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3. Veränderte Rahmenbedingungen – neue Geschwindigkeiten des Studierens

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Wir leben, arbeiten, kommunizieren, genießen schneller.

Neben den genannten Gründen gibt es eine Reihe weiterer gesamtgesellschaftlicher Hintergründe, die das Turbo-Studium empfehlen lassen als eine Alternative zum üblichen Studieren. Wenn wir im vorliegenden Buch dafür plädieren, die Bildungszeit an Fachhochschulen, Hochschulen und Universitäten zu verkürzen und damit den frühzeitigeren Eintritt in das Erwerbsleben zu ermöglichen, sprechen wir nicht nur einer persönlichen Machermentalität das Wort. Das allgemein gestiegene Interesse, immer früher zu beruflicher Selbstständigkeit zu gelangen und die Lebenszeit nicht einem selbstzweckorientierten Langzeitstudium zu widmen, passt nach unserer Einschätzung vielmehr zu veränderten gesellschaftlichen Rahmenbedingungen.

Beschleunigung ist eine davon. Unsere gesamte Lebenswelt ist durch zunehmende Beschleunigung in allen Bereichen bestimmt – vor allem dadurch, dass wir schneller als jede vorangehende Generation leben, arbeiten, kommunizieren und sogar genießen (können). Wichtig ist dabei der Umstand, dass wir durch neue technische Möglichkeiten und Medien schneller als jemals neues Wissen recherchieren und austauschen können. Was vor Jahrzehnten für schlichtweg unrealisierbar galt, ist heute in vielen Bereichen nur noch eine Frage der richtigen Methode. Kein Wunder, dass seit dem Aufkommen der neuen schnellen Medien einschließlich des Internets auch an den Hochschulen und Universitäten neue Lernformen entstanden sind, die mit den alten Mustern von »Oberflächlichkeit vs. Tiefe« oder »klassischem Studium vs. neue schnellere Studienformen« nur unzureichend erfasst werden können. Denn mit den beschleunigten Medien wächst proportional das überholte Wissen, reduziert sich die Halbwertzeit von Kenntnissen und Technologien. So nimmt es kaum Wunder, dass – angeregt von den Möglichkeiten der neuen Kommunikationstechnologie – immer flexiblere Organisationsformen des Studienalltags hervordrängen, beispielsweise das E-Learning, das selbst für tradierte Volluniversitäten zunehmend attraktiv wird. Es gilt, dem Teufelskreislauf von Wissensaneignung und Aktualitätsverlust durch beschleunigten Transfer entgegenzusteuern. In der Folge verbindet sich für immer mehr Studierende heute der Wunsch, das Optimale aus ihrem Studium zu machen, mit der Hoffnung auf einen möglichst frühzeitigen Abschluss und damit den Einstieg in das Erwerbsleben. Beschleunigungsgedanke und bildungsökonomische Überlegungen, so denn auch die Leitthese des vorliegenden Buchs, gehören heute mehr denn je zusammen.

Im Rausch der Grenzerfahrung

Die Ausweitung überkommener Leistungen in Extremleistungen ist ein anderer wesentlicher gesellschaftlicher und Mentalitätstrend. Wir leben mittlerweile in einer Zeit der Extreme, der gewollten Extremleistungen und versuchten Entgrenzungen. Die allgegenwärtige Selbstverwirklichung am Limit ist längst keine Domäne mehr der stetig wachsenden Zahl an Extremsportlern. Sie ist zu einer Massenbewegung und einem kulturellen Phänomen geworden, das zu unserem gestiegenen Bedürfnis nach Grenzverschiebungen passt.

Mit der Selbstverwirklichung am Limit erfahren wir unsere Grenzen, um sie versuchsweise zugleich zu überschreiten und damit auszuweiten. Am Limit wachsen wir über uns hinaus, spüren und inszenieren wir unsere Individualität als Menschen, die bereit sind, sich auf Wagnisse und besondere Selbsterfahrungen einzulassen. Und mit der persönlichen Grenzerfahrung und Beschleunigung treten wir zugleich aus allem Routinemäßigen bewusst und planmäßig heraus, wir überwinden Langeweile und Alltagstrott handstreichartig durch Freude, Spaß und meistens auch durch den Rausch der puren Begeisterung. So meistern wir mit den Grenzerfahrungen mitunter jene Herausforderungen, an die wir selbst noch nicht zu glauben wagten.

