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1 AUSFÜHRLICHE DEFINITION DES DIALOGBEGRIFFS

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Dialog: Jedes Wort, das eine Figur zu einer anderen sagt.

Traditionell wird ein Dialog als Gespräch zwischen Figuren definiert. Ich glaube allerdings, dass man für eine umfassende, tiefgehende Analyse zum Thema Dialog erst einmal einen Schritt zurück machen und mit dem weitestmöglichen Blick auf das Erzählen an sich beginnen muss. Aus dieser Perspektive fällt mir als Erstes auf, dass sich Figurenrede auf drei klar unterscheidbaren Schienen bewegt: mit anderen reden, mit sich selbst reden und mit den Lesern/Zuschauern reden.

Diese drei Arten des Redens fasse ich unter dem Begriff »Dialog« zusammen, und zwar aus zwei Gründen: Erstens, weil Autoren ihre Rollen immer mit einer einzigartigen, figurenspezifischen Stimme personalisieren müssen, die sich im Text äußert, unabhängig davon, wann, wo und mit wem die betreffende Figur gerade spricht. Und zweitens, weil alles Reden, ob nun stumm oder verbal, ob im Kopf gedacht oder in die Welt hinaus gerufen, immer die nach außen gerichtete Umsetzung einer inneren Aktion ist. Alles Sprechen reagiert auf ein Bedürfnis, verfolgt einen Zweck und führt eine Aktion durch. So scheinbar vage und leichthin eine Äußerung auch sein mag, keine Figur spricht jemals grundlos, ohne ein Anliegen, mit jemanden, nicht einmal mit sich selbst. Darum müssen Schreibende jede Zeile ihrer Figurenrede mit einem Wunsch, einer Absicht und einer Aktion unterlegen. Aus dieser Aktion wird dann die sprachliche Taktik, die wir »Dialog« nennen.

Sehen wir uns die drei Dialog-Schienen einmal genauer an.

1. Mit anderen reden: Der korrekte Ausdruck für ein Gespräch mit zwei Beteiligten lautet Zwiegespräch (oder Duolog in meiner Terminologie). Drei Figuren im Gespräch miteinander bilden einen Trialog. Das Gespräch einer zwölfköpfigen Familie, die sich an Thanksgiving zusammenfindet, könnte man als Multilog bezeichnen, wenn es diesen Begriff gäbe.

2. Mit sich selbst reden: Drehbuchautoren verlangen nur selten Selbstgespräche von ihren Figuren, Bühnenautoren dafür umso häufiger. Was Prosaautoren angeht, so ist das innere Gespräch Gehalt und Grundlage ihrer Kunst. Prosa hat die Macht, in den Kopf der Figuren einzudringen und ihren inneren Konflikt auf die Gedankenlandschaft zu projizieren. Jedes Mal, wenn Autoren ihre Story aus der Ich- oder Du-Perspektive erzählen, gehört diese Stimme einer Figur. Prosa ist daher oft erfüllt von reflexiven Selbstgesprächen, die man als Leser sozusagen mithört.

3. Mit Lesern/Zuschauern reden. Im Theater erlauben die Konventionen des Monologs und des Beiseitesprechens den Figuren, sich direkt an das Publikum zu wenden und vertraulich mit ihm zu reden. In Film und Fernsehen platziert die Konvention diese Figur meist außerhalb des Bildes und lässt sie als Voiceover sprechen, hin und wieder wird die Figur aber auch veranlasst, sich direkt in die Kamera zu wenden. In der Prosa ist das der Kern der Ich-Erzählung: Eine Figur erzählt den Lesern ihre Geschichte, ihre Story.

Etymologisch geht das Wort »Dialog« auf zwei griechische Wortteile zurück: diá- in der Bedeutung »durch« und légein, das sich auf das »Sprechen« bezieht. Würde man beides direkt übersetzen, ergäbe sich das zusammengesetzte Substantiv »Durch-Sprechen« – eine Aktion, die durch Worte – im Gegensatz zu Taten – erfolgt. Jeder Satz, den eine Figur spricht, ob nun laut zu anderen oder leise zu sich, ist, in den Worten von J. L. Austin, ein Sprechakt: Worte, die eine Aktion durchführen.4

Etwas sagen heißt also etwas tun, und deshalb habe ich meine Neudefinition des Dialogbegriffs dahingehend erweitert, dass er jedes einzelne Wort, das eine Figur zu sich selbst, zu anderen oder zu den Lesern/Zuschauern sagt, als Aktion benennt, die ein Bedürfnis oder einen Wunsch befriedigt. In allen drei Fällen agiert die Figur verbal (im Gegensatz zu physisch), sobald sie spricht, und jede dieser Aktionen durch Sprechen bringt die Szene, in der sie auftritt, von einem Beat zum nächsten, während sie gleichzeitig die Figur dynamisch vorantreibt, sie der Erfüllung ihres Herzenswunsches näher bringt (positiv) oder weiter davon wegführt (negativ). Dialog als Aktion, das ist auch das Grundprinzip dieses Buches.

Dialoge können auf zweierlei Arten agieren: dramatisch oder narrativ.

Dialog

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