Читать книгу EIN ZOMBIE KOMMT SELTEN ALLEIN - Rich Restucci - Страница 9

Trailer Trash

Оглавление

Noch mal zurück zu den Rennern. Wir alle wissen, dass sie schnell sind. Wir wissen auch, dass sie uns hassen und uns in Stücke reißen wollen. Sie fressen uns. Aber trinken sie auch etwas? Mal angenommen, man würde einem von ihnen ein paar Shots Hochprozentiges reinkippen, würden sie dann anfangen, wie ihre anderen toten Kumpel zu taumeln? Und noch etwas anderes beschäftigt mich … wenn sie gar nicht tot sind, warum beißen die anderen Untoten sie dann nicht? Würde man neun Renner und einen nicht infizierten Menschen mit so einem Toten in einen Raum sperren, würde sich der Tote direkt auf den einen Menschen stürzen. Das habe ich schon gesehen. Nicht als Experiment natürlich, aber ich konnte ein ähnliches Szenario schon mal beobachten. Das wäre ja auch ein ziemlich beschissenes Experiment für den Menschen, den man dafür mit all den Infizierten in einen Raum sperren müsste. Das wäre ja einfach nur grausam.

Als die Nacht hereinbrach, war die Hitze des Tages bereits von einem stechenden Wind abgelöst worden. Ich hatte mich dazu entschieden, mir im Wald einen schönen Ort zu suchen, wo ich das Ganze zu Ende bringen konnte, falls ich den Mumm dazu aufbringen sollte. Es war irgendwie rasend schnell kalt geworden, und ich hatte ganz offensichtlich Fieber. Schon mal Fieber gehabt und gleichzeitig in der Kälte unterwegs gewesen? Vielleicht ist es schon eine Weile her und ihr erinnert euch nicht mehr so richtig daran, wie sich das anfühlt. Aber ich kann euch sagen, es ist beschissen. Ich musste also schnell einen Unterschlupf finden, weshalb der zerbeult aussehende silberne Wohnwagen der Marke Airstream, auf den ich zufällig stieß, nachdem ich etwa eineinhalb Kilometer weit in den Wald hineingelaufen war, verdammt einladend auf mich wirkte.

Hineinzukommen war ziemlich einfach. Innen war absolut alles auf dem neuesten Stand der Technik … von 1963. In den Wänden und im Dach befanden sich Löcher, die leider nur äußerst unsachgemäß abgedeckt worden waren, und überall gab es Flecken, deren Herkunft sich nicht mehr ausmachen ließ. Kurz gesagt, es war der Himmel auf Erden. Draußen heulte der Wind, dem ich sagte, er könne sich verpissen. Im hinteren Teil des Wohnwagens fand ich sogar ein paar schäbige alte Decken, die aussahen, als könnten sie noch aus der Zeit des Amerikanischen Unabhängigkeitskrieges stammen. Ich presste den Revolver gegen meinen Körper, während ich zitterte, bis mir aufging, wie idiotisch es wäre, wenn ich mir wegen meines Zitterns selbst in die Eier schießen würde. Also legte ich die Waffe neben mir auf die schimmelige Matratze, um eine unfreiwillige Vasektomie durch eine .38er zu vermeiden. Sollte ich heute Nacht wirklich sterben, dann zumindest mit intakten Kronjuwelen.

Ich packte mich in die Decken und wartete darauf, dass ich mich noch miserabler fühlen würde, und es wurde tatsächlich noch sehr viel schlimmer. Trotz einer besonders widerwärtigen Erfahrung mit Jakobsmuscheln und Tequila im Bostoner Stadtteil North End war dies hier die mit Abstand schlimmste Nacht meines Lebens. Mir wurde sogar noch schlechter und als ich schließlich der Meinung war, ich hätte mehr als genug, nahm ich die Waffe zur Hand. Ich wollte mich einfach nicht in einen von denen verwandeln … ich konnte nicht … oder doch? Wie schlimm konnte es schon sein? Würde ich mich ansonsten einfach auflösen, würde ich von etwas anderem abgelöst werden? Was würde mit meiner Seele geschehen? Dieser Teil von mir, der durch nichts anderes ersetzt werden konnte, wo würde der hingehen? Und dann beschlich mich ein beängstigender Gedanke. Was wenn er nirgendwo hingehen würde? Was, wenn jeder tote Bastard da draußen innerlich einen normalen Menschen in sich gefangen hielt, der laut schreiend darum bettelte, aus diesem verfaulenden fleischlichen Gefängnis gelassen zu werden; sich seiner Lage vollkommen bewusst, aber unfähig dazu, dieses … dieses Ding davon abzuhalten, die verabscheuungswürdigsten Gräueltaten der Geschichte zu veranstalten, während man in dessen Haut steckte.

