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VI.
Zusammengehen mit Oesterreich.
Dänischer Krieg. November 1863 bis Juli 1864.
ОглавлениеNach dem Ableben des Königs Friedrich VII. von Dänemark (15. November) schien mir der Augenblick gekommen, daß den Elb-Herzogtümern endlich zu ihrem Rechte verholfen werden könnte. Nun unternahm aber unsere Regierung gemeinschaftlich mit Oesterreich Schritte, welche die Anerkennung des Königs von Dänemark Christians IX. als Erben von Schleswig-Holstein voraussetzten. Bismarck war in den folgenden Tagen von diplomatischen Geschäften so in Anspruch genommen, daß ich nicht zum Vortrag gelangen konnte. Da er nun kürzlich betont hatte, wie großen Wert er darauf legte, daß die Ueberzeugung der Verwaltungsbeamten mit der ihres Chefs übereinstimmte, so trieb mich mein Gewissen, schriftlich vorzutragen, daß ich der Meinung sei, uns werde eine herrliche Gelegenheit geboten, an die Spitze der gewaltigen Bewegung der Geister in Deutschland dadurch zu treten, daß wir für das Recht des Herzogs von Augustenburg Krieg führten, um die Herzogtümer vom dänischen Joche zu befreien. Wenn ihm diese Ansicht mißfalle, so sei ich bereit, wieder in die Provinz zurückzukehren, und würde dabei keine persönliche Mißempfindung zu überwinden haben.
Diese Gedanken entwickelte ein Schreiben, das ich am Sonnabend, dem 28. November, in das Arbeitszimmer des Ministers tragen ließ.
Am Abend des folgenden Sonntags wurde mein Gruß von der Hausfrau kaum erwidert; ich unterhielt mich daher nur mit einigen Gästen.
Am Montag früh ließ Bismarck mich rufen. Die anderen Minister waren schon zu einer „vertraulichen Besprechung“ mit ihm in dem sogenannten chinesischen Saal versammelt, welcher auf der Straßenseite des Hauses unmittelbar vor seinem Arbeitszimmer lag. Um in dieses einzutreten, mußte ich daher bei den Herren Ministern vorbeigehen.
Er begann mit gedämpfter Stimme, aber in sichtlicher Erregung:
„Sagen Sie ’mal, weshalb haben Sie mir eigentlich diesen Brief geschrieben? Wenn Sie glaubten, auf meine Entschließungen einwirken zu können, so müßte ich sagen, das wäre Ihren Lebensjahren nicht angemessen.
„Es kann ja ganz ehrenvoll sein, für eine gute Sache unterzugehen, aber besser ist es doch, sich so einzurichten, daß man die Möglichkeit hat, zu siegen.
„In der polnischen Sache war das ganze Ministerium gegen mich; man beschwor mich, es anders zu machen, um des Heiles meiner Kinder willen; nachher waren sie alle mit dem Erfolg zufrieden. Jetzt ist die ganze politische Abteilung wieder augustenburgisch; das stört mich nicht. Aber daß Sie, der Sie mich so lange und so gut kennen, denken, ich wäre in diese große Sache hineingegangen wie ein Fähnrich, ohne mir den Weg klarzumachen, den ich vor Gott verantworten kann, das vertrage ich nicht, das hat mir den Schlaf zweier Nächte gestört. Sie zu entlassen, liegt ja gar kein Anlaß vor. Ich habe Ihnen nur zeigen wollen, wie die Kugel sitzt, die Sie mir in die Brust geschossen haben.“
Von den letzten Worten erschüttert, sagte ich sogleich:
„Es ist mir nicht in den Sinn gekommen, daß mein Brief Ihnen wehthun könnte. Bitte, geben Sie ihn mir zurück; es thut mir sehr leid, ihn geschrieben zu haben. Ich bitte von ganzem Herzen um Verzeihung.“
Er gab mir den Brief mit den Worten:
„Danke. Nun ist alles weggewischt und Sie können sicher sein, daß keine unangenehme Erinnerung bei mir „haken“ bleibt. Aber wenn Sie wieder einmal anderer Ansicht sind, so schreiben Sie nicht, sondern reden Sie.“
Ich entfernte mich eilig durch die Mitte der Herren Minister und kam nach kurzer Ueberlegung des Gehörten auf eine Lösung des Rätsels der augenblicklichen Politik: Wenn wir allein gegen den Willen der andern vier Großmächte vorgingen, so konnte dieser Weg zum Untergange führen; handelten wir aber gemeinschaftlich mit einer zweiten Großmacht, so würden vermutlich die drei andern Bedenken tragen, thätig einzugreifen. Schon diese Erwägung verbot thätige Unterstützung der augustenburgischen Ansprüche. Einen andern Beweggrund der Regierungspolitik sollte ich in der Neujahrsnacht erfahren.
Am Abend sagte Frau von Bismarck in Gegenwart anderer Personen:
„Eine reizende Eigenschaft von Otto ist, daß er gar nicht nachträgt. Wenn eine Meinungsverschiedenheit befriedigend ausgeglichen ist, so bleibt kein Schatten von Groll, ja kaum eine Erinnerung an den Streit in ihm zurück.“
Drei Tage später erklärte Bismarck im Abgeordnetenhause, nur der von den Großmächten mit Dänemark 1852 in London geschlossene Vertrag gäbe uns ein Recht, im Herzogtum Schleswig mitzusprechen, welches nicht zum Deutschen Bunde gehörte; nur durch diesen Vertrag seien wir berechtigt – wie es von uns in Gemeinschaft mit Oesterreich seit Monaten geschehe –, zu fordern, daß Dänemark die gegen die Herzogtümer übernommenen Verpflichtungen erfülle. Jetzt werde namentlich die Aufhebung des kürzlich dort erlassenen Gesetzes über die Verfassung des Gesamtstaates nachdrücklich gefordert.
Ich darf hier einschalten, daß dem Londoner Vertrage zwei Reihen von Verhandlungen vorangegangen waren, deren befriedigende Abschlüsse erst Preußens und Oesterreichs Zustimmung zu jenem Vertrage möglich machten.
Nach mehrjährigem, namentlich von österreichischer Seite mit Nachdruck geführten Schriftwechsel übernahm die dänische Regierung durch Note vom 29. Januar 1852 die Verpflichtung, Schleswig nicht zu „inkorporieren“.
Der Herzog Christian von Augustenburg aber, dessen Erbansprüche auf Schleswig-Holstein der von Dänemark gewünschten Regelung der Thronfolge hinderlich waren, versprach (am 23. April) für sich und seine Familie, nichts gegen die dereinstige Herrschaft des Prinzen von Glücksburg in den Herzogtümern zu unternehmen.
Angesichts dieser Thatsachen unterzeichneten die Vertreter der Großmächte am 8. Mai 1852 in London ein Protokoll, worin sie unter Bezeichnung des Prinzips der Integrität Dänemarks als eines europäischen Bedürfnisses den Prinzen von Glücksburg als dänischen Thronfolger anerkannten. Diese Erklärungen wurden überdies in Verträgen niedergelegt, welche jede der Mächte mit Dänemark abschloß.
