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Kapitel 4
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Andru wollte es immer noch nicht glauben, aber es war die Wahrheit. Er als ehemaliger Sklave der gegnerischen Partei wurde in die Reihen der Magier des Lichts aufgenommen. Er konnte nicht erwarten innerhalb der nächsten Jahre zum Magier erwählt zu werden. Dennoch wurde er nun der Magie unterwiesen. Wenn seine Mitverurteilten das wüssten, sie würden grün vor Neid.
Er glaubte nicht, dass aus einem verurteilten Verbrecher wie er einer war - deswegen war er erst in die Sklaverei gekommen - zu einem der hohen Herren, ein Magier werden konnte. Vielleicht hatte er jetzt sogar die Möglichkeit an einem historischen Ereignis teilzunehmen, der Befreiung der Altmeister aus dem verlorenen Tal und das Ganze sogar aktiv.
Rakon sah Andru auf seiner Suche nach seinem Geist, genau das überlegen. Er wurde das Gefühl nicht los, dass Pymos Recht hatte.
Dennoch wollte er sich sicher sein. Deswegen schickte er immer wieder ein oder zwei seiner Kreaturen aus reiner Magie aus, die jedoch bis jetzt noch keinen Erfolg brachten. Er wusste noch nicht genau was die Kommunikation zwischen den Magiern der Ebene Artona und ihnen verhinderte, doch es musste irgendetwas mit dem Dämon zu tun haben, den er gebannt hatte.
Auch wenn die anderen Meister dachten, er hätte Hochverrat begangen, indem er einen Teil der Macht Almonaras in sich aufnahm, hatte er ihnen allen damit nur das Leben gerettet und nun hassten sie ihn dafür. “ Diese Narren, sie wissen gar nichts, nichts von den hohen Vorhaben, die ich plane. Wenn sie diese verstehen würden, wüssten sie, warum ich sie alle, wie sie sagen, verraten habe. Dieses Verhalten bestätigt mich nur erneut, dass der Orden des Iknars eine verschobene und veraltete Ansicht der Götter hat. Sie wissen nicht, dass jeder einzelne Gott der hohen Drei, auf seine ganz eigene Art gut ist. Ob es mehr gibt, bin ich mir noch nicht bewusst, aber es gibt Wesen mit ähnlicher Kraft wie die Götter. Doch ich weiß einfach nicht, ob es Götter sind und dieser Andru ist einer dieser Menschen, die ich brauche… Wie schaffe ich es ihn zu kontaktieren, ihm zu helfen, mir zu helfen? Er muss von meinen Forschungen und meinem Wissen erfahren.”
Rakon versetzte sich erneut in tiefe Konzentration. Er spürte die arkane Kraft und stellte sich die Form eines Geschöpfes vor, die er erschaffen wollte. Er speiste seine Vorstellung mit einer erheblichen Menge an Magie. Eine so starke astrale Erscheinung hatte er lange nicht mehr erschaffen.
Vor ihm war ein Adler in der Luft erschienen. Er sprach ihn normal an, als wäre es ein Mensch. Jeder der nichts über Magie wusste, hätte ihn für verrückt erklärt, dass mit dieser Lichtgestalt sprach. Jeder, der nichts über Magie wusste, hätte versucht sie zu erschlagen oder wäre zumindest vor ihr weggelaufen und hätte sich gedacht, dass einem der eigene Verstand einen Streich gespielt hätte.
