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Prolog

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Zwölf Monate war der Unfall her, zwölf Monate, vier Tage und drei Stunden. Ich konnte mich noch ganz genau daran erinnern, wie es an der Haustür klingelte und einer der beiden Polizeibeamten, die vor der Tür gestanden hatten, fragte: „Spreche ich mit Frau Kramm?“ Ich hatte das bejaht, einen Schritt zur Seite gemacht und beide eintreten lassen.

Der ältere der beiden Polizeibeamten hatte auf den Esstisch gedeutet, der vom Flur aus zu sehen war, und gefragt, ob wir uns setzen können. Ich hatte auch das bejaht und war ihm zu dem Tisch gefolgt, ganz so, als würde er hier wohnen und nicht ich. Mit bewegter, aber dennoch fester Stimme hatte er dann gesagt: „Wir müssen Ihnen mitteilen, dass Ihr Mann Rolf heute Morgen bei einem Autounfall ums Leben gekommen ist. Sein Auto ist von der Fahrbahn abgekommen und hat sich überschlagen. Im Auto saßen noch zwei weitere Personen, auch sie sind bei dem Unfall tödlich verunglückt.“ Fassungslos hatte ich die Polizeibeamten angestarrt, unfähig ein Wort zu sagen.

Rolf hatte meine Eltern in Konstanz abgeholt, wo die beiden zwei Wochen Urlaub gemacht hatten. Wir hatten geplant, alle gemeinsam das Wochenende in Hamburg zu verbringen. Rolf war geschäftlich in Zürich gewesen und hatte angeboten, meine Eltern auf dem Rückweg mitzubringen. Es war viel zu weit, mit dem Auto von Zürich nach Hamburg zu fahren. Wir hatten oft darüber diskutiert, warum er immer mit dem Auto und nie mit dem Zug fuhr.

„Wissen Sie, um wen es sich bei den beiden anderen Personen gehandelt haben könnte?“, mit dieser Frage hatte das erste Mal der jüngere Polizeibeamte das Wort ergriffen. „Das sind meine Eltern, Cornelia und Klaus Schöndorf“, hatte ich geantwortet. Der Polizeibeamte hatte genickt und sich dann in einem kleinen Buch einige Notizen gemacht. Er hatte noch mehrere Fragen gestellt, sich wieder Notizen gemacht, ein Telefonat geführt und anschließend gesagt: „Alles Weitere hat dann noch Zeit. Ich denke, Sie sollten sich erst einmal etwas sammeln.“

„Sie gehen doch jetzt nicht?“, hatte ich mit panischer Stimme gefragt, voller Angst davor, dass sie mich alleine lassen würden.

„Wir gehen erst, wenn ein Mitarbeiter vom Roten Kreuz eingetroffen ist, der so lange bei Ihnen bleiben wird, bis jemand von Ihrer Familie oder Ihren Freunden hier ist, der sich um Sie kümmern kann. Der Seelsorger, der die Angehörigen betreut, ist bereits verständigt und wird gleich eintreffen“, hatte er geantwortet. Das Wort „Angehörige“ hatte in meinem Kopf widergehallt, und Tränen waren mir über das Gesicht gelaufen. Ab diesem Zeitpunkt habe ich nichts mehr richtig wahrgenommen. Ich habe mich selbst nicht mehr gefühlt.

Das erste Jahr nach dem Unfall habe ich lediglich körperlich existiert. Jede meiner Handlungen habe ich mechanisch verrichtet. Selbst die Bewältigung alltäglicher Dinge hat mich große Überwindung gekostet und eine enorme Kraftanstrengung dargestellt.

Rückblickend frage ich mich, wie ich diese Zeit, die mir so schwer und hoffnungslos erschienen war, überhaupt überlebt habe.

Mit Weite im Herzen

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