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8.

Anders als vom Wetterbericht angekündigt, zeigte sich der Morgen von seiner freundlichen Seite. Es war zwar etwas windig, aber keineswegs kalt. Nach seinem üblichen Morgenritual, das neben der Versorgung Rosamundes aus einem ziemlich umfassenden Gymnastik-Training samt einigen Übungen aus dem Bereich des Kampfsports sowie einer luxuriös langen Dusche bestand, freute sich Rumpler über seinen Spaziergang zum Café Rathaus.

Moser war bereits im Café. In Anbetracht seines morgens meist ziemlich niedrigen Blutdrucks bestellte Rumpler zunächst einen doppelten Espresso.

„Stinker, der Tote auf der Rax lässt mir keine Ruh’. Ich hab mich gestern vor Ort umgeschaut und hab noch einen Platz, von dem aus der Anton Zargl fotografiert hat, gefunden. Das letzte Foto, das er knapp nach elf Uhr geschossen hat, hat er ja, wie du gesagt hast, direkt von der Absturzstelle aus gemacht.“

„Aber das bringt dich auch nicht weiter.“

„Nicht wirklich. Ich hab aber auch mit dem reviermäßig zuständigen Jäger gesprochen und ihn wegen Wildkameras gefragt. Er hat ein paar ganz in der Nähe vom Weg, der über Teufels Badstuben führt, montiert. Eine davon, die sehr nahe an der Absturzstelle liegt, ist ungefähr eine Viertelstunde, bevor Zargl sein letztes Foto gemacht hat, von jemandem zerstört worden.“

„Das könnt aber auch der Zargl selbst gewesen sein. Vielleicht war er ja so ein militanter Tierschützer.“

„Nein, mit der Wildkamera hat er nichts zu tun gehabt. Das letzte Bild, das die Wildkamera gemacht hat, bevor sie zerstört worden ist, ist automatisch auf den Laptop des Jägers übertragen worden. Es zeigt ein Paar Wanderschuhe – ziemlich spezielle Wanderschuhe. Ganz anders als die, die der Zargl auf den Fotos, die ihr von ihm gemacht habts, getragen hat.“ Rumpler zog aus seiner Tasche einen Ausdruck des entsprechenden Fotos. Moser blickte das Bild konzentriert an, die Stirn gerunzelt. Endlich gab er es Rumpler zurück.

„Für einen Zufall ist das eigentlich fast ein bissl viel.“

„Das glaub ich auch. Dazu kommt, dass die Kamera durch den Jäger ziemlich gut getarnt war. Dass sie entdeckt und zerstört worden ist, wirkt auf mich fast wie Profiarbeit.“

Mosers Antwort war konzilianter als sein skeptischer Blick. „Könnt natürlich sein. Ich werd einmal einen Kollegen auf die Sache ansetzen.“

„Wart ein bissl. Ich hab dir eh gsagt, wenn es wirklich stimmen sollte, dass der Anton Zargl an einer ganz großen Sache dran war, in der auch bei den Behörden was schiefläuft, dann wär das sehr heikel. Ich glaub, wir sollten das bis zu einer Abklärung nur ganz informell verfolgen.“

„Aber die Sonja kannst dann auch nicht für deine IT-Recherchen einsetzen, weil wenn der Zargl tatsächlich unter Beobachtung war und womöglich umbracht worden ist, dann ist sie auch gefährdet.“

„Da hast natürlich recht. Ich glaub, wenn ich Hilfe brauch, hol ich sie mir diesmal beim Max.“ Max Felsinger war, wie Rumpler aus praktischer Erfahrung wusste, ein ebenso fachkundiger wie nervenstarker Mann und damit genau wie seine Frau Sonja für sensible Recherchen bestens geeignet.