Das Ziel der Einverleibung Schleswigs hatten aber seit Jahrzehnten die in Kopenhagen einflußreichsten Politiker, die sog. Eiderdänen15, angestrebt; und man ging trotz der Londoner Verträge auf diesem Wege rücksichtslos weiter. Die deutsche Bevölkerung in Schleswig wurde durch schwer erträgliche Maßregeln gequält, und 1858 wurde Schleswig faktisch mit den rein dänischen Landesteilen vereinigt.
Der Uebermut der Eiderdänen steigerte sich nach der Berufung Bismarcks zum Ministerpräsidenten, da man sich erinnerte, wie er als Landtagsabgeordneter im Jahre 1849 die Unterstützung der schleswig-holsteinischen Erhebung durch „königlich preußische Truppen“ verurteilt hatte. So eilten sie, auch durch vielfache englische Sympathiekundgebungen getäuscht, ihrem Verhängnisse entgegen.
Nach vorbereitenden Schritten kam es im November 1863 zu gesetzlicher Feststellung einer Gesamtstaatsverfassung, welche Schleswig vollständig inkorporierte und Holsteins Rechte ignorierte. Dieselbe sollte am 1. Januar 1864 in Kraft treten.
Gegen diesen flagranten Bruch der übernommenen Verpflichtungen konnte auf zwei Wegen Ausgleichung gesucht werden.
Man konnte den Londoner Vertrag für hinfällig erklären und ohne einen speziellen Rechtstitel gegen Dänemark Krieg wegen Schleswig führen, mit der Gewißheit, dadurch alle Großmächte herauszufordern, welche 1852 Dänemarks Integrität für ein europäisches Bedürfnis erklärt hatten.
Oder man konnte unter Berufung auf den Vertrag dessen Erfüllung von dänischer Seite fordern und nötigenfalls durch Krieg erzwingen, was eine natürliche Lösung des Vertrages in Aussicht stellte.
Dieser ohne Verletzung des bestehenden Völkerrechts allein gangbare Weg schien aber unseren Abgeordneten zu lang und zu unsicher. Sogar Sybel charakterisierte diese Politik als eine „selbstmörderische“. Das Haus beschloß in einer Adresse an den König zu erklären, die Ehre und das Interesse Deutschlands erfordere die Anerkennung und Unterstützung des Erbprinzen von Augustenburg als Herzog von Schleswig-Holstein.
* * *
In der Neujahrsnacht kamen zu Bismarcks außer mir nur Verwandte. In dem auf der Straßenseite des Hauses vor dem chinesischen Saale gelegenen Eßzimmer stand der Weihnachtsbaum, eine stattliche Tanne, von der der Weihnachtsschmuck entfernt war. Bismarck nahm einen Hirschfänger, trennte damit nach und nach die Zweige vom Stamme, warf sie einen nach dem andern in den Kamin und freute sich mit der Jugend am Prasseln der Tannennadeln. Währenddessen bereitete die gütige Hausfrau mit eigentümlicher Anmut den Silvesterpunsch und setzte die Bowle nahe dem Kamin auf einen kleinen Tisch, an welchem neben Bismarck und seinem Schwager (Arnim) auch ich einen Platz erhielt. Der Minister prüfte den Punsch und sagte dann, zu seinem Schwager gewendet, in ruhigem Tone:
„Die ‚up ewig Ungedeelten‘16 müssen einmal Preußen werden. Das ist das Ziel, nach dem ich steuere; ob ich es erreiche, steht in Gottes Hand. Aber ich könnte nicht verantworten, preußisches Blut vergießen zu lassen, um einen neuen Mittelstaat zu schaffen, der am Bunde mit den andern immer gegen uns stimmen würde.“
„Der Erbprinz von Augustenburg, den jetzt die öffentliche Meinung in Deutschland protegiert, hat gar kein Successionsrecht17. Die Entsagung des Vaters zu seinen Gunsten ist ohne rechtliche Wirkung, da der Vater seit 1852 selbst kein Recht mehr hatte. Wegen seiner Parteinahme gegen Dänemark in den Kriegen von 1848‒50 dachte man in Kopenhagen daran, seine schleswigschen Güter zu konfiszieren. Erst infolge unserer Vermittelung wurden ihm die Güter für 2 ½ Millionen dänischer Thaler unter der Bedingung abgekauft, daß er für sich und seine Familie allen Successionsansprüchen auf Schleswig-Holstein entsagte. Wie das geschah, weiß niemand genauer als ich, da ich die Verhandlungen mit ihm in Frankfurt zu führen hatte. Das viele Geld wurde bei mir auf der Gesandtschaft deponiert. Nach einigen Wochen hatte ich das ganz vergessen und suchte in einem für gewöhnlich verschlossen gehaltenen Schrank nach einem Aktenstück. Da fand ich zu meiner Ueberraschung die dänischen Millionen wohlverpackt unter alten Akten begraben. Welcher Leichtsinn, dachte ich; aber nach längerem Ueberlegen fand ich doch nichts Klügeres, als sie wieder unter die reponierten Akten zu legen, die ja keine angreif’sche Ware sind. Dort blieb das Geld bis zur Auszahlung.
„Ein besonderes Glück ist, daß man in Wien auch nicht an den Augustenburger glaubt. Graf Rechberg, der mein Kollege in Frankfurt war, kennt die Sache ganz genau. Er ist auch der Meinung, daß nur der Londoner Vertrag uns berechtigt, die Dänen zur Erfüllung ihrer darin für Schleswig übernommenen Verpflichtungen anzuhalten. Rechberg ist seiner Natur nach konservativ. Die übereilten Anerkennungen des Erbprinzen als Herzog vonseiten Koburgs, Badens, des Nationalvereins und aller demokratischen Elemente in Deutschland haben ihn geärgert. Für die Mittelstaaten hat er seit dem gänzlichen Mißlingen des Fürstentag-Projektes nichts übrig. Neuerlich hat er auch die unruhigen Bemühungen des bayrischen Gesandten am Bundestage für den Augustenburger übel vermerkt. Kurz, wir sind bis jetzt ein Herz und eine Seele. Wie lange es später zusammengehen wird, weiß ich nicht, aber der Anfang ist gut; und die Halsstarrigkeit der Dänen wird uns wahrscheinlich schaffen, was wir brauchen, nämlich den Kriegsfall.“
Es war dies das erste und letzte Mal, daß ich den Minister im Familienkreise ausführlich über die auswärtige Politik habe sprechen hören. Gewöhnlich suchte er im Salon die Tagesfragen zu vergessen und sich durch Unterhaltung über andre Dinge zu erfrischen. An jenem Silvesterabende aber schien es ihm Vergnügen zu machen, zweien Zuhörern, deren begeisterter Zustimmung er gewiß sein konnte, das Endziel seiner augenblicklichen Aktion zu enthüllen.
In derselben Woche18 fand in Gegenwart des Königs und des Kronprinzen eine Sitzung des Staatsministeriums statt, in welcher Bismarck die Annexion der Elbherzogtümer als das wünschenswerte Ziel der einzuleitenden Unternehmungen hinstellte. Irgendeine zustimmende Aeußerung wurde aber nicht laut.