So eine verdammte Scheiße.

Ich führte die Waffe in meiner zitternden, vom Fieber gebeutelten Hand an meine Schläfe. Der Abzug fühlte sich kalt an meinen heißen Fingern an, als ich vorsichtig Druck ausübte. Doch dann ließ ich wieder los. Ich konnte es einfach nicht. Die Eier, von denen ich vorhin gesprochen habe, waren plötzlich nirgendwo in Sicht. Wahrscheinlich hatten sie ihre Koffer gepackt und sich zu unbekannten neuen Gefilden aufgemacht, ohne eine Nachsendeadresse oder eine Handynummer zu hinterlassen.

Ich konnte mich nicht töten, weil mir die Eier dazu fehlten, die ich vorhin fast abgeschossen hätte. Das hatte eine gewisse Ironie, findet ihr nicht auch?

Ich betrachtete mein Bein und meine Schulter, und beide sahen absolut furchtbar aus. Schwarze Linien breiteten sich von beiden Wunden ausgehend aus, die Infektion hatte sich also in meinen Venen festgesetzt und diese verbreiteten sie ziemlich effizient in meinem gesamten Körper. Ich stank mittlerweile schon wie die fetten Ladys, die versucht hatten, mich zu verspeisen. Es war furchtbar und irgendwann tat ich das Einzige, das mir in diesem Moment noch einfiel. Ich schlief eine Runde.

Habt ihr euch schon mal durch ein zwei Tage andauerndes Alkohol- und Drogengelage komplett zerstört? So gegen 3:15 Uhr in der zweiten Nacht, denkst du dir, dass du dringend aufhören solltest, aber weil deine Kumpel immer noch abfeiern, machst du dennoch weiter mit. Irgendwann kann dein Körper dann einfach nicht mehr und der kleine Kerl, über den wir vorhin gesprochen haben, legt kurzerhand den Hauptschalter um, woraufhin du einfach komplett herunterfährst. Gott, wie sehr du dich dann selbst verachtest, wenn du wieder aufwachst! Irgendetwas Widerwärtiges hat sich offenbar in deinem Mund abgespielt und alles wirklich alles tut dir weh. Dein Kopf, dein Bauch, deine Augen, dein Hintern, einfach alles.

Ich hingegen verspürte nichts dergleichen, als ich erwachte. Mir ging es gut.

Es war extrem kalt, als ich aufwachte und meine Schulter und mein Bein schmerzten, aber krank fühlte ich mich nicht mehr. Der Gedanke, an die Leute, die in den Toten gefangen waren, schoss mir wieder durch den Kopf, weshalb ich sofort nach meinem Puls tastete. Doch ich war noch am Leben. Die Wissenschaftler und Vollidioten vom Militär können mich mal alle am Arsch lecken. Gebissen zu werden, tötete also doch NICHT jeden. Ich war der lebende Beweis dafür, immerhin war ich sogar von zwei Infizierten gebissen worden, die zusammen so viel gewogen hatten wie fünf!

Ich war nicht tot! Ich war nicht tot! Das musste ich so gefühlt hundertmal laut gerufen haben, während ich dasaß und mein Bein anstarrte. Die Wunde sah jetzt so aus wie damals, als Billy Rickles (der kleine Drecksack, ich hoffe, er hat sich infiziert und ist gestorben) mich in der ersten Klasse gebissen hatte. Man sah den kompletten Abdruck der oberen und unteren Zahnreihe, aber sonst nichts mehr. Keine schwarzen Linien, kein Eiter, und es gab auch keinen Fäulnisgeruch. Dasselbe galt für meine Schulter, auch wenn dort ein Stückchen Haut fehlte. Diese Wunde musste ich unbedingt verbinden, um keine normale Infektion zu bekommen.

Bei diesem Gedanken fing ich an zu lachen. Ziemlich hysterisch sogar. In diesem Moment bemerkte ich, dass ich pinkeln musste. In dem Wohnwagen gab es ein Bad und als ich die Schiebetür öffnete, fand ich dort auch eine Toilette. Mit meinem Strahl hätte ich Stahl durchschneiden können. Es war, als hätte sich mein Urin drei Tage lang angestaut. Das war der Moment, in dem mir etwas auffiel, das in diesem alten Wohnwagen vollkommen deplatziert wirkte. Eine nagelneue Rolle Toilettenpapier. Das ließ mich zwar die Stirn runzeln, aber eigentlich war es mir egal. Ich war gerade dermaßen glücklich darüber, nicht tot, oder so ähnlich wie tot, zu sein, dass ich das Dach des Wohnwagens anheulte, während ich mein bestes Stück ausschüttelte.

