Читать книгу Tod am Piz Beverin - Rita Juon - Страница 9
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Erleichtert stellte Johanngeorg seinen Schulsack in eine Ecke. Wäre es nach ihm gegangen, hätte man die Schule nicht erfinden müssen. Was der Lehrer erzählte, interessierte ihn kaum, und mit seinen Klassenkameraden verstand er sich nicht besonders. Von Zeit zu Zeit wurde er gehänselt, weil er sich nicht an ihren Spielen und Streichen beteiligte, sondern lieber für sich blieb. Das war ihm egal. In der Regel dauerte es nicht lange, bis die andern ihren Spass daran verloren. Sie nahmen ihn gar nicht mehr wahr, was ihm recht war.
Auf dem Tisch in der winzigen Stube standen noch die Reste des Mittagessens, das seine Mutter aus dem Restaurant mitgebracht hatte. Lecker. Er verputzte den Rest, bevor er in den Holzschopf hinter dem Restaurant ging. Dort sass er oft, spielte mit den Holzscheiten, baute Dörfer daraus, schnitzte Figuren hinein.
Als es dunkelte, räumte er auf und ging wieder hinauf in ihre Kammern über der Gaststube, wo er seufzend und stöhnend seine Hausaufgaben erledigte. Seine Mutter kam normalerweise zwei-, dreimal vorbei, wenn es der Betrieb im Restaurant erlaubte. So auch heute. Sie herzte ihren Sohn, erzählte ihm von ihrem Tag, liess sich von ihm seine neusten Schnitzereien zeigen. Sie versprach Johanngeorg, ihm die Reste der gebrannten Creme mitzubringen, sofern etwas davon übrigblieb.
Seine Augen leuchteten. Er liebte es, wenn ihn seine Mutter mitten in der Nacht weckte, damit sie gemeinsam von den Überbleibseln der Süssspeisen naschen konnten. Wenn es kalt war, sassen sie aneinander gekuschelt unter der Bettdecke und assen gemeinsam direkt aus dem Topf.
Er ging beizeiten ins Bett in der winzigen Nebenkammer. Dort wartete die Holzfigur auf ihn, die ihm der alte Schorsch, der oft im Restaurant sass, geschenkt hatte. Jeden Abend schliefen sie gemeinsam ein. Stolz hatte er das Männchen seiner Mutter gezeigt und erklärt, es heisse Joggel. Seine Mutter hatte ihn prüfend angeschaut, fast schon erschrocken. Er konnte sich nicht erklären, weshalb. Jedenfalls hatte seine Mutter so lange gedrängt, einen anderen Namen für die Figur zu suchen, dass er zuletzt nachgegeben hatte. Jetzt hiess der Joggel halt Franz, was soll’s.