Читать книгу Die Erwählten der Götter - Rico Willeke - Страница 8
Kapitel 6
ОглавлениеEines war klar, Sarbor brauchte einen neuen Sklaven und er benötigte mehr Informationen über die Pläne der Anhänger von Iknar.
Er versuchte von größerer Entfernung Gedankenfetzen aufzufangen, er konzentrierte sich auf einen Radius bis zu der Ebene Kranon.
Es war alles Mögliche dabei, aber nichts was er gebrauchen konnte. Es waren nur langweilige Verhandlungen über Steuern mit verschiedenen Lehensherren und eine Entscheidung zweier Magier über eine Hinrichtung. Also nichts, was für Sarbor von Belang wäre. Einzig ein kleiner Fetzen klang interessant… er meinte deutlich den Namen Andru gehört zu haben.
Da forschte er genauer nach und es war tatsächlich ein Gespräch zwischen einem Magier aus dem Kloster und der einzigen Magierin, die existiert, was er persönlich für eine Beleidigung an die Götter selbst hielt. Auch, wenn der gnädige Iknar ihr selbst die Befugnis gegeben hat, ist diese Entscheidung des obersten Gottes ihm zuwider.
Doch darüber wollte er jetzt nicht weiter nachdenken. Er konzentrierte sich auf den Inhalt. Der ihm unbekannte Magier war gerade daran: „ … er wird zu dir gebracht. Das Warum sollte dir vollkommen egal sein, es ist Anordnung der Obrigkeit. Du sollst ihn auf dem sichersten und schnellsten Weg nach Largon begleiten! Mir passt diese Entscheidung auch nicht… Am liebsten hätte ich ihn hinrichten lassen!“
„Garon, auch wenn ihr ein guter Freund meines Vaters seid, habt ihr nicht das Recht die Entscheidung des Hohen Rates in Frage zu stellen. Wenn ihr sagt, dass auch ich nicht eingeweiht werden soll, warum ich ihn beschützen soll, werde ich es akzeptieren. Wann wird er eintreffen?“
Jetzt erkannte Sarbor auch die Stimme des Ratsmitglieds… „ einer der wenigen die für das Klischee in unserer Heimat gesorgt haben “, dachte er ein wenig verächtlich.
„… kann ich noch nicht sagen, ich weiß es selber noch nicht. Ich werde deinen Vater kontaktieren. Auch deine Ansicht des neuen Hohen Rates gefällt mir ganz und gar nicht. Du wirst von seiner Ankunft erfahren.“ Damit beendete er wohl das Gespräch mit Marga von Dak.
„ Das klingt ja ganz nach einem lauernden ratsinternen Aufstand… interessant… vielleicht zieht das Ganze ja sogar noch weitere Kreise. Ich werde mal sehen, was ich noch erfahre.“
Jetzt konzentrierte Sarbor sich voll und ganz auf die Gedankenstimme von Garon. Keine anderen Magier belauschten solche Gespräche, doch es war ihm egal. Oft wurden sie auch hinter magischen Schutzwällen ausgetragen, doch anscheinend war Garon unvorsichtig oder er wollte sogar, dass andere es hörten. Wollte er einen Aufstand anzetteln?
