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Wie das Ego Sie zu etwas „Besonderem“ macht

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Wenn das Ego „am Drücker“ ist, besteht sein vorrangiger, selbst gewählter „Auftrag“ darin, ständig seine eigene Existenz zu bestätigen, und zwar immer wieder von Neuem. Es tut dies, indem es Sie davon überzeugt, dass Sie etwas Besonderes seien.

Für ein Kind ist es ganz normal, sich als etwas Besonderes zu fühlen. Kinder werden geliebt, umsorgt und man spielt mit ihnen – sie genießen nahezu permanente Aufmerksamkeit. Kinder fühlen sich unweigerlich als etwas Besonderes: entweder in einem positiven Sinne, aufgrund all der Liebe und Aufmerksamkeit, die sie bekommen, oder (traurigerweise) im negativen Sinne, weil sie nicht ausreichend versorgt werden und zu wenig positive Aufmerksamkeit erhalten.2

Wir übernehmen die Art, in der wir als Kind unser Gefühl der Besonderheit entwickelt haben, in unser Erwachsenenleben. Zwar ist das Gefühl, etwas Besonderes zu sein – speziell in Bezug darauf, wie wir uns von unseren Eltern gesehen und geliebt fühlen –, für die ersten Lebensjahre äußerst wichtig; es wird aber im späteren Leben eher zu einem Problem. In diesem Abschnitt verwende ich die Worte besonders und Besonderheit in einem spezifischen Sinne, nämlich um deutlich zu machen, wie das Ego ständig eine falsche Identität erzeugt, die in ein Gefühl offener oder verschleierter Selbstgefälligkeit mündet. Natürlich trifft es zu, dass wir alle einzigartig und in diesem Sinne auch besonders sind, doch ist dies nicht der Aspekt, den wir hier untersuchen möchten.

Wenn Sie mit einer Krankheit oder einem emotionalen Problem konfrontiert sind, gibt es viele Arten, wie Sie sich selbst unbewusst zu etwas Besonderem machen. So kann Ihr Leiden beispielsweise besonders „furchtbar“ sein, viel schwerer zu ertragen als das von anderen, oder es ist vielleicht zu einem besonders ungünstigen Zeitpunkt aufgetreten. Vielleicht sind Sie auch insofern etwas Besonderes, als Sie Ihr Leiden scheinbar mühelos bewältigen, ohne Angst oder Schwäche zu zeigen, und sich nie Ihren depressiven Gefühlen beugen … Sie selbst in der eigenen Wahrnehmung zu etwas Besonderem zu machen oder in der Art und Weise, wie Sie von anderen gesehen zu werden glauben, das ist der Hauptzweck und die Haupttätigkeit des Ego. Wenn Sie sich das klar machen, haben Sie bereits einen entscheidenden Schritt getan, um sich von seinem begrenzenden Einfluss zu befreien.

Die Herausbildung des Ego ist ein wichtiger Schritt in unserer Entwicklung. Bevor wir als bewusste Wesen erwachen können, müssen wir zunächst einen Standort schaffen, von dem aus wir bewusst werden können. Das ist das Ego, das Ich-Erleben. Diese Art von Bewusstsein ist allerdings sehr begrenzt und verursacht übermäßiges Leiden, weil sein Blickwinkel uns die Erfahrung der Trennung vermittelt.

Das Ego glaubt, das Ich sei etwas ganz anderes als alles andere. Es glaubt an das „mein“: mein (getrennter) Körper, meine Gefühle, meine Ansichten, mein Gebiet, mein Besitz. Es fühlt sich von allem bedroht, was seinem eigenen idealisierten Selbstbild widerspricht, ebenso wie von allen Gefühlen, die es sich nicht erklären kann. Und es empfindet Krankheit und den Verlust von Wohlstand als Bedrohung. Kurzum: Wenn das Ego sich mit etwas identifiziert und daran anhaftet, fühlt es sich bedroht, sobald dieses Etwas infrage gestellt ist.

Zu einem späteren Zeitpunkt der bewussten Entwicklung können Sie die Illusion der Getrenntheit überwinden und wach werden für eine tiefere Verbindung zum Leben. Es ist eine Erweiterung der Erfahrung, die Sie schon oft im Leben hatten, wenn Sie ganz präsent bei dem waren, was Sie taten, und es keinen Handelnden gab, nur ein Gefühl des Seins.

Weil es keine Möglichkeit gibt zu charakterisieren, wer Sie als bewusstes Wesen sind, muss Ihr Ego einen Weg finden, Sie an Ihre eigene Getrenntheit glauben zu lassen. Das Ego kann nicht neutral sein; es kann weder Sie noch den gegenwärtigen Moment so sehen, wie sie tatsächlich sind – denn das wäre reines Gewahrsein. Also muss das Ego Sie auf die eine oder andere Weise aus der Masse herausragen und zu etwas Besonderem werden lassen. Dies tut es auf zweierlei Art: Es erzählt Ihnen Geschichten über Sie selbst, die Sie entweder zu mehr oder zu weniger machen, als Sie wirklich sind.

Wenn die Geschichten des Ego Sie „kleinmachen“, dann bezeichne ich dies als „depressive Besonderheit“ oder Depressivität [engl.: depressive specialness], im Unterschied zur „großartigen Besonderheit“ oder Grandiosität [engl.: grandiose specialness], die entsteht, wenn das Ego Ihnen ein Gefühl der Überlegenheit vermittelt.

Vielleicht neigen Sie jetzt zu der Annahme, dass ein Überlegenheitsgefühl die bessere oder wünschenswertere Form der Besonderheit sei. In Wahrheit jedoch unterbindet das Gefühl der Überlegenheit wirkliche Nähe zu anderen, fördert Verdrängung und führt in vielerlei Hinsicht zu mangelndem Urteilsvermögen. Der Glaube, Sie seien weniger wert als andere, bewirkt im Grunde genommen das Gleiche, nur auf andere Weise. In keinem Fall hilft aber das Vorhaben des Ego, Sie zu etwas Besonderem zu machen, Ihnen dabei, gesund und heil zu werden.

Die Kraft der Präsenz

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