Читать книгу Seewölfe Paket 23 - Roy Palmer, Burt Frederick - Страница 35

5.

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Toparca bat darum, mit dem Seewolf sprechen zu dürfen, als dieser in seine Höhle zurückkehrte. Ruhig hörte Hasard sich an, was der Mann ihm zu sagen hatte.

„Wir haben das Recht, diese drei Mörder in Stücke zu schneiden“, sagte der Indio. „Chupa und Atitla warten wie ich darauf, es tun zu können. Warum läßt du nicht zu, daß wir sie zerfetzen und in die nächste Schlucht stürzen, damit der Kondor sie fressen kann?“

„Macht euch nicht die Finger an ihnen schmutzig“, sagte Hasard. Von Hutten war bei ihm und übersetzte. „Es lohnt sich nicht.“

„Weißt du, wie viele von uns diese Hunde getötet haben?“ fragte Toparca.

„Ich kann es mir vorstellen. Andererseits kann ich aber auch keine weiteren Grausamkeiten billigen.“

„Ich beuge mich deinem Befehl“, sagte Toparca.

„Ich werde noch entscheiden, was mit ihnen geschieht“, sagte Hasard. „Ob wir sie mit auf die Schiffe nehmen. Ich weiß es selbst noch nicht. Aber ich informiere dich und deine Stammesbrüder noch darüber, Toparca.“

Toparca zog sich wieder zurück.

„Sicher“, sagte Hasard zu von Hutten und Pater David, der ebenfalls herübergekommen war. „Don Ramón und die beiden Aufseher haben es verdient, zu Tode gequält zu werden. Aber Don Ramón hatte ich versprochen, ihm eine Chance zum Überleben zu geben, wie ihr wißt.“

„Das stimmt“, pflichtete Pater David ihm bei. „Doch es stellt sich die Frage, wie wir weiter mit ihnen verfahren. Willst du sie irgendwo aussetzen?“

„Ich weiß es noch nicht“, erwiderte Hasard.

Es ging inzwischen auf den Nachmittag zu. Daß es nur zu empfehlen war, auch weiterhin auf dem Plateau zu verweilen, war für Hasard logisch und folgerichtig. Erst mußten sie abwarten, ob die Soldaten auftauchten. Sie mußten sie zurückschlagen. Erst dann konnte der Marsch westwärts weitergehen.

Die Zeit verstrich. Bald wurde es dunkel. Stenmark hatte zu dieser Stunde den Späherposten besetzt, und er war es, der im verblassenden Büchsenlicht die Gestalten von Männern entdeckte, die sich über den Pfad dem Plateau näherten. Sofort begab er sich zu Hasard und den anderen, um es zu melden.

„Sie kommen aus Richtung Potosi?“ fragte Hasard.

„Ja“, entgegnete Stenmark. „Es müssen die Soldaten des Stadtkommandanten sein.“

„Wie viele sind es?“

„Fünfzehn mit fünf Maultieren, aber weiter hinten sind noch mehr. Noch mal so viele. Sie halten einen Sicherheitsabstand ein, scheint mir.“

Hasard nickte grimmig. „Schön, wir haben es zwar nicht vorausgesehen, daß sie sich in zwei Gruppen aufteilen, aber irgendwie werden wir auch mit dem zweiten Trupp fertig.“

„Da fällt mir im Moment aber nichts Brauchbares ein“, sagte Ribault.

„Wir gehen folgendermaßen vor“, sagte der Seewolf. „Wir schalten als erstes den Voraustrupp aus. Dadurch wird das Kräfteverhältnis schon mal ausgeglichen.“

„Zwischen ihnen und uns, richtig“, sagte Karl von Hutten. „Aber wie geht es dann weiter?“

„Das ergibt sich mehr oder weniger“, sagte der Profos. „Laßt uns nicht mehr so viel herumquatschen.“

„Die Zeit drängt“, sagte Hasard. „Als erstes kaufen wir uns den Soldaten, der die Maultiere führt.“

„Den übernehme ich“, sagte Pater David.

„Gut. Die anderen – in die Felsen“, sagte Hasard. „Wir werden am Eingang zum Plateau auch eine Brustwehr aus Steinen errichten, sobald die Tiere durch sind.“

„Los geht’s“, sagte Carberry und verließ die Höhle. „Ich suche schon mal ein paar Steine zusammen.“

Kurz darauf hatten sich die Männer auf ihre vorher festgelegten Posten verteilt. Die vorbereiteten Positionen in den Steilfelsen wurden besetzt.