Das Geheimnis dieser amtlichen Erklärung wurde nicht völlig bewahrt. Auf einem Balle im königlichen Schlosse erzählte mir eine gefeierte Dame, ein früherer Minister der auswärtigen Angelegenheiten habe ihr soeben gesagt: „An die Möglichkeit der Annexion von Schleswig-Holstein werden Sie doch nicht glauben! Das ist ja barer Unsinn.“ Baron Schleinitz galt als ein Gegner Bismarcks. Aber auch ein als begeisterter Verehrer bekannter hoher Beamter sagte mir unter vier Augen: „So etwas ist ja in unserer Zeit nicht ausführbar; es bekümmert mich, daß der Ministerpräsident daran denkt.“
Vermutlich drang die Kunde von diesem Zukunftsprogramm Bismarcks auch nach Wien und an andere Höfe, nicht aber, soviel ich weiß, in das Abgeordnetenhaus.
Dänemark beantwortete das preußisch-österreichische Ultimatum wegen Aufhebung der Gesamtstaatsverfassung am 2. Januar, wie vorausgesehen war, mit einer entschiedenen Ablehnung. Als es sich nun darum handelte, die Erfüllung der nach der Zusage von 1852 vollberechtigten, seit zwölf Jahren vergeblich gestellten Forderungen militärisch zu erzwingen, war eine spezielle Uebereinkunft mit Oesterreich erforderlich. Graf Rechberg schlug vor, darin zu erwähnen, daß man sich von dem Prinzip der Integrität der dänischen Monarchie nur unter beiderseitigem Einverständnis lossagen würde. Also Personalunion der Herzogtümer mit Dänemark, nach Erfüllung der vertragsmäßigen dänischen Verpflichtungen, schwebte ihm vor als der höchste im Kriege zu erringende Siegespreis.
Bismarck aber lehnte auf Befehl des Königs entschieden ab, in Bezug auf die zukünftigen Verhältnisse der Herzogtümer eine andere Verpflichtung zu übernehmen, als die, daß darüber nur in gemeinsamem Einverständnisse Preußens und Oesterreichs verfügt werden sollte.
Rechberg gab nach; der erste Schritt auf einem für Oesterreich verhängnisvollen Wege. Am 16. Januar wurde das preußisch-österreichische Bündnis abgeschlossen.
Inzwischen waren sächsische und hannövrische Truppen im Auftrage des Deutschen Bundes am 24. Dezember in Holstein eingerückt, ohne Widerstand von dänischer Seite zu finden. Zwei Kommissare des Bundes übernahmen in Kiel die oberste Civilverwaltung. Unmittelbar nach dem Abzuge der dänischen Truppen bildeten sich im Lande zahlreiche Vereine, welche den Erbprinzen von Augustenburg als Herzog proklamierten.
Derselbe ließ sich bewegen, am Jahresschlusse von Koburg nach Kiel zu reisen. In seiner Begleitung befanden sich die von ihm für Ministerposten in Aussicht genommenen Männer. Diese traten mit den Bundeskommissaren in vertrauliche Beziehungen und ihre Ratschläge fanden gewöhnlich günstige Aufnahme.
Eine „Landesregierung“ wurde für Holstein gebildet und in ihren sechs Mitgliedern wie auch in den ihr untergebenen Behörden fast ausschließlich augustenburgisch gesinnte Beamte angestellt. Die beiden Bundeskommissare beschränkten sich auf eine milde Oberaufsicht.
Diese thatsächliche Befestigung des augustenburgischen Einflusses machte die Bundesverwaltung populär in ganz Mittel- und Süddeutschland.
Der Bund lehnte jedoch den preußisch-österreichischen Antrag ab, die Bundesexekution auf Schleswig auszudehnen. Dadurch kamen Preußen und Oesterreich in die Lage, den Schutz der Deutschen in Schleswig als europäische Großmächte selbständig zu erzwingen.
Als dieser Beschluß der beiden Mächte bekannt wurde, wäre wohl bei unbefangenen Landsleuten freudige Dankbarkeit natürlich gewesen; aber dieumgekehrte Wirkung trat ein. Stürme der Entrüstung tobten durch die Bevölkerungen der Mittelstaaten mit solchem Getöse, daß man in Wien geraten fand, die kaiserlichen Truppen nicht durch Bayern oder Sachsen, sondern durch Schlesien nach dem Norden zu dirigieren.
* * *
Auch die große Mehrheit des preußischen Abgeordnetenhauses war von tiefem Mißtrauen gegen die preußisch-österreichische Politik erfüllt und überdies natürlich durch den Verfassungskonflikt erbittert. Im Dezember und im Januar wurden die für den preußischen Anteil an den Kosten der Bundesexekution sowie die für den Krieg gegen Dänemark geforderten Anleihebewilligungen abgelehnt.
Der Berichterstatter der Kommission (Aßmann) sagte (am 21. Januar) u. a., es sei rühmlicher für Preußen, nichts zu thun, als ein Verbrechen zu begehen … Ohnmacht sei dem Selbstmorde vorzuziehen.
Virchow meinte, Bismarck habe vielleicht, als er das Ministerium übernahm, beabsichtigt, eine von der Kreuzzeitungspartei unabhängige Politik zu machen, dann aber sich von Tag zu Tage mehr jener Richtung genähert. Jetzt sei er „dem Bösen verfallen und werde nicht mehr von ihm loskommen“.
… Die Mittel des Landes dürften „nicht nutzlos vergeudet werden im Interesse der Tyrannei“.
Bismarck hielt in den beiden Tagen dieser Verhandlungen vier bedeutsame Reden, von denen ich zwei kurze Bruchstücke hier anführen möchte. Auf einen Angriff des Grafen Schwerin entgegnete er:
„Der Herr Vorredner hat als Motiv unserer Handlungsweise die Furcht vor der Demokratie und Furcht vor dem Auslande der Regierung untergeschoben. Ich glaube, der Herr Redner kennt mich lange genug, um zu wissen, daß ich Furcht vor der Demokratie nicht kenne. Hätte ich diese, so stände ich nicht an diesem Platze oder würde das Spiel verloren geben … Ich fürchte diesen Gegner nicht, ich hoffe sicher, ihn zu besiegen; ich glaube, das Gefühl, daß es so kommen werde, ist Ihnen nicht mehr ganz fern.