„Ich glaub, das ist eine gute Idee. Also verbleiben wir bis auf Weiteres so: Offiziell gibt es beim Tod vom Zargl keinen Verdacht auf Fremdverschulden und daher auch keine weitere Involvierung der Polizei, außer natürlich die normalen Routinen bei Unfällen. Hast du Zugang zu den Computerdaten vom Zargl?“

„Ja. Sonja hat sich alles heruntergeladen, wie er sie um Hilfe gebeten hat. Sie hat das Material gründlich gesichtet und analysiert, aber nichts Relevantes gefunden. Sie hat aber auf seinem Schreibtisch diesen Zettel mit dem Dreieck gesehen, den ihr gestern gesucht habt. Ganz oben ist Info Pritzler gestanden. Sonja hat davon ein Foto gemacht.“

Moser war spürbar ungehalten. „Das hättest mir aber gleich sagen können. Für was hab ich dann den Kollegen hinfahren lassen, wennst eh eine Kopie hast?“

„Weil es mir lieber gewesen wär, wenn der Zettel nicht in der Wohnung herumliegt. Sicherheitshalber.“

Mosers kleiner Grunzer drückte zu gleichen Teilen Unmut und Verständnis aus. Rumpler zog die entsprechende Kopie aus der Tasche und reichte sie ihm.

„Schau, das ist die Zeichnung. Auf den ersten Blick wirkt sie ein bissl komisch, nicht sehr professionell. Ich vermute, das war eine Art Ideenskizze für den Artikel, den der Zargl veröffentlichen wollte. Er hat laut Sonja von diesem Reinhard Pritzler einen Tipp bekommen, dass es im Nahbereich der Polizei ein Problem mit Drogen gibt. Federführend soll dabei anscheinend der sein, den er auf dem Blatt mit Y bezeichnet hat. Der Y arbeitet angeblich bei der Polizei oder im Ministerium in einer höheren Funktion, soll aber gleichzeitig im Drogenmarkt eine große Nummer sein. Ein anderer, den Zargl mit X bezeichnet hat, soll das Recycling der Drogen organisieren und der dritte, alias Z ist laut Zargls Zeichnung der Mann fürs Grobe.“

„Pritzler, Pritzler – der Name sagt mir was. Ja, klar, Pritzler hat der Drogentote geheißen, der vor Kurzem an einer Überdosis gestorben ist.“ Er schnaufte heftig. „Hans, das Ganze ist eine verfluchte Geschichte. Wahrscheinlich ist das eh nur heiße Luft und der Zargl hat sich was zusammengereimt. Falls aber doch was dran sein sollte, dann ist es brandgefährlich. Dann sind nämlich Profis am Werk, die viel zu verlieren haben. Schad, dass wir dafür niemanden beiziehen können, der sich in solchen Fragen gut auskennt.“

„Also mir fällt schon einer ein, der was wissen sollt, aber ich weiß nicht, ob das geht.“

„Wer sollt das sein?“

„Der Yeti.“

Moser fuhr kerzengerade in die Höhe und starrte Rumpler fassungslos an. „Der Yeti? Den kannst doch nicht fragen!“

Der Yeti war in Polizeikreisen, aber nur unter den älteren Kollegen, eine Legende. Er war bereits seit etwa zehn Jahren in Pension. Zu seiner Zeit hatte er über ein unglaublich dichtes Netzwerk an wichtigen Kontakten verfügt und war neben gut zwanzig Jahren im Polizeidienst für mehrere Jahre als Sicherheitsberater diverser Staaten, vor allem im arabischen Raum, tätig gewesen. Der Yeti war schwerreich, auch durch seine Heirat. Seine Frau stammte aus einer der großen Weinproduzentenfamilien Frankreichs, die im Burgund ein prachtvolles Château besaß. Seine natürliche Autorität hatte meist automatisch eine Hemmschwelle errichtet, die verhindert hatte, mit ihm direkt in Kontakt zu treten. Seinen Spitznamen verdankte der Yeti übrigens nicht so sehr seiner riesenhaften Gestalt, sondern der Tatsache, dass er in Angelegenheiten seines Gartens keinen Spaß verstand und ihn mit