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4.

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Die Morgenluft war feucht und kühl, die Sichtverhältnisse besserten sich im aufsteigenden Nebel nur langsam.

Für die kleine Armada, die sich vom Lake Borgne her näherte, war das jedoch kein Hindernis. Die Besatzungen der fünf einmastigen Schaluppen und der zwei ebenfalls einmastigen Pinassen kannten die Gegend wie ihre Hosentaschen, denn sie waren als Marodeure auf die Küsten Floridas spezialisiert.

Ihr Anführer hieß Duvalier.

Er war Franzose, von schlanker Statur und hatte ein schmales Gesicht. Seine langen, strähnigen Haare, die bis auf die Schultern fielen, wurden teilweise von einem breitrandigen Schlapphut bedeckt. Der ungepflegte Bart, der seine Oberlippe zierte, zog sich in steilen Winkeln nach unten, seine Augen wirkten schmal und verkniffen.

Duvalier war ein Schnapphahn übelster Sorte – mißtrauisch gegen jedermann, hinterhältig, verschlagen, grausam, brutal und habgierig. Aber die meisten der mehr als fünfzig Galgenstricke, die sich an Bord der sieben Einmaster befanden, standen ihm in nichts nach. Der Teufel selber schien diesen wüsten, verkommenen Haufen ausgespuckt zu haben.

Der Lake Borgne, der dem Lake Pontchartrain im Osten vorgelagert ist und im Grunde nichts anderes als eine weitläufige Meeresbucht darstellt, gehörte zu jenen Gegenden, denen Duvalier von Zeit zu Zeit einen Besuch abstattete.

Diesmal waren die Schlagetots jedoch nicht beim routinemäßigen „Abklappern“ der Küste, sondern beim Aufspüren jener beiden Galeonen namens „Isabella“ und „San Donato“, von denen die spanischen Deserteure, die ihnen in die Hände gefallen waren, gesprochen hatten.

Eigentlich war Duvalier mit den Prisen der vergangenen Tagen recht zufrieden. So viele fette Brocken gab es in dieser Gegend nicht oft. Die dicksten Brocken aber würde er sich erst holen, wenn er die beiden Schiffe gefunden hatte.

Die fünf Spanier, die von der wracken „Santa Teresa“ desertiert waren, hatten die Galeonen genau beschrieben. Nach einer hartnäckigen Verfolgung durch sie und ihre Landsleute hatten sich die beiden Segler höchstwahrscheinlich in den Lake Borgne oder den Lake Pontchartrain verholt, um dort das Ende des Sturms abzuwarten. Von Nutzen war den Spaniern diese bereitwillige Auskunft jedoch nicht gewesen. Duvalier war nicht davor zurückgeschreckt, sie samt und sonders über die Klinge springen zu lassen, nachdem er sie ihrer Waffen und Kleidung beraubt hatte.

Danach aber hatte er mit seinen verluderten Kerlen die auf ein Riff aufgelaufene „Santa Teresa“ angegriffen und von den Masttoppen bis zum Kielschwein ausgeplündert. Die drei Überlebenden des erbitterten Enterkampfes – Don José Isidoro und zwei seiner Offiziere – hatte er mitsamt der Beute zu seinem Schlupfwinkel auf der Insel Comfort bringen lassen. Irgendwie, so hoffte der Piratenführer, würde sich mit diesen drei vornehmen Herren ein ordentliches Lösegeld erpressen lassen.

Jetzt aber waren die beiden Galeonen an der Reihe, von denen eine unter englischer Flagge fuhr. Duvalier war fest davon überzeugt, daß er die beiden Schiffe finden würde. Und nichts war seiner Meinung nach einfacher, als die Besatzungen im frühen Morgengrauen zu überrumpeln.

Der Oberschnapphahn hatte seine Lippen zu schmalen Strichen zusammengepreßt. Immer wieder hob er ein Spektiv an die Augen. Aber auch mit dem Fernrohr waren die letzten dichten Nebelschwaden nur schwer zu durchdringen.

Im Lake Borgne befanden sich die beiden Segler nicht, soviel hatte er bereits feststellen können. Demnach mußten sie bereits in den Lake Pontchartrain eingelaufen sein.

„Meinst du wirklich, daß sich die Kerle in diesen Tümpel verholt haben?“ fragte der hagere Bursche, der an der Pinne der als „Flaggschiff“ dienenden Schaluppe auf Station war.

„Ich kann mir nicht vorstellen, daß uns die Dons belogen haben“, erwiderte Duvalier. „Dazu hatten sie viel zuviel Schiß. Bis jetzt hat noch jeder die Wahrheit gesagt, wenn er von uns ordentlich durch die Mangel gedreht wurde. Und wenn die Galeonen im Lake Pontchartrain einen sturmgeschützten Platz gefunden haben, befinden sie sich mit Sicherheit noch dort. Bei dem dichten Nebel in der vergangenen Nacht hätten sie das Auslaufen nicht riskieren können.“

Der Mann an der Ruderpinne gab sich mit dieser Antwort zufrieden. Nur der kleine, schmuddelige Kerl, der faul am Mast herumlungerte, bemerkte wichtigtuerisch: „Die Dons haben uns bestimmt genarrt. Wenn die nur das Maul aufreißen und Luft holen, haben sie schon zehnmal gelogen.“

Duvalier, der angestrengt nach Steuerbord geblickt hatte, fuhr blitzschnell herum und packte den schmierigen Burschen an seinem ehemals weißen Hemd.

