen um, in dem es nur eine halbe Stunde, nachdem ich die Kohle zum Brennen gebracht hatte, fast vierzig Grad heiß war. Um das Feuer in Gang zu bringen, hatte ich ein Stück von Ships Haus benutzt. In dem Schuppen fand sich wirklich alles, was man als angehender Überlebenskünstler brauchte … eine Werkbank, eine Computerstation, eine Ansammlung von Gewehren, Gasmasken, Essen und Trinken in Dosen oder vakuumverpackt, und ein Regal voller How-to-Bücher mit Anleitungen für wirklich alles und jeden.
Die Waffen der toten Rednecks hatte ich sorgfältig auf der Werkbank ausgebreitet, sodass mein Kumpel und ich uns darum würden streiten können, sobald er wach wurde. Es waren drei M16, zwei schwarze Schrotflinten und ein ebenfalls schwarzes Sturmgewehr mit einem großen Zielfernrohr. Außerdem gab es neun unterschiedliche Pistolen sowie einige Messer und Macheten. Da die Kleidung der Toten voller Blut war, hatte ich sie nicht an mich genommen, allerdings hatte eine Durchsuchung ihrer Ausrüstung massig Munition, Uhren, Walkie-Talkies, Funkgeräte und vieles mehr hervorgebracht. Eine kleine schwarze Automatikpistole mit zwei Magazinen (Ship würde mir später erklären, dass es sich dabei um eine Glock 23 handelte), sowie eine verchromte 357er Magnum mit zwei dazugehörigen Speedloadern hatte ich mir schon mal geschnappt. Die Glock befand sich in einem Schulterholster und die 357er an meiner rechten Hüfte. Ich war also eine knallharte Kampfmaschine. Jetzt musste ich nur noch lernen, mit meinen verdammten Kugeln etwas zu treffen.
Irgendwann schaffte ich es endlich, zu lesen, was Ship in sein Notizbuch geschrieben hatte, nachdem er von meiner Immunität erfahren hatte. Er hatte wirklich viele Fragen. Die einfachen drehten sich um Themen wie, wann und wo war ich gebissen worden und ob ich krank geworden war. Die komplizierten waren deutlich länger, drehten sich jedoch alle darum, ob ich früher irgendwelche seltsamen Medikamentenkombinationen oder hoch dosierte Antibiotika genommen hatte oder ob ich mal Teil einer medizinischen Studie gewesen war. Ship wusste schließlich nicht, dass ich mich noch vor zwei Wochen in einer 2x2,5 Meter großen Betonzelle mit einem Gitter statt einer Tür befunden hatte.
Der Riese erwachte während ich Reis und Bohnen auf dem Ofen kochte und in dem Buch Zeichensprache für Anfänger las, welches ich mir aus seinem Regal ausgeliehen hatte. Er setzte sich auf und sah zunächst fragend zu dem Kabel um seinen Knöchel und dann zu mir. Ich zuckte mit den Schultern, woraufhin er lächelte und wissend nickte. Ich machte das Zeichen für Kopf und er erwiderte etwas. Ich durchsuchte das Buch nach dem Zeichen, das er geformt hatte, konnte es aber nicht finden, was ich ihm dann sagte. Er beugte sich vor, um meine geniale orangefarbene Fessel zu entfernen, doch dann überlegte er es sich anders und setzte sich wieder gerade hin. Ich brachte ihm das Notizbuch und den Stift und war überrascht, als er nur ein einziges Wort schrieb: Schmerz.
Ich erklärte ihm, dass die Verletzung nicht so schlimm war, sondern nur eine Schürfwunde, woraufhin er schrieb, dass es sich anfühle, als hätte man ihm eins mit dem Vorschlaghammer übergezogen.
Ich tat das, was jeder in meiner Situation getan hätte. Ich nannte ihn ein Baby und löste seine Fessel.