Er sprach zu seinem Geschöpf mit einer Selbstverständlichkeit und einem gewissen Respekt, wie kein anderer Magier mit einem Arkani seiner Magie sprechen würde: “ Du bist hübsch geworden. Ich habe eine nicht ganz so einfache Bitte an dich. Ich übermittele dir gleich das Bild eines Mannes, finde ihn, berichte ihm von mir und davon was ich getan habe. Diese Informationen werde ich dir alle in ein paar Minuten übermitteln, doch momentan habe ich sehr wenig Kraft. Ich hoffe du schaffst es. Meine vorherigen Streiter haben es leider nicht geschafft. Falls du einer dunklen Macht begegnest, ignoriere sie, es sei denn, sie will sich deiner bemächtigen und dich mit ihrer Macht besudeln. Sollte Almonara selbst dich sehen und ansprechen, muss ich mich darauf verlassen können, dass du dich sofort auflöst. Er darf nicht erfahren, dass ich ihn verrate, das würde sämtliche Pläne und Vorhaben zum Scheitern bringen. Dasselbe gilt für Iknar. Nur bei Umodes hoffe ich, dass er das Vorhaben verstehen und seinen Brüdern nichts von dieser heiligen Mission erzählen wird. Er hätte damit gesiegt ohne einen Krieg der weltlichen und göttlichen Mächte zu riskieren. Es wäre ein Gleichgewicht, welches von Dauer wäre.”
Voller Erstaunen bemerkte Rakon, dass sein eigener Arkani sprechen konnte. Er hatte wohl nie zuvor ein mächtigeres Geschöpf erschaffen. Das würde auch erklären, weshalb seine Magie so ewig brauchte, um sich zu regenerieren. Die Macht um ihn herum war aufgebraucht, sein Körper holte sich Magie aus weiter Entfernung.
“Ja Meister, ich werde dich nicht enttäuschen. Ich bin ein Großteil deiner Macht. Erhole dich Rakon. Deine Mission hast du mit einer solchen Intensität verfolgt, dass jeder einzelne Teil deines Körpers, somit auch die Magie, sie spürt. Deswegen werde ich Andru aufspüren. Ich weiß auch, wo ihr ihn geortet habt Meister. Tut euch Ruhe an und ladet eure Energie auf. Falls ich versagen sollte, werdet ihr sie benötigen.”
Das sagte sein Adler und verschwand. Rakon war ein wenig stolz auf sich und konnte sich ein leichtes Grinsen nicht verkneifen. Für wen auch. Er war am äußersten Rand des verlorenen Tals. Er merkte, dass hinter dem Gebirge an dem seine Festung errichtet wurde, welche er natürlich nicht selbst erbaut hatte, aber er hatte jede Menge Arkanis erschaffen dies zu tun, ein weiteres Tal lag. Er wusste nur nicht, wie er es erreichen konnte. Die Berge waren von hier als auch von der Eiswüste und von Kranon unüberwindbar. Dieses Rätsel musste jedoch warten. Auch wenn es, das war ihm klar, mit dem gesamten Puzzle zu tun hatte. Aber zu allererst, musste er sich um Andru kümmern. Sowie den Kaiser erreichen und ihn von seinen Plänen überzeugen. Doch wie sollte er das tun? Boranto der II. würde niemals seine Macht aufgeben. Er weiß nicht einmal, wie mächtig er wirklich ist. “ Ich bezweifele, dass auch nur irgendeiner der Erwählten der Götter weiß, wie mächtig sie sind. Boranto würde diese Macht missbrauchen, deshalb ist es besser, wenn ich ihm niemals zeige wie mächtig er ist. Es braucht jede Menge Zeit und Geduld, wahrscheinlich Jahre bis meine Pläne umgesetzt wären. Mein Arkani hat Recht, ich sollte mich ausruhen, nicht alles überstürzen. Mein Ziel der nächsten Monate ist Andru. Vielleicht wird selbst das Jahre dauern.”
Deswegen versetze er sich in Trance und meditierte. Er konzentrierte sich auf die Welt, auf die Flüsse der magischen Kraft. Er konnte nicht wie gewöhnliche Magier nur einen Fluss spüren oder ein paar wenige, er spürte alle. Wenn er sie verfolgen würde und darauf aus wäre ein Gesamtbild zu erstellen, so könnte er eine Art Karte zeichnen, auf der sämtliche Energieflüsse der Welt verzeichnet wären, die mächtigsten und die kleinsten. Nicht umsonst war er als mächtigster Magier aller Zeiten bekannt. Nur er selbst wusste, wieso er das ist. Er hatte gemerkt und verstanden was eine wahrhaftige Erwählung bedeutet. Er war einer der Erwählten des Iknars, nur wenige wussten dies. Iknar selbst hatte ihm seine Magie gewährt und einen Teil seiner Macht ihm überlassen, wodurch er Wissen über uralte Mächte und Runen erlangt hatte, welche heutzutage nur von wenigen noch genutzt wurden.
