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We will be heroes: Darauf kommt es in den Teams der Zukunft an
ОглавлениеWie werden wir in einer immer komplexeren und dynamischeren Welt zusammenarbeiten? Eine Prognose wagt Dr. Peter Essens, Principal Scientist im Bereich Sozialforschung bei der TNO, der Niederländischen Organisation für Angewandte Naturwissenschaftliche Forschung. »Um zukünftige komplexe Probleme anpacken zu können«, sagt Peter Essens, »brauchen wir Modelle, um schnell und ad hoc zwischen sehr unterschiedlichen Organisationen Zusammenarbeitsverbände zu formen: die sogenannten Multi-Team-Systems.« Dazu wird es laut Essens nötig sein »nicht in Organisationen und Prozessen zu denken, sondern vom Menschen als Motor ausgehend – auch über Organisations- und Abteilungsgrenzen hinweg.« Schon heute haben sich herkömmliche Formen des Teambuilding, wie sie zum Beispiel das klassische Modell von Bruce Tuckman mit den Phasen forming, storming, norming und performing beschreibt, vielerorts erledigt. Das gilt für viele internationale Konzerne mit kulturell höchst diversen Teams.
Es ist jetzt schon kaum noch Zeit, sich erst langsam zusammenzufinden, durch eine obligatorische Krise zu gehen, Regeln zu definieren und dann – irgendwann – zu funktionieren und Ergebnisse zu liefern. Teams müssen immer öfter sofort und spontan funktionieren. »Ad hoc«, wie es Peter Essens nennt. In einer Netzwerkwirtschaft müssen sich dann auch noch Menschen aus ganz verschiedenen Organisationen und Kulturen projektbezogen sehr schnell zusammenschließen können. Oft gehen sie nach kurzer Zeit wieder auseinander. Das erfordert die Multi-Team-Systems, von denen Peter Essens spricht. Für die einzelnen Menschen kommt hinzu, dass sie gleichzeitig Mitglied in immer mehr Teams sind. Anders als früher können Teammitglieder auch seltener auf jahrelange Erfahrung mit ein und derselben Tätigkeit zurückgreifen. Es gibt heute Teams, in denen für die meisten Mitglieder die meisten Aufgaben neu sind.
Diese Herausforderungen haben drei Hauptkonsequenzen: Erstens müssen wir möglichst alle Teamvirtuosen werden. Wer weiß, welche Teamrolle er wie gut beherrscht, und wer gleichzeitig andere sehr gut einschätzen kann, der findet überall schnell seinen Platz. Zweitens müssen wir endlich Teams, Strukturen, Prozesse und Organisationen um die Menschen herum bauen, statt wie bisher von Menschen zu verlangen, dass sie sich vorgegebenen Strukturen möglichst gut anpassen. Ausgehend von Zielen und Personen ergeben sich Strukturen und Prozesse. Drittens müssen wir den Umgang mit Vielfalt beherrschen. Diversity ist längst kein reines gesellschaftspolitisches Schlagwort mehr, sondern beschreibt die Realität in international aufgestellten Unternehmen. Die kulturelle Rolle wird deshalb neben der funktionalen Rolle, der hierarchischen Rolle und der Charakterrolle für Teams zunehmend relevant.
»Wir müssen einen Weg finden, unsere Unterschiedlichkeit zu feiern und über unsere Unterschiede zu diskutieren, ohne dass unsere Gemeinschaften in Teile zerfallen.«
Hillary Clinton, Politikerin
Wie schnell die interkulturelle Falle zuschnappen kann, habe ich selbst noch vor Kurzem erlebt. Da habe ich meine Instrumentenshow für den Weltkongress von Junior Chamber International (JCI) gemacht, einer globalen Organisation für junge Unternehmer. 5000 Leute aus 50 Nationen waren dazu nach Brüssel gekommen. Mit dem gerade neu gewählten Vorsitzenden war abgesprochen, dass er fünf Minuten lang etwas sagt und ich dann mit meiner Show anfange. Er meinte nämlich, dass meine Botschaft genau seine Agenda für das kommende Jahr der JCI unterstreichen würde. So haben wir es dann gemacht. Nach kurzer Zeit war die Stimmung einfach genial. Viele Teilnehmer schwenkten ihre Landesfahnen – das war fast wie Last Night of the Proms. Alle schienen begeistert. Alle? Nein, die Japaner waren sauer. Das erfuhr ich später. Und ich erfuhr auch den Grund: Für sie darf ein Vorsitzender nicht nur fünf Minuten reden. Er muss mindestens eine Stunde reden! Alles andere ist ein Skandal. Völlig unverständlich.
Darüber hatten wir nicht nachgedacht. Wir hätten die Japaner ins Boot holen müssen. In einer solchen Situation heißt es: Erst mal allen zuhören. Dann offenlegen, was man vorhat. Und sich dann abstimmen, inwiefern es für die Teilnehmer aus allen Kulturkreisen so in Ordnung ist. Das ist so ähnlich wie Autofahren in anderen Ländern. Die Verkehrsregeln mögen praktisch gleich sein. Aber gefahren wird doch überall anders. Am besten komme ich mit dem Auto im Ausland klar, wenn ich mich einfach darauf einschwinge, wie gefahren wird.
Der nächste Schritt ist der Schritt zu echter Inklusion. Er bedeutet, die Unterschiede in der Kultur, in Glaubenssystemen und im Lebensstil nicht nur zu respektieren und mit ihnen umzugehen, sondern sie produktiv zu machen. Auch der Klang eines vollen Orchesters entsteht ja gerade durch die Unterschiedlichkeit der Instrumente im Zusammenspiel. Bei der kulturellen Inklusion stehen die meisten Unternehmen heute erst am Anfang der Entwicklung. Zunächst werden sie erst einmal ihre Sensibilität erhöhen müssen. Gerade die viel gescholtenen Banken sind hier schon relativ weit, weil ihre Teams längst sehr international sind. In den virtuosen Teams der Zukunft werden Unterschiede nicht nur anerkannt, sondern regelrecht zelebriert werden. Es wird das Motto gelten: Vive la différence.
Rewind
Teamvirtuosen besitzen eine extrem hohe Anpassungsfähigkeit. Sie finden sich schnell in jedes Team ein und sind in der Lage, mit ganz unterschiedlichen Menschen zusammenzuarbeiten.
Es macht Teamvirtuosen aus, die eigenen Fähigkeiten und die Fähigkeiten der anderen zu kennen und beides einzusetzen. Sie kennen ihre wirklichen Talente und üben nicht nur allein, sondern auch mit anderen.
Strukturen und Prozesse der Zukunft werden sich um Menschen und Ziele herum bilden. Die Sensibilität für kulturelle und persönliche Unterschiede nimmt zu. Diversity und Inklusion werden zu neuen Produktivfaktoren.