Er fragte besorgt nach dem Baumhaus und ich erklärte ihm, dass es uns für eine ganze Weile warmgehalten hatte und dass in diesem Moment gerade ein Stück davon fröhlich im Ofen vor sich hin brannte, dass ich aber nach dem Redneck-Zombie-Massaker nicht wieder draußen gewesen war. Er erhob sich vorsichtig und ich staunte einmal mehr über seine riesenhafte Erscheinung. Er trat an die Werkbank und startete den Computer. Ich war überrascht, dass es nach wie vor Strom gab, aber anscheinend lieferten seine Solarpaneele und die Miniatur-Windanlage nach wie vor zuverlässig Energie. Als der Bildschirm zum Leben erwachte, war das Bild darauf in Quadrate unterteilt, die das Gelände außerhalb des Schuppens aus jeweils unterschiedlichen Blickwinkeln zeigten. Captain Survival hatte also erneut zugeschlagen, indem er kleine Überwachungskameras an strategisch ausgesuchten Orten auf seinem kleinen Stück Land verteilt hatte. Der Typ war echt vorbereitet gewesen.
Auf einem Bildschirmabschnitt war die schwelende Ruine seines Hauses zu sehen und sein Nicken zeigte, dass er die Situation einfach so hinnahm. Er schien mit dem Verlust offenbar wesentlich besser klarzukommen als ich, und das, obwohl ich nur eine einzige Nacht dort verbracht hatte. Er zog jetzt einen schwarzen Rucksack hervor, der mich an das Militär erinnerte, und fing an, ausgewählte Dinge hineinzupacken. Der Rucksack war wirklich enorm und ich war insgeheim froh, dass er ihn tragen würde, wenn wir von hier verschwinden würden. Als er fertig war, reichte er mir den Rucksack mit einer Hand, ich nahm ihn ebenfalls einhändig entgegen und ließ ihn sofort auf den Boden fallen. Er wog bestimmt an die vierzig Kilo. Ship deutete auf ein Regal und ich platzierte den Rucksack neben einem anderen, der offenbar bereits vorbereitet worden war.
Ship überflog jetzt die Waffen und die Ausrüstung, die ich den Toten abgenommen hatte, dann drehte er sich um, winkte mich zu sich und reichte mir ein Walkie-Talkie. Er schaltete es ein, etwas, woran ich bislang noch nicht einmal gedacht hatte, und auf einmal empfingen wir Redneck-Radio. Scheinbar liefen gerade die Nachrichten und was wir hörten, war gar nicht gut.
»…ölf Stunden. Wiederhole, Jed hat sich noch nich‘ gemeldet, und das seit fast zwölf Stunden.« Es war die Stimme einer Frau.
»Er und seine Gruppe von Gehirnamputiert‘n sind wahrscheinlich schon Futter, aber ich sammle meine Jungs ein und mach mal ‘ne Razzia im Norden von der Farm vom alten Wilson.« Der Typ hatte den Mund offenbar voll mit irgendwas, während er sprach. Das war sowohl eklig als auch schwer zu verstehen, aber die Frau, die zuerst gesprochen hatte, schien damit anscheinend kein Problem zu haben.
»Verstanden! Ich sag‘s Hugh, aber ich kann dir sag‘n, er wird wollen, dass du dich alle fünfzehn Minuten meldest, jetzt, wo man nix von Jed hört.«
Der Typ mit den anderen Jungs war davon offenbar gar nicht begeistert. Er wollte nicht weiter über Funk reden, weil das ihre Position verraten könnte und sie nicht wussten, wer vielleicht noch mithörte. Die Frau sagte ihm daraufhin, dass sie die Regeln nicht mache und der Typ hatte anschließend ein paar ausgesucht uncharmante Worte für sie übrig.
Die ganze Zeit über hatte ich auf die Werkbank geblickt und mich auf das konzentriert, was ich hörte. Als ich aufsah, hielt Ship mir das Notizbuch entgegen. Wir verschwinden in zwanzig Minuten.
Ich wollte ihn fragen, ob er jetzt vollkommen übergeschnappt war … wegen seiner Kopfverletzung, der schweren Rucksäcke, der Kälte und den Zombies, doch er war mir zuvorgekommen. Er blätterte die Seite um und ich las weiter.
Wir befinden uns direkt nördlich von Wilsons Farm. Sie werden den Rauch hier sehen und direkt herkommen, wo sie dann uns und ihre toten Freunde finden. Sie werden den Schuppen entdecken und uns töten, und um sie alle auszuschalten bin ich einfach nicht gut genug ausgestattet.
So eine Scheiße!
Er nahm zwei Funkgeräte mit Kopfhörern und wir testeten je eins davon. Ich sprach zu ihm und er hob seinen Daumen. Er betätigte im Gegenzug die Rauschsperre, von der ich zuvor noch nicht einmal gewusst hatte, wofür sie gut war, und hörte ihn problemlos.
