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Was bedeutet Belbins Modell für Führungskräfte?

Als Meredith Belbin Ende der 1960er-Jahre mit seinen Forschungen begann, herrschte noch ein sehr traditionelles Verständnis von Führung. Seit Urzeiten waren Führungsansprüche mit dem Lebensalter verknüpft. Belbin bringt das Beispiel eines traditionellen Restaurants, wo früher der Oberkellner stets älter war als seine Kollegen und die Hilfskellner die Jüngsten waren. Neben dem Lebensalter war seit der Industrialisierung Bildung eine Voraussetzung für Führungspositionen. In den letzten Jahrzehnten sind Leistungsfähigkeit, Fitness, Durchsetzungsvermögen sowie kommunikatives Geschick als wünschenswerte Eigenschaften für Führungskräfte hinzugekommen.

Belbin konnte mit seinen Forschungen nachweisen, dass weder die ältesten noch die gebildetsten noch die aggressivsten oder redseligsten Führungskräfte die besten Ergebnisse erzielen. Entscheidend für Führungskräfte ist vielmehr, die Stärken der anderen im Team zu erkennen und diese richtig einzusetzen. Führung bedeutet nach Belbin, dem gesamten Team die bestmöglichen gemeinsamen Resultate zu ermöglichen. Dazu müssen sämtliche Teammitglieder diejenigen Rollen einnehmen, die ihren Talenten am besten entsprechen. Durch Übung können sie sich in diesen Rollen bis zur Virtuosität weiterentwickeln. Alle auf Dauer erfolgreichen Führungskräfte, die Belbin beobachtete, hatten eine kooperative Grundeinstellung und waren sehr auf ihr Team bezogen. Sie wahrten lediglich ein Minimum an Distanz, das ihnen Autorität verlieh.

Was sind die Grundbedürfnisse heutiger Teammitglieder?

Die moderne Glücksforschung kennt vor allem drei grundlegende Bedürfnisse, die Menschen heute am Arbeitsplatz haben. Hier sind sie:

1 Autonomie – Menschen brauchen bei der Arbeit ein gewisses Maß an Freiheit. Diese Autonomie kann und muss nicht groß sein. Doch selbst bei einfachen Tätigkeiten suchen Menschen ihre Freiräume. Sie möchten etwas auf ihre Weise tun.

2 Können – Menschen sind motiviert, wenn eine Tätigkeit ihrem Können entspricht. Sie wollen das Gefühl, in etwas richtig gut zu sein. Im Idealfall können sie sich auf ihrem Gebiet bis zur Meisterschaft entwickeln. Auch unauffällige Tätigkeiten lassen sich meisterhaft erledigen.

3 Sinn – Die Tätigkeiten von Menschen sollten einen positiven Beitrag für die Gesellschaft leisten. Wir wollen einen Sinn erleben. Das muss nicht heißen, die Welt zu retten. Wichtig ist, den Zusammenhang zwischen der eigenen Arbeit und dem positiven Effekt bei einem anderen Menschen erkennen zu können.

Einfache Tätigkeiten können viel Freude machen – und komplizierte Aufgaben können frustrieren. Es kommt darauf an, ob die Grundbedürfnisse eines Menschen befriedigt werden. Wer die Freiheit genießt, Dinge auf seine Art machen zu dürfen, wer sich entwickeln kann und wer weiß, wem seine Arbeit nützt, der arbeitet auch gerne. Geld dagegen hat als alleiniger Anreiz ausgedient. Anything for money – dieses Prinzip gilt heute nicht mehr.

Warum ist Üben so wichtig?

Erst durch Übung wird jemand auf einem Instrument zum Virtuosen. Das gilt für Teams genauso wie in der Musik. Aus Teams werden Spitzenteams, wenn nicht nur jedes Teammitglied seine Rolle gefunden hat, sondern seine Fähigkeiten in dieser Teamrolle auch immer weiter ausbaut. Die Fähigkeit, bestimmte Teamrollen auszufüllen, lässt sich kontinuierlich verbessern. Die Harfe im Team übt dann zum Beispiel auch außerhalb des Teams ihre Denkkraft. Und das Klavier wird zum Virtuosen, wenn es sich immer wieder mit dem Spektrum der Töne befasst, die andere Teammitglieder anschlagen. Es ist genau wie bei einem Orchester: Da gibt es nicht nur die Orchesterproben, sondern die Musiker üben auf ihrem Instrument auch jeweils zu Hause.

Die Mitglieder in Spitzenteams sind hoch flexibel. Sie kennen ihre zwei oder drei bevorzugten Teamrollen. Je nach Situation sind sie jedoch auch in der Lage, andere Teamrollen einzunehmen. Das klappt umso besser, je mehr sich jemand nicht nur mit seinen Lieblingsinstrumenten, sondern mit sämtlichen Möglichkeiten befasst hat. Ich ermutige deshalb Teammitglieder, neue Instrumente auszuprobieren. Oder in einer Teamrolle besser zu werden, die für jemanden bisher nur zu den machbaren, aber nicht zu den virtuosen Rollen zählt. Je mehr Teamrollen Sie beherrschen, desto bewusster nehmen Sie diese schließlich ein. Sie vermeiden, durch eine Gruppendynamik in Rollen gedrängt zu werden, die Ihnen eigentlich gar nicht liegen.