Was dagegen die Furcht vor dem Auslande betrifft, so bestreite ich die Richtigkeit des Ausdrucks. Man kann Vorsicht Furcht, man kann Mut Leichtfertigkeit nennen. Der Mut nimmt meines Erachtens diesen Charakter an, wenn man einer Regierung, die für das Schicksal eines großen Landes verantwortlich ist, zumutet, wie mir das in der Kommission vonseiten des Herren Referenten geschehen ist, auch gegen die erdrückendste Uebermacht, die sich von Hause aus herausstellt, Preußen zu den Waffen greifen zu lassen. Meine Herren! Das kann eine Regierung nicht; das kann der Einzelne, der entschlossen ist, seine Person daran zu setzen. Eine Regierung hat nicht das Recht, das Land, dessen Schicksal ihr anvertraut ist, gegen eine von Hause aus erdrückende Uebermacht ohne Not ins Feld zu führen.“
In Bezug auf den Kommissionsbericht bemerkte er u. a. Folgendes:
„Das Hauptmotiv, weshalb Sie ablehnen werden, ist der Mangel an Vertrauen zu dem jetzigen Ministerium; darin konzentriert sich alles, das ist der Brennpunkt Ihrer ganzen Argumentation. Ich habe mich deshalb gefragt: Was müßten wir – was müßte ein preußisches Ministerium thun, um Ihr Vertrauen zu erwerben? … Es müßte sich von der Verfassung lossagen, indem es die Hand dazu böte, die Alleinherrschaft dieses Hauses in Preußen herzustellen, indem es die Hand dazu böte, der Fortdauer der Auflehnung der Krone gegen die Herrschaft dieses Hauses den Boden zu entziehen durch Verweigerung seiner Kontrasignatur.“
„Sie haben sich in dem vorliegenden Bericht, meine Herren, mit einer Deutlichkeit darüber ausgesprochen, daß ich glaube, Sie werden heute nicht mehr in der Lage sein, einer Aeußerung gegenüber, die ich etwa vor einem Jahre an dieser Stelle gethan habe, nämlich, daß es sich hier um einen Kampf handelt über die Herrschaft in Preußen zwischen dem Hause der Hohenzollern und dem Hause der Abgeordneten – eine Aeußerung, die damals mit einem Rufe des Staunens, der mißbilligenden Kritik, empfangen wurde –, ich glaube, Sie werden heute diese Mißbilligung nicht mehr aussprechen können, sondern sich offen zu Ihren Thaten bekennen.“
„Ich gehe, um meine Behauptungen zu belegen, einige Stellen Ihres Berichtes durch, da ich wohl annehmen darf, daß Sie mit der Annahme des Antrages auch den Bericht Ihrer Kommission sich aneignen werden.“
„Nach der Verfassung steht Seiner Majestät dem Könige das Recht über Krieg und Frieden zu, steht Seiner Majestät dem Könige das Recht zu, seine Minister zu wählen, sowie die ganze Exekutivgewalt zu. Wie fassen Sie diese Bestimmungen nun auf? Sie sagen auf Seite 5, es liege Ihnen die Besorgnis nahe, daß die Richtung der Regierung den in der Resolution vom 2. Dezember ausgesprochenen Intentionen des Abgeordnetenhauses zuwiderlaufen könne. Das darf also nach Ihrer Meinung nicht sein, das darf sich die Krone nicht erlauben, daß sie eigene Intentionen hat in Bezug auf auswärtige Politik, die den Ihrigen zuwiderlaufen.“
„Seite 6 verlangen Sie, daß die Regierung des Königs nicht bloß den Willen habe, das Recht und die Ehre des Landes zu schützen, sondern auch die Maßregeln, welche im gegebenen Falle zur Lösung dieser Aufgabe erforderlich sind, der Erwägung des Abgeordnetenhauses entsprechend auswähle. Hier trifft also der Eingriff in die Exekutive nicht nur ihre Gesamtrichtung, sondern auch die Details in den einzelnen Maßregeln. Sie setzen sich ein, meine Herren, als den diplomatischen Hofkriegsrat, von dessen Zustimmung die Aktion der Krone abhängt, dessen Genehmigung die Regierung selbst für die einzelnen Maßregeln in jedem gegebenen Falle notwendig bedarf, wenn sie handeln will.“
„Seite 7 machen Sie das Recht der Krone über Krieg und Frieden in dürren Worten von Ihrem Votum abhängig; die Argumentation, wie Sie dazu kommen, kann jeder selbst nachlesen.“
„Seite 8 sprechen Sie den Entschluß aus, die Regierung zur Aktion zu veranlassen. Das überschreitet an sich Ihren verfassungsmäßigen Beruf. Aber Sie fügen ausdrücklich hinzu: zu einer Aktion nicht nach dem Ermessen der Exekutivgewalt, sondern zu einer von Ihnen bestimmten Aktion, deren Ziele klar von Ihnen vorgeschrieben werden. Nun, wenn es irgendeinen Anspruch gibt, der Krone die ihr verfassungsmäßig zustehenden Rechte der Exekutive aus den Händen zu winden, so ist er in diesen Worten so klar ausgesprochen, wie es irgend sein kann.“ …
… „Sie fordern auf Seite 15, daß der König auf Ihr Geheiß einen Eroberungskrieg führe, um Schleswig für den Herzog von Augustenburg zu gewinnen. Mit einem Worte, meine Herren, wenn man Ihr Vertrauen erwerben soll, so muß man sich Ihnen in einer Weise hingeben, wie es für die Minister des Königs von Preußen nicht möglich ist. Wir würden dann nicht königliche Minister, wir würden Parlamentsminister, wir würden Ihre Minister sein, und dazu, das hoffe ich zu Gott, werden wir nicht kommen.“
… „Meine Herren! Sie widersprechen durch Ihr Verhalten nicht nur der Verfassung, sondern auch den Traditionen und der Geschichte, Sie widersprechen dem Volksgeist Preußens. Der Volksgeist Preußens ist durch und durch monarchisch, Gott sei Dank! Und dabei wird es auch trotz Ihrer Aufklärung, die ich Verwirrung der Begriffe nenne, bleiben. Sie widersprechen den ruhmvollen Traditionen unserer Vergangenheit, indem Sie die Stellung, die Großmachtsstellung Preußens, welche durch schwere Opfer an Gut und Blut des Volkes erkämpft wurde, desavouieren und damit der glorreichen Vergangenheit des Landes, indem Sie in einer Machtfrage zwischen der Demokratie und den kleinen Staaten auf der einen und dem preußischen Thron auf der andern Seite, für die erstgenannte Seite Partei nehmen. Indem Sie auf diese Weise dahin streben, Preußen unter eine Bundesmajorität zu mediatisieren, thun Sie, was Sie uns toto die vorwerfen. Sie setzen den Parteistandpunkt über die Interessen des Landes; Sie sagen: ‚Preußen mag bestehen, wie wir es wollen, oder, wenn nicht, so mag es zu Grunde gehen.‘ Sie fühlen – und gerade diese Resolution19 beweist es mir mehr als jedes andere – Sie fühlen und denken nicht wie das preußische Volk.“ …
… „Meine Herren! Fühlte das preußische Volk, wie Sie, so müßte man einfach sagen, der preußische Staat habe sich überlebt und die Zeit sei gekommen, wo er anderen historischen Gebilden Platz zu machen habe. So weit sind wir aber noch nicht. Ich erinnere Sie an eine Anekdote, die in früheren Zeiten bei der Grundsteuerverhandlung in diesen Räumen häufig citiert wurde. Es ist das Schreiben König Friedrich Wilhelms I. an ein Mitglied der ostpreußischen Stände bei Einführung der Grundsteuer. Er sagt darin, wenn ich mich der Worte richtig erinnere:
„Was ich ruiniere, das ist das nie pozwalam20 der Junker; Ich etabliere die souveraineté comme un rocher de bronze.“
Meine Herren! Der rocher de bronze steht noch heute fest; er bildet das Fundament der preußischen Geschichte, des preußischen Ruhms, der preußischen Großmacht und des verfassungsmäßigen Königtums. Diesen ehernen Felsen werden Sie nicht zu erschüttern vermögen durch Ihren Nationalverein, durch Ihre Resolution und durch Ihr liberum Veto!“
Die Ablehnung der Anleihe wurde mit 275 gegen 51 Stimmen beschlossen, die Resolution Schulze aber angenommen.
Das vom Kriegsminister vorgelegte Wehrdienstgesetz zogen die Abgeordneten gar nicht in Beratung und strichen, ebenso wie das frühere Haus im Jahre 1862, die durch die Heeresreform verursachten Kosten im Etat.
Infolgedessen wurde das Etatsgesetz vom Herrenhause wieder verworfen und der Landtag am 25. Januar geschlossen.