Egal, er lauschte weiter: „ Ratan …?“ es kam keine Antwort. Garon versuchte es erneut: „Ratan von Dak!?“ „ Meine Güte Garon! Deine Ungeduld ist ja schlimmer als je zuvor. Was gibt es?“
„Pymos gibt uns allen Grund misstrauisch zu werden, nicht nur die Befreiung der Altmeister, jetzt nimmt er noch Sklaven aus Marillien in unsere heilige Kirche auf. Er unterrichtet den Dieb seines eigenen Amuletts schon vor Aufnahme an der Universität in neuer Magie, in irdischer Magie. Ich warte nur noch auf den Tag, an dem er uns sagt, dass wir unseren Göttern abschwören sollen. Der Krieg steht bevor, wir spüren es alle….“
„ Garon, wir werden belauscht. Schütz die Verbindung sofort…“
Sarbor hörte nichts mehr. Die Informationen überkamen ihn: „Das ist der Plan? Sie wollen die Altmeister befreien? Warum interessierte das Almonara so, was sollte an den alten hohen Magiern so gefährlich sein? Welchen Einfluss sollte das haben, wenn er einen sofortigen Krieg riskieren würde? Was meinte Garon mit irdischer Magie? Gab es noch mehr als nur die Magie unserer Götter? Diesen Fragen werde ich mich später widmen, ich habe zu viel Energie verbraucht, um den großen Radius so lange abzuhören. Ich brauche einen Sklaven… am besten eine Hinrichtung. Das Volk wird sich freuen, wenn ich sie selbst vollziehe.“
Er rief aus seinem Thronsaal: „Karlon! Komm her du Ratte. Ich benötige die Namen der heutigen Verbrecher und wenn keine Hinrichtung dabei ist, möchte ich mir die Verbrechen anschauen. Ich werde schon eine finden.“
Herein kam ein verängstigter, junger Schwarzmagier. Er schien noch nicht lange in den Reihen der Magier zu sein. Sein jugendliches noch recht rundliches Gesicht, die braunen Haare und dass er noch nicht voll ausgewachsen war, ließ darauf schließen, dass er das Alter von 20 noch nicht erreicht hatte. Er sah den mächtigsten Mann der Wüste mit seinen schwach grünen Augen an, in der Hand ein Schriftstück, was er ihm
gab: „Meister Sarbor, wir haben am heutigen Tage keine Hinrichtung, aber hier sind die Namen und Verbrechen der Verurteilten. Ihr werdet mit eurem Scharfsinn und eurer Weisheit garantiert jemanden finden, der den Tod verdient.“
Der junge Magier war vor einiger Zeit sehr glücklich und stolz, dass ausgerechnet er der Vorsprecher, Sekretär und private Verwalter des 1. Schwarzmagiers geworden war. Doch jetzt im Nachhinein… nachdem dieser die anderen großen Meister aus dem Dienst entlassen hatte und nun Alleinherrscher über die Wüste war, dachte er anders darüber, er hoffte, dass er diesen Dienst bald abgeben konnte.
„Nun du kleiner Schleimer, dann entferne dich wieder, verrichte deine Arbeit, geh mir aus den Augen, kündige in der Stadt eine Hinrichtung an - ausgeführt durch mich.“
Karlon wusste, dass der Meister Energie brauchte, sonst würde er nicht so reagieren: „ Ja mein Herr, ich werde alles Nötige veranlassen.“
Sarbor antwortete aggressiv: „ Bist du noch nicht weg?! Verschwinde endlich!“
Der junge Magier sagte gar nichts mehr, sondern ging so schnell wie möglich aus dem Raum. Er setzte sich vor den Thronsaal an seinen Sekretär und räumte noch etwas auf. Dann verließ er den Palast. Auf dem Vorplatz war immer sehr viel Getümmel. Er stellte sich auf ein Podest aus Stein mittig des gesamten Platzes, verstärkte seine Stimme indem er sich auf seinen Hals konzentrierte und das Organ, was den Ton seiner Stimme ausmachte, verstärkte diese Stränge und auch beim Verkünden der Nachricht verstärkte er das Schwingen der Bänder: „ Einwohner Marilliens, es gibt eine Bekanntgabe: Meister Sarbor, Gebieter über den 7. Kreis der Magie, höchster Magier der Dunkelheit und unser ehrenwerter Herrscher lässt verkünden, dass sämtliche Verurteilten des heutigen Tages zur Zeit des Strafvollzugs auf diesem Platz hier erscheinen werden. Einen der Verurteilten wird er höchstpersönlich hinrichten. Das Urteil über die anderen fällen wie üblich die erwählten Richter. Der Strafvollzug findet auch wie jeden Tag zur Abendstunde um sechs statt.“
Einige jubelten, andere interessierte es nicht. Karlon hasste solche Ansagen. Er hatte sie noch nicht oft machen müssen, doch ihm kam es so vor, als müsste er das jetzt öfter machen seitdem Sarbor seinen Leibsklaven verloren hatte. Er brauchte die Energie einiger Hinrichtungen. Vor einiger Zeit sah er einen der Henkers-Magier, wie er durch eine Geheimtür in den Thronsaal kam, Sarbor setzte ihm seine Hand auf die Brust und der Henker machte ein Gesicht, als würde ihm sämtliches Blut ausgesaugt. Als Sarbor fertig war, sackte der andere Magier kurz auf die Knie und fragte nur: „Wie lange geht das noch so? Ihr wisst, dass das nicht gut für unsere Körper ist. Die anderen Henker wollen sich auch langsam weigern.“
„Wenn das so ist, dann kann ich euch auch gleich selbst hinrichten, oder nicht? Macht es oder ihr selbst werdet auf der Schlachtbank landen. Es liegt in euren Händen.“ So eiskalt wie Sarbor diesen Satz sagte, fröstelt es Karlon noch heute wenn er daran denkt.
