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Die Verbreitung: Die Verbindung zwischen China und Okinawa

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Wie oben dargelegt, ist der Eckstein des jüngeren Bubishi der „Weiße Kranich“, ein Wushu-Stil. In dem 1983 von Liu Yinshan Shifu veröffentlichten Werk über diesen Kampfstil18 stellt der Autor die These auf, daß unter den Mönchen, welche die Zerstörung des Shaolinklosters im Jahre 1674 überlebt hatten,19 ein Mann namens Fang Houshu war. Dieser gelangte schließlich in die Provinz Fujian, wo er sich in dem Dorf Fuzhou niederließ. Verschiedene Quellen behaupten, daß Fang Houshu der Vater Fang Jin Jangs war, die in dem Nachbardorf Yongchun aufwuchs und den Stil des Weißen Kranichs begründete. Dies würde bedeuten, daß der Stil im 18. Jahrhundert entstand. Weiterhin behauptet Liu Yinshan, daß diese Technik im Jahre 1922 durch Lin Deshun, einen Schüler der fünften Generation der von Fang Jin Jang begründeten Schule nach Taiwan gebracht wurde. Er soll ebenfalls eine Kopie des Bubishi mit sich geführt haben. Nach Okinawa gelangte das Bubishi hingegen bedeutend früher, doch solch präzise Angaben wie über seinen Weg nach Taiwan können nicht gemacht werden.

In seinem 1934 erschienenen Werk über das Karatedô behauptet Miyagi Chojûn, daß 1828 ein Stil des chinesischen Boxens von Fuzhou nach Okinawa gelangte, der zur Grundlage für das von ihm entwickelte Gôjû ryû Kempô Karate wurde. Über die Umstände, wie dieser Stil nach Okinawa gelangte, trifft er jedoch keine Aussage. Wurden die Grundlagen dieser Technik, wie allgemein angenommen wird, durch chinesische Meister (Shifu) eingeführt,20 oder wurden sie von Okinawanern, die aus verschiedenen Gründen nach China gereist sein mochten, von dort in ihre Heimat mitgebracht? Falls letzteres der Fall war, stellt sich auch die Frage, ob diesen „Pilgern“ Einblick in das Bubishi gewährt wurde und ob sie die Möglichkeit hatten, sich Kopien für den persönlichen Gebrauch anzufertigen. Es gibt guten Grund, zu vermuten, daß tatsächlich Okinawaner, die China bereisten, um ihren Kampfkunsthorizont zu erweitern, das Buch nach Okinawa brachten. Möglicherweise versahen sie den Text an verschiedenen Stellen sogar mit Ergänzungen, denn diese Meister, die ins Reich der Mitte reisten, waren bereits zuvor Experten der Kampfkünste. Letzte Aufklärung über all diese Fragen wird es wohl nie geben.

Ich habe in meinem Buch „Koshiki Kata – die klassischen Kata des Karatedô“ ausführlich die Geschichte der Kunst der „leeren Hand“ erörtert, ausgehend vom antiken China bis hin zum modernen Japan. Ich habe gezeigt, wie wesentlich für diese Entwicklung Okinawa als Schmelztiegel war. Ich werde daher an dieser Stelle zu dieser Thematik nur das erwähnen, was unbedingt notwendig ist, um das Phänomen Bubishi begreifen zu können. Jene, die mit dieser historischen Entwicklung vertraut sind, werden allerdings bemerken, daß ich einige neue und wichtige Präzisierungen, neue Teilchen des Puzzles, aus dem heute immer klarer und glaubwürdiger ein Bild entsteht, hinzugefügt habe.


Foto 6: Bodhidharma lehrt im Shaolinkloster die „18 Hände des Lo Han“, Techniken, die als Grundlage aller chinesischen Kampfkünste angesehen werden. Auf den Mauern der Baiyi-Halle des heutigen Klosters kann man noch immer ein eindrucksvolles Fresko bewundern, das Mönche beim Training zeigt (siehe auch S. 48 ff.)


Foto 7: Shurei-no-Mon, das aus dem 15. Jahrhundert stammende Portal zum alten Palast von Naha auf Okinawa. Durch die in der Nachbarschaft von Naha gelegene chinesische Kolonie Kumemura erhielten Mitglieder der okinawanischen Kriegerelite Kenntnis von verschiedenen Shaolin-Kampfkunsttechniken.


Foto 8: Statuen in Menschengröße, die die einst im Shaolinkloster praktizierten Kampfkünste repräsentieren. Von ihnen existieren einige Dutzend in einem der Höfe des heutigen Klosters. Bereits ein oberflächlicher Vergleich genügt, um die enge Verbindung zwischen den im Bubishi beschriebenen und den Shaolin-Techniken zu erkennen.

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