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Kapitel 5

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Anton Praetorius stieg mit kräftigen Schritten die schmalen Stufen zum Glockenturm hinauf. Hin und wieder stieß er schnaubend die Luft aus seinem Mund. Nicht wegen der Anstrengung, die ihm das Treppensteigen bereitete, sondern wegen der Wut, die in seiner Brust rumorte. Warum waren sie alle so verbohrt? Richter Bodde war ein ehrenwerter Mann, ein überzeugter Protestant, klug und belesen. Wieso glaubte auch er, wie viele andere Kamener Bürger, an Hexen und Zauberer?

Für alles wurden diese bedauernswerten Geschöpfe verantwortlich gemacht: für schlechte Ernten, Unwetter, Feuersbrünste, Epidemien und so weiter, und so weiter …

Praetorius wusste, dass selbst Luther und Calvin an die Macht von Hexen geglaubt hatten.

„Die Zauberinnen sollst du nicht am Leben lassen!“

So zitierten sie das 2. Buch Moses im Alten Testament.

„Aber ihr irrt Euch!“, schrie Anton Praetorius laut herunter vom Glockenturm der Pauluskirche zu Kamen. Ein paar Tauben flogen erschrocken davon und Praetorius begann wütend an den Glockensträngen zu ziehen. Hexerei und Zauberei waren Werke des Teufels, nur Gott konnte dies strafen, nicht die Menschen.

Gleich würden sie hineinströmen, in die Kirche, würden beten und singen und sich gegenseitig in ihrer Grausamkeit bestärken.

Sie würden die Kälte bejammern, die immer mehr zunahm, die das Korn verfaulen ließ, in die Häuser kroch, sie feucht und muffig machte, so dass kein Feuer ihrer Herr wurde.

„Merkt ihr nicht, dass die Kälte aus euren Herzen kommt?“ Praetorius schrie sich immer mehr in Wut. Die richtige Stimmung für die Predigt, die er gleich halten würde. Er würde ihnen einheizen, den braven Bürgern Kamens, allesamt grausame Folterknechte, Mörder. Kein Blatt würde er vor den Mund nehmen, auch wenn er nicht Rektor der Lateinschule werden würde, wenn sie ihn verjagen würden aus Kamen.

Er würde ihnen den Hexenwahn austreiben und wenn es ihm nicht gelang, würde er weiter ziehen. In einen anderen Ort, wo die Menschen vernünftiger waren, klüger, wo man die Bibel richtig verstand.

Während er die Stufen wieder hinab stapfte, tauchte ein Bild aus seiner Kindheit vor seinen Augen auf.

Ein niedergebrannter Holzhaufen, aus dem immer noch leichter Rauch aufstieg. In der Mitte ein verkohlter Pfahl, an dem ein unförmiger Klumpen hing, schwarz, stinkend. Erst in der Kontur erkannte man schwach so etwas wie einen Kopf, verkohlt, aufgeplatzt, ein weit aufgerissenes Maul, gelbe Zähne einer Totenfratze. Er hatte sie gekannt, ein Mädchen aus der Nachbarschaft. Mit lustigen roten Zöpfen, das gern hüpfend durch die Gassen sprang. Das Essen war knapp in ihrem Elternhaus, so war sie leicht gewesen wie eine Feder oder … dünn wie eine Hexe.

Die Hexen von Kamen

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