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Häusliche Probleme

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Ich hörte nun auch das verräterische Knirschen von Schuhen auf Glas aus dem dunklen Barbershop hinter uns, doch da ich nirgendwo hinkonnte, lief ich trotzdem dorthin zurück und Ship folgte mir auf den Fersen. Er schlug die Tür extra fest zu, damit es ein lautes Geräusch verursachte. Noch konnte ich hier keine Toten erkennen, da sie es vermutlich noch nicht bis zu dem schmalen Gang geschafft hatten, der vom Hauptraum zum Hinterzimmer führte. Ich hob mein Gewehr, um es mit dem ersten Toten aus der Minihorde aufzunehmen, der gleich aus dem Laden hier auftauchen würde, doch auf einmal hörte ich, wie sich hinter mir eine Tür öffnete und spürte die kräftigen Finger des Todes auf meiner Schulter.

Doch es war nur Ship, der eine weitere Tür gefunden hatte, hinter der Stufen nach oben führten. Er zog mich hindurch und ich schloss sie eilig. Dabei handelte es sich leider nur um eine hauchdünne Innentür, durch die sich selbst eine Katze mit genügend Zeit hindurchkratzen konnte. Vermutlich ein Schnäppchen aus einem Home Depot Sonderverkauf. Herabhängendes Toilettenpapier hätte unsere Verfolger wahrscheinlich besser aufgehalten und so, wie ich mich momentan fühlte, wäre mir dieses noch aus einem anderen Grund gerade Recht gekommen, wenn ihr wisst, was ich meine. An der Hintertür hatte das Klopfen bereits begonnen und in kürzester Zeit würde garantiert jeder Eitersack im gesamten Umkreis unseren kleinen Zufluchtsort aufsuchen.

Ich rannte die Treppen hinter Ship her, der dabei keinerlei Geräusch verursachte, zu einer anderen Tür, die offenstand und uns in ihren dunklen Schlund einlud. Doch dann blieb Ship urplötzlich stehen und in dem ein Meter breiten Treppenhaus gab es für mich keine Möglichkeit an ihm vorbeizukommen. Mondlicht, das durch ein achteckiges Fenster fiel, beleuchtete die enorme Gestalt meines Freundes. Er hob fast unmerklich den Kopf und zog dann seine Machete hervor. Ich hatte gedacht, meine Machete würde knallhart und fies aussehen, aber seine erinnerte mich an den Flügel einer Boeing, als sie die Luft vor ihm spaltete. Wie sich herausstellte, handelte es sich dabei allerdings nicht um Luft, sondern um eine tote Frau auf der Suche nach einem abendlichen Snack. Sie fiel vor uns auf den Boden wie ein heißer Stein, ihr Kopf bis zur Speiseröhre gespalten, und Ship zog seine Waffe wieder aus ihrem Schädel.

Von unten drang Lärm zu uns empor, der sich wie ein Handgemenge bei einem Käfigkampf anhörte; ich konnte mir nur vorstellen, dass die Horde von drinnen unsere Seitentür nicht gesehen hatte, so wie ich zuerst auch nicht, und stattdessen die Hintertür geöffnet hatte, um herauszufinden, wer da draußen die ganze Zeit gegen die Tür hämmerte. In einem kurzen Moment der Unbeschwertheit stellte ich mir vor, wie die zwei Gruppen bis in alle Ewigkeit mit ihren blutigen Stümpfen gegen beide Seiten der Tür hämmerten, bis sie irgendwann merkten, dass sie etwas jagten, das es gar nicht gab.

Ship ging weiter in den Raum hinein, der sich als Wohnküche entpuppte, und ich folgte ihm langsam. Er schloss die Tür hinter uns und zu meiner Erleichterung war diese wesentlich stabiler als die unten, wenn auch nicht gerade eine acht Zentimeter dicke Panzertür mit zum Schutz verbauten Lasern, die ich mir eigentlich wünschte. Ich hielt an zwei weiteren Türen Wache, die aus der Küche herausführten, während Ship den Kühlschrank gegen die Eingangstür schob. Da dieser auf Rädern stand, konnte er ihn einfach kippen und ihn sanft wieder abstellen. Einer Eingebung folgend, öffnete er ihn im Anschluss und holte zwei Flaschen Wasser daraus hervor. Ich weiß noch, dass ich mich fragte, wie es kam, dass das Wasser aus dem Kühlschrank warm war, obwohl es in der Küche über dem Barbershop eiskalt war. Wir stellten die Rucksäcke anschließend auf den Boden.

