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Die Welt ist doch eine Ware Kritiklosigkeit und moralisierende Beschränktheit des Globalisierungsdiskurses

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Seit nunmehr fast zwei Jahrzehnten geistert ein neues Stich-, Reiz- und Drohwort durch die Medienlandschaften dieser Welt: der Begriff der Globalisierung. »Total global« heißt die modische Devise. dass es sich dabei in erster Linie um die Globalisierung des Kapitals handelt, wird als selbstverständlich vorausgesetzt. Denn Kapital, das sich rastlos und endlos verwerten muss, ist sowieso alles: nicht bloß Industrie, Dienstleistungen, Infrastruktur und die Giftschleuder des Agro-Business, sondern auch Kunst, Kultur, Ideen, ja sogar der menschliche Körper und Geist selber als »Humankapital«. Die Ökonomisierung aller Gegenstände und Lebensbereiche ist so weit getrieben worden, wie es überhaupt möglich ist; und sogar darüber hinaus. Es gibt keine Zone des Planeten mehr, die nicht von dieser ökonomischen Seuche befallen wäre. Von Grönland bis Feuerland ist der Kapitalismus mit sich allein; nicht einmal mehr eine Systemvariante (wie es der östliche Staatskapitalismus war) kümmert als Scheinalternative vor sich hin.

Die Flut der Literatur über die Globalisierung seit den späten 80er Jahren, die hier zu kommentieren ist, erweist sich als kritiklos hinsichtlich der kapitalistischen Produktions- und Lebensweise als solcher. Was allgegenwärtig, apriorisch und scheinbar allmächtig ist, wird nicht mehr als besonderer Gegenstand wahrgenommen, sondern sedimentiert zum stummen Hintergrund oder wird zum allumfassenden »Äther« einer Gesellschaft, die in einer Haltung völliger Distanzlosigkeit zu sich selber intellektuell erstarrt.

Damit ist im gesellschaftlichen Mainstreambewusstsein (die sogenannte Wissenschaft eingeschlossen) auch die Grundvoraussetzung jeder Theorie hinfällig geworden, nämlich die virtuelle Außen- oder Vogelperspektive – die Fähigkeit also, »neben sich« zu treten und die eigenen Verhältnisse gewissermaßen von oben oder von außen zu betrachten. Es gibt in der herrschenden Scheindebatte, die den großen Weltkonsens von »Marktwirtschaft-und-Demokratie« immer schon voraussetzt, nur noch die kapitalistische Innen- oder Froschperspektive. Das macht diese Debatte so öde und sinnlos. Die distanzlose, verzerrte Innenwahrnehmung kann sich zu keinerlei theoretischer Reflexion mehr erheben, die diesen Namen auch nur im entferntesten verdienen würde. Was als Reflexion erscheint oder sich selber dafür ausgibt, ist von vornherein phänomenologisch beschränkt. Diese Beschränktheit entspricht allerdings ganz dem postmodernen Credo, das bekanntlich jede Differenz von Wesen und Erscheinung ableugnet und das »Ende der Großen Erzählungen« verkündet, sprich: das Ende der aufs Ganze gehenden Theorie, die den Zusammenhang von Wesen und Erscheinung durch kritische Reflexion herzustellen sucht.

Das Weltkapital

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