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Die Wölfe

Sie rennen über den moosig grünen Waldboden. Sie streunen herrenlos. Mit fast grotesker Leichtigkeit trotz ihrer massigen, muskulösen Körper stürmen sie durch das Laub, dort ist niemand, der sie führt, und niemand, der sie leitet.

Sie müssten schwer sein, doch sie sind es nicht. Sie leiten sich selbst. Zu einem Ort, der wie ein Relikt scheint aus einer vergangenen Zeit, längst bedeutungslos im Strom des großen Rahmens, der uns umschließt und uns eindringlich mit tiefer, sonorer Stimme das Heute in die gespitzten Ohren raunt.

Der Rahmen weitet sich wie der Wald zu einer Lichtung, mehr Licht wartet auf die Wölfe. Den Grund kennen sie nicht; die Bäume sind zu hoch. Doch sie haben es nicht im Sinn zu fragen; sie tun, wozu sie gekommen sind. Wozu sie geboren sind.

Nicht die scharfen Steine, nicht die glatte, feuchte Erde, nicht die beißenden Lichtstrahlen, nicht die Geräusche dessen, was sie nicht kennen, nicht kennen können – nichts hält sie auf. Nichts hält sie im Rahmen.

Sie brechen aus, immer wieder, sie entgleiten dem Rahmen, der sie nicht mehr hält und nicht mehr halten kann. Der Rahmen fällt auseinander, die Wölfe kontrollieren ihn. Sie halten seine Stangen mit dem Griff scharfer Zähne, blitzend wie gewetzte Messer. Sie zerteilen die Stangen, reißen sie entzwei.

Dann bedecken sie die Reste dessen, was sie einst gehalten hat, mit ihren großen, geschickten Pfoten, die Krallen umschließen flink das dünne Material. Sie schlagen ihre Zähne hinein, immer wieder, bis sie es gebrochen haben. Ihre gierigen Zungen fischen die Einzelteile aus ihrem Zahnfleisch.

Bis sie gänzlich gebrochen haben, was sie einst fest- und ferngehalten hat. Von dem, was sich dort draußen verbirgt. Außerhalb des Rahmens. Mit zufriedener Zunge lecken sie sich über die Zähne. Sie haben ihr Werk vorerst vollendet.

Sie strömen nun zu allen Seiten aus der Lichtung heraus, aus dem lichtbeschienenen Ort mit den Resten des Rahmens, verloren auf dem moosigen Grund verstreut. Sie strömen in die Tiefen des Waldes, die sie nie kannten, in leichtfüßigerem Lauf, fast schwebend, wie von einer Last befreit.

Und während sie rennen, fahren sie sich mit der Zunge über die scharfen Zähne und schlucken alle Reste des Rahmens.

Zurück auf der Lichtung bleiben die Schafe, im alten Rahmen. Sie lassen sich leiten und führen.

Doch sie wetzen ihre Zähne in der Dunkelheit der Wälder und kehren zu der Lichtung zurück ohne Gebiss. Der Rahmen, der sie hält, kennt die Wahrheit nicht:

Die bösesten Wölfe waren noch immer die Schafe.

Tage mit Turmalin

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