Don Ramón de Cubillo, Delon und Ventura blieben getrennt voneinander in den Höhlen zurück. Sie waren nicht nur gefesselt, von Hutten hatte ihnen auch Knebel in die Münder geschoben, damit sie nicht durch Rufe die ganze Aktion platzen ließen. Dieses Risiko durften Hasard und seine Männer nicht eingehen. Wenn der Führer des Soldatentrupps vorgewarnt wurde, konnte die Situation sehr bedenklich werden.

Pater David begab sich auf den Posten, den er sich selbst ausgesucht hatte, und lauerte am Pfad auf den ersten Soldaten. Sehr lange brauchte er nicht zu warten, schon näherten sich die Schritte, und auch das Hufgeräusch und das Schnauben der Maultiere war deutlich zu vernehmen.

Hernan Tores hieß der Soldat, der die Maultiere führte. Er schnitt eine mürrische Miene und verfluchte innerlich den Teniente Gomez, weil dieser ihnen unterwegs kaum eine Ruhepause gegönnt hatte. Müde und ausgelaugt waren die Soldaten, verbiestert und bereits ziemlich entnervt, denn die länge Tour durch die Berge war alles andere als ein Spaziergang.

Man wäre eben viel lieber in Potosi geblieben. Nach dem Marsch nach Sucre hätten die Soldaten sich gern ausgeruht. Statt dessen mußten sie erneut durch die Felsenlandschaft klettern – und das unter dem Befehl des zähen, unnachgiebigen Gomez, der sie schlechter behandelte als der Stadtkommandant.

Die fünf Maultiere trotteten hinter Hernan Tores her und ließen die Köpfe hängen wie er. Steiler wurde der Pfad, er führte zum Plateau hinauf. Tores fragte sich, welchen Sinn es überhaupt hatte, die Banditen noch zu verfolgen. Was geschehen war, war geschehen. Sollten sie zum Teufel gehen, die Hunde. Wenn sie starben, baute sich der Pulverturm auch nicht von selbst wieder auf, und die Geräte der Münze wurden nicht wie durch ein Wunder wieder heil. Also, was sollte das alles überhaupt? Lohnte es sich?

„Nein“, murmelte Tores. „Es lohnt sich nicht.“

Viel zu spät bemerkte er den Mann, der hinter einem Vorsprung auf ihn lauerte und mit der Faust ausholte. Tores war viel zu müde, ihm fielen bereits die Augen zu. Er wandte verblüfft den Kopf und wollte reagieren, aber da hieb Pater David schon zu.

Ein wuchtiger Jagdhieb fällte Hernan Tores. Ohne den geringsten Laut sackte er in sich zusammen.

„Tut mir leid, Amigo“, sagte der Gottesmann. „Aber das muß nun mal sein.“ Er lud sich den Bewußtlosen auf die Schulter und zerrte die Maultiere an ihren Zügeln hinter sich her. „Kommt, Freunde“, sagte er. „Auch der Herr ritt auf einem Esel in Jerusalem ein. Ihr bestimmt den Lauf der Geschichte.“

Die Maultiere ahnten davon nichts, aber es schien sie auch nicht sonderlich zu kümmern, ob sie nun von einem Soldaten oder einem Mönch geführt wurden. Zufrieden waren sie erst, als sie in einer Höhle verschwanden, in der Diego und seine Artgenossen sie mit Schnauben und dumpfen Lauten begrüßten.

Hinter Pater Davids Rücken setzte unterdessen das Inferno ein. Sein Handeln war für die Männer in den Steilfelsen das Signal gewesen.

„Los!“ drängte Pater Aloysius, der die Aktion leitete – und die Männer lösten die Steinbrocken.

Unten schrien die Soldaten auf, als sie die ersten niederstürzenden Steinbrocken sahen.

„Zurück!“ brüllte einer von ihnen.

Aber es war schon zu spät. Donnernd entlud sich die Lawine von Steinen auf den Pfad – eine Lawine des Todes. Es krachte, dröhnte und rumpelte, und die gellenden Schreie der Männer tönten durch die Dunkelheit.

Teniente Alvaro Gomez, der sich bei dem zweiten Trupp befand, blieb wie vom Donner gerührt stehen.

„Was ist das?“ sagte er fassungslos.

„Steinschlag“, entgegnete der Sargento, der sich unmittelbar hinter ihm befand. „Mein Gott, es hat unseren Vortrupp getroffen.“

Noch wollte Gomez es nicht wahrhaben, aber kurz darauf mußte er es einsehen: Die Lawine hatte den ganzen Voraustrupp in die Tiefe gerissen.