* * *
Einen Aufschub der Feindseligkeiten zu erreichen, bemühten sich die Westmächte vergeblich. Kaiser Napoleon verhielt sich ablehnend gegenüber wiederholten Anträgen Englands auf gemeinschaftliche materielle Unterstützung Dänemarks. Infolgedessen ging auch England über die Linie moralischen Beistandes nicht hinaus.
Am 1. Februar überschritten die verbündeten Truppen die Eider. Nach mehreren Gefechten mit den tapferen, aber an Zahl schwächeren und militärisch weniger durchgebildeten Feinden, Gefechten, bei denen die österreichischen Truppen sich vorzüglich zu bewähren Gelegenheit hatten, kam man bis an die Grenze Jütlands. Hier aber wurde durch den König Halt geboten, weil man in Oesterreich besorgte, durch Ueberschreiten der schleswigschen Grenze die Westmächte zu thätigem Eingreifen zu reizen. General Edwin Manteuffel ging, von Bismarck mit ausführlichen Instruktionen versehen, in königlicher Spezialmission nach Wien. In mehrtägigen Verhandlungen gelang es ihm, die obwaltenden Bedenken abzuschwächen. Er vermochte der Ansicht Geltung zu verschaffen, daß es zu schneller Beendigung des Krieges unerläßlich sei, dem Feinde die aus dem weiten jütländischen Gebiete fließenden Hilfsquellen zu verschließen.
Demnach wurde im März trotz tapferster Gegenwehr der Dänen der größte Teil Jütlands besetzt, im April aber die an der Ostküste Schleswigs belegene stark befestigte Stellung von Düppel nach mehrwöchentlicher Belagerung erstürmt.
* * *
Der König fuhr am 21. April nach Flensburg, um die siegreichen Truppen zu begrüßen. Bismarck folgte ihm wegen eines eiligen Vortrages am 22. und nahm mich mit.
Heller Sonnenschein lag auf der bräunlichen Heide, über welche der Zug von Schleswig nach Flensburg fuhr. Bismarck ließ während der ganzen Fahrt die Cigarre nicht ausgehen und sprach im Ganzen wenig. Einmal aber sagte er halblaut:
„Es ist nicht leicht zu begreifen, weshalb eigentlich die Oesterreicher mit uns hierhergekommen sind, wo sie doch nicht bleiben können. Diplomatisch waren sie allerdings seit Jahren gegen Dänemark engagiert; sie haben es mehrere Male nachdrücklich aufgefordert, den Londoner Vertrag zu erfüllen. Aber das militärische Zwangsverfahren hätten sie uns allein überlassen können. Vielleicht ist es dem Kaiser ganz erwünscht gewesen, einem Teil seiner Truppen eine gute Gelegenheit zu geben, sich in einem Winterfeldzug als kriegstüchtig zu bewähren. Vielleicht hat der hohe Herr auch Vertrauen zu unsrer konservativen Politik; ich kann mir nicht denken, daß das parlamentarische Getreide der Mittelstaaten ihm sympathisch ist. Das Hauptmotiv aber des österreichischen Mitgehens wird wohl die Besorgnis gewesen sein, daß wir in Deutschland zu mächtig werden würden, wenn wir allein die dänische Sache zum Austrage brächten. Unsere Stellung den Mächten gegenüber wäre freilich schwierig geworden, wenn wir allein die Campagne übernahmen. Zur Vermeidung von Interventionsversuchen war es von großem Wert, daß österreichische Truppen mit den unsern marschierten. Aber es war schwer zu erreichen, daß sie nach Jütland hineingehen durften – Edwin hat sich da mit Ruhm bedeckt – und solche Schwierigkeiten können bei jedem weiteren Schritte wiederkommen. Bis jetzt haben wir unsere Bundesgenossen wie an einem dünnen Faden mit uns gezogen; aber der Faden kann auch einmal reißen.“
In Flensburg wurde übernachtet bei einem liebenswürdigen Rechtsanwalt Namens Schulz, der dem Minister sehr gut gefiel.
Am andern Morgen besuchten wir die Schanzen auf der Höhe von Düppel, deren Böschungen im Süden nach einer breiten Meeresbucht, im Osten nach dem Alsensund sanft abfallen. Bekannte Offiziere berichteten über die in drei Stunden vollbrachte Erstürmung aller Festungswerke.
Zwei Thaten Einzelner schienen dem Minister besonders denkwürdig.
Der Pionier Klincke hatte, um in dem Palissadenwalle eine Oeffnung zu schaffen, durch Anzünden eines Pulversackes sich selbst mit einigen Palissaden in die Luft gesprengt.
Hauptmann Stöphasius vom Magdeburgischen Artillerieregiment war so schnell in eine große Mine eingedrungen, daß er dem dänischen Feuerwerker, der gerade das Pulver entzünden wollte, die Lunte entreißen konnte.
Alle Eindrücke, die Bismarck bei Flensburg aus militärischen Kreisen erhielt, erfrischten ihn und bestärken seinen Glauben, daß die seit 1860 in der Armee eingeführten Verbesserungen schon in diesen wenigen Jahren die Leistungsfähigkeit der organisierten Truppenkörper wie des einzelnen Mannes bedeutend erhöht hätten.
Im Gefolge des Königs kehrten wir am Abend des 23. zurück.
* * *
In Berlin war nach dem ersten Kanonenschuß ein Umschwung der Stimmung eingetreten. Man nahm lebhaften Anteil an den Leistungen unserer und der österreichischen Regimenter, die in Schnee und Eis biwakierten, als wären sie das immer gewöhnt gewesen, und die bei berechtigtem Selbstgefühl auch den Freunden ihre glänzenden Erfolge neidlos gönnten. Die Nachrichten von Düppel zumal riefen in der ganzen Stadt freudige Erregung hervor.
Als Abendgäste im bismarckschen Hause erschienen nach der Jahreswende auch öfters einige der Legationssekretäre, die, aus dem Auslande zurückgekehrt, eine Zeit lang im Ministerium beschäftigt werden sollten. Es waren dies: Graf Wesdehlen, Graf Limburg-Stirum, Herr von Holstein und Graf Heinrich Keyserling. Der Charakter des eigentümlich anmutenden Salons blieb jedoch immer derselbe; es schien, als sei man in einem großen Landhause versammelt.
* * *
Bald nach der Einnahme von Düppel wurde eine nach London zu Friedensvermittlungsversuchen einberufene Konferenz eröffnet. Vertreten waren dort die Großmächte, der Deutsche Bund, Dänemark und Schweden. Ein Waffenstillstand wurde vereinbart, welcher vom 12. Mai bis zum 26. Juni gedauert hat.
Preußen und Oesterreich erklärten, die einzige sichere Grundlage eines dauerhaften Friedens würde in politischer Trennung der Herzogtümer von Dänemark zu finden sein. Die dänischen Bevollmächtigten aber verwarfen sofort diese Lösung auch für den Fall, daß dem König Christian IX. die Landeshoheit in den Herzogtümern zugedacht wäre.
Durch diese Erklärung wurde das Ziel der österreichischen Aktion, nämlich die Personalunion der Herzogtümer mit Dänemark (durch den Träger der dänischen Krone), endgültig beseitigt. Man forderte daher die deutschen Mächte zu anderen Vorschlägen auf.