Eine Bewegung in der linken Tür verursachte mir fast einen Herzinfarkt und ich ließ vor Schreck mein Wasser fallen. Ich tippte Ship vorsichtig mit meinem Stiefel an, er nickte und deutete zu der anderen Tür. Mit dem Licht an seiner Waffe leuchtete er in die Dunkelheit hinein und ich fragte mich zum wiederholten Male, wie dumm ich eigentlich war, weil ich bisher nicht daran gedacht hatte, dass ich auch eine besaß. Ich fummelte eine Sekunde lang an meinem Licht herum, bis es anging, und dann blieb mir noch genau eine Sekunde, um damit zur Tür zu leuchten, bevor der Horror dahinter herauskroch.

Es war ein Kind! Ein kleiner Junge, der nie etwas getan hatte, außer samstagmorgens SpongeBob zu gucken und dabei Cornflakes zu essen. Menschen hatten diesen Jungen geliebt und er hatte auch sie geliebt, doch dieses Virus oder was auch immer es war, was hier vor sich ging, hatte dieses kostbare Kind in ein Ding verwandelt. Ich schluchzte leise, als ich sah, wie diese Karikatur auf mich zu kroch, mit einem Arm krabbelnd, weil der zweite fehlte. Der Junge trug einen blutigen Spiderman-Pyjama, der wohl einmal blau gewesen war. Dicke, salzige Tränen fielen vor mir auf den Boden, während die erbärmliche Kreatur leise wimmerte und um sich schlug. Ich wischte mir über die Augen und beugte mich vor, um sein Leid mit dem Schaft meines Gewehrs zu beenden.

Nachdem das erledigt war, setzte ich mich auf das im Zimmer stehende Bett und weinte. Das Mondlicht schien durch das Fenster, vor dem keine Vorhänge hingen, und erleuchtete einige Bilderrahmen an der Wand. Einer war heruntergefallen und auf dem Boden zerbrochen, vermutlich aufgrund des Kampfes, der ausgebrochen war, nachdem sich, wer auch immer hier infiziert worden war, verwandelt hatte. Ich hob den Rahmen in die Höhe und schüttelte die Glasscherben ab. Das Bild ins Mondlicht zu halten, machte mich jedoch nur noch trauriger. Dieser Junge war im Leben unfassbar süß gewesen. Er hatte blondes Haar und blaue Augen gehabt und auf einem kleinen, roten Fahrrad gesessen, mit seiner gut aussehenden Mutter zur Linken und seinem stark aussehenden Vater rechts von ihm. Seine Mom sah aus wie jede liebevolle Mutter und Ehefrau vor all dem Chaos hier. Sie betrachtete ihren Sohn mit nichts Geringerem als Verehrung auf diesem Bild, und sein Dad war … sein Dad!

Ich riss den Kopf hoch, als ich das Klatschen von Füßen hörte, die auf dem Holzboden den Gang entlangliefen. Das war nicht das Taumeln und Torkeln von einfachen Zombies und so riesig Ship auch war, er bewegte sich stets fast lautlos. Ich ließ das Foto also fallen und hob mein Gewehr hoch. Wieder erleuchtete das taktische Licht eine erneute Abscheulichkeit, die in den Raum stürmte und wohl einmal Dad gewesen war. Der ehemalige Vater hob seine Hände vor das Gesicht, als das Licht ihn blendete. Ich würde ja jetzt gern behaupten, dass mir in diesem Moment eine äußerst listige Taktik eingefallen wäre oder ich mich wie Houdini befreit hatte, aber ehrlich gesagt versuchte ich einfach nur meinen Darminhalt bei mir zu behalten, damit ich mir beim Rennen nicht auch noch die Unterhose würde wechseln müssen. Die Dad-Kreatur erholte sich bemerkenswert schnell und stürzte sich nun zischend auf mich.

Ich betätigte den Abzug meines M4, aber nichts geschah. Ich quälte mich nach wie vor mit dem Abzug herum, als Dad mich umwarf und wir gemeinsam vom Bett stürzten, sodass ich auf meinem Hintern und er auf mir landete. Er warf den Kopf in den Nacken und stieß diesen speziellen Schrei aus, den sie immer von sich geben, kurz bevor sie einen filetieren, woraufhin ich das mit Abstand Dämlichste tat, das in der Geschichte der Menschheit wahrscheinlich jemals getan worden war. Ich umklammerte seinen Kopf mit beiden Händen, zog ihn mit all meiner Kraft zu mir und versenkte dann meine Zähne in seinem Hals.

