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11. Kapitel

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Iggy Fox-Templeton wird in dieser Geschichte eine wichtige Rolle spielen. Ich hätte selbst nie damit gerechnet, dass wir mal so gute Freunde werden würden. Oder dass es überhaupt eine gute Idee sein könnte, sich mit ihm anzufreunden.

Iggy ist nämlich der Junge, der die Schule in Brand gesteckt hat. Obwohl das gar nicht stimmt, denn ich war zufällig dabei. Bloß der Junge, der den Mülleimer in Brand gesteckt hat klingt einfach nicht so toll.

Mam und Dad finden, dass Iggy kein guter Umgang ist, weil er besagte Tüte Chips aus dem Lagerhaus geklaut hat.

»Und dann nennt er seine Mutter auch noch Cora«, sagte Dad abfällig. »Durchgeknallte Hippietante trifft es wohl eher!« Das ging Mam aber zu weit und sie bat ihn, nicht so gemein zu sein.

Ich bin zwar erst seit September hier auf der Schule, aber Iggy war fast nie da, entweder schwänzte er oder er war vom Unterricht suspendiert, weil er mal wieder was ausgefressen hatte.

Und neulich hat er dann den Mülleimer auf einem der Schulspielplätze abgefackelt.

So schlimm war es eigentlich gar nicht. Niemand ist verletzt worden, wobei das natürlich hätte passieren können. Und Iggy wäre sogar ungeschoren davongekommen, wenn Nadia Kowalski ihn nicht verpetzt hätte. Mit der hatte er es sich kurz zuvor gründlich verscherzt und sie war auf Rache aus.

Es fing alles im Physikunterricht an. Unser Lehrer Mr Springham sprach über Lichtbrechung. Oder Spiegelung. Vielleicht auch beides, so genau erinnere ich mich nicht mehr. Allerdings weiß ich noch, dass Iggy nach vorn gerückt war und fasziniert beobachtete, wie Mr Springham einen Lichtstrahl mithilfe einer Wasserflasche auf einen einzelnen Punkt ablenkte. Iggy schrieb sogar mit, was ich sonst bei ihm noch nie erlebt hatte.

Am nächsten Tag saß er hinter mir im Schulbus.

Vor mir war Tammy mit Nadia Kowalski. Außer uns fuhren noch sechs weitere Schüler regelmäßig mit, alle aus verschiedenen Jahrgangsstufen, aber die kannte ich kaum. Manche unterhielten sich, andere hörten Musik oder spielten auf ihren Handys herum.

»Grüß dich, Tait.« Iggy beugte sich von hinten über die Lehne. Das war im Oktober, ein paar Monate nach unserem Umzug nach Kielder, da kannte ich ihn erst flüchtig. Außer Tammy war er im Dorf der Einzige in meinem Alter. Er ist sogar ein Jahr älter als Tammy und ich, aber weil er in der Schule so häufig gefehlt hat, geht er noch in die siebte Klasse.

»Willst du mal meinen Todesstrahl sehen?«, flüsterte er mit Seitenblick auf Tammy und Nadia.

Ohne meine Antwort abzuwarten (ich hätte ohnehin Ja gesagt, wer würde nicht gern einen Todesstrahl sehen, was immer sich dahinter verbarg?), drängte er sich an mir vorbei an den Fensterplatz.

»Versprichst du mir, dass du dichthältst?«, fragte er.

Ich zuckte die Achseln. »Klar.«

Dann nahm Iggy die Brille ab. »Warte, bis wir anhalten.«

An dem Tag war es echt warm, es fühlte sich mehr wie August als Oktober an. Die Sonne schien von einem wolkenlosen Himmel. Kurz darauf hielt der Bus an einem Feldweg, da würden wir jetzt eine Weile stehen, denn das Mädchen, das da wohnte, kam immer zu spät. Die Fahrerin stellte den Motor ab und alles wurde still. Iggy wühlte in seiner Tasche herum und förderte eine kleine, runde Glasflasche zutage, die genauso aussah wie die, mit der Mr Springham die Lichtbrechung demonstriert hatte.