Bismarck stellte nun in einer merkwürdigen, nach Wien gerichteten Depesche drei andere Lösungen zur Wahl, obwohl er natürlich voraussah, daß jede derselben von Dänemark ebenfalls abgelehnt werden würde, nämlich: Einsetzung des Erbprinzen von Augustenburg, oder des Großherzogs von Oldenburg, welcher ebenfalls Erbansprüche angemeldet hatte, als Herzog oder preußische Annexion der Herzogtümer.
Für diese letztere Lösung waren in jüngster Zeit sowohl in Preußen als in der Ritterschaft der Herzogtümer gewichtige Stimmen öffentlich eingetreten; doch erklärte Bismarck sich weit davon entfernt, durch Bestrebungen in dieser Richtung europäische Verwickelungen hervorrufen oder das Einverständnis mit Oesterreich gefährden zu wollen.
Rechberg gab sofort seine Zustimmung zu dem ersten dieser Vorschläge zu erkennen, und so wurde denn merkwürdigerweise am 28. Mai in London als die am leichtesten ausführbare Lösung die Einsetzung des Erbprinzen von Augustenburg als Herzog von Schleswig-Holstein bezeichnet. Aber nicht nur Dänemark, sondern auch Rußland und die Westmächte lehnten diesen Vorschlag mit aller Entschiedenheit ab. In einer späteren Sitzung teilte der russische Bevollmächtigte mit, daß der Kaiser Alexander die Erbansprüche des Hauses Gottorp auf Teile von Schleswig-Holstein an den Großherzog von Oldenburg abgetreten habe.
Es wurden nun auf der Konferenz noch verschiedene Anträge von englischer, französischer und preußischer Seite gestellt: wegen einer Teilung Schleswigs in deutsche und dänische Distrikte, wegen bezüglicher Befragung der Bevölkerungen, wegen Vermittelung einer unparteiischen Macht in Bezug auf die Grenzlinie und wegen Verlängerung des Waffenstillstandes. Alle diese von deutscher Seite angenommenen Vorschläge wurden jedoch von Dänemark abgelehnt, welches immer noch auf materielle Unterstützung durch England hoffte.
Die Konferenz blieb daher resultatlos und wurde am 25. Juni geschlossen.
Eine nach wenigen Tagen folgende Besprechung des Krieges im englischen Parlament vernichtete die Hoffnung der Dänen auf fremden Beistand.
* * *
Bald nach Oesterreichs Erklärung zu Gunsten des Erbprinzen von Augustenburg hatte Bismarck sich mit demselben in Verbindung gesetzt, um zu erfahren, wie weit er geneigt sein würde, durch Konzessionen in Bezug auf Land- und Seewehr den preußischen und den allgemeinen deutschen Interessen entgegenzukommen. Es schien natürlich, daß ein selbständiger Herzog von Schleswig-Holstein Angriffen von Norden her in jeder europäischen Krise ausgesetzt sein und daß deren Abwehr vornehmlich Preußen zur Last fallen würde. Bismarck war daher entschlossen, die Einsetzung eines Landesherrn in den Herzogtümern nur unter der Bedingung zu gestatten, daß derselbe Bürgschaften gäbe für genügende Ausbildung der Wehrkräfte des Landes und Stellung derselben unter preußischen Oberbefehl.
Die entgegengesetzte Auffassung war in den österreichischen Landen verbreitet. Die Bevölkerung war dort bundesfreundlich und augustenburgisch gesinnt, der Krieg an Preußens Seite immer sehr unpopulär gewesen. Als nun im Mai der Erbprinz von Preußen selbst vorgeschlagen wurde, brachten alsbald Wiener Blätter diese frohe Kunde, mit dem Hinzufügen jedoch, daß der Herzog, um als Bundesfürst anerkannt zu werden, keinerlei Hoheitsrechte an eine andere Macht abtreten dürfe.
Solche Preßstimmen waren nach Berlin gedrungen, aber keine Kunde von einer Thatsache, die erst durch die Denkwürdigkeiten des Herzogs Ernst von Koburg21 bekannt geworden ist. Graf Rechberg selbst nämlich hat dem augustenburgischen Agenten in Wien, Herrn von Wydenbruck, heimlich mitgeteilt, Oesterreich wolle für die Einsetzung des Erbprinzen als Herzog eintreten, wenn derselbe nicht etwa Konzessionen, die mit der Stellung eines selbständigen Bundesfürsten unverträglich wären, einem anderen Bundesstaate einräumen würde.
So eindringlich gewarnt, kam der Erbprinz nach Berlin. Es war natürlich, daß er in seiner dreistündigen Unterredung mit Bismarck (am 1. Juni) sich sehr zurückhaltend zeigte, um die Unterstützung Oesterreichs und des Bundes nicht zu verlieren.
Die Folge dieses Gespräches war, daß Bismarck die Einsetzung des Prinzen dem preußischen wie dem allgemein deutschen Interesse nachteilig erachtete und demgemäß handelte22.
Graf Rechberg hatte bei seiner geheimen Eröffnung an den Augustenburger Agenten anscheinend nur das formale Bundesrecht vor Augen, ohne daran zu denken, daß die Folgen dieser Instruktion für die Förderung der preußischen Annexion und die Sprengung des Bundes wirksam werden konnten.
Bald nach dieser Unterredung beauftragte Bismarck unsere Vertreter in London und Paris, die Kandidatur Augustenburg in keiner Weise weiterzufördern, nach Petersburg und Wien aber teilte er mit, daß infolge der Ablehnung des bezüglichen Vorschlags vonseiten aller Neutralen sowie der Abtretung der gottorpschen Erbansprüche an den Großherzog von Oldenburg dieser Prätendent nunmehr in den Vordergrund trete. Auf die Vorlesung dieser Depesche durch den Gesandten erwiderte Rechberg nur mündlich, wir würden unsere Position den Neutralen gegenüber wohl nicht verbessern, wenn wir so schnell unsere Stellung wechselten.
Am 18. Juni reiste der König nach Karlsbad; abends folgte Bismarck, begleitet von mir und zwei Beamten des Chiffrierbureaus, die sich in einen anderen Wagen des Eisenbahnzuges setzten.
In der Abenddämmerung sagte der Minister:
„Meine Kindheit hat man mir in der Plamannschen Anstalt verdorben, die mir wie ein Zuchthaus vorkam. Infolgedessen werden meine Jungen natürlich verzogen; vielleicht aber werden Herberts Kinder wieder sehr streng gehalten werden. Ich weiß von mehreren Familien, in denen die Erziehungsweise gewechselt hat; auf eine verprügelte Generation folgte eine verzogene und dann wieder eine verprügelte. Es ist ja natürlich, daß Eltern wünschen, den Kindern das zu gewähren, was bei ihrer eigenen Erziehung gefehlt hat.
„Ich war vom 6. bis zum 12. Jahre in der Plamannschen Erziehungsanstalt, welche damals für eine mustergültige Verwirklichung pestalozzischer Prinzipien gehalten wurde. Bis zum 6. Jahre war ich in Kniephof fast immer in freier Luft oder in den Ställen gewesen. Ein alter Kuhhirt warnte mich einmal, nicht so zutraulich bei den Kühen herumzukriechen. Die Kuh, sagte er, kann dir mit dem Hufe ins Auge treten. Die Kuh merkt nichts davon und frißt ruhig weiter, aber dein Auge ist dann futsch. Daran habe ich später mehrmals gedacht, wenn auch Menschen, ohne es zu ahnen, anderen Schaden zufügten.