Bei der Verbannung des Dämons hatte er jedoch auch göttliche Macht Almonaras aufgenommen. Was für Mächte und Kräfte ihm das verlieh, wusste er noch nicht und er hatte den Plan, die Menschen durch diese Kraft die er besaß, zu befreien. Doch alle sind blind, geblendet von den Göttern und ihrer Lehre. Doch er, auch wenn er erwählt ist, kennt die Götter besser als alle anderen. Ihnen sind die Menschen vollkommen gleichgültig. Sie sehen sie nur als ihre Mittel zum Zweck, als ihre Spielzeuge, ihre Marionetten.
Auch wenn die Geschichte wahr ist, dass Iknar seine Brüder erschaffen hat und dass er das Licht und der Tag ist, so hat er nicht nur gute Seiten, genauso wenig wie Almonara nur schlechte Seiten hat, auch er hat auf seine Art gute Absichten.
Wo sollten alle Seelen der Verstorbenen hin, wer würde sie aufnehmen? Das sie gequält und ewiges Leid erleiden, glaubte er nicht.
Auch weil Almonara der Herr des Todes ist, wird er als schlechter Gott gesehen. Doch was würde geschehen, wenn alle Menschen, alle Tiere und Pflanzen und alles Leben ewig wäre? Wie würde die Welt aussehen, wenn nie Platz gemacht würde? Ewiges Leben für alle Lebewesen würde nur bedeuten, dass sie sich aus Neid alle selbst vernichten würden. Es wäre eine gewaltsamere Welt, wenn Almonara nicht eingreifen würde. Dennoch haben die Götter zu viel Einfluss auf die Welt.
Genau dieses Ziel verfolgte Rakon. Er wollte die Macht der Götter allen zeigen. Allen zeigen, dass alle drei Götter benötigt werden, dass man sich nicht gegenseitig aufgrund der Götter bekriegen sollte und gleichzeitig den Göttern ihre göttlichen Aufgaben machen lassen und dafür Sorge tragen, dass sie sich aus den Entscheidungen der Menschen raushalten. Sie sollen sich um den natürlichen Tod kümmern, das Leben schenken und wegen ihm auch das Wetter machen, aber er will eine Freiheit für die Menschen, wie es sie noch nie gab. Die Götter werden sich aus der Welt der Menschen raushalten, wenn seine Pläne aufgehen.
Darion sah seinen Bruder auf sich zukommen. Er begrüßte ihn mit einer Umarmung: “ Ramir, mein Bruder, wie lange ist es her? Ich kann es nicht fassen, ich sollte mich vor dir verbeugen. Der 5. Kreis? Wie schaffst du das nur? Wann können wir ungestört sein? Ich weiß nicht ob du es schon weißt… Aber sicher weißt du es, ich habe den 3. Kreis gemeistert…”
Pymos unterbrach das freudige Wiedersehen nur ungern, doch blieb ihm keine Wahl: “Meister Darion, Meister Ramir, so leid es mir tut, ich werde gerne an eurem gemütlichen Beisammensein heute Abend teilnehmen. Ihr dürft eure Pflicht heute vernachlässigen Meister Ramir. Ich werde Meister Larban damit beauftragen die Bibliothek zu überwachen. Dennoch haben wir jetzt Wichtiges zu besprechen, wir müssen planen wie Andru zur Universität kommt, ohne das es so aussieht, als sei er unser Schützling.
Ihr wisst selbst, dass er es ohnehin schwer haben wird. Er braucht einen neuen Namen, besser noch eine komplett neue Identität. Seinen Namen sollte er behalten.”