Der weitere Arbeitstag verlief ruhig. Meister Sarbor hatte nichts mehr für ihn und bis zu der Hinrichtung gab es für ihn nichts mehr zu tun. Am Abend nach der Hinrichtung verfiel Sarbor in tiefes Gebet oder Trance und hatte vermutlich gerade Verbindung zu Almonara und vor Karlon lag noch jede Menge Schreibkram, doch er beschloss diesen morgen zu erledigen.
Sarbor hatte die Namen und Verbrechen gar nicht durchgesehen, er suchte sich den Erstbesten aus, dessen Verbrechen einigermaßen stark war. Er viel auf Nummer eins: Schande über ein jungfräuliches Mädchen gebracht, dahinter ein kleiner Vermerk, gewaltsam.
Nur die Schande über ein jungfräuliches Mädchen war ihm egal. Der Vermerk zeigte, er hatte es vergewaltigt. Damit war seine Entscheidung gefallen. Diesem Mann würde er sämtliche Lebensenergie entziehen. Die eigentliche Strafe war Entmannung, Sarbor redete es sich schön: „ So leidet er wenigstens nicht sein ganzes Leben unter dem Gespött und wird sich am Ende noch wegen Verlust seiner Manneskraft selbst töten. Die Familie des Mädchens wird es auch freuen.“
Die restliche Zeit bis um sechs grübelte er über die Erkenntnisse, die ihm Ratan und Garons Gedankenrede gebracht hatte.
Als Karlon ihn dann endlich rief, zog er seine Festrobe an, bedeutete Karlon mit einer Handbewegung, dass er fertig sei und Karlon ihn ankündigen könnte. Er wartete einige Zeit. Die Flügeltür des Hauptportals des Palasts öffnete sich und er hörte die erbärmliche Stimme von Karlon noch die letzten Worte sagen: “… der ehrenwerte Meister Sarbor!”
Er trat hinaus, Karlon wich sofort zur Seite, es war immer wieder verwundernd wie viele kamen, nur um ihn zusehen. “D iese erbärmlichen Gestalten jubeln mir zu, schwach sind sie , ein armseliges Volk habe ich.”
Mit diesen Gedanken fing er an dem Volk mit Hilfe seiner Hände Ruhe zu bedeuten und zu sprechen: “Mein Volk, es ist mal wieder an der Zeit, dass ich euch selbst zeige, dass die Gesetze unseres Landes auch von mir sehr ernst genommen und wenn nötig auch praktisch ausgeübt werden. Die Verurteilten bitte.”
Es traten mehrere nur mit Lumpen bekleidet vor, wenn man es überhaupt als Kleidung bezeichnen konnte. Daran erkannte man die Verurteilten, ihnen war das Recht auf bürgerliche Kleidung untersagt, selbst ein normales kurzärmliges Oberteil war verboten. Viele von ihnen trugen nicht viel mehr als ein Tuch um den Körper.
Es erstaunte Sarbor sehr, dass dieses Mal sogar eine Frau unter den Verbrechensträgern war. Es kam äußerst selten vor, dass Frauen illegale Taten ausführten.