Wir sammelten noch etwas mehr Ausrüstung zusammen und dann war es an der Zeit, aufzubrechen. Ich behielt die Waffen, die ich als Kriegsbeute an mich genommen hatte, und fragte Ship, ob er mir eines der M16 von der Bank reichen könne, bevor es losging. Er hielt vier Finger in die Luft und ich erwiderte, dass er sich irrte, weil es nur drei M16 waren. Er schüttelte den Kopf und kritzelte einen einzelnen Buchstaben und eine Zahl in sein Notizbuch: M4. Dann deutete er auf meine Waffe. Ich fragte ihn, was denn der Unterschied zwischen einem M4 und einem M16 war. 12 war alles, war er dazu schrieb und ich schwöre, dass ich bis gerade eben nie verstanden habe, was er mir damit sagen wollte.
Er ließ die Tür unverschlossen, hinterließ aber ein paar eklige Überraschungen für die Hillbillys. Welche von der explosiven Sorte. Ich fragte ihn, was passierte, wenn sich irgendein Kind vor den Rednecks hierher verirrte, woraufhin Ship schrieb, dass es immer noch besser wäre, in die Luft zu fliegen, als gefressen zu werden oder zu erleben, was auch immer diese widerlichen Typen anstellen würden. Da musste ich ihm insgeheim recht geben.
Wir verließen den Schuppen und näherten uns einem zweiten. Gemeinsam schafften wir den Schnee vor dem Eingang weg und fanden im Inneren einen für zwei Personen ausgestatteten Motorschlitten vor. Später sollte ich von Ship erfahren, dass er sogar ein Pferd gehabt hatte, dass dieses aber beim Tierarzt gewesen war. Er war gerade auf dem Rückweg vom Arzt gewesen, als er auf mich und meine mich jagenden toten Kumpels gestoßen war. Vermutlich hatte das Pferd als Mahlzeit für einige dieser Dinger gedient, inklusive dem nun untoten Tierarzt.
Nachdem wir das Schneemobil aus dem Schuppen hinausmanövriert hatten, baute Ship noch eine weitere Falle auf. Anschließend startete er die Maschine und bei dem lauten Geräusch machte ich mir vor Schreck fast in die Hose. Wir stiegen beide auf und machten uns aus dem Staub, ohne uns noch einmal umzusehen.
Eine ganze Weile fuhren wir in Richtung Westen. Wie lang genau, konnte ich nicht sagen, aber es war bereits dunkel geworden. Mein Gesicht war wegen der eisigen Kälte taub und wir flogen regelrecht über den Schnee, als mir irgendwann etwas Ungewöhnliches vor uns ins Auge stach. Einzelne Stellen im Schnee wurden für einen kurzen Augenblick erleuchtet. Ich blinzelte ein paar Mal, sah es aber immer noch. Mir fiel jetzt auf, dass die Stellen sich mit uns zusammen bewegten, konnte mir aber beim besten Willen nicht vorstellen, worum es sich dabei handelte. Erst als ich über meine Schulter blickte, ergab das Ganze plötzlich einen Sinn. Drei Lichter hinter uns durchbrachen in regelmäßigen Abständen die Dunkelheit. Höchstwahrscheinlich waren es Motorschlitten, die sich nur wenige hundert Meter hinter uns befanden.
Ich beugte mich vor und brüllte Ship ins Ohr, dass uns offenbar drei Schwänze gewachsen waren, woraufhin er sich versteifte. Also, sein Körper, den ich ja gerade immerhin umarmte. An dem ich mich auf eine höchst männliche und heterosexuelle Art und Weise festhielt, während wir über den gefrorenen Boden rasten.
Mein neuer Freund änderte daraufhin spontan die Richtung und fuhr jetzt gen Norden. Die Lichter hinter uns schienen uns zu folgen (Überraschung), da sie dasselbe taten und uns dabei bedrohlich näherkamen.
