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Um 17.00 Uhr waren alle B-Stellen am Waldrand nördlich Punkt 229 und sämtliche Fernsprechleitungen besetzt.

Am Nachmittag des 21. Juni 1941 teilte der 1. Generalstabsoffizier (Ia) des XXXXIV. Armeekorps der 4. Gebirgs-Division mit, dass der Angriff gegen Russland am kommenden Tag, um 3.30 Uhr, beginnen werde. Damit hatte sich der Schleier des streng gehüteten Geheimnisses auch für die »Enzian«-Division endgültig gelüftet. Das Unternehmen »Barbarossa« nahm nun seinen verhängnisvollen Lauf.

Unter dem 21. Juni 1941 finden wir im »Kriegstagebuch des Oberkommandos der Wehrmacht« folgende Eintragung: »OKW gibt in der Nacht 20./21. 6. das Stichwort ›Dortmund‹ durch. Damit ist der Angriffsbeginn endgültig für den 22. 6. befohlen. Der Befehl wird an die Heeresgruppen weitergeleitet. Das Aufschließen in die Bereitstellungsräume verläuft planmäßig.«29

Währenddessen war die 99. leichte Infanterie-Division der Heeresgruppe Süd zunächst als Reserve zugeteilt worden. »Abmarsch zur Front!«, so lauteten bereits im Mai 1941 die entscheidenden Befehle der Bataillone, Abteilungen und Regimenter.

Wer von den Offizieren, Unteroffizieren und Mannschaften schon auf dem westlichen Kriegsschauplatz eingesetzt gewesen war, der wusste, was ihn erwartete. Wer den Krieg bisher jedoch nur vom Hörensagen kannte, der sah dem Kommenden mit gemischten Gefühlen entgegen. Und wie immer, wenn Soldaten in den Krieg ziehen, dann beginnen sie laut und inbrünstig zu singen, um die bohrenden Zweifel und Ängste beiseitezudrängen. Sie singen nicht zuletzt auch deshalb, um im Gefühl des Miteinanders dem Kameraden noch näher zu sein. Die »Märkische Heide«, »Die blauen Dragoner« oder das Soldatenlied »Morgen marschieren wir« erschallten daher schon bald auf dem Marsch der 99. leichten Infanterie-Division zur Front. Der Leutnant, den sie geringschätzig »Bubi« nannten, stimmte an, und die Kompanie fiel ein:

Auch unser Hauptmann Eichenfeld,

das war fürwahr ein tapfrer Held.

Doch kaum dass er den Säbel zog,

erlitt er schon den bittern Tod

Aber während des Marsches an die Ostfront wurde nicht nur gesungen, sondern auch noch alle Möglichkeiten zur Hebung der Schlagkraft der Division ausgeschöpft. Erfahrungen, die man bisher gesammelt hatte, wurden in organisatorische und personelle Maßnahmen umgesetzt, um die Disziplin, den Korpsgeist und die Leistungsbereitschaft der Truppe zu heben. Während der Ruhepausen wurde das mit den Transportzügen herangeführte Kriegsmaterial übernommen oder aus den näher gelegenen Depots herangeholt. Alles wurde getan, um in der bis zum Einsatz noch zur Verfügung stehenden Zeit jene Mängel zu beseitigen, die den Erfolg gefährden oder unnötige Verluste verursachen konnten.

Schließlich erreichte die 99. leichte Infanterie-Division den Raum um Sandomiez, wo die verschiedenen Truppenteile ihre Quartiere bezogen. In Sichtweite der deutsch-sowjetischen Grenze war den meisten – nicht zuletzt auch durch die bereits in Stellung liegenden Verbände – klar geworden, dass sich der neue Waffengang nur gegen die Sowjetunion richten konnte. Letzte Zweifel wurden beseitigt, als die Infanteristen in teilweise beschwerlichen Märschen, die aus Tarnungsgründen in der Nacht durchgeführt wurden, in das von der Heeresgruppe Süd zugewiesene Aufmarschgebiet bei Zamosce rückten.

Hier bekam man bereits einen kleinen Vorgeschmack auf die aufgeweichten Straßen und Wege, die die Bewegungen stark hemmten und daher Marschverzögerungen von bis zu zehn Stunden und mehr verursachten. Die zwanzig Panjefahrzeuge, die jedem Bataillon der Division auf Grund der widrigen Straßenverhältnisse zugewiesen worden waren, bildeten da nur einen Tropfen auf den so oft zitierten heißen Stein. Doch es sollte, was die Wegverhältnisse anbetraf, im Verlauf des Ostfeldzuges noch viel schlimmer kommen.

Die Einheiten der 99. leichten Infanterie-Division lagen als Reserve der Heeresgruppe Süd in ihren Bereitstellungsräumen und harrten der Dinge, die da kommen sollten. Doch vorläufig ereignete sich wenig, denn in der vordersten Angriffslinie standen andere Divisionen der 6. Armee, unter deren Befehl die 99. leichte Infanterie-Division später den Sprung nach Russland unternehmen sollte. Dieses Abwarten wurde für viele zur Qual. Die Nerven der zur Untätigkeit verdammten Infanteristen waren zum Zerreißen gespannt. Warten, tatenlos zusehen und zuhören, wie die Kameraden der benachbarten Divisionen kämpften und litten – nein, das war nichts für Soldaten, die für den Ernstfall hart geübt hatten und gedrillt worden waren.

Nicht viel anders erging es den Soldaten der Berlinbrandenburgischen 68. Infanterie-Division. Bei ihr hatten die ersten Umgruppierungen im Frühjahr 1941 begonnen, so dass bereits Ende Mai die sogenannte »Braune-Bären«-Division in zwei Abteilungen aufmarschiert war: die eine im Raum Jaroslau und die andere im Grenzwinkel nördlich von Sieniawa. Es war am 21. Juni 1941, Punkt 3.30 Uhr morgens, als die ersten Stoßtrupps über den San setzten und die sowjetischen Grenzwachen überwältigten. Im zügigen Angriff wurde rasch schwächer werdender Widerstand gebrochen, so dass sich die Infanteristen im Raum von Jaworow wieder vereinigen konnten. Ein Bataillon des Infanterie-Regiments 196 wurde nach Süden verlegt, um bei der Einnahme der sich noch zäh verteidigenden Festung Przemysl zu helfen.

Im Raum von Jaworow trafen die deutschen Truppen auf starken Widerstand, so dass es zur Panzerschlacht von Jaworow kam. Dabei zeichnete sich das I./Infanterie-Regiment 188 unter Hauptmann Grasnau besonders aus. Ihm wurde daher als erstem Angehörigen der 68. Infanterie-Division das Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes verliehen. Doch um welchen Preis! Die Infanterie-Regimenter hatten derart schwere Verluste zu verzeichnen, dass diese nicht schnell genug ersetzt werden konnten.

Gefangen im russischen Winter

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