Die Verurteilten waren alle an Hand- und Fußgelenken in einer Reihe aneinander gebunden und auf jeweils drei Täter kam ein Wächter. Alle Wächter waren in schlichten schwarzen Roben gekleidet und mindestens der Magie im vierten Zirkel mächtig, dennoch verzichtete man bei den Wächtern darauf, öffentlich zu zeigen, welchen Kreis der Magie sie wirklich beherrschten, um möglichen Fluchthelfern nicht Mut zu machen. Im Allgemeinen dachte jeder, dass die Wächter eine Art Elitetruppe der Schwarzmagier waren, diese gab es zwar auch, doch waren sie gewiss nicht unter den Wächtern.
Er schaute in die Reihe und fragte: “ Nun, wer von euch ist der Schänder?”
Ohne auf eine Antwort zu warten, traten zwei der Wächter an den Anfang der Reihe und befreiten den gewaltbereiten Schänder von seinen Fesseln, ein Dunkelhäutiger wie fast alle Einheimischen der Wüste, pechschwarzes Haar und einen Gesichtsausdruck der zeigte, dass ihm ganz egal war, was er getan hatte aber auch, dass er wusste, was auf ihn zukam. Er würde sterben, aber es gab einen schlimmeren Tod als diesen. Das Gesicht schon etwas faltig, ein gebrochener Mann. Wahrscheinlich wussten seine Mitverurteilten, was er getan hatte. Er sah sehr mitgenommen aus.
Sarbor redete sich dadurch nur noch mehr ein, dass er ihn befreite und ihm eigentlich etwas Gutes tat. Er dachte allerdings auch, dass jeder durch seine Hand Getötete eine Befreiung erlebt und Glück hat, auch wenn er selbst sehr große Angst vor dem Tod hat. Jedes Mal, wenn er sich im Spiegel betrachtete, erinnerte ihn eine Stelle an seinem Hals daran, wie grausam sein Meister sein konnte.
Der Verurteilte wurde zu ihm auf das Podest geschleift. Er spuckte vor Sarbors Füße und sagte: “Ich frage gar nicht erst nach letzten Worten, ich spreche sie einfach. Du bist kein Anführer, du triffst keine Entscheidungen für unser Volk, du spielst nur nach deinen Regeln und interessierst dich auch nur für dich selbst. Mein Tod ist doch nur dazu da, um dich zu stärken. Ich habe absolut keinen Respekt vor dir!”
Die letzten Worte schrie er fast, sodass alle ihn hörten. Sarbor grinste leicht, beugte sich ganz nah an ihn und widersprach ihm nicht, sondern sagte nur: “Du hast vollkommen Recht. Schade nur, dass kein Mann und keine Frau jemals von dir überzeugt werden kann. Du wirst jetzt sterben und das Volk wird darüber jubeln. Ich hoffe, du wurdest in unseren Verließen genauso behandelt, wie du aussiehst.”
Damit schnitt er ihm die Brust auf, legte seine Hand dorthin, wo er sein Herz haben sollte und fing an die Magie, die jeder Mensch in sich hatte, zu absorbieren. Normalerweise reichte bei einem gewöhnlichem Magietransfer Körperkontakt. Wenn beide Seiten einverstanden waren, war es ähnlich wie Gedankenrede. Bei gewaltsamer Entnahme von magischer Energie musste Blut im Spiel sein und bei Tötung durch kompletten Magie- und Lebensenergieentzug musste das Blut möglichst nah beim Herz austreten. Auch der Empfänger musste eine Wunde haben. Diese hatte Sarbor sich durch einen kleinen magischen Energieschub an seiner Handfläche zugefügt. Er spürte wie die warme rote Flüssigkeit in seine Hand floss und etwas den Arm hinunter. Er merkte wie die Energie des Mannes mit jeder Sekunde mehr in ihn kehrte. Das Gesicht des Mannes war vollkommen ausdruckslos, dennoch alterte er von Sekunde zu Sekunde, auch die Lebensenergie entzog Sarbor ihm, wenn auch die magische Energie zum Töten gereicht hätte. Sarbor brauchte Kraft und Zeit. Er würde den Thron niemals abgeben, es sei denn, er würde einen Erben finden, der seine Pläne verfolgen würde, dann würde er auch das Alter auf sich einwirken lassen. Dennoch spürte Sarbor auch etwas anderes, was in seinen Körper eindrang, keine Energie, weder magisch noch physisch, es war etwas, was nicht in den Organismus gehörte.