Das Stück, das ich herausriss, hätte einen großen Weißen Hai stolz gemacht, doch dann würgte ich und spuckte es auf ihn. Dads linke Hand legte sich auf die Wunde, als könnte er auf diese Weise den Blutfluss stoppen und in seinen Augen sah ich die einzige andere Emotion, zu denen diese Dinger neben Hass noch in der Lage waren: Überraschung. Er sah mich unverwandt an und wenn er noch hätte sprechen können, hätte er garantiert gesagt: Willst du mich verarschen?

Seine Stimmung wechselte allerdings so schnell von Überraschung zu Wut, wie ein fettes Kind brauchen würde, um sich einen Donut zu schnappen. Er würde mich offenbar trotzdem noch umbringen, bevor er ausblutete. Der konnte sich mal selber ficken. Niemals! Ich schlug dem infizierten Scheißkerl daraufhin gegen seinen Adamsapfel. Der Bastard würde nicht mehr dazu kommen, zu brüllen und seine Kumpel damit auf den Plan zu rufen. Seine beiden Hände befanden sich jetzt an seinem Hals und er machte ein Geräusch, das wie Gah! klang, allerdings so schwach und leise, als müsste er gleich würgen. Er versuchte aufzustehen, aber das konnte er vergessen, ich griff nach seinem schmutzigen Flanellhemd und rollte mich kurzerhand auf ihn. Dann zog ich mein Messer und jagte es durch sein linkes Auge, woraufhin sein Widerstand sofort erstarb und seine Hände nach unten rutschten.

Der Körper seines Sohnes lag direkt neben uns.

Ship tauchte jetzt plötzlich wieder auf, musterte die beiden Körper und zog mich auf die Füße. Ich spuckte Blut aus und mein Sweatshirt war ebenfalls vollkommen besudelt damit. Er leuchtete mich prüfend an und suchte nach einer Bisswunde, aber ich war immer noch komplett außer mir und stieß ihn deshalb von mir. Beziehungsweise stieß ich gegen ihn und landete auf meinem Hintern, weil es war, als würde man versuchen, eine Kontinentalplatte zu schubsen. Er half mir erneut hoch und leuchtete dann mit seiner Taschenlampe in sein Gesicht. Wo hat er dich gebissen?, formten seine Lippen langsam.

»Das hat er nicht, ich hab ihn gebissen«, erwiderte ich und spuckte noch einmal angewidert zu Boden, um das Ganze zu unterstreichen. »Und jetzt lass uns von hier verschwinden, bevor die hundert anderen Zombies in diesem Gebäude herausfinden, wo wir sind.«

Zum zweiten Mal innerhalb von etwa dreißig Sekunden bekam ich den Willst du mich verarschen? Blick. Von dem Nichtinfizierten war es allerdings genauso frustrierend.

Wir sahen uns in der Wohnküche, in einem weiteren Schlafzimmer und schließlich im Kinderzimmer des Jungen um. Das Kind hatte ein Iron-Man-Poster an der Wand und es gab einen dieser Wal-Mart-Plastikcontainer voller Legos auf dem Boden. An mehr kann ich mich nicht mehr erinnern, aber Iron Man und die Legos sind hängen geblieben. Gemeinsam suchten wir nach einem weiteren Ausgang, fanden aber leider keinen. In diesem Moment ertönte ein erster dumpfer Schlag an der Küchentür, woraufhin es mir eiskalt den Rücken herunterlief und sich meine Eier zusammenzogen.

Wir befanden uns zwar im ersten Stock, hätten aber trotzdem gute fünf Meter tief springen müssen, um auf diesem Wege entkommen zu können. Ich würde mir dabei vermutlich nur den Knöchel verstauchen, aber wenn der gewaltige Ship aus einer solchen Höhe auf den Erdboden krachte, würde das zweifellos eine Naturkatastrophe auslösen. Wir suchten nun die Wohnküche und sogar die Vorratskammer ab. Ich hoffte, dass es vielleicht irgendwo eine Falltür gab, die zu einem Dachboden führte, aber ähnlich wie die mit Bier bewaffneten Mädels war auch das nicht mehr als der Wunsch über einer ausgeblasenen Geburtstagskerze, der nicht in Erfüllung ging.