„Mich hat noch niemand genarrt, hörst du?“ Seine Stimme klang heiser und wütend. „Und wenn du noch mal eine deiner klugscheißerischen Weisheiten von dir gibst, klopfe ich dir auch noch den letzten Zahnstummel aus der Futterluke, ist das klar?“

„Ich – ich habe verstanden“, stotterte der Pirat mit ängstlichen Blicken.

Duvalier versetzte ihm einen Stoß vor die Brust, daß er der Länge nach auf die Planken stürzte. Dann spuckte er verächtlich vor ihm aus und hob erneut den Kieker an die Augen, als sei nichts gewesen.

Das Piratengeschwader drang kurze Zeit später mit seinen leichten Küstenfahrzeugen in den Lake Pontchartrain vor, und es dauerte nicht allzulange, bis der Oberschnapphahn ein zufriedenes Grunzen hören ließ.

„Na, was habe ich gesagt?“ rief er mit einem raschen Seitenblick zu dem Hageren an der Pinne. „Den ersten Kahn hätten wir schon.“

Der Rudergänger hob die Hand an die Augen, aber ohne Kieker konnte er nichts erkennen. Trotzdem hätte er nicht gewagt, die Meldung Duvaliers auch nur im geringsten anzuzweifeln.

In die Gestalt des Piratenkapitäns geriet jetzt Bewegung. Er ließ sofort die entsprechenden Signale geben und zog sich mit seinen Spießgesellen ins Schilfdickicht zurück. Niemand konnte dort die kleinen Einmaster entdecken, die Schnapphähne fühlten sich absolut sicher.

Duvalier beorderte die Kapitäne der sechs anderen Küstensegler zu sich, um so rasch wie möglich einen todsicheren Kriegsplan auszuhecken.

„Sollten wir nicht zuerst noch die andere Galeone aufspüren?“ fragte einer seiner „Unterkapitäne“.

„Wozu?“ Duvalier kehrte seine Überlegenheit heraus. „In der näheren Umgebung des Kahns ist sie nicht zu sehen, und das kann uns nur recht sein. Wenn wir uns gleichzeitig mit beiden Schiffen anlegen, kriegen wir Schwierigkeiten, denn sie sind uns von der Armierung her weit überlegen. Aber wenn wir uns die Kerle einzeln kaufen, wird die Sache ein Kinderspiel. Wir vernaschen sie schön der Reihe nach – so wie die Mädchen des dicken Rodrigo.“

Die Antwort der Küstenhaie bestand aus gedämpftem Gelächter. Selbstverständlich fand Duvaliers Plan die Zustimmung aller, auch was die noch zu besprechenden Einzelheiten betraf. Leichte Beute war den wüsten Kerlen allemal lieber als ein blutiger Kopf.

„Wie willst du vorgehen?“ fragte einer der Pinassenführer.

„Ganz einfach“, erwiderte Duvalier. „Drei Schaluppen werden sich nach Süden verholen, einen Bogen schlagen und sich dann an die Galeone heranpirschen. Von den restlichen vier Kähnen schleichen sich zwei durch die Sumpfkanäle nach Westen und stoßen von Nordwesten her zu unserer Prise vor. Wir alle kennen uns hier bestens aus, das ist einer unserer Vorteile. Ich selbst werde mich mit den beiden anderen Booten etwas zurückhalten und schließlich von Osten her angreifen, sobald der vereinbarte Pfiff ertönt. Damit haben wir die Burschen in der Zange und zeigen ihnen, wie gut wir unser Handwerk verstehen.“

Der Oberschnapphahn lachte heiser und berührte mit der flachen Hand die Kehle, um spaßeshalber anzudeuten, was er meinte.

„Sehr gut! Ausgezeichnet!“ lobte der hagere Rudergänger, der offensichtlich bemüht war, bei Duvalier Pluspunkte zu sammeln. „Die Bastarde werden es nicht einmal schaffen, ihre Ärsche aus den Kojen zu heben.“

„Wenn sie aufwachen, stellen sie verblüfft fest, daß sie bereits tot sind“, bemerkte ein anderer und fügte ein Lachen hinzu, das an einen kranken Ziegenbock erinnerte. „Lustig wär’s, wenn sie auch ein paar Weiber an Bord hätten …“

Der Hagere winkte ab.

„Da sind mir blitzende Goldstücke lieber. Für ein einziges davon kannst du alle Weiber Rodrigos auf einmal haben.“

Duvalier registrierte zufrieden, daß der Kampfgeist unter seinen Männern zunahm. Er teilte die einzelnen Kähne namentlich ein, damit alles genau nach seinen Plänen ablaufen konnte. Schon kurze Zeit später setzten sich die Schaluppen und Pinassen in Bewegung.

Auf der „San Donato“, die wie ein dunkler Schatten in dem dünner gewordenen Grau des Frühnebels sichtbar wurde, ahnte zu diesem Zeitpunkt noch niemand etwas von dem heimtückischen Vorhaben der Piraten. Die Galeone schwojte gemächlich an der Ankertrosse, als gäbe es weder Tod noch Verderben in den gespenstischen Sümpfen des Lake Pontchartrain.

Seewölfe Paket 18

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