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2.1.1. Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

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Zum einen ist die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der öffentlichen Stellen zu nennen. Die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit kann Auskünfte, Warnungen, Empfehlungen, Berichte, Gutachten oder sonstige, schlichte Informationstätigkeiten der Verwaltung umfassen.15 Die Auskünfte und sonstigen Informationstätigkeiten dürften wohl zum Kernbereich der klassischen Presse- und Öffentlichkeitsarbeit zählen. Sie finden auch nach den erheblichen Veränderungen in der Medienwelt statt und sind weiterhin von hoher Relevanz, da sie in Bezug auf die Sozialen Medien als komplementär zu betrachten sind.16 Dies lässt sich daraus ableiten, dass die Nutzung beider Wege, also die Verbreitung einer Information über die Sozialen Medien und über die Presse, als gewinnbringend erachtet wird, da ein größerer Empfängerkreis erreicht werden kann.17 Diese Komplementärfunktion ist mit dem Nutzungsverhalten einzelner Bevölkerungsgruppen zu erklären. So zeichnet sich die Tendenz ab, dass sich jüngere Personen signifikant stärker über das Internet und die Sozialen Medien informieren als über die klassischen Medien wie TV, Radio oder Printerzeugnisse.18 Daraus folgt, dass ohne den Einsatz von Sozialen Medien der Adressatenkreis „junge Erwachsene“ nicht beziehungsweise nur teilweise erreicht werden könnte.

Daneben hat die Nutzung von Sozialen Medien einen zweiten zentralen Vorteil. Hierbei handelt es sich um die direkte Kommunikationsmöglichkeit mit den Nutzerinnen und Nutzern. Das heißt, Informationen können ungefiltert an eine bestimmte Zielgruppe adressiert werden, ohne dass es zu einer Informationsfilterung, -reduzierung oder -modifikation durch die Medien kommt.19 Die öffentlichen Stellen können damit die Gatekeeperfunktion der Medien umgehen und ihre gewünschten Botschaften transportieren, wobei dies durchaus kritisch diskutiert werden kann, da die Plattformanbietenden durch Algorithmen auch eine gewisse Selektion und Einflussnahme auf die Beiträge vornehmen können.

Das Bundesministerium des Innern benennt in der Beantwortung einer Anfrage explizit das Ziel, die oben beschriebene Zielgruppe Digital Natives erreichen zu wollen, die auf den herkömmlichen Wegen tendenziell schwerer zu erreichen ist und erkennt zusätzlich den Vorteil, die Gatekeeper umgehen zu können.20 Ähnlich antworten auch weitere öffentliche Stellen wie beispielsweise die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM)21, der Deutsche Wetterdienst (DWD)22, das Bundeskartellamt (BKartA)23 oder auch das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV)24.

Ziel der klassischen Informations- und Öffentlichkeitsarbeit ist es, die Bürgerinnen und Bürger über die Tätigkeiten und Aufgaben einer öffentlichen Stelle zu informieren und diese zu erläutern, Vertrauen aufzubauen, den Bekanntheitsgrad zu steigern oder allgemein eine Imagesteigerung zu erreichen.25 Wesentliches Kennzeichen ist, dass die öffentlichen Stellen über ihre Aufgabenerledigung berichten.26

Rechtlich betrachtet, konstatiert das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung Parteienfinanzierung I, dass die Öffentlichkeitsarbeit der Regierung und der gesetzgebenden Körperschaften zulässig und vielmehr für die politische Meinungs- und Willensbildung der Bevölkerung sogar erforderlich ist.27 In der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur (unzulässigen) Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung vor Bundestagswahlen wird diese Feststellung bestätigt und verfestigt.28 Begründet wird dies im Kern damit, dass die Bürgerinnen und Bürger staatliches Handeln nur dann bewerten können, wenn sie Zugang zu den Informationen der entscheidenden Sachfragen und den getroffenen Entscheidungen haben.29 Die Kommunikation im demokratischen Verfassungsstaat ist demnach keine Einbahnstraße.30 Die beiden Entscheidungen betreffen dem Wortlaut nach die Regierung und die gesetzgebenden Körperschaften. Ebenso geht die Literatur davon aus, dass die Öffentlichkeitsarbeit eine staatsleitende Aufgabe ist, also eine Aufgabe, die die Regierung betrifft.31 Der Kerngedanke ist jedoch auch auf andere öffentliche Stellen zu übertragen.32 So ist davon auszugehen, dass alle öffentlichen Stellen im Rahmen ihrer zugewiesenen Tätigkeiten berechtigt und verpflichtet sind Informations- und Öffentlichkeitsarbeit zu betreiben.33

Offenheit, Transparenz und Nachvollziehbarkeit staatlichen Handelns sind elementare Grundsteine der Gesellschaft und schaffen Legitimität und Akzeptanz für staatliches Handeln. Insbesondere die mögliche Akzeptanzsteigerung für staatliche Entscheidungen und Handlungen ist unter dem Gesichtspunkt der Effektivität der Verwaltung zu würdigen.34 Die Publizität der Verwaltung ist als ein Prinzip innerhalb der Verfassungsentscheidung Demokratie anerkannt.35 Und zwar konkret in der Gestalt, dass je wichtiger eine staatliche Tätigkeit ist, desto gebotener ist die Publizität.36 Ebenso kann aus dem Rechtsstaatsprinzip eine Pflicht zur Öffentlichkeitsarbeit abgeleitet werden. Denn nur transparentes staatliches Handeln kann einer allgemeinen Kontrolle durch die Bürgerinnen und Bürger unterliegen und folglich zur Mäßigung der Staatsgewalt in ihrem originären Handeln führen.37 Demnach kann die Öffentlichkeitsarbeit als Annexaufgabe zur originären gesetzlichen Aufgabe einer öffentlichen Stelle angesehen werden.38 Da die Publizität der Regierung und der Verwaltung insbesondere für das Demokratieprinzip bedeutend sind, ist weiter festzustellen, dass die Bürgerinnen und Bürger einen Anspruch auf freien und gleichen Zugang zur staatlichen Öffentlichkeitsarbeit haben.39

Öffentliche Stelle in den Sozialen Medien

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