Auf die Tür prasselten nun immer heftigere Schläge ein und als ich einen Blick in die Küche warf, sah ich, dass der Türrahmen bedrohlich erzitterte. Auch der Kühlschrank war bereits ein paar Zentimeter von der Tür weggerutscht. Verzweifelt sahen wir uns nach etwas um, das uns helfen könnte, aber es gab in diesem Raum nichts Größeres als einen Beistelltisch, hinter dem wir uns verstecken könnten, und die anderen Innentüren sahen auch nicht viel besser aus, als diejenige, die vor der Treppe nach oben gewesen war. Wenn wir uns unter einem Bett oder in einem Schrank versteckten, würden wir als Darmausscheidung enden … falls diese Dinger sich überhaupt erleichterten … also schied diese Möglichkeit definitiv aus. Ich suchte das Kinderzimmer nach einem Lichtschwert oder meinetwegen auch gern nach einer Zeitmaschine wie aus Terminator ab, als ich einer Eingebung folgend, das Fenster aufstieß und hinaussah. An der Seite des Gebäudes befand sich tatsächlich eine Feuerleiter, die mit riesigen Mauerwerksankern an der Ziegelfassade befestigt war. Da unser Geheimversteck längst entdeckt worden war, brüllte ich Ship kurzerhand zu, dass er seinen Hintern sofort hierher bewegen sollte, da es mal wieder an der Zeit war, zu fliehen.

Er kam daraufhin mit beiden Rucksäcken bepackt ins Zimmer, während ich auf die Leiter stieg und im selben Moment die Küchentür nachgab. Ich hörte, wie der Kühlschrank über den beschissenen Linoleumboden kratzte und wusste, dass unsere Hilfsvorrichtung nicht mehr länger ihren Dienst tat. Ship warf die Rucksäcke kurzerhand aus dem Fenster, woraufhin sie schwerfällig im Schnee landeten.

Jetzt stellt euch mal einen hundertachtzig Kilo schweren Kerl vor, der versucht, sich durch ein Fenster zu quetschen und dabei eine Leiter zu erwischen, und vergesst nicht, dem Kerl ist vor Kurzem erst in den Kopf geschossen worden, sodass er immer noch nicht ganz auf der Höhe ist. Die Toten kamen also näher und der arme alte Shipster steckte fest wie eine Kakerlake in einem Motel. Sie checken ein, checken aber ums Verrecken nicht mehr aus. Er sah mich an und ich bin mir immer noch sicher, dass ich in seinen Augen einen Moment lang Angst gesehen habe. Es war das erste Mal, dass ich so etwas in seinem Gesicht sah, aber später würde er mir beichten, dass er sich schon viele Male davor vor Angst fast in die Hosen gemacht hätte.

Ja, ihr habt richtig gelesen, unser edler und tapferer Held wird hier und jetzt nicht draufgehen.

Ship umklammerte den Fensterrahmen oben und unten und dann zog er mit aller Kraft. Die Vorrichtung zerbrach in glasgespicktes Brennholz und der Riese war endlich frei. Verwundet, aber frei. Blut tropfte von seinen Wunden auf mich herab und ich sah, wie er mit dem rechten Bein um sich trat, als ein Zombie, der vom Aussehen her wohl mal Arzt oder Zahnarzt gewesen war, nach ihm griff. Natürlich löste sich die verdammte Leiter genau in dem Moment, als Ship um sich trat, da der Mann nun mal, wie ich es eventuell schon ein oder zwei Mal zuvor erwähnt hatte, enorm groß war.

Der Zombie wurde nun ohne Umschweife aus dem Fenster gezogen und scheinbar war ein Fetzen Hosenbein nicht ausreichend, um ihn zu halten, denn er fiel die vorhin bereits erwähnten fünf Meter hinab direkt auf den gefrorenen Boden. Seine Kumpel kletterten bereits durch das klaffende Loch in der Wohnungswand der Zombiefamilie und fielen ebenfalls wie die Lemminge hinunter.

Wie ein echter Superheld kniff ich meinen Schließmuskel zusammen und ließ dann die Sprossen der Leiter los, um die verbleibenden zweieinhalb Meter hinabzurutschen, während ich mich ausschließlich am Rahmen der Leiter festhielt. Ship imitierte meine unfassbare Coolness, wobei sein Aufprall allerdings ungleich lauter war als mein eigener und seine Landung mich unwillkürlich an den Typen auf dem Poster des Zombie-Kinderzimmers erinnerte.

Nun befanden wir uns auf dem Boden, doch einige Hundert tote Kannibalen waren bereits auf dem Weg zu uns und von oben regnete es immer noch mehr von ihnen herab. Oh, und dann waren da natürlich noch die schwer bewaffneten Rednecks, die dürfen wir nicht vergessen.

Ich weiß, was ihr jetzt denkt. Ich weiß es und ihr wisst, dass ich es weiß. Die Antwort auf eure nicht gestellte Frage, auf die eine, die euch einfach nicht mehr loslässt … ja, der Kerl hat nach Hähnchen geschmeckt!

EIN ZOMBIE KOMMT SELTEN ALLEIN

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