Irgendwas heulte allerdings zurück.

Es war ein jaulender Schrei, von etwas, das klang, wie eine Mischung aus Puma und dem Tod selbst. Die Jungs (meine Eier), die gerade erst von ihrer Auszeit zurückgekehrt waren, zogen sich direkt wieder in meine Bauchhöhle zurück. Der Schrei ertönte jetzt noch einmal und hätte ich in diesem Moment noch Wasser gelassen, hätte ich mich vermutlich vor Schreck angepinkelt.

Was auch immer es war, es fing nun an, sich gegen den Wohnwagen zu werfen und mit aller Kraft dagegen zu hämmern. Das ganze verdammte Ding wackelte bereits. Eilig schloss ich den Reißverschluss, wobei ich mir glücklicherweise nichts Wichtiges einklemmte, und schnappte mir den Revolver. Ich überprüfte die Trommel, doch alle sechs Patronen waren noch an Ort und Stelle.

Ich zielte mit der Waffe auf die hauchdünne Tür meiner aus Aluminium gebauten Todesfalle und wartete geduldig … wobei ich natürlich so viel Schiss hatte, dass meine Eier, die zwischenzeitlich wiedergekommen waren, nun wieder einen Abgang machten.

Das Geschrei und Hämmern hörte irgendwann auf und nach ein paar Grunzlauten wurde schließlich alles still. Und kurz darauf verwandelte ich mich in einen dieser superheißen Typen aus den Horrorfilmen, den man als Zuschauer immer anschreit, damit er die Tür nicht aufmacht oder irgendwo hingeht. Langsam öffnete ich die zerschlissenen Gardinen über der Spüle.

Das Erste, was mir sofort ins Auge stach, war, dass es zwischenzeitlich geschneit hatte. Es fielen immer noch Flocken und die Welt wurde bereits von mindestens einem Zentimeter Schnee bedeckt. Als Zweites fielen mir Fußabdrücke auf, die von Hast zeugten. Wobei ich wohl eher von Stiefelabdrücken sprechen sollte.

Da ich aus Massachusetts stamme, habe ich in meinem Leben schon viele Vertreter des Tierreichs gesehen. Falken, Eichhörnchen, Seemöwen, Wiesel und Wild. Ich habe sogar mal einen Fischermarder gesehen. Was für ein fieser Hurensohn das gewesen war. All diese Tiere hatten jedoch nicht den nötigen Intellekt besessen, um sich ein Paar Timberlands anzuziehen, und ich war mir ziemlich sicher, dass auch die Tiere hier oben in New Hampshire noch nicht in Schuhen herumstolzierten.

Die Auswahl an Arten schuhtragender Kreaturen war also äußerst limitiert.

Ich wartete mindestens eine Stunde. Mittlerweile hatte es aufgehört zu schneien, aber die Fußabdrücke waren trotzdem fast vollständig bedeckt. Ich spähte ein letztes Mal durch die Gardinen, bevor ich vorsichtig die Tür öffnete und auch durch diese einen Blick warf. Nichts zu sehen.

Ich machte einen verstohlenen Schritt nach draußen und schwenkte die .38er im Kreis herum. Immer noch nichts. Dann ging ich zwei Schritte vor die Tür und trat in den Schnee hinaus, doch vor Angst hätte ich mich bestimmt angepisst, wenn sich noch etwas in meiner Blase befunden hätte, deshalb drehte ich mich nach kurzer Zeit um und wollte zur Tür des Wohnwagens zurück. Ich hatte keine Ahnung, wer da vorhin geschrien hatte, aber ich verspürte nicht das Bedürfnis, es herauszufinden.

Ich hätte wohl nach oben schauen sollen.

Denn auf dem Dach des Wohnwagens saß, in gebückter Haltung, den Arsch auf seinen Fersen abgestützt und mich mit seinem Blick fixierend, der gesuchte Übeltäter. Sein Kopf war für einen kurzen Moment zur Seite geneigt, dann warf er ihn in den Nacken und ließ den Schrei eines Verdammten los. Kurz danach warf er sich vom Dach und stürzte sich wie ein Leopard auf eine Gazelle. Die Gazelle war ich, für die Langsamen unter euch.

EIN ZOMBIE KOMMT SELTEN ALLEIN

Подняться наверх