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Kapitel 2

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Anton Praetorius erhob sich, als es zu später Stunde an seine Tür klopfte.

„Wer dort?“, rief er verärgert durch den Türspalt, den er vorsorglich mit seinem rechten Fuß verschlossen hielt. Die Zeiten waren im Jahre 1586 nicht so, dass man jedermann hereinlassen sollte.

„Mach die Tür auf, Praetorius. Ich bin’s, Johann Bodde!“

Anton ließ den Richter herein und bat ihn, auf dem Holzschemel Platz zu nehmen. Er wollte sich seinen Ärger über die späte Störung nicht anmerken lassen, denn schließlich war Bodde einer der 14 Bürger der Stadt Kamen, die eine Stiftung für die Errichtung einer Lateinschule begründet hatten. Praetorius sollte Rektor dieser Schule werden und „45 Taler pro anno“ bekommen.

„Sollte Kamen durch die Obrigkeit oder von selbst zum leidigen Papsttum und dessen verführerischer abgöttischer Lehre zurückkehren, so sollen die Spender oder deren Erben alles zurücknehmen können“ stand in der Stiftungsschrift, die Praetorius erst vor zwei Tagen unterzeichnet hatte.

„Was willst du von mir?“, eröffnete Anton das Gespräch, nachdem der Richter keine Anstalten gemacht hatte, den Grund seines Besuches zu nennen.

„Meine Frau hat schon wieder ihr Kind verloren, Praetorius.“

Aus Richter Boddes Stimme klang mehr Wut als Trauer.

„Und sie ist schuld. Sie hat ihr den Besen in den Weg gestellt, so dass Gesine zu Boden stürzen musste.“

„Redest du von eurer Magd, der Agnes?“

„Sprich ihren Namen nicht aus, Anton. Schon das kann auch für uns den Tod bedeuten. Sie ist eine Hexe, bestimmt, ich weiß es. Ich habe sie gesehen auf dem Werver Feld vor dem Unwetter. Sie hat dort getanzt und seltsame Verrenkungen gemacht. Am Hals hat sie ein scheußliches Feuermal und dünn ist sie wie eine Bohnenstange. Sie hat meine Frau verhext, hat ihren Leib unfruchtbar gemacht.“

„Das redest du dir ein, Johann. Deine Frau hat einen schwachen Unterleib. Das ist der Grund, warum sie keins eurer Kinder austragen kann.“

„Du hast gut lachen. Gerade hat deine Frau dir einen Sohn geschenkt und sicher kommt bald der nächste und noch eine Tochter und so weiter, und so weiter.“

„Versündige dich nicht, Johann. Du weißt genau, dass unser Sohn kränkelnd ist und meine Frau sich gar nicht recht erholen will von den Strapazen der Geburt. Du brauchst auf uns nicht neidisch zu sein.“

„Hast ja Recht, Praetorius. Aber dieser Hexe muss das Handwerk gelegt werden. Als Pfarrer hast du doch Einfluss auf die Kirche, Anton. Sie muss Klage erheben.“

„Du bist doch selbst Richter, Johann. Für eine Anklage brauchst du die Kirche nicht. Oder möchtest du deine Hände in Unschuld waschen? Soll niemand wissen, dass du hinter der Sache steckst? Weil deine Frau ihre Magd so sehr liebt, Johann? Ist es so?“

Anton Praetorius hatte sich ereifert und beugte sich drohend über den zusammengesunkenen Richter.

„Ich habe sie brennen sehen, Johann. Halbe Kinder noch, unschuldig wie ein Lamm. Gefoltert mit Daumenschrauben, Peitschen und Stöcken, eingetaucht in eiskaltes Wasser, verbrannt mit in Schwefel getauchten Federn, gebadet in siedendem Kalkwasser haben sie schließlich alles gestanden, was man ihnen vorwarf. Besonders gnädige Richter bewilligten diesen armseligen Kreaturen die Erdrosselung vor dem Tod auf dem Scheiterhaufen. Ich war dabei, Johann.“

Richter Bodde erhob sich. „Also gut, Anton. Du willst mir nicht helfen. Wenn du dabei bleibst, wird Kamen einen anderen Rektor an seiner Lateinschule bekommen. Dafür werde ich sorgen.“

Ohne Gruß verließ Johann Bodde die Behausung des Pfarrers.

Die Hexen von Kamen

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