»Hey, ist das …«, setzte ich an.

»Schhhh. Habe ich mir nur ausgeliehen. Jetzt pass auf.«

Er hielt die Flasche ans Fenster, nahm die Brille von der Nase und bewegte sie vor der Flasche auf und ab.

Die Sonne schien durch die Flasche und die dicken Brillengläser auf den Sitz vor uns und bildete da ein Lichtdreieck, an dessen Spitze ein heller Kreis thronte. Iggy drehte die Brille ein wenig, sodass sich der Kreis zu einem scharfen Lichtpunkt zusammenzog, den Iggy sogar bewegen konnte. Ganz langsam ließ er den Punkt die Lehne hinaufwandern, bis er auf Nadia Kowalskis Nacken ruhte.

»Das ist elementare Physik«, flüsterte Iggy, als wäre das sein Spezialgebiet. »Die Linse meiner Brille bündelt die Sonnenstrahlen zu einem Brennpunkt. Pass auf!«

Es dauerte nicht lange. Sekunden später schon schrie Nadia »Au!« und ihre Hand schoss in den Nacken. Nachdem sie zu Tammy gesehen hatte, drehte sie sich zu uns herum.

Iggy hatte sich die Brille wieder aufgesetzt und trank einen Schluck Wasser aus der Flasche.

»Habt ihr … habt ihr gerade …?«

Mit großen, unschuldigen Augen sahen Iggy und ich erst uns und dann Nadia an.

»Was?«, fragten wir im Chor. Nadia wendete sich wieder ab.

An ihrem Nacken konnte ich einen winzigen Brandfleck von Iggys »Todesstrahl« ausmachen. Und ich konnte erkennen, dass sie knallrot geworden war, denn alle im Bus hatten sich bei ihrem Aufschrei zu ihr umgedreht, auch ein Junge namens Damien aus der Neunten. Wir wussten alle, wie sehr sie für ihn schwärmte.

Mit einem fiesen Grinsen machte sich Iggy aufs Neue ans Werk, nahm die Brille ab und brachte sie in Position, doch in dem Moment wurde der Motor wieder angelassen. Bei der Vibration war es ihm unmöglich, den Todesstrahl ruhig zu halten.

So leicht wollte Iggy allerdings nicht aufgeben. Zwanzig Minuten später hielten wir vorm Schultor. Der Motor wurde ausgeschaltet und alle erhoben sich von den Plätzen.

»Nicht so eilig!«, brüllte Maureen, die Busfahrerin, die die Türen immer erst öffnete, wenn sie ihren Bogen auf dem Klemmbrett ausgefüllt hatte.

Iggy nutzte die Gunst der Stunde, riss sich die Brille von der Nase und lenkte den Todesstrahl auf Nadias Kniekehle.

Nadia stand ganz still, der Lichtpunkt war spitz und grell. Sie unterhielt sich gerade mit Damien Sonstwie und warf das Haar zurück, als sie plötzlich laut aufkreischte.

»Auuuuuuu!« Die Bücher, die sie im Arm hielt, fielen zu Boden. Alle starrten sie an, als sie sich runterbeugte und die schmerzende Kniekehle rieb.

Dabei rammte sie Damien ihren Kopf in die Brust, sodass er in die anderen hinter sich stolperte, woraufhin Maureen losbrüllte: »Jetzt reißt euch doch mal zusammen, Leute!«

Mir gelang es, keine Miene zu verziehen, doch Iggy schüttete sich aus vor Lachen.

Als wir dann irgendwann den Bus verlassen durften, hörte ich, wie Damien zu seinen Kumpels sagte: »Die hat ja echt ’nen Hau!« Und zwar so laut, dass Nadia es hören musste.

Tammy lief neben mir. »Das war ganz schön gemein von euch«, sagte sie, aber auch sie konnte sich das Grinsen kaum verkneifen.

»Ich habe damit nichts zu tun. Das war Iggys Todesstrahl.«

Tammy schüttelte den Kopf und schnalzte mit der Zunge. »Die rächt sich. Wart’s ab.«

Da musste Iggy nicht lange warten.

Das Kind vom anderen Stern

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