Kaum waren die Brocken gelöst, nahmen Hasards Männer mit Musketen das Feuer auf den Nachtrupp auf. Die Waffen krachten, die Kugeln flogen auf die Spanier zu.

„Deckung!“ brüllte Gomez im Knallen der Schüsse und Aufblitzen der Mündungsfeuer. Er warf sich hin und entging einer Kugel. Sie schlug neben dem Platz, an dem er eben noch gestanden hatte, gegen den Felsen und verlor sich als jaulender Querschläger in der Dunkelheit.

Ein Soldat, der sich vor Gomez befand, hatte Pech. Gurgelnd brach er zusammen und stürzte von dem Pfad in die Tiefe. Die anderen rissen ihre Musketen und Tromblons hoch und feuerten zurück. Gleichzeitig zogen sie sich zurück und duckten sich. Gomez streckte seine Muskete vor und zielte auf einen der Mündungsblitze, dann drückte er ab. Hinter ihm sank wieder ein Soldat getroffen in die Knie. Er versuchte, sich auf dem Pfad zu halten, verlor aber das Gleichgewicht und verschwand mit einem gellenden Schrei.

Gomez’ Kugel sirrte haarscharf an Dan O’Flynn vorbei, der zu den Schützen in den Steilfelsen gehörte. Mit einem Fluch zog er den Kopf ein. Links neben ihm war Carberry, der noch seine Muskete abfeuerte. Rechts kauerte hinter einem Vorsprung Pater Aloysius, der gerade seine Waffe nachlud. Im Dunkeln war das nicht einfach, aber er hantierte schnell und geschickt.

Dan beobachtete ihn dabei aus den Augenwinkeln. Dieser Gottesmann, der aus einem Land namens Tirol stammte, sorgte immer wieder für neue Überraschungen. Keiner hatte gewußt, daß er derart gut mit Schußwaffen umzugehen verstand.

„So“, sagte der Profos. „Einen von den Hunden habe ich noch erwischt.“ Er duckte sich, aber unten krachten keine Schüsse mehr.

Dan riskierte einen Blick.

„Die Dons ziehen sich hinter eine Biegung zurück“, sagte er.

„Drei Verluste“, sagte Pater Aloysius. „Jetzt hat der Anführer noch zwölf Soldaten.“

„Was wird er tun?“ fragte Karl von Hutten.

„Das weiß er selber nicht“, entgegnete Jean Ribault mit gedämpfter Stimme. „Ich glaube aber nicht, daß er so schnell aufgibt.“

Sie verzichteten darauf, noch weitere Schüsse abzugeben. Sie hätten nur Munition vergeudet. Abwartend kauerten sie in den Felsen und warteten weitere Befehle Hasards ab.

Totenstille trat ein, nichts schien sich mehr zu regen. Auch Hasard und seine vier Helfer Matt Davies, Gary Andrews, Stenmark und Mel Ferrow verhielten sich ruhig. Sie hatten am Zugang zum Plateau eine Brustwehr aus Steinen errichtet. Lücken, die als Schießscharten dienten, hatten sie dabei wohlweislich gelassen. Zu fünft hielten sie Wache, mit schußbereiten Musketen und Blunderbusses.

Pater David hatte inzwischen den bewußtlosen Soldaten gefesselt und geknebelt. Er vergewisserte sich, daß sich die fünf Maultiere ruhig verhielten, dann ging er zu Hasard und den vier anderen Männern hinüber und betrachtete die Brustwehr.

„Ein gutes Stück Arbeit“, sagte er leise. „Ich möchte wirklich wissen, was die Soldaten jetzt noch unternehmen wollen.“

„Der Pfad ist zur Zeit mit Felsbrocken blockiert“, sagte der Seewolf. „Es dürfte einige Zeit dauern, bis sie die weggeräumt haben. Außerdem ist es jetzt dunkel.“

„Da kann man leicht danebentreten oder ausrutschen“, sagte Pater David mit nachdenklicher Miene. „Der Pfad ist schmal. Und sollten sie es trotzdem schaffen, dann haben sie hier eine weitere Barriere vor sich, die sie kaum nehmen werden.“

„Mit anderen Worten, wir haben bereits gewonnen?“ Stenmark schüttelte den Kopf. „Da würde ich nicht so sicher sein.“

„Wir warten ab, was sich tut“, sagte Hasard. „Eine andere Wahl haben wir ohnehin nicht.“

Noch wußten sie nicht, daß es der Teniente Alvaro Gomez war, der den Trupp Soldaten anführte, ausgerechnet jener Mann, der von Carberry öffentlich niedergeschlagen und gedemütigt worden war. Aber bald sollten sie es erfahren.

Seewölfe Paket 23

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