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Wohnungsmangel, Umland von Düsseldorf,2025

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Michael Berger hielt es immer noch für einen großen Glücksfall, vor sechs Jahren diese Wohnung gefunden zu haben. Ohne lange Bedenkzeit hatte er den Mietvertrag für die 43 Quadratmeter große 2 Zimmer Unterkunft unterschrieben und damit auch in Kauf genommen, jetzt gut 35 Kilometer von seiner Arbeitsstelle in Düsseldorf entfernt zu wohnen. In der Stadt selbst war Wohnraum schon lange unerschwinglich geworden und die 14 Neumark, die er für die Kaltmiete zu zahlen hatte, ergaben noch günstige 602 Neumark im Monat. Die seit Jahren wegen der vor allem stark gestiegenen Strompreise heftig hochgekletterten Betriebskosten lagen jetzt bei 6 Neumark pro Quadratmeter, so dass er insgesamt auf eine Mietbelastung von 860 Neumark kam. Das war nicht wenig für einen Single, aber er war doch mehr als froh, trotzdem noch so gut mieten zu können. Der Ort hatte eher dörflichen Charakter und lag an einer durch ein Waldgebiet führenden und schon ziemlich heruntergekommenen Straße. Die knapp 120 Einwohner hatten ihre Häuser schon in den frühen zweitausender Jahren links und rechts der Straße errichtet lassen. Damals konnte man durchaus von einer Landflucht vermögender Leute sprechen, denn die Gegend war durch eine sanfte Landschaft geprägt und mit dem Fahrrad war man innerhalb von 10 Minuten im nahegelegenen Waldgebiet. Der Pilzreichtum dort veranlasste die Leute sich auf den Weg dorthin zu machen und so hatten sie öfter Kontakt mit der zu dieser Zeit noch intakten Natur. Im Ort sorgte ein auf der linken Seite hinter den Grundstücken verlaufender kleiner Bach für die entsprechende Idylle, und die Landschaftsplaner der Siedlung hatten damals, zu jener Zeit spielte Geld keine Rolle, eine künstliche Staustufe angelegt und durch vorherige Aushubarbeiten einen doch recht großen Teich geschaffen. Durch den kontinuierliche Zu- und Abfluss des Wassers blieb die Flüssigkeit stets klar und sauber, allerdings auch im Sommer recht kalt. Da rings um den Teich Bänke angeordnet waren und man auch einen kleinen Kiosk aufgebaut hatte, wurde dieser Ort zu einem gefragten Treffpunkt und zum eigentlichen Kommunikationszentrum des Ortes. Mütter mit ihren Kindern waren die größte dort vorzufindende Gruppe, gefolgt von den Rentnern. Sinnvollerweise hatte man auch an die Kinder gedacht und im Teich einen nur 60 Zentimeter tiefen größeren Bereich eingerichtet, der mit 70 Zentimeter hohen speziellen Netzen, die an in den Grund gerammten Pfählen befestigt waren, perfekt gesichert war. Wie üblich, waren die Frauen bei den Rentnern in der deutlichen Überzahl, und diese übernahmen mit großer Freude die Betreuung und Beaufsichtigung der Kinder, so dass sich deren Mütter in Diskussionen über Gott und die Welt vertiefen konnten. Im Sommer gab es am Kiosk stundenweise einige Kleinigkeiten zum Essen, Getränke und Eis zu kaufen.