Stellt euch nur mal kurz zum Spaß vor, ihr hättet eine Gruppe Inzest-Vollpfosten, die eure Sachen stehlen und euch dann inmitten einer Zombie-Apokalypse in einer Hölle aus Eis umbringen wollten, getötet. Lasst das mal kurz sacken. Jetzt stellt ihr euch vor, die Kumpel besagter Vollpfosten wüssten nun über diese Säuberung Bescheid und auf einmal seht ihr Lichter hinter euch im Dunkeln aufblitzen, während ihr flieht. Was würdet ihr denken? Ich sag’s euch. Ihr würdet glauben, dass echt üble Typen gerade auf dem Weg waren, um zu Ende zu bringen, was ihre Freunde begonnen hatten. Trotzdem hältst du an dem vollkommen lächerlichen Hirngespinst fest, dass das Licht doch auch genauso gut zu einer Schar Bikini tragender Supermodel-Nymphomaninnen gehören könnte, die in den Transporttaschen ihrer Schneemobile Bier und Buffalo Wings für dich dabeihaben.
Ja, das ist natürlich einfach nur unfassbar dumm.
Aber verdammt, ich dachte gerade tatsächlich an Bier und Chicken-Wings, als mich die erste Kugel traf. Eigentlich traf sie den Metallschaft des Gewehrs, das auf meinem Rücken befestigt war. Ich war mir erst auch nicht vollkommen sicher, ob es wirklich ein Schuss gewesen war, immerhin fuhren wir gerade mit voller Geschwindigkeit und ich konnte absolut nichts hören wegen des Motors, über dem wir uns befanden, aber ich glaube kaum, dass es ein Bienenstich gewesen ist. Ich begriff in dem Moment, was da ablief, als ich hörte, wie Automatikwaffen abgefeuert wurden. Von den circa fünfzig Kugeln, die von diesen Arschlöchern abgefeuert worden waren, hatte uns exakt eine getroffen, aber das wussten sie ja nicht.
Wir flogen (wir flogen tatsächlich) über eine Erhöhung und auf einmal befanden wir uns auf einer schneebedeckten Straße. Ich wusste nur deshalb, dass es sich um eine Straße handelte, weil ich ein mit Frost überzogenes Geschwindigkeitsschild gesehen habe. Während wir die Straße entlangfegten, stolperte uns jemand genau vor das Schneemobil und Ship fuhr im letzten Moment um ihn herum. Er war definitiv tot, da er uns mit ausgestreckten Armen, auf die für einen Zombie so typische Art und Weise, folgte. Ich sah ein Haus zu unserer Linken vorbeifliegen und dann noch eins, einige davon mit geparkten und zurückgelassenen Fahrzeugen auf der Straße und mir wurde klar, dass wir uns gerade in einer kleinen Ortschaft befanden.
Das Geräusch des Motors, über dem wir uns befanden, war im Vergleich zu der Stille des ausgestorbenen Ortes unfassbar laut. Dementsprechend dauerte es natürlich auch nicht lange, bis Tote auftauchten, um Ausschau nach einem späten Abendessen zu halten und schon kurz darauf kamen immer mehr und mehr aus den Häusern. Über die vereisten Straßen dieser verdreckten Kleinstadt zu kurven, war eines der furchteinflößendsten Erlebnisse meines ganzen Lebens, zumal sich immer mehr Tote wie aus dem Nichts aus der Dunkelheit heraus zu materialisieren schienen und versuchten, mit ihren infizierten Klauen, nach uns zu greifen.
Eines dieser Dinger schaffte es irgendwann tatsächlich, den rechten Lenker zu packen, woraufhin wir mit Gewalt nach rechts gezogen wurden. Ship ergriff die Hand des Dings kurzerhand und zog sie weg, als handele es sich nur um das Körperteil eines Kindes. Ich schwöre euch, ich habe sogar gesehen, wie ein paar gefrorene Finger abbrachen. Das Wesen ließ einfach los und fiel hinter uns zu Boden, aber der Schaden war bereits angerichtet.
Wir streiften irgendwann einen Toyota Camry, was irgendwie albern war. Ich meine, kommt schon, welcher Hillbilly, der was auf sich hält, fährt denn etwas anderes als einen Truck, und dann auch noch von einer ausländischen Marke? Unser rechter Reifen war bei dem Zusammenstoß jedenfalls leider beschädigt worden und fing daher an, dieses Geräusch zu machen. Ihr wisst schon, dieses Geräusch, das jedes Fahrzeug, das ihr jemals gefahren seid, irgendwann gemacht hat. Das einem zuzuschreien scheint: Hier stimmt was nicht, sodass du schließlich anfängst, dir Sorgen über eine fünfhundert Dollar teure Werkstattrechnung für eine neue Wasserpumpe oder Bremsscheiben zu machen.