Dass diese Erfolgsorientierung mit einer entsprechenden persönlichen Grundeinstellung korrespondieren sollte, versteht sich dabei von selbst. Komprimierung und Verdichtung führen zur Verkürzung der Studiendauer, nicht primär (wie gerne unterstellt) zu einer Verflachung der klassischen Bildungsanstrengungen. Ein konkreter Pragmatismus und ein funktionales Denken, nicht ein Streben nach geistigem Sport um seiner selbst willen sind die zentralen Erfolgsfaktoren, nicht nur im Rahmen unserer persönlichen Erfolgsstory. Damit ist zugleich der Gegenbeweis zu der weitverbreiteten Ansicht erbracht, Leistungsextremisten seien prinzipiell von Ehrgeiz zerfressen und verbrauchten sich häufig in narzisstischen Selbstbestätigungs- und Anerkennungskämpfen ohne konkretes Ziel.

Turbo-Studenten müssen Mut zum Wagnis haben.

Die neue Spezies des Turbo-Studierenden, für die wir mit unserer Story als Pioniere dieser studentischen Gattung werben, gehört daher unzweifelhaft zu eben jener Gruppe von Akteuren, für die das Erbringen von Höchstleistungen ein Reiz eigener Art ist: eine Spiel- und Sportart des Ehrgeizes, durch Motivation und Selbstdisziplin ungeahnte Erfolge zu provozieren. Mut zum Wagnis, zur Grenzüberschreitung ist ihr Lebenselement; die Absicht, nicht beim Hergebrachten stehen zu bleiben, ihr zündender Antrieb. Unternehmerische Selbstverantwortung wird auf diesen Grundlagen zur Richtschnur des Studiums.

Indem Express-Studierende sich Studienplan, Lernmethoden und Teamarbeit autonom selbst organisieren, stellt ihr Studium eine Ernstfallerprobung unternehmerischer Selbstständigkeit dar. Das Turbo-Studium bietet somit eine konkrete und real verfrühte Befähigung zu jenen beruflichen Erfordernissen, zu denen ein klassisches Studium sonst lediglich vorbereitend qualifiziert.

Die im vorliegenden Buch rekonstruierte Erfolgsgeschichte einer solchen Extremleistung im Bereich des Studiums ist der Sache nach daher wohl in erster Linie ein Beitrag zu dem gesellschaftlichen Phänomen zunehmender Anerkennung solcher Grenzüberschreitungen. Sie enthält im Kern eine Gebrauchsanleitung zum effizienten und außerordentlich zügigen Studieren und damit zu einem besonders motivierten und zielorientierten Lernen, das die geistige Höchstleistung auf das praktische Ziel eines möglichst raschen Studienabschlusses bezieht. »Maximaler Input, maximaler Output«, lautete unsere Formel, mit der wir uns zugleich klarmachten, dass sich die Zeit der großen Bewährung auf Entbehrung reimt …

»Maximaler Input, maximaler Output«, lautete unsere Formel.

Solche selbst gesetzten Zielformulierungen stehen quer zu Studienmodellen, die an der Einhaltung der Regelstudienzeit orientiert sind und viel Energie darauf verwenden, die eigene Frustration über ein verschultes, überbürokratisiertes, mit Anforderungen überfrachtetes, qualitativ unzureichendes Studium abzuarbeiten. Wir leben in einer Zeit, die durch die teils schleichende, teils demonstrative Entwertung des tradierten Humboldt’schen Bildungsideals gekennzeichnet ist. Als Turbo-Studenten haben wir keinen Nachteil darin sehen können, unser Studieren beschäftigungsorientiert an ökonomischen Interessen auszurichten, strategisch an potenziellen Arbeitsmarktqualifikationen zu arbeiten, uns als studentische Unternehmer mit eigener Zeit- und Aufgabenverantwortung zu verstehen.

Das Entscheidende blieb, bereit zu sein hierfür. Unsere überdurchschnittliche Erwartungshaltung an uns selbst und unsere eigene Belastbarkeit sollte uns im Studienverlauf immer mehr zum eigenen Antrieb werden.

Die Turbo-Studenten

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