Die anderen Meister des Hohen Rates waren alle gleichermaßen verwirrt. Sie dachten Pymos würde verrückt. Dann sprach Meister Garon aus, was alle bedrückte und beschäftigte:
“Verzeiht Meister Pymos, doch ich denke ihr überschätzt eure Fähigkeiten. Wie wollt ihr einem Sklaven aus Marillien, und wie ich seinen Gedanken entnehme, auch noch der private Sklave von Schwarzmagier Sarbor persönlich, zu einer neuen Identität verhelfen? Welcher Marillier würde ihn nicht wiedererkennen? Wie sollen wir einen mächtigen Magier wie Sarbor, und wir wollen nicht anzweifeln, dass er mächtig ist, nur weil er die Magie des Almonaras nutzt, täuschen? Es ist selbst bei uns bekannt, dass er ebenso mächtig ist wie wir, er Gedanken lesen kann, er einige Runen beherrscht.”
Pymos grinste: “ Ich verstehe eure Sorge, ich verstehe eure Bedenken, doch glaubt nicht, dass ihr, nur weil ihr Meister des 7. Kreises seid, über alle magischen Geheimnisse, alle Mächte aufgeklärt seid. Es gibt neue Magie, es gibt alte Magie. Die traditionelle Lehre des Iknars ist mächtig, dennoch schadet es nicht auch mal neue Schritte zu wagen. Deswegen sind Meister Darion und Meister Ramir heute bei uns und nicht nur weil wir alte Studienfreunde sind. Nein, während unserer Zeit an der Universität, als keiner von uns ahnte, was wir eines Tages sein würden, geschweige davon, dass ich oberster Magier des Ordens werde, haben wir oft experimentiert. Meine Freunde darf ich vorführen oder wollt ihr? Ihr wisst was ich meine, habe ich Recht?”
In diesem Moment schaute er Darion direkt in die Augen und nur Darion konnte sehen, dass seine Augen die Farbe wechselten, von braun zu grün und wieder zu braun. In diesem Moment wusste Darion, was Pymos meinte und tat dasselbe. Er stupste seinen Bruder leicht mit dem Fuß an. Als Ramir ihn ansah, konzentrierte er sich auf seinen Körper, seine Augenmuskeln, seine Iris, sein gesamtes Sehorgan und sendete leichte Magie aus. Seine Augenfarbe änderte sich von blau zu grau und zu braun, letztendlich wieder zu blau. Er sah eine Art des Begreifens in den Augen seines Bruders, die ihm klar machte, dass Ramir verstanden hatte.
“Was soll dieser Unsinn? Wir haben keine Zeit für alberne Kindheitsgeheimnisse, wir stehen kurz vor einem Krieg. Die Altmeister sitzen immer noch im Tal fest. Was sollen diese Albereien?”
Garon war in letzter Zeit öfters schlecht gelaunt, weil er dachte, er müsse etwas bewegen. Er war im Hohen Rat und sehr vernarrt in die Götter. Er war beinahe fanatisch in seinem Glauben.
Ramir lächelte und bemerkte, dass Meister Altoren ihn schon wieder ansah. Er wechselte schnell die Blickrichtung und sah nun Pymos an: “ Ich denke, Meister Pymos, du solltest deinem Ratsmitglied unsere kindischen Albereien persönlich vorführen“, er lachte auf. “Lass ihn nicht zu gut aussehen, im Spiegel sieht er sich ja doch.”
Pymos stand auf: “Nun Meister Ramir, du solltest dennoch ein wenig Respekt zeigen, aber ich berücksichtige deinen Wunsch.”
