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Narrativer Dialog
ОглавлениеFilm- und Fernsehfiguren können ihre Dialoge auf zweierlei Weisen narrativ gestalten: entweder als Voiceover aus dem Off, das über die Bilder gelegt wird, oder als Monolog direkt in die Kamera.
Figuren, die aus dem Off von sich selbst erzählen, gehören seit den Anfängen des Tonfilms zum Inventar. Manchmal sprechen sie mit ruhiger, logischer und vertrauenswürdiger Stimme (How I Met Your Mother), manchmal zetern sie auch einfach hysterisch, irrational und unglaubwürdig los (Pi – System im Chaos). Manchmal geben sie verwirrenden Ereignissen einen Sinn (Memento), und manchmal bilden sie den Kontrapunkt zum Geschehen (The Big Lebowski). Einige Figuren offenbaren im dramatischen Dialog mit ihrem inneren Ich schmerzhaft ehrliche Gedanken (Adaption), andere verstecken ihr geheimes Ich hinter Ausreden und Rechtfertigungen (A Clockwork Orange), und wieder andere kommentieren ihre Zwangslage mit geistreichen Bemerkungen (My Name Is Earl).
Wenn eine Figur direkt in die Kamera schaut und uns etwas Geheimes, Persönliches zuflüstert, ist das meistens eine eigennützige Taktik, um uns auf ihre Seite zu ziehen (House of Cards). Seit Bob Hope wenden sich Comedians mit kurzen Sätzen und Blicken zur Kamera, um den Witz zu verstärken (It’s Garry Shandling’s Show). Und Woody Allen, der Größte von allen, setzt narrativen Dialog sowohl aus dem Off als auch vor der Kamera ein, um sich unsere Empathie zu sichern und Gags anzustacheln (Der Stadtneurotiker).
In Licht im Winter von Ingmar Bergman schickt eine Frau (gespielt von Ingrid Thulin) ihrem ehemaligen Liebhaber (Gunnar Björnstrand) einen Brief, in dem sie über seine Feigheit spricht und seine Unfähigkeit, sie zu lieben. Als der Mann zu lesen beginnt, schneidet Bergman auf das Gesicht der Frau in Nahaufnahme, und sie spricht den Brief, den Blick dabei direkt in die Kamera gerichtet, sechs Minuten lang. Bergmans subjektive Kameraführung führt uns direkt in die Fantasie des Ex-Liebhabers, so dass wir uns mit ihm und seinem Leiden identifizieren können, während er seine einstige Geliebte sprechen sieht und hört; zugleich lässt Ingrid Thulins Spiel mit der Kamera die intime Vertrautheit der beiden wieder aufflackern.