Facts


Nicht von Belbin, trotzdem gut: Das Modell der Teameffektivität

Seit Jahren arbeite ich mit einem Modell, das Teams hilft, gemeinsam Erfolg zu haben. Es besteht aus lediglich vier Schritten, die das Team immer wieder in dieser Reihenfolge gehen kann:

1 Gemeinsame Ziele setzen

2 Erwartungen abstimmen

3 Prozesse definieren

4 Zwischenmenschliche Beziehungen klären

Das Modell der Teameffektivität ermöglicht es, ein Team in vier Schritten zu entwickeln. Bei Problemen lässt sich immer wieder auf der richtigen Ebene ansetzen. Wichtig ist dabei die richtige Reihenfolge: Immer erst über Ziele sprechen, dann über Erwartungen und danach über Prozesse. Gibt es auf der Ebene zwei oder vier ein Problem, dann wird es erst angegangen, wenn auf den übergeordneten Ebenen alles okay ist.

Zwischenmenschliche Beziehungen kommen zum Schluss. Teams verschwenden viel Energie, weil sie Probleme direkt auf der Beziehungsebene klären wollen. Doch solange es auf der Ebene der Ziele und der Erwartungen hapert, bringt bei Beziehungen selbst ein intensives Coaching wenig. Umgekehrt sorgen glasklare gemeinsame Ziele und Erwartungen sowie sauber abgestimmte Prozesse dafür, dass kleine menschliche Unstimmigkeiten das Ergebnis nicht negativ beeinflussen.

Wie ergänzen sich unterschiedliche Rollen im Team?

Wenn ein ganzes Orchester harmonisch zusammenspielt, ist das ein Erlebnis. Es gibt darüber hinaus jedoch auch einzelne Instrumente, die besonders gut miteinander harmonieren. Denken Sie zum Beispiel an das klassische Jazz-Trio aus Klavier, Trommel und Bass. Nat King Cole variierte dieses Jazz-Trio 1937 eher durch Zufall, als er auf einer sehr engen Bühne in einem Club die Trommel durch die Gitarre ersetzte. Das klang so gut, dass Cole danach jahrzehntelang mit dieser Besetzung Erfolg hatte. Auch im Team gibt es beides: das volle Teamorchester – und einzelne Instrumente, die sich besonders gut ergänzen.

Die energische Trommel zum Beispiel kann ihre Führungsqualitäten besser entfalten, wenn sie ein ebenso willensstarkes, aber sanfteres Klavier an ihrer Seite hat. Denn wenn die Trommel übers Ziel hinausschießt und andere zu sehr unter Druck setzt, macht sie sich Feinde. Mit einem Klavier als Partner findet die Willenskraft der Trommel die richtige Balance. Auch die Geige ergänzt eine Trommel gut. Sie bringt Empathie und Diplomatie ins Spiel, wo die Trommel bloß schnell Ergebnisse sehen möchte. So bleibt die gute Stimmung im Team erhalten. Ein Bass wiederum ist gut beraten, sich im Team mit einer Trompete zu verbünden. Beide Instrumente stehen für Tatkraft. Der Bass legt bei seinen vielen Aktivitäten jedoch kaum Begeisterung an den Tag. Die Trompete an seiner Seite kann da für mehr Leichtigkeit und Fröhlichkeit sorgen.

Rewind

Teamrollen sind etwas anderes als funktionale Rollen. Sie sind abhängig von Faktoren wie Persönlichkeit, Werten, Situation oder Erfahrung.

Für den Erfolg eines Teams kommt es mehr auf die richtige Mischung der charakterlichen Teamrollen an als auf alles andere.

Spitzenteams unterscheiden sich von übrigen Teams dadurch, dass die Teamrollen für das jeweilige Ziel perfekt besetzt sind. Es gibt dabei einzelne Instrumente, die sich besonders gut ergänzen.

Die acht Teamrollen korrespondieren mit den vier psychischen Grundkräften Tatkraft, Willenskraft, Denkkraft und Gefühlskraft in jeweils aktiver oder reaktiver Ausprägung.

Eine große Chance für Teams liegt darin, dass Teammitglieder in bestimmten Situationen Teamrollen aktivieren, die sie bisher nicht oder zu wenig gespielt haben.

Alle acht Teamrollen lassen sich in einem Quadrantenmodell mit den beiden Achsen Introversion/ Extraversion sowie Anspannung / Entspannung einordnen.

Führung bedeutet nach Belbin, dem gesamten Team die bestmöglichen gemeinsamen Resultate zu ermöglichen. Dazu ist es nötig, individuelle Stärken zu erkennen und zu fördern.

Die moderne Glücksforschung nennt für Menschen am Arbeitsplatz die drei grundlegenden Bedürfnisse Autonomie, Können und Sinn.

Aus Teams werden Spitzenteams, wenn nicht nur jedes Teammitglied seine Rolle gefunden hat, sondern seine Fähigkeiten in dieser Teamrolle auch stets weiter übt.

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