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2 Eine verzweifelte Schlacht

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Der üppige Fleischgeruch von der Mahlzeit der Urwaldwanderer musste die drei Jaguare herbeigelockt haben. In dem dichten Unterholz war es ihnen leicht gelungen, sich unbemerkt bis auf Sprungweite an den Lagerplatz heranzuschleichen. Sie kauerten jetzt vor ihnen — die Leiber an den Boden gedrückt und die gelblichgrünen Augen zu schmalen Spalten zusammengepresst.

Bomba hatte seine Machete schon in der Hand. Er fasste sie bei der Spitze und ließ die etwa einen Fuß lange tödliche Klinge federn, ehe er sie abschnellte. Einer der beutegierigen Jaguare hatte zum todbringenden Sprung angesetzt, aber die blitzende Klinge traf ihn mitten im Fluge. Es schien, als griffe eine unsichtbare Faust nach dem geschmeidigen Raubtierleib und risse ihn in die Höhe. Dann aber sank der Jaguar wie ein schlaffes Fellbündel zu Boden. Vergeblich versuchten die Vorderpranken die tödliche Klinge aus der durchbohrten Kehle zu entfernen. Vergeblich verkrampften sich die Hinterpranken zuckend in den Boden. Unvermittelt streckte sich der gefleckte Leib — die tückischen Augen verglasten, und ein schmales Blutrinnsal sickerte aus der Wunde und färbte das Gras der Lichtung rot.

So schnell spielten sich diese Ereignisse ab, dass Bomba kaum einen Blick auf den sterbenden Jaguar geworfen hatte, als er auch schon den Angriff der beiden anderen Bestien kommen sah. Sie hatten fast im gleichen Augenblick zum tödlichen Sprung angesetzt. Neram warf seinen Speer, um den Ansturm des einen Jaguars abzuwehren. Doch die Spitze ritzte nur die Haut des Tieres, und im nächsten Moment wurde der Indianer zu Boden geschleudert. Mit einem gereizten Knurren vergrub das Raubtier seine Zähne in den Arm des Mannes.

Doch schon war Gibo zur Stelle. Er schwang seine schwere Kriegskeule und ließ sie auf den Kopf der Bestie niedersausen. Betäubt lockerte der Jaguar den Zugriff seiner Zähne. Dann sank er zur Seite, als ein Hagel von Schlägen seinen Kopf zerschmetterte.

Inzwischen hatte sich der dritte Jaguar auf die wehrlose alte Frau gestürzt. Die Bestie kauerte jetzt auf dem schlaff daliegenden Körper, aber ehe die Zähne nach Sobrininis Kehle schnappen konnten, hatte Bomba schon einen Pfeil ergriffen und auf die Sehne seines Bogens gelegt. Er sprang vor und stieß dabei einen hellen Schrei aus. Der schrille Laut hatte die beabsichtigte Wirkung: der Jaguar ließ von seinem Opfer ab und blickte auf. Drohend und fauchend öffnete er den Rachen und ließ ein dumpfes Grollen ertönen. Ruhig zog Bomba die Bogensehne bis zum Kopf zurück. Dann ließ er los — und im nächsten Augenblick bohrte sich der Pfeil in das Auge der Bestie. Mit einem schrecklichen Todesbrüllen überschlug sich der Jaguar bei einem vergeblichen Sprung nach vorn. Dann fiel der mächtige Körper ins Gras und blieb reglos liegen.

Bomba warf den Bogen weg und eilte zu Sobrinini. Bewusstlos und in totengleicher Starre lag sie da. Doch ihr Herz schlug noch, wie der Junge feststellte. Er rannte sofort zum nahen Bachufer hinunter und holte Wasser. Er überspülte ihr Gesicht, rieb ihre Handgelenke ab und flößte ihr etwas Wasser ein. Immer noch regte sie sich nicht. Nirgendwo am Körper war eine Verwundung oder auch nur eine Schramme festzustellen. Aber der schwere Anprall und die Erschütterung durch den Angriff des Raubtieres hatten ihre ohnehin schon schwache Lebenskraft so zerrüttet, dass sie in einer todesähnlichen Ohnmacht dalag.