Unser treues Ross begann offenbar zu lahmen. Wir schafften noch etwa einen Kilometer, bevor der Reifen sich komplett löste und beinahe Ships Bein mit sich riss. Wir rotierten daraufhin unkontrolliert und krachten schließlich frontal in die Ziegelsteinfassade eines Barber-Shops. Ich bin zwar kein Versicherungssachverständiger, aber selbst mir war klar, dass dieses unfassbar teure Schneespielzeug vollkommen am Arsch war und es daher vermutlich keinerlei Schadenszahlung dafür geben würde. Wisst ihr noch, wie ich vor ein paar Abschnitten erzählt habe, dass ich Angst hatte, als wir durch die Straßen gefahren sind? Nun, das war absolut nichts im Vergleich zu dem Moment, als ich das erste kehlige und gurgelnde Stöhnen ganz in unserer Nähe hörte.
Wir schnappten uns hastig unsere Sachen und Ship benutzte seine schiere Körpermasse, um die Tür des Barbershops zu öffnen. Das Innere des Ladens war glücklicherweise vollkommen leer, und kein Mensch – weder tot noch lebendig – war außer uns hier, was ein Glück war, denn der verdammte Rucksack (ein ALICE Rucksack für diejenigen, die es interessiert) war gefühlte Abermillionen Kilo schwer und ich deshalb schon nach wenigen Schritten am Ende meiner Kräfte. Ship riss den Barbertisch aus der Wand und schob ihn genau in dem Moment vor die Tür, als die erste tote Hand dagegen klatschte. Ich sah nervös aus dem Ladenfenster und die Zombies, die auf uns zukamen, blickten durch die Glasscheibe hindurch zurück, welche die gesamte vordere Frontseite des Ladens ausmachte. Das Glas würde garantiert nicht lange halten und ich drehte mich zu meinem großen Begleiter um, um ihm das zu sagen, doch er war bereits auf dem Weg zur Rückseite des Ladens. In dieser Sekunde implodierte die Frontscheibe und ich zuckte entsetzt zurück. Da die Toten noch gar nicht damit begonnen hatten, darauf einzuschlagen, war ich kurz verwirrt. Doch dann sah ich die Spiegel auf der gegenüberliegenden Seite explodieren und hörte die Schüsse.
Darüber hinaus erklangen auch wieder die Woohoos und Yeehahs. Verdammte Scheiße.
Ich nahm die Beine in die Hand und folgte Ship, der die Hintertür sorgfältig von außen verschloss, nachdem wir in eine lange, schmale Gasse getreten waren.
Ich hab euch ja jetzt schon ein paarmal erzählt, wie viel Schiss ich hatte, bei den kannibalischen Rindern, dem wirklich krassen Renner, den bösen Rednecks, bei den Zombies und bei den noch mehr Zombies, deren Stöhnen und bei in Wände krachenden Motorschlitten und vor allem, als ich gebissen worden war. Nun, das alles wurde tatsächlich noch von dem Moment getoppt, in dem wir die Hintertür öffneten, die Gasse betraten und sahen, wie viele Tote dort herumliefen. Wie ein Schwarm Vögel drehten sich alle auf einmal zu uns um und ihre toten Augen nahmen mich sofort ins Visier. Ich war mir nicht einmal sicher, ob sie Ship überhaupt wahrnahmen, obwohl er an die zwei Meter groß war und viermal so viel Masse besaß wie ich. Jedes einzelne dieser Raubtiere sah in mir offenbar eine kranke Gazelle und jedes einzelne wollte mich daraufhin unbedingt fressen. Sie neigten sich nach links und rechts, um an meinem gigantischen Freund vorbeizusehen. Als derjenige, der uns am nächsten war, einen Schritt nach vorn machte und damit den Schnee zum Knirschen brachte, war es dieses Geräusch, das mir am meisten Angst machte. Nicht die Art von Angst, die einem ein zweitausend Dollar Steuerbescheid verursachte, oder die man empfindet, wenn man sein Kind im Einkaufszentrum nicht finden kann; ich rede davon, wenn man sich vor Angst gleich in die Hosen scheißt, komplett in Panik verfällt und sich denkt: Fickt euch alle, mein qualvoller Tod steht unmittelbar bevor!
Und jetzt multipliziert diese Empfindungen ruhig noch mal mit Hundert, denn genau so fühlte es sich an, als die rund fünfzig toten Bastarde in dieser finsteren Seitengasse allesamt auf uns zusteuerten.