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Der königliche Schutzherr

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Von den kirchlichen Missständen war auch das Reich betroffen, standen doch Papst und König/Kaiser in einem engen Verhältnis zueinander und sah sich das weltliche Oberhaupt als Schutzherr der Christenheit. Sigismund, der Sohn Kaiser Karls IV. aus dem Haus der Luxemburger, wurde 1410/11 zum Römischen König gewählt und begann rasch, sich um die Angelegenheiten der Kirche zu kümmern. Aus seiner persönlichen Erfahrung im Kampf gegen die Türken und aus seinem Sendungsbewusstsein heraus legte er grössten Wert auf eine Einigung und Stärkung des Christentums und engagierte sich deshalb für eine Reform der Kirche. Dahinter mochten auch persönliche Gründe stehen, strebte der König doch die kaiserliche Würde an, die ihm aber nur ein allgemein akzeptierter Papst zusichern konnte.

Mit dem wichtigsten der drei Päpste, Johannes XXIII., fand sich Sigismund im Wunsch zusammen, ein umfassendes Konzil zur Klärung der offenen Fragen einzuberufen. An einem Treffen in Lodi soll der König den Papst Ende 1413 angeblich von Konstanz als einem idealen Ort für eine Kirchenversammlung überzeugt haben. Die «neutrale» Autorität des Königs sorgte dann dafür, dass alle angesprochenen Parteien innerhalb der Kirche auf den 1. November 1414 ihre Vertreter an den Bodensee schickten.

Warum Konstanz? Erstmals fand mit Konstanz ein Konzil auf deutschem Boden statt, was erklärungsbedürftig ist. Als Reichskommune stand die Bodenseestadt dem König nahe, als Handelsort war sie den italienischen Kaufleuten gut bekannt. Dank der Seelage war die Stadt zudem gut erreichbar, während der Schiffsverkehr das Hinterland erschloss und damit die Versorgung einer grösseren Menschenmenge gewährleistete. Als Sitz eines Bistums war Konstanz schliesslich mit kirchlichen Veranstaltungen vertraut und besass dank verschiedener Klöster auch eine Infrastruktur, wo Geistliche untergebracht werden konnten. Zudem sollen auch mit der Region bestens vertraute Ratgeber des Königs wie der Graf von Nellenburg zur Wahl der Stadt beigetragen haben. Gut möglich schliesslich, dass der König bewusst einen Ort vorschlug, der dank seiner Distanz zu Italien eine bessere Ausgangslage für kirchliche Reformen bot.

Tatsächlich profilierte sich Sigismund schon vor Beginn des Konzils als «überparteilicher, gewissermassen provisorischer Sachverwalter» und stellte sich im Interesse der Sache über die drei Päpste.6 Als Vogt von Kirche und Konzil war er buchstäblich Schutzherr der Veranstaltung, ohne aber direkt in die Verhandlungen und Gespräche eingreifen zu können. Die lange Abwesenheit des Königs, der auf ausgedehnten Reisen die abwesenden Päpste beziehungsweise ihre Protektoren vom Einlenken zu überzeugen versuchte, schlug sich im schleppenden Verlauf des Konzils nieder. Dieses dauerte auffallend lange und fand erst im Herbst 1417 mit der allgemein anerkannten Wahl von Martin V. zum neuen Papst den erhofften Höhepunkt; abgesehen vom Kampf gegen das «Ketzertum» und der Verbrennung von Häretikern blieben die Resultate ansonsten jedoch eher bescheiden. Unter Martin V. begann zwar die Erneuerung der Römischen Kirche, die grundlegenden Diskussionen gingen aber weiter und führten schliesslich zum Konzil von Basel, das von 1431 bis 1448/49 dauerte, ehe es sich unter dem Eindruck einer Stärkung des Papsttums auflöste.

1415 und die Freiheit

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