„Die Plamannsche Anstalt lag so, daß man auf einer Seite ins freie Feld hinaussehen konnte. Am Südwestende der Wilhelmstraße hörte damals die Stadt auf. Wenn ich aus dem Fenster ein Gespann Ochsen die Ackerfurche ziehen sah, mußte ich immer weinen vor Sehnsucht nach Kniephof. In der ganzen Anstalt herrschte rücksichtslose Strenge. Einmal war im Nachbarhause jemand gestorben. Ich hatte noch nie einen Toten gesehen und kletterte durch ein Fenster, um die Leiche genau zu betrachten. Dafür wurde ich hart bestraft. Mit der Turnerei und jahnschen Reminiscenzen trieb man ein gespreiztes Wesen, das mich anwiderte. Kurz, meine Erinnerungen an diese Zeit sind sehr unerfreulich. Erst später, als ich aufs Gymnasium und in eine Privatpension kam, fand ich meine Lage erträglich.“
In Leipzig wurde übernachtet.
Am andern Morgen im Eisenbahnwagen rauchend, sagte der Minister:
„In den nächsten Tagen wird viel zu reden sein. Der Kaiser Franz Joseph kommt nach Karlsbad und Rechberg will mich vorher sprechen. England hat vorgeschlagen, daß wir eine neutrale Macht ersuchen sollen, als Schiedsrichter eine Linie zu bestimmen, um in Schleswig die Deutschen von den Dänen zu trennen. Der König sieht aber zu einem Schiedsgericht keinen Anlaß und würde nur eine freundschaftliche Vermittelung annehmen. Rechberg besorgt nun, England würde deshalb in den Krieg eintreten; aber da Louis nicht mitmachen will, ist das sehr unwahrscheinlich. Uebrigens werden die Dänen vermutlich in Bezug auf die Grenzlinie auch die bloße Vermittelung einer anderen Macht ablehnen. Der Fortgang des Krieges nach Ablauf des Waffenstillstandes ist vorauszusehen, und wir müssen auf die Inseln, um rasch zu Ende zu kommen. Aber das wollen unsere Freunde nicht, um nicht den englischen Löwen zu reizen, der doch gar nicht blutgierig ist.“
Bald darauf hielt der Zug in Zwickau. „Da steht Rechberg“, sagte der Minister.
Eine mittelgroße, schlanke Gestalt, ein feiner Kopf, lebhafte graue Augen unter einer Brille, um die Lippen ein Zug von Gutmütigkeit. Ich stieg in einen anderen Abteil, um die Minister allein zu lassen.
Bei der Station Schwarzenberg endete die Eisenbahn und standen Postwagen bereit.
Ich fuhr zusammen mit einem Wiener vortragenden Rat, welcher das nahe bevorstehende Glück der eichenbekränzt heimkehrenden Krieger und ihrer Familien lebhaft ausmalte.
Abends hielt der Wagen in Karlsbad vor dem Gasthof „Zum Blauen Schiff“, wo passende Bureauräume gemietet waren. Bismarck wohnte aber im Nebenhause, was den amtlichen Verkehr erschwerte. Er zog daher nach Abreise der österreichischen Gäste mit allen Beamten in die „Drei Lerchen“.
Am 21. Juni kam Abeken an, der begabteste Rat unseres Ministeriums.
Nach langen Verhandlungen kamen die beiden Minister zu einem Einverständnis erst dann, als Bismarck angedeutet hatte, daß der König keinesfalls auf halbem Wege stehen bleiben, sondern nötigenfalls den Krieg allein zu Ende führen würde. Rechberg gab nach, daß die zu Schleswig gehörige Insel Alsen erobert und Jütland bis zur Nordspitze besetzt werden könne. Einen Angriff auf Fünen wollte er nicht genehmigen. Doch wurden auf Bismarcks Veranlassung auch zu diesem Angriff alle militärischen Vorbereitungen für den Fall getroffen, daß die Eroberung von Alsen nicht genügen sollte, um den Krieg zu beendigen.
Die Zusammenkunft der Monarchen gab dem Bündnisse erneute Festigkeit.
Bald nach dem Ablaufe des Waffenstillstandes gelang die Eroberung der Insel Alsen. Dieses Ereignis brach die dänische Widerstandskraft; man fühlte sich auch auf den Inseln nicht mehr sicher. Der Wunsch nach Waffenstillstand und Frieden wurde von dänischer Seite ausgesprochen und veranlaßte Verhandlungen, welche uns demnächst nach Wien führen sollten.
Für Bismarck waren die Karlsbader Wochen zwar arbeitsvoll, aber, mit seiner Berliner Existenz verglichen, doch eine Erholungszeit. Täglich machte er weite Spaziergänge in den ausgedehnten städtischen Waldungen; abends fand er mitunter die Zeit, im Gasthof „Zur Stadt Hannover“, wo sich mehrere Herren des königlichen Gefolges zu versammeln pflegten, ein Glas Pilsener Bier zu nehmen. Die tägliche Geschäftslast war allerdings groß; Telegramme gingen ohne Unterlaß ein und aus, und mehrmals in der Woche brachten Feldjäger wohlgefüllte Mappen mit Schriftstücken des Auswärtigen Amtes und des Staatsministeriums; die unmittelbare Nähe des Bureaus aber, welches neben dem Wohnzimmer des Ministers lag, und der in jedem Augenblicke bequeme Verkehr mit nur zwei Räten, welche von morgens 8 bis abends 8 Uhr (mit Ausschluß der Mittagsstunde) am Arbeitstische saßen, erleichterte schnelle Erledigung aller Eingänge.
Abeken war mir an Arbeitsfähigkeit und Kenntnissen weit überlegen, aber der denkbar liebenswürdigste Kamerad. Ihm war die ganze diplomatische Korrespondenz zugewiesen, ich hatte die nicht politischen auswärtigen sowie alle inländischen Angelegenheiten einschließlich der Verwaltung von Schleswig zu erledigen, wo seit unserer Besetzung des Landes der Regierungspräsident Freiherr von Zedlitz-Neukirch die Civilbehörden beaufsichtigte. Jeder las die ganze Korrespondenz des anderen. Vor und nach der Arbeitszeit pflegten wir Waldspaziergänge zu machen.
Einen besonderen Reiz erhielt Karlsbad im Sommer 1864 durch die Anwesenheit23 der Frau Großfürstin Helene von Rußland. Die hohe Frau veranstaltete mitunter kleine Abendunterhaltungen für den König, bei denen Bismarck erschien und ich für Musik sorgen durfte. Auch mit Einladungen zu anderen Abenden wurden Abeken und ich öfters beehrt.
Am 19. Juli, dem Tage vor der Abreise Seiner Majestät nach Gastein, waren wir alle zur königlichen Tafel befohlen. Unmittelbar nach Aufhebung derselben kam aus Rendsburg ein Telegramm, welches so laut verlesen wurde, daß alle Anwesenden es hören konnten. Unsere dortigen Hospitale, hieß es, seien bedroht infolge einer Schlägerei zwischen preußischen und den unter hannöverschem Oberbefehl stehenden Bundestruppen. Einige Gesichter verfärbten sich, Bismarck lächelte. Er folgte dem König in ein Nebenzimmer. Ich ging sofort nach dem Bureau, um für eine vermutlich erforderliche telegraphische Antwort zur Hand zu sein. Bald darauf kam der Minister aus seinem Wohnzimmer an meinen Arbeitstisch und fragte leichthin:
„Was würden Sie jetzt thun?“
„Rendsburg mit überlegener Macht besetzen.“
„Ist schon angeordnet,“ erwiderte er und ließ mich allein.
