Читать книгу Die Hexen von Kamen - Roswitha Koert - Страница 8
Kapitel 4
ОглавлениеThomas war an einer Fischgräte erstickt.
Ich erfuhr es von Helga, die es von einer Freundin gehört hatte.
Dass Thomas Fisch liebte, wusste ich nur zu gut.
Ich lächelte, als ich den holprigen Friedhofsweg zurück zum Parkplatz ging.
Damals, als wir auf Sylt waren, aß Tommi jeden Tag Fisch.
„Nirgends ist er so frisch wie hier“, schwärmte er und versuchte wieder einmal, mich ebenfalls zu einer „Scholle Finkenwerder Art“ zu überreden.
Ich war stur geblieben und bestellte ein Rumpsteak medium.
Eigentlich hätte ich gern die Scholle oder etwas anderes aus dem Meer probiert, aber schon der Gedanke an Thomas Reaktion „Siehst du, habe ich dir doch gleich gesagt!“, weckte meinen Trotz.
Ich wollte ich bleiben, kein „Tommi-Wackel-Dackel-Hündchen“ werden, das gab es schon.
Wir wohnten damals in einem kleinen Hotel in Westerland, schön zentral gelegen, nicht ganz so vornehm, denn das hasste ich. Wir waren zum Biikebrennen hergekommen, einem Spektakel, das jedes Jahr im Februar auf Sylt stattfand.
Am Morgen des 21. Februars machten wir eine lange Wanderung um den Ellenbogen. Es nieselte etwas, aber wir waren warm angezogen, dicke Pullover und darüber Regenjacken, meine in rot, Tommis in grün.
„Du musst es ihr endlich sagen.“
Tommi nickte, aber ich kannte dieses Nicken. Wütend stapfte ich weiter, sammelte ein paar Muscheln auf und einen Stein, den ich für einen Bernstein hielt. Mit Thomas sprach ich nicht mehr.
Erst am Abend, als wir uns in alten Jacken auf dem Weg zum Feuer machten, hielt ich das Schweigen nicht mehr aus.
„Heute Abend musst du Grünkohl mit Schweinebacke essen, das ist Tradition beim Biikefeuer.“
„Ja, ja, ich weiß, der Gott Wotan soll gnädig gestimmt werden und den Winter vertreiben. Gut, dass ich nicht Wotan bin. Mit Grünkohl könntest du mich nämlich vertreiben, aber nicht gnädig stimmen. Willst du mich vertreiben?“
Thomas zog mich an sich und versuchte, mich zu küssen.
„Nein, das will ich nicht. Aber wenn du nicht machst, was ich sage, stoße ich dich ins Biikefeuer und lass dich verbrennen.“
„Du, Hexe!“, schrie Tommi, fasste mich grob beim Nacken und drückte meinen Kopf herunter.
In dieser Haltung liefen wir kreischend weiter, immer in Richtung des Feuers, das bereits hoch in den Himmel loderte und ringsum Rauch und Funken versprühte.
„Ihr müsst zusammen über das Feuer springen“, riet uns ein vorbeilaufender Seebär, „das schweißt für immer zusammen.“
„Dann wähle ich doch lieber den Feuertod“, rief Tommi und ich lachte eine Spur zu laut.
Und dann, in unmittelbarer Nähe des Feuers, spürte ich wieder diese seltsame Aura, ein Gefühl von Angst und Schmerz, das ich kannte. Kannte aus einer anderen, fernen Zeit. Zitternd hielt ich mich an Thomas fest.
Einige Tage nach unserer Reise rief Thomas mich an und sagte mit fremder Stimme, dass er es für besser hielte, wenn wir uns eine Weile nicht bla, bla, bla, bla …
Da bereute ich zum ersten Mal, ihn nicht ins Biikefeuer gestoßen zu haben.