Читать книгу Die Kraft der Präsenz - Richard Moss - Страница 32
Die eigene Wirklichkeit erschaffen
ОглавлениеEine in unserer Zeit populäre Aussage lautet: „Du erschaffst dir deine eigene Realität.“ Leider wird dies oft missverstanden und so gedeutet, dass etwa ein Kranker seine Krankheit selbst verschuldet habe. Natürlich gibt es durchaus Fälle, in denen man eine gewisse Verantwortung für seine Krankheit trägt, etwa wenn man in der Vergangenheit nicht besonders gesund gelebt, wenn man geraucht oder ein Übermaß an Alkohol zu sich genommen hat. Gleiches gilt für die Einnahme von Drogen oder für Medikamentenmissbrauch. Von diesen offensichtlichen Beispielen einmal abgesehen können Sie jedoch in den meisten Fällen nicht wissen, warum Sie erkranken. Deshalb sollten Sie das Ganze nicht noch zusätzlich verschlimmern, indem Sie sich schuldig fühlen.
Die eigentliche Wahrheit, die in dem oben zitierten Satz steckt, ist die, dass Sie tatsächlich Ihre eigene Wirklichkeit erschaffen, allerdings nur gerade jetzt, in diesem Moment. Und zwar tun Sie dies mit den Geschichten, die Sie sich erzählen und mit denen Sie sich identifizieren. Sie erschaffen nicht die Szenerie, in der Sie sich befinden, sondern Ihre Reaktion darauf.
Wie das Wetter beispielsweise sich präsentiert, liegt nicht in Ihrer Hand. Aber wenn Sie die jeweilige Wetterlage und dann den ganzen Tag als „mies“ bezeichnen, verdirbt Ihnen das die Laune. Sobald Sie verstehen, dass Sie für die psychische und emotionale Realität verantwortlich sind, die Sie in diesem Moment erleben, werden Sie wach für die Natur Ihres Bewusstseins und lassen solche Gefühle wie Schuld hinter sich.
Wenn Sie sich selbst sagen: „Ich habe diese Krankheit verursacht“, dann erzeugt dies sofort ein Gefühl von Scham und Schuld. Besser geht es Ihnen damit auf keinen Fall. Selbst wenn Sie zuvor nicht immer gesund gelebt haben, hilft es im gegenwärtigen Moment nicht, sich deswegen Vorwürfe zu machen. Der Schlüssel dazu, Ihr Potenzial des Heilwerdens zu stärken, liegt in der Entscheidung, völlig präsent zu sein. Oder anders gesagt: Zerbrechen Sie sich nicht länger den Kopf darüber, was Ihre Krankheit verursacht hat, und lassen Sie sich lieber ganz auf das ein, was Ihre tatsächliche Erfahrung in jedem Moment ist.
Die Auffassung, dass Sie Ihre Krankheit selbst verursacht hätten, hat aber noch eine weitere Konsequenz: Sie werden dann vermutlich glauben, Sie könnten erst dann Heilung erreichen, wenn Sie die Ursache der Krankheit herausgefunden hätten. So stehen Sie erst recht unter Druck, denn zu Ihrem Schuldgefühl gesellen sich noch Angst und Sorge hinzu. Die Wahrheit ist also, dass Sie tatsächlich Ihre eigene Realität erzeugen, und zwar allein durch Ihr Denken. Wenn Sie glauben, dass Sie Verursacher(in) Ihrer Krankheit seien (was Sie im Übrigen wieder zu etwas Besonderem macht), führt dies nur zu unnötigem Leiden.
Wie ich bereits ausgeführt habe, geht es dem Ego um Identität. Außerdem hält es sich an die Chronologie der Ereignisse und zieht aus den Veränderungen, die sich im Laufe der Zeit einstellen, seine Schlüsse: „Ich war gesund und jetzt bin ich krank, … also muss etwas passiert sein, was dies verursacht hat.“ Sind Sie hingegen einfach präsent, so haben Sie die Zeit losgelassen und damit auch das Ego. Die Dinge sind einfach so, wie sie sind, und Sie identifizieren sich nicht länger mit Begriffen wie krank oder gesund.
An Ursache und Wirkung zu glauben, also an das Prinzip der Kausalität, das ist eine Art, wie Sie Geschehnisse und Erfahrungen interpretieren können: Wenn A stattfindet, dann resultiert daraus B, also verursacht A das B … Die moderne Medizin und die Wissenschaft ganz allgemein basieren auf diesem Prinzip der Kausalität: Wenn man die Kette der Ereignisse, die zu einer Krankheit führen, erkennen und dann ändern kann, ist man vielleicht auch in der Lage, sie aufzuhalten. Dieser Ansatz hat es möglich gemacht, viele Krankheiten in den Griff zu bekommen. Die moderne Medizin rettet jeden Tag unzählige Leben, die noch vor wenigen Jahrzehnten verloren gewesen wären.
Doch auch wenn die äußere, objektive Welt dem Gesetz von Ursache und Wirkung zu folgen scheint, verliert die Kausalität beim Wechsel in die Gegenwart – in das Sein – an Bedeutung und wird gänzlich unbestimmbar. Es ist so, als würden Sie sich immer mehr dem Zentrum eines sich drehenden Rades nähern: Am Ende dieser Annäherung liegt ein Punkt, der völlig bewegungslos ist.
Wenn Sie im Jetzt sind, hört Ihr Verstand auf, über Sie und alles andere nachzudenken, und Sie sind einfach gewahr. Die Zeit hält in gewisser Weise an oder „verlangsamt“ sich so weit, dass Ihr Selbstempfinden nicht mehr das von jemandem ist, der sich auf dem Weg irgendwohin befindet. Sie sind einfach, wie Sie sind. Ihre Situation – oder genauer gesagt: Ihr gegenwärtiger Zustand – ist nichts, was von etwas Vorausgegangenem verursacht wurde. Sie vergleichen ihn weder mit der Vergangenheit, noch treffen Sie irgendwelche Vorhersagen für die Zukunft. Sie erklären Ihre Erfahrung nicht länger und rechtfertigen, rationalisieren oder interpretieren sie auch nicht. Daher weisen Sie dem, was Sie erleben, auch keine Ursache zu – Sie sind einfach. Und in diesem Sein sind Sie stets und immer schon heil und ganz. Wichtig ist nicht, wie Sie an den Punkt gekommen sind, an dem Sie sich jetzt befinden, sondern wie präsent Sie in der jeweiligen Erfahrung sind.