Am 21. fuhr er mit Abeken und mir im offenen Wagen bei hellem Sonnenschein durch das anmutige Böhmerland nach Prag. Keine Silbe von Politik.
Am 22. fanden wir auf der Eisenbahnfahrt nach Wien in Prager Zeitungen die Mitteilung, Rendsburg wäre plötzlich von 6000 Preußen besetzt worden und die Bundestruppen hätten sich von dort zurückgezogen. In der Wiener Tagespresse veranlaßte dieses Ereignis heftige Ausfälle gegen den preußischen Uebermut; nur ein wenig bekanntes Blatt verteidigte die Maßregel. Bei Besprechung der Sache mit Graf Rechberg betonte Bismarck, daß es schon im Privatverkehr, noch mehr aber im internationalen, ratsam sei, Ungebührliches nicht stillschweigend hinzunehmen.
Er wohnte bei Baron Werther, unserm Gesandten, und wir im Gasthof.
In diesen Wiener Tagen (23. Juli bis 1. August) war die Arbeitslast für Abeken und mich nicht schwer, da wir den Verhandlungen der Minister mit den dänischen Bevollmächtigten nicht beizuwohnen hatten und deren Ergebnisse sich ziemlich einfach gestalteten. Der König von Dänemark trat seine Landeshoheit in den Herzogtümern Schleswig-Holstein und Lauenburg an die verbündeten Monarchen ab.
Von verschiedenen Seiten wurde uns erzählt, wie Bismarcks persönliches Eingreifen in die Verhandlungen die Gegner zu bedingungsloser Nachgiebigkeit bewogen hatte.
An der kaiserlichen Tafel in Schönbrunn wurden Abeken und ich zwischen hohen Würdenträgern placiert; einer meiner Nachbarn war General Graf Clam-Gallas.
Ein kleines. Diner auf dem Landhause des Grafen Rechberg in Kettenhof bei Schwechat verlief sehr behaglich.
In amtlichen Kreisen schien das Ergebnis des Präliminarfriedens volle Befriedigung hervorzurufen; die Herzogtümer waren vom dänischen Drucke für immer befreit. In unabhängigen Wiener Kreisen aber trat, wie ich von einem befreundeten Landsmann erfuhr, die Freude über die Erwerbung Schleswig-Holsteins weit zurück hinter die Sorge, daß Preußen demnächst überwiegende Vorteile gewinnen und Oesterreich zu kurz kommen würde.
15Die Eider scheidet bekanntlich Schleswig von Holstein.
16In einer damals oft angeführten Urkunde vom Jahre 1460 hatte König Christian I. versprochen, die Lande Schleswig und Holstein sollten „up ewig ungedeelt“ (auf ewig ungeteilt) bleiben.
17Nach Ansicht vieler Juristen lag die Rechtsfrage keineswegs so einfach. Die Dänen hatten, um den Schein förmlicher Anerkennung des augustenburgischen Rechts zu vermeiden, 1852 vom Herzog Christian nicht einen Verzicht auf sein Thronfolgerecht, sondern nur das Versprechen verlangt, daß er und seine Nachkommen nichts gegen die Succession des Prinzen von Glücksburg unternehmen würden. Als er dieses Versprechen gab, verzichtete er also eigentlich nicht auf sein Recht, sondern nur auf die Ausübung desselben gegen den von den Großmächten einzusetzenden Thronfolger. Seine Söhne aber hatten das Abkommen nicht mitunterschrieben. Sie waren daher nach Ansicht vieler Kenner des deutschen Privatfürstenrechts vermöge des ihnen zustehenden unantastbaren Personalrechts, zu dessen Ausübung befugt, sobald der Vater abdizierte oder starb. So votierten die juristischen Fakultäten mehrerer Universitäten; derselben Meinung waren im Jahre 1865 auch 7 unter den 18 preußischen Kronjuristen, während die Majorität nicht das „feudale“ Privatfürstenrecht, sondern das, wesentlich auf den englischen Rechtsanschauungen der letzten Jahrhunderte beruhende, moderne Staats- und Völkerrecht entscheiden ließ. Es war demnach natürlich, daß der Erbprinz Friedrich auf Grund des deutschen Privatfürstenrechts, und von gelehrten Juristen unterstützt, an sein Thronfolgerecht unerschütterlich glaubte.
18In den „Gedanken und Erinnerungen“ (Band II Seite 11) wird dieser Ministerrat in die letzten Dezembertage gelegt; ich halte aber die Angaben von Horst Kohl (Wegweiser S. 90; Regesten S. 216), wonach er in den ersten Tagen des Januar stattgefunden hat, für wahrscheinlich. Die Staatsministerial-Protokolle jener Zeit sind noch nicht zugänglich.
19Die von dem Abgeordneten Schulze-Delitzsch beantragte Resolution lautete: „In Erwägung, daß Preußen gemeinsam mit Oesterreich dem Bunde erklärt, es werde sich dem Bundesbeschlusse vom 14. d. M. widersetzen, die Schleswig-Holsteinsche Sache in die eigene Hand nehmen und die Besetzung Schleswigs als europäische Großmacht ausführen; in Erwägung, daß Preußen damit von Deutschland abfällt und seine Großmachtstellung mißbraucht; in Erwägung, daß diese preußisch-österreichische Politik kein anderes Ergebnis haben kann, als die Herzogtümer abermals Dänemark zu überliefern; in Erwägung, daß die angedrohte Vergewaltigung den wahlberechtigten Widerstand der übrigen deutschen Staaten und damit den Bürgerkrieg in Deutschland herausfordert – erklärt das Haus der Abgeordneten, daß es mit allen ihm zu Gebote stehenden gesetzlichen Mitteln dieser Politik entgegentreten werde.“
20nie pozwalam (das erlaube ich nicht) waren die Worte, durch die jedes Mitglied des polnischen Reichstages einen Beschluß desselben entkräften konnte.
21Ernst II., Herzog von Koburg-Gotha, Aus meinem Leben und aus meiner Zeit (Berlin, Herz 1889). Bd. III, S. 444.
22In seinem von mir aufrichtig bewunderten Werke über den „Kampf um die Vorherrschaft in Deutschland“ sagt Friedjung (I, S. 95), Bismarck habe durch sofortige Publikation seiner Aufzeichnungen über den Inhalt jener Unterredung in Preußen gegen den Erbprinzen Stimmung machen wollen. Diese Behauptung ist unhaltbar. Denn die fragliche Publikation im Reichsanzeiger erfolgte (wie auf Seite 96 von Friedjung selbst richtig angegeben ist) am 2. Juli 1865, also Jahr und Tag später, und wurde veranlaßt durch das natürliche Bedürfnis der Abwehr gegen die von einem holsteinischen Blatte auf Grund unvollständiger Mitteilungen über jene Unterredung gegen Bismarck gerichteten Angriffe.
23Der Sohn desselben ist seit vielen Jahren Führer der Freikonservativen im Abgeordnetenhause.