Als der Mann ihn sah - mittlerweile ein Aussehen eines Siebzig- oder Achtzigjährigen - hatte er ein letztes kleines Lächeln auf den Lippen und sprach noch einige Worte die Sarbor trafen wie einen Pfeil ins Herz: “Wir sehen uns in Almonaras Reich, eher als dir lieb ist.” Damit erlosch das Licht in seinen Augen, er kippte auf seine linke Seite, er war tot.
Die Menge jubelte. Sarbor verschwand ohne ein weiteres Wort.
Wieder in seinem Thronsaal versuchte er in sich zu gehen und festzustellen, welche Krankheit der Verbrecher ihm übertragen hatte. Dies war einer der Vorteile von Magiern, sie merkten Krankheiten in ihrem Körper. Da die Magie über das Blut floss, verstanden sie sofort, wenn etwas im Blut war, was nicht dahingehörte. Das war einer der Gründe, warum Magier nie krank wurden. Wer sich darauf verstand Lebensenergie zu entziehen, konnte wenn er wollte sogar ewig leben, sofern niemand ihn ermordete oder die Götter ihn tot sehen wollten.
Doch das alles war Sarbor in diesem Moment egal. Er konzentrierte sich nur auf seinen eigenen Kreislauf und versuchte die Erreger dieser Krankheit aus seinem Körper durch die Wunde durch die sie auch hineingekommen sind, wieder heraus zu befördern, doch das gelang ihm nicht. Es schien so, als würden diese Erreger nicht nur an dem Blut hängen, sondern auch an seiner Magie. Jedes Mal, wenn er einen Teil davon aufspürte und mit Hilfe von Magie zu seiner Handfläche trieb, trat auch Magie aus der Wunde in Form eines Hitzestrahls aus.
Das versuchte er noch öfter, doch es geschah jedes Mal dasselbe. Wenn er die Erreger zu seiner Hand brachte, trat die Magie mit aus.
Er beschloss zu Almonara zu beten und sprach gedanklich die rituelle Formel: “Almonara du mein Herr und Gott erhöre mein Flehen und erweis mir die Ehre deines Beistandes…”
Es passierte eine Weile nichts, doch kurz bevor er es erneut versuchen wollte, kam Almonaras Stimme: “Hör auf verflucht, ich kann es nicht mehr hören. Was gibt es?”
“Meister, verzeiht die Störung, ich habe soeben eine Hinrichtung durchgeführt…”
“Ich weiß der Mann hat bereits angeklopft. Wie du weißt, kommen deine bescheidenen Opfer zu mir. Dies interessiert mich aber eher weniger. Weshalb störst du mich?”
“Herr, welche Krankheit hatte dieser Mann? Ich versuchte mich zu heilen. Jedes Mal entfernte ich nicht nur Erreger, sondern auch Magie aus meinem Körper. Ich befürchte, es würde mich töten, ich befürchte es wird mich auch so töten, aber es scheint, als wären die Erreger an meine Magie gebunden.”
Almonara schwieg kurz, dann kam etwas besorgt zurück: “Sarbor, das ist keine Krankheit, das war ein Gift, es muss ein Anschlag gewesen sein. Jemand muss gewusst haben, wen du hinrichten lässt oder jemand hat darauf gehofft. Es könnte auch sein, dass alle Verurteilten vergiftet sind. Es gibt Gifte, die gezielt den magischen Fluss besetzen und wodurch Selbstheilung unmöglich ist. Du musst dich von den Heilern Umodes behandeln lassen. Das sind die Einzigen, die eine solche Vergiftung aufheben können. Sie sind die Einzigen, die eine Technik entwickelt haben, das Gift vom Energiefluss zu trennen und ohne großartige weitere Schäden aus dem Körper herauszubefördern. Zurzeit hält sich eine größere Truppe von ihnen ganz in der Nähe von dir auf, am Rande des Bral Waldes. Du musst so schnell wie möglich zu ihnen. Ich verlasse dich nun. Lass die Abschiedsformeln weg, ich weiß, dass du meinen Willen ausführst und das alles.”