Plötzlich war seine Konzentration im ganzen Raum spürbar. Es war, als hätte ein jeder im Raum Angst auch nur zu atmen, um den mächtigsten Mann des Lichtordens in seiner Konzentration nicht zu stören. Als ein jeder bis auf Darion und Ramir dachten, es passiert nichts mehr, veränderte sich die Haut des Vorsitzenden des Hohen Rates. Sie nahm eine Farbe an, die immer mehr Garons ähnelte. Als Pymos in die Höhe wuchs, unglaublich schnell an Gewicht verlor, sein Gesicht schmaler wurde, dämmerte es allen im Raum.
Spätestens als ihm der Kinnbart von Garon wuchs und sein Gesicht dem eines Habichts ähnelte, war allen klar, er hatte sich in Garon verwandelt.
Sprachlosigkeit und eine gespenstische Ruhe war im Heiligtum eingekehrt.
Nur Ramir und Darion mussten sich beherrschen, dass sie nicht lauthals loslachten. Mittlerweile hatte Meister Pymos seine Gestalt wieder angenommen und fragte Garon mit einem breiten Lächeln im Gesicht: “Nun hätten die anderen Mitglieder des Rates erkannt, dass ich nicht du wäre, wenn du nicht im Raum gewesen wärest? Das Problem mit der Wiedererkennung wäre damit behoben. Was seine Gedanken angeht, ich glaube nicht, dass Andru dermaßen begriffsstutzig ist, dass unsere Lehrmeister an der Universität ihn nicht das Schützen seiner Gedanken lehren könnten. Sonst noch Fragen oder Bedenken? Können wir fortfahren mit der Planung seiner Reise und seiner Aufnahme an der Universität?”
Garon schirmte seine Gedanken ab und dachte sich: Er hält sich wohl für witzig. Neue Magie, heidnische Magie, wie konnten wir ihn an die Spitze unseres Ordens lassen? Wir nehmen jeden in unsere Reihen auf, jeder Penner der magische Kraft in sich trägt. Es ist reine Blasphemie. Die anderen Ratsmitglieder werde ich jetzt schneller überzeugen können. Wer weiß, wie oft er schon einen von uns dargestellt oder uns in Form eines anderen ausspioniert hat. Damit spielt er mir in die Hände, ich werde ihn absetzen, wenn nötig auch ein gewaltsamer Putsch. Er besudelt die heilige Lehre des Iknars.
“Selbstverständlich Meister Pymos, eine unglaubliche Gabe? Wie seid ihr damals darauf gekommen?”
Pymos hatte keine Lust ihm seine jugendlichen Experimente offenzulegen, also drängte er: “Wenn es euch interessiert könnt ihr gerne an dem heutigen Abend teilnehmen. Ich denke nicht das Meister Darion und Meister Ramir etwas dagegen hätten. Doch sollten wir noch heute mit der Planung beginnen, denn sonst gibt es heute Abend kein gemütliches Beisammensein. Meister Darion, du bleibst einen Monat hier. Ich denke, ein Urlaub von dem ganzen Unterrichten wird dir guttun. Danach brichst du mit Andru nach Dak auf. Selbstverständlich solltet ihr den Teleporter benutzen. Die Straßen und Wege sind für einen Lehrer und einen Lehrling der Magie zu gefährlich. Du bist kein starker Kämpfer. Dort solltet ihr eine Weile bleiben, damit Andru sich erholen und an seinen neuen Körper gewöhnen kann. Sobald Marga von Dak mit Andru aufbricht, teleportierst du dich zur Universität, verrichtest weiter deine Arbeit und passt auf, dass Andru gut aufgenommen wird. Meister Ramir, du wirst mit mir und Meister Altoren Andru in der Gestaltwandlung unterrichten. Ich denke, Andru wird es besser verstehen, wenn Meister Altoren ihm die Vorgänge in seinem Körper erklärt. Niemand versteht sich besser auf die Anatomie und den Organismus des Menschen als Meister Altoren. Wenn Andru es nicht innerhalb dieser Woche lernt, muss Meister Darion den restlichen Unterricht vornehmen. Gibt es zu dem Plan noch irgendwelche Fragen?”
