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6 Die unterirdische Höhle

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Zuerst erschrak Bomba. Er blieb unvermittelt stehen, hob die dürftige Fackel über den Kopf empor und starrte die liegende Gestalt an. Der Mann schien tot zu sein. Schlaff hingen seine Arme über den Rand des Felsens hinab. Nur zögernd näherte sich Bomba dem leblosen Körper. Wollte ihm das Schicksal mit diesem Anblick eine Warnung erteilen? War dieser Mann — wie er selbst auch — ein Gefangener der Höhle gewesen, und hatte er nicht mehr an das Tageslicht zurückfinden können?

Doch in diesem Augenblick bewegte sich der scheinbar Tote. Langsam und schmerzlich regten sich seine Arme. Der Kopf hob sich ein wenig — und jetzt erkannte Bomba das Gesicht des Mannes.

„Gibo!“, rief er freudig erregt. „Mein Gibo! Wir haben uns wiedergefunden. Das ist ein Glück im Unglück!“

Als er die Stimme seines Gefährten hörte, wollte sich der treue Indianer sofort erheben. Doch Bomba sprang hinzu und riss ihn von dem Felsenhang zurück, an dessen Kante er lag. Mit einem dankbaren Lächeln blickte der Indianer zu Bomba auf.

„Ich wundere mich, dass ich noch lebe“, sagte er mit kläglicher Miene. „Wir fielen — nicht wahr, wir fielen zusammen in die große Dunkelheit hinab. Dann weiß ich nichts mehr. Erst deine Stimme hat mich wieder zum Leben erweckt.“

„Wir haben Glück gehabt“, erklärte der Dschungelboy. „Ebenso gut hätten wir in dem Abgrund landen können, von dem ich dich gerade zurückriss.“

Gibo blickte schaudernd in die Tiefe.

„Vielleicht haben uns die Götter nur vor diesem Tode bewahrt, um uns noch schlimmere Qualen zu bescheren“, murmelte er düster. „Meine Glieder schmerzen, und mein Magen ist wie eine leere Höhle, in der Dämonen rumoren. Ich habe Hunger und Durst, Bomba.“

Der Junge zuckte schmerzlich mit den Schultern.

„Ich weiß jetzt auch noch nicht, wo wir in dieser feuchten, finsteren Gruft etwas zu essen finden sollen.“ Er blickte kritisch auf seinen Fackelstumpf. „Vor allen Dingen muss ich erst neues Holz besorgen, damit uns das Licht nicht ausgeht. Warte inzwischen hier.“

Bomba schritt vorsichtig weiter, und bald sah Gibo nichts als einen leuchtenden Punkt, der wie ein geheimnisvolles Irrlicht über den Boden der riesigen Grotte dahinglitt. Doch dann näherte sich das Licht wieder, und die Gestalt des Jungen warf lange, unheimliche Schatten auf die Felswände und die aufragenden Tropfsteinpyramiden.

„Licht ist ein Geschenk der Götter“, sagte Gibo mit einem erleichterten Seufzer, als er zwei neue Holzstücke entzündete. „Als Bomba fortging, war mir, als würde er mich für immer in Nacht und Finsternis allein zurücklassen. Ich hätte beinahe geschrien. Aber dann kam das Licht zu mir zurück, und ich war froh.“

Der Junge lächelte.

„Meinst du, ich hätte dich hier allein gelassen, Gibo? Ich bin nur darum so weit gegangen, weil ich mich auch über den Weg orientieren wollte. Dort vorn führt ein Pfad steil hinab. Ich glaube, wir kommen an den Unterirdischen Fluss, wenn wir ihn weitergehen. Und einmal muss der Unterirdische Fluss auch wieder zur Oberfläche zurückkehren.“

Sie schritten gemeinsam vorwärts und begannen den Abstieg, als sie den schrägen Felshang mit den riesigen Steinklötzen erreicht hatten. Das Hinunterklettern war verhältnismäßig leicht, weil die Felsbrocken ihnen immer wieder Halt boten. Doch dann verengte sich der Hang zu einem schmalen, tunnelartigen Gang, der endlos in die Tiefe zu führen schien. Die Fackeln der beiden Höhlenforscher warfen einen fahlen Lichtschein auf immer neue Felsblöcke und die schrägen, feuchten Wände des langen Ganges.

„Ich kann bald nicht mehr laufen“, seufzte Gibo kläglich. „Mein Kopf ist leer. Mir ist zumute, als hätte ich zu viel von dem süßen Wein getrunken, den die Squaws aus dem Wurzelsaft unserer Pflanzen bereiten, wenn ein Fest gefeiert wird.“

Auch Bomba spürte ein ähnliches Gefühl von Benommenheit, aber er sagte nichts, um seinen Gefährten nicht noch mehr zu entmutigen.

„Nur Mut, Gibo!“, rief der Junge plötzlich. „Ich glaube, wir haben das Ende des Pfades erreicht.“

„Die Götter seien gelobt!“, schrie Gibo begeistert und beschleunigte seinen Schritt.

Bomba sprang über eine letzte Felsleiste und trat dann auf verhältnismäßig ebenen Boden. Als er die Fackel über den Kopf erhob, fiel der Lichtschein auf die schimmernde Wasserfläche eines Flusses, der zwischen Granitufern dahinglitt.

„Sobrinini hat recht gehabt!“, rief Bomba triumphierend. „Komm schnell, Gibo! Wir haben den Unterirdischen Fluss gefunden!“

Bomba am Ende einer Spur

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