Damit war er aus seinem Geist verschwunden: “ Ich muss also zu den verdammten Naturisten, von denen hängt mein Leben ab, dann auch noch zum Wald Bral… Ich habe genug um die Ohren, aber gut, wenn ich sonst sterbe, muss das wohl warten. Die Verantwortlichen werde ich schon noch finden.”
Andru war etwas aufgeregt, endlich konnte er die Informationen, die ihn in Gefahr brachten vor anderen schützen. Altoren begann zu sprechen: “ Also dann, zuerst müsst ihr das System eures Körpers verstehen, um den Fluss der Energie so formen zu können, wie ihr es braucht. Wir sollten außerhalb deines Körpers mit Barrieren beginnen, bevor du sie in deinem Körper anwendest. Also, spürst du den Fluss deines Blutes? Oder anders ausgedrückt, weißt du, wie es fließt?” Er wusste einiges über den Körper, er hatte jede Menge in seiner Zeit als Leibsklave des Herrschers der Wüste mitbekommen: “ Ja, ich verstehe mich auf den Kreislauf des Blutes, als auch auf die Pumpe des Kanalsystems, das Herz.”
Altoren antwortete erleichtert: “Das ist gut, dann musst du nur noch wissen, dass im Kanalsystem bei jedem Lebewesen auch Magie befördert wird. Ja, sogar Tiere und Pflanzen besitzen magisches Potenzial. Wir vermuten, dass einige Tiere über dieses Potenzial Bescheid wissen und es auch für ihre Vorteile einsetzen, genauso wie Pflanzen auch. Nicht umsonst braut man aus Kräutern Tränke und Medizin sogar für Magier, denn auch Magier können erkranken, helfen sich aber meist sofort selbst.”
Andru verstand diese Aussage sofort und konzentrierte sich jetzt ganz bewusst auf seine Gefäße. Er spürte den Druck, mit dem das Herz sein Blut schubweise durch den Körper pumpte und plötzlich merkte er noch etwas, was er vorher nicht spürte, eine Art Aura. Als er verstand, dass dies seine Magie sein musste, fragte er sofort: “Die Magie pulsiert ebenso wie das Blut. Heißt das, wenn ich im Rhythmus meines Herzens die Energie ausführe, sie stärker und schwächer sein kann, je nachdem wann und wo ich sie einsetze?”
Darauf antwortete jetzt Ramir: “ Ja, das ist korrekt, aber die Ausmaße des Rhythmus sind so gering, dass sie kaum eine Rolle spielen. Jetzt versuche diesen Fluss der Magie noch genauer zu spüren, dann wirst du merken, dass es möglich ist die Magie aus jeder Pore deiner Haut auch nach außen zu tragen. Etwa so.” Er schien komplett zu strahlen. Sein ganzer Körper leuchtete. “ Das ist die reine Magie, meine reine Magie. Wie du siehst, ist sie hell und leicht golden, das heißt, sie beruht zu großem Teil auf der Macht Iknars. Wenn ich mal Iknars Einfluss weglasse, ist es pures Licht. Siehst du?” Plötzlich verschwand der goldgelbe Schein um ihn und er leuchtete nur noch schwach und war, wie er sagte, reines Licht. Er bedeutete Andru mit einer Handbewegung, dass er es auch probieren sollte.
Also versuchte er es. Er konzentrierte sich auf die Energie, diese Aura, die er in sich spürte und versuchte sie aus dem Blut heraus, über die Gefäße hinaus, über Muskeln und Haut hinauszuführen. Er merkte, wie sie seinen Körper verließ. Doch was er sah, erstaunte nicht nur ihn. Sein Licht war bunt. Altoren öffnete den Mund und schloss ihn wieder, um ihn dann erneut zum Sprechen zu öffnen: “Ich… ich habe so etwas noch nie gesehen. Das ist keine normale Magie.”