Meister Altoren meldete sich zu Wort: “ Wenn ihr erlaubt, dass ich heute Abend an eurem Treffen teilnehme?! Ich würde die Gestaltwandlung gerne selbst begreifen, bevor ich sie wem anders begreiflich mache und ich persönlich begreife besser bei einem guten Schluck Wein.”
Pymos wusste um Altorens Vorzüge bei der Wahl der Liebe. Er selbst hatte keine Probleme damit und war ein toleranter Mensch. Doch was die restliche Welt und Gesellschaft anging, war dies besonders unter Magiern des Lichts, eine Art moralisches Verbrechen. Es war erlaubt, aber verschrien. Und der Ruf jener Menschen war für alle Zeit besudelt.
Er sah auch wie er Ramir ansah, er wusste, dass er ein Auge auf ihn geworfen hatte. Doch wie war es mit Ramir? Soweit Pymos sich erinnerte, war er immer zu beschäftigt für eine Frau oder nahm er dies nur als Schutzschild, als Selbstschutz? “Ich denke, sofern die Meister Ramir und Darion einverstanden sind, lässt sich das einrichten.”
Beide nickten, doch Ramir hatte Angst vor dieser Begegnung, er hatte Angst vor dem was sein könnte. Allerdings wollte er die Gelegenheit, dieses Rätsel endlich zu lösen, sich nicht entgehen lassen.
Ramir und Darion hatten in ihrem Quartier ein, dem Kaiser würdiges, Buffet
anrichten lassen. Ebenso hatten sie einige Lehrlinge damit beauftragt, etwas vom besten Wein des Klosters kommen zu lassen. Ramir hatte bereits mit seinem Bruder über die Idee von Pymos diskutiert. Sie befanden es für gut, dass endlich eine Revolution durch die veralteten Methoden der Magie ging, aber meinten auch, dass es auf viel Widerstand stoßen würde. Es würde eine harte, lange Arbeit werden die anderen Magier zu überzeugen, dass es nicht nur Magie der Götter gab. Das Treffen stand unmittelbar bevor. Darion sah, wie nervös Ramir war, aber er verstand nicht warum, oder etwa doch? Seine Blicke, Altorens Blicke… aber dass konnte nicht sein.
Es klopfte. Pymos und Altoren standen in der Tür: “Meister Pymos, Meister Altoren …” Pymos unterbrach ihn: “ Darion ich bitte dich, wir kennen uns seit Jahrzehnten. Verkneif dir den Meister wenigstens bei privaten Treffen. Altoren, hast du etwas dagegen?” Er grinste so herzlich, dass es nicht gespielt sein konnte: “ Ich würde mich freuen.”
Der ganze Abend verlief sehr gesellig. Es wurde viel getrunken und als Altoren fragte: “ so, wie genau funktioniert das mit der Gestaltwandlung? Ich denke, es wäre am einfachsten, wenn einer von euch mich in sein Gehirn lässt.“ Dabei guckte er Ramir direkt an und Ramir dachte nur
Er fragt mich. Ich kann es nicht ablehnen. Was soll ich tum? Wenn ich ihn in meine Gedanken lasse, wird er alles erfahren, bei einem direkten Gedankenkontakt kann ich nichts verstecken und abschirmen.
Es kam wie er dachte und Altoren fragte: “Wer von euch hat es als erstes entdeckt? Bestimmt unser Naturtalent Ramir.” Die anderen stimmten zu, er musste es in den Gedanken der anderen gelesen haben. Jetzt würde alles herauskommen. Pymos fragte: “ Ramir? Was ist los? Wir wissen, dass du bescheiden bist. Du darfst das Geheimnis gerne lüften.”
Er stimmte zu. Er hoffte, dass Altoren dichthalten würde.