Etliche der Hausbesitzer standen mehr oder weniger kurz vor dem Renteneintritt. Da sie damals durch die Bank weg großzügig und mit erheblichen Wohnflächen in den Häusern geplant und gebaut hatten standen sie jetzt vor dem Problem, die durch den Wegzug der lange schon erwachsenen Kinder die frei gewordenen Räume wieder einer sinnvollen Nutzung zuzuführen. Als Hürde erwies sich zunächst, dass diese Bereiche fast alle im Obergeschoss lagen und im Falle einer Vermietung ein Zugang über den Hauseingang und die nach oben führende Treppe erforderlich wäre. Niemand wollte sich mit dieser Lösung so richtig anfreunden und man kam in gemeinsamen Beratungen zu dem Ergebnis, an der rückwärtigen, also von der Straße jeweils wegzeigenden Seite, eine Art Außentreppe anzubringen. So würde man sich nicht in Gehege kommen und jeder könnte seinen Wohnbereich ohne Störung des anderen nutzen. Die Baubehörde hatte naturgemäß gegen diesen Vorschlag Einwände, niemand hatte etwas anderes erwartet. Erst nach vielen Diskussionen, teilweise in einem gereizten Tonfall gegenseitig vorgetragenen Argumenten und recht langer Zeit, fanden beide Seiten einen Kompromiss. Die Treppenzugänge sollten mit geeigneten Materialien so verkleidet werden, dass sie das Ortschaftsbild nicht störten. Die Hausbesitzer ließen sich nicht lumpen, denn sie hatten schon lange berechnet, dass die zu erwartenden Mieteinnahmen diese Investitionen in weniger als 3 Jahren refinanziert hätten, und sie dann nur noch geringe Aufwendungen für die Instandhaltung der Mietobjekte aufbringen müssten, so dass die Einnahmen fast netto für brutto in ihre Kassen fließen würden. Man engagierte einen renommierten Architekten, der einen so überzeugenden Entwurf vorlegte, dass selbst die Baubehörde ihre Anforderungen als nunmehr erfüllt erklärte. Der Clou des Architektenentwurfs war die mit äußerst geringem Aufwand mögliche Anpassung der Treppenverkleidungen an das einzelne Haus. Auf diesem Wege entstanden interessante und optisch sehr ansprechende Lösungen. Michael Berger hatte sich anfangs für Wohnungen in den Häusern interessiert, aber aufgrund der viel zu großen Fläche und der damit verbundenen Mietkosten schnell wieder Abstand davon genommen.

Dennoch wurde er im Ort noch fündig. Vor gut 150 Jahren war in der Gegend eine kleine Siedlung entstanden, in der sich drei Familien niedergelassen hatten, die von der Köhlerei und etwas Landwirtschaft und Viehzucht lebten. Der damals dominierende Dreiseitenhof hatte die Zeiten einigermaßen unbeschadet überstanden und wurde 2001 in halbwegs noch gutem Zustand von einem bekannten Künstlerpaar gekauft. Nachdem das Hauptgebäude ausgebaut worden war, wurden die Flügel saniert. Einer nahm die Ateliers und Lagerräume auf, der andere war für Wohnzwecke zur Vermietung vorgesehen. Der Maler und die Bildhauerin waren zwei doch recht weltfremde und von der Sozialromantik geprägte Kreative, für die Geld oder gar Reichtum keine interessierende Kategorie war, weswegen sie ihre Finanzen auch durch einen Steuerberater verwalten ließen. Dieser war stets mehr als verblüfft, wenn er durch die Zahlungseingänge zur Kenntnis nehmen konnte, welche Beträge man mit dem seiner Meinung nach „wirren Gepinsel“ oder den „genmutierten gruseligen Gestalten“ im Verkauf erzielen konnte. Das behielt er selbstredend für sich, denn die mit ihm monatlich vereinbarte pauschale Vergütung betrug üppige 1.500 Neumark. Die wenigen Buchungen arbeiteten seine Angestellten innerhalb eines Tages ab. Gegen den Wunsch der Künstler, eine verträgliche Miete zu erheben, fand er keine schlüssigen Argumente, so dass Michael Berger ihr Mieter wurde. Die beiden Kunstschaffenden hatten weder Zeit noch Interesse sich mit ihm und den anderen Mietern abzugeben, so dass der Steuerberater die Prokura hatte, die Verträge zu unterzeichnen. Berger war mit der Wohnung hochzufrieden, ein kleiner Balkon erlaubte ihm den Blick auf den nicht weit entfernten Wald, und die Räume waren recht zweckmäßig geschnitten. Als er eingezogen war, gab es Im Dorf noch einen Fleischer, einen Bäcker und einen kleinen Supermarkt, in dem man alles bekam, was man an Nahrungsmitteln und Getränken benötigte. Für andere Dinge musste man in die nächstgelegene Stadt fahren, aber der Ort war auch an das Busnetz angeschlossen.

So gesehen war Michael Berger zwar nicht rundum glücklich, da ihm der Trubel der Stadt schon fehlte, aber alles in allem zufrieden.

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