Читать книгу Tage mit Turmalin - Ronja Potstawa - Страница 10

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Marie

Ich wollte das Bewusstsein schnellstmöglich verlieren, doch mein Kopf war so hellwach und ich schien so in diesem Moment gefangen zu sein, dass ich meinen festen Griff über die vorüberziehenden Sekunden nicht lösen konnte, als ich mich hinlegte und die weiche Bettdecke über meine erschöpften, geschwächten Glieder zog.

Meine unbedeckten Arme lagen auf der Decke und ich merkte, wie ich die Bettkante mit einem Zeigefinger gedankenlos entlangstrich, sie ohne Ziel betrachtete.

Es war ein schwacher Versuch, mich von der Hoffnung abzulenken, dem Wunsch, dem einen Verlangen, das mein Herz umklammert hielt.

Mein Zimmer war gedämpft beleuchtet in der Dunkelheit der Nacht – fast dem frühen Morgen – sanft getränkt in Mondlicht, das durch meine halbgeschlossenen Rollläden schien. Ich konnte es nicht ertragen, sie gänzlich zu schließen. Nie, falls ...

Das war der Augenblick, in dem ich ihn endlich sah.

Dort saß er, nur höchstens zwei Meter entfernt von mir in meinem Schreibtischstuhl, mich betrachtend.

Als mein Blick den seinen traf, zeigte sich ein leichtes Lächeln auf seinen Lippen. Ich konnte es trotz des Halbdunkels so klar sehen, als wären wir umgeben von hellem Tageslicht. Doch vielleicht war ich auch nur sehr sicher, dass er lächelte. Vielleicht war es nur meine bloße, pure, reine, egoistische Sicherheit, dass es ihn freute, mich zu sehen ...

Er musste bemerkt haben, dass ich kurz davor war, etwas zu sagen, denn er legte einen Finger an seine Lippen und hielt meine ungeschickten Worte auf. Natürlich hatte er sie bereits gewusst.

Es gelang mir, sie zurückzuhalten und mich für eine gefühlte Ewigkeit zusammenzunehmen, eine Ewigkeit, die kein Ende zu haben und so unerträglich viel länger schien als die wenigen Minuten, die sie tatsächlich angedauert hatte, bis ich es nicht mehr aushalten konnte und es aus mir herausbrach, in atemlosem Flüstern.

„Ich freue mich so sehr, dass du hier bist. Ich brauche dich hier, so sehr ... einfach nur, dass du hier bist ... ich habe es mir so sehr gewünscht ... dass du einfach hier bei mir bist ... nur du ...“

Meine Brust bebte mit diesen verzweifelten Worten und mir wurde klar, dass sie es niemals vermögen würden, die Intensität meines Bedürfnisses nach ihm und all die Freude auszudrücken, das Verlangen, ihn einfach hier bei mir zu sehen und die unglaubliche Erleichterung, die seine Gegenwart in mir auslöste. Als meine Worte aufgehört hatten, Sinn zu ergeben, schluckte ich und kontrollierte meinen Atem, während meine Augen nie die seinen verließen.

Die Angst, dass er wie eine Vision einfach verschwimmen und verschwinden könnte, in dem Moment, in dem ich seinen Blick verlor, war so intensiv, dass ich mir den Schmerz noch nicht einmal vorzustellen wagte.

„Ich weiß“, antwortete er, beruhigte mich mit seiner leisen, ruhigen, geduldigen Stimme, ein so reiner, purer Ton, der mich leicht erschaudern ließ.

„Du weißt ... alles, was ich ... alles?“ Meine flüsternde Stimme brach weg.

„Ich weiß es alles, Marie, ich weiß.“

Ich fühlte, wie eine einzelne Träne meine erhitzte Wange hinabrann und bevor ich sie wegwischen konnte, hatte er schnell, in einer einzigen stillen Bewegung, den Abstand zwischen uns genommen und sich neben mir niedergekniet und strich, nach einem Moment des Zögerns, als warte er auf meine Erlaubnis, mit einer Fingerspitze über meine Haut, eine Berührung so sanft wie die einer Feder, fast nicht zu spüren.

„Du solltest mich nicht so sehr brauchen“, sagte er dann und sein Blick war so zärtlich, dass ich wegsehen musste, als ein Ansturm von Schuld neue Tränen in meine Augen zu bringen drohte.

„Nein, nein“, er schüttelte langsam den Kopf, „fühle dich nicht schuldig, Marie. Bitte. Ich bin hier. Du weißt das. Ich habe dir gesagt, dass ich hier sein würde. Und es ist wahr. Glaubst du es? Glaubst du mir?“

Ich biss mir auf die Lippen und nickte und streckte vorsichtig die Hand aus, um die seinige mit meiner zu umschließen, fühlte mich so klein in meiner Suche nach Beruhigung, nach ihm.

Und er zog sie nicht weg. Ihn zu berühren, ließ eine intensive Welle der Wärme durch meine Seele strömen und brachte ein Lächeln auf meine angespannten Lippen und ich zeigte es ihm, gänzlich unbedeckt. Und als er es erwiderte, konnte ich den Mann in ihm sehen und seine Liebe.

Tage mit Turmalin

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