Bomba bereitete aus Farnen und Gräsern ein Bett und legte den schlaffen Körper der Alten sanft nieder. Dann ging er dorthin, wo Gibo sich um seinen verwundeten Gefährten bemühte. Nerams Arm war übel zugerichtet. Doch Bomba war in der rauen Chirurgie der Dschungelindianer gut bewandert. Er untersuchte zuerst eingehend die Wunde, um festzustellen, ob sie nicht zu sehr verschmutzt war, und als diese Untersuchung zu seiner Zufriedenheit ausfiel, kochte er aus Kräutern, die ihm Gibo besorgen musste, einen Absud und wusch damit die Wunde aus. Dann strich er die verletzten Stellen mit einer Salbe ein, die er immer bei sich trug und deren Heilkraft sich schon oft genug bewährt hatte.

Mit dem stoischen Heroismus der Indianer ließ Neram die Behandlung über sich ergehen, ohne einen Schmerzensruf auszustoßen. Dankbar blickte er zu Bomba auf, und als der Junge ihm ermutigend zunickte, seufzte er zufrieden, legte den Kopf zur Seite und sank sofort erschöpft in Schlaf.

Doch der Dschungelboy fühlte durchaus nicht jenen Optimismus, den er dem Verwundeten gegenüber gezeigt hatte. Seine kleine Streitmacht war durch Nerams Ausfall um ein Drittel verkleinert worden, und das konnte sich in Zukunft als sehr gefährlich erweisen. Neram war ein treuer und erprobter Begleiter des Jungen auf vielen gefahrvollen Wanderungen durch den Dschungel gewesen. Vor langer Zeit hatte er den Indianer aus der Gewalt eines Urwaldtyrannen befreit, bei dem Neram als Sklave ein erbarmungswürdiges Dasein geführt hatte. Seither war Neram bereit gewesen, seinem Herrn durch dick und dünn zu folgen.

Noch schlimmer war es jedoch, dass Sobrinini durch den Angriff des Jaguars einen solchen Schock empfangen hatte. Damit war der Erfolg der Expedition überhaupt in Frage gestellt. In einer lichten Stunde hatte Sobrinini dem Jungen von dem Vorhandensein einer Stahlkassette berichtet, die am Ufer des ‚Unterirdischen Flusses’ vergraben liegen sollte. Angeblich enthielt die Kassette Dokumente und Gegenstände, die für Bomba bei der Forschung nach seiner Herkunft von unschätzbarem Wert sein konnten. Sobrinini hatte schließlich selbst vorgeschlagen, Bomba zum Unterirdischen Fluss zu begleiten. Jetzt waren sie bereits vier Tage vom Dorf der freundlichen Araos unterwegs. Dort hatte Bomba seinen alten Freund und Beschützer Casson in der Obhut der alten Indianerin Pipina zurückgelassen. Für Cody Casson war also gesorgt; doch was würde jetzt aus der Suche nach der Kassette werden, wenn Sobrinini ohnmächtig und hilflos dalag?

Während der Junge noch grübelnd am Lager Sobrininis stand, fuhr die Alte plötzlich empor.

„Der Jaguar!“, kreischte sie und streckte die dürren Arme vor, als wollte sie die Bestie abwehren.

„Der Jaguar ist tot“, sagte Bomba beruhigend. „Er wird dich nicht mehr bedrohen.“

„Und die anderen?“, rief sie furchtsam und schaute sich scheu um. „Es waren drei!“

„Alle sind sie tot“, murmelte Bomba und wies auf die Tierkadaver auf der Lichtung.

Sobrinini ließ sich zurücksinken. Ein schwaches, etwas schmerzliches Lächeln der Befriedigung glitt über ihr Gesicht.

„Sagte ich es nicht, Bomba?“, flüsterte sie fast unhörbar. „Sagte ich nicht, dass das Ende unserer Reise kommen würde — auf vier — acht und zwölf Füßen?“

Bomba am Ende einer Spur

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