Als Altoren ihn an den Schläfen berührte, lief ihm ein Schauer der Erregung durch den Körper, dann schloss er die Augen, konzentrierte sich und spürte die Anwesenheit Altorens. Er spürte, dass die Neugier seinerseits gar nicht auf der Gestaltwandlung beruhte, sondern auf ihm selbst. Dann hörte er die Gedankenstimme Altorens: Keine Angst ich werde es niemandem sagen. Danke, du hast mir sehr geholfen. Wir sollten uns treffen, dein Interesse beruht auf Gegenseitigkeit. Ich wette Pymos schafft die Revolution und damit meine ich nicht nur die magischen Belange.
Er suchte sich jetzt noch die Informationen für die Gestaltwandlung, die er brauchte und der ganze Abend verlief sehr locker und entspannt.
Ramir war wesentlich erleichterter und entspannter, er hatte endlich Ruhe gefunden. Einige Persönlichkeiten wurden den Abend noch verkörpert und es wurde viel gelacht.
Nach einer Woche Arbeit war Andru sehr erschöpft und hatte so langsam begriffen, dass er nicht so einfach zu einem Magier wurde. Er hatte jetzt auch verstanden, dass das Urteil Wirklichkeit ist, er wurde tatsächlich in die Gemeinschaft des Lichts aufgenommen und integriert.
Golan war einer der anderen Lehrlinge und er hatte sich mit ihm angefreundet. Er war zwar um etliches jünger, doch hatte er es ähnlich schwer wie Andru. Er war ebenso wenig ein Adelskind und keinen Luxus gewohnt. Er hatte nie zu Hofe gelebt, dennoch wurde er aufgenommen, das interessierte Andru. Golan erzählte ihm, dass manchmal auch Kinder oder junge Erwachsene ohne eine großzügige Spende an die Magier des Lichts in die Lehre genommen wurden. Diese Vorfälle würden sich wohl in letzter Zeit häufen. Magier würden durch die gewöhnlichen Wohngegenden ziehen und Menschen auf magisches Potenzial prüfen. Sie würden einige mitnehmen und an der Universität vorstellen. Dort wurde dann entschieden, ob sie aufgenommen wurden oder nicht. Er hatte das Glück genommen zu werden, weil er schon immer intelligent war, ebenso wie er schon immer gutes Verständnis hatte. Als die Magier ihn geprüft hatten, wurden ihm Fragen und Papierbögen über die Götter gegeben und er musste sein Wissen beweisen. Als ihm dann gesagt wurde, dass er aufgenommen wurde, dauerte es nicht lange. Dann war er auch schon im heiligen Kloster zur Arbeit eingeteilt worden.
Andru wusste warum. Er hatte die Magier davon reden hören, dass sie möglichst viele Magier benötigen um die Altmeister zu befreien. Diese Information hatte er auch nur Golan erzählt, alle anderen Lehrlinge, welche die körperliche Arbeit nicht gewohnt waren, suchten jeden Grund, um sich davor zu drücken und oft waren diese Gründe unberechtigt. Golan und Andru wurde, da sie von niedrigem Stand waren, dauerhaft die Schuld für irgendwelche Dinge zugeschoben. Die anderen Lehrlinge hielten zusammen, kannten sich teilweise untereinander schon vor Beginn ihrer Ausbildung, waren allerdings auch bei weitem nicht so reif und erwachsen wie Andru und Golan und diese standen deswegen über solchen kindischen Aktionen.
Andru wusste jetzt auch, dass er nicht mehr lange im Kloster bleiben würde. Er wurde mit Darion nach Dak geschickt. Dieser Befehl war ihm nicht klar, doch befolgte er ihn ohne weiteres, sobald es so weit war. Er sagte zu Golan: “Sofern es mir möglich ist, werde ich versuchen, darauf zu bestehen, dass du uns begleitest. Du bist mein einziger Freund auf Kranon. Wenn ich ehrlich bin, mein erster wahrer Freund überhaupt. Auch in Marilien hatte ich nie einen. Meine alten Freunde haben mich verraten, weswegen ich in die Sklaverei kam und sie ihre Freiheit behielten.”
Er wusste nicht was er dazu sagen sollte, also antwortete er mit einem faden
“Danke” und verrichtete weiter seine Arbeit.