Andru war unsicher und fragte: “Habe ich etwas falsch gemacht?”
Ramir hatte sich jetzt auch wieder gefangen und fragte: “Denkst du an Farben, an irgendwas anderes als die Magie?”
“Nein, eigentlich nicht. Ich konzentriere mich ganz und gar auf die Magie”, antwortete Andru ihm wahrheitsgemäß.
Altoren versuchte möglichst ruhig und sachlich zu bleiben, obwohl ihm unglaublich viel durch den Kopf ging und es fast unmöglich war einen klaren Kopf zu bewahren, sprach er: “Wir werden fortfahren. Es ist äußerst interessant, aber es wird noch Gelegenheit geben dem auf den Grund zu gehen. Stell dir jetzt vor, du willst etwas schützen, du formst deine Magie nun zu etwas Härterem, einem Schild, einer Kugel am besten. Forme diese Kugel um die kleine Kugel hier vor mir.” Er legte eine Glaskugel auf den Tisch. Andru versuchte es, erstaunlicherweise gelang es ihm sogar beim ersten Mal. Auch das erstaunte nicht nur ihn, sondern auch seine Lehrer, sie sagten jedoch beide gleichzeitig: “Nimm die Farbe raus.”
Auch das gelang ihm auf Anhieb. Ramir äußerte nun etwas, was alle im Raum dachten: “ Ich denke, du wirst einer der besten und größten Magier, die wir kennen, ein Naturtalent. Du begreifst unglaublich schnell und setzt das Gelernte auch sofort praktisch um. Das sollte für heute reichen. Wenn du so schnell lernst, können wir binnen einer Woche nach Dak aufbrechen. Morgen, zur selben Zeit.”
Andru war etwas enttäuscht, doch wollte er nicht unhöflich sein: “ Sehr gerne. Ich werde hier sein.”
Als Andru das Quartier verließ, meinte Ramir am runden Türfenster einen Arkani zu sehen, einen Adler. Doch vielleicht spielte ihm sein Verstand auch nur einen Streich, dennoch fragte er Altoren: “Hast du das gesehen?”
Altoren war etwas verwirrt: “Seine Magie? Oder was meinst du?”
Sein Freund antwortete etwas gekränkt: “Natürlich nicht. Ich weiß, dass sie etwas Besonderes war und du das sicherlich auch bemerkt hast. Nein, dort am Fenster.”
Das Ratsmitglied sah nun zum Türfenster, doch sah er nichts: “ Sag mal Ramir, ist alles gut bei dir? Hast du nicht schlafen können? Musstest du dir zu viele Gedanken um die Sache zwischen uns machen oder soll ich deinen Geist mal untersuchen.”
Jetzt lachte Ramir etwas: “ Nein ich dachte nur, ich hätte einen Arkani gesehen, einen Adler am Fenster. Vielleicht bin ich wirklich etwas übermüdet, ich werde mich noch einmal hinlegen.”
Altoren war sichtlich besorgt: “ Ein Arkani hier im Kloster? Wer sollte den Unterricht von Andru ausspionieren wollen? Unsere Mitbrüder hier im Kloster oder meinst du, es hat tatsächlich jemand geschafft unsere Schutzvorrichtungen zu übergehen und ins Kloster einzudringen?”
Jetzt fühlte Ramir sich unbehaglich: “ Hältst du es für möglich, dass jemand hier eindringen könnte?”
Langsam war Altoren sehr belustigt: “Mein lieber Ramir, du solltest dich wirklich noch einmal hinlegen. Ich schaue später wieder nach dir, werd mir nicht wahnsinnig. Bis später.”
Damit verließ er den Raum ohne ein weiteres Wort oder eine weitere Geste, Ramir war etwas enttäuscht, doch er legte sich hin und schlief sofort ein. Er war es gewohnt früh aufzustehen, aber sechs Uhr in der Frühe schon zu unterrichten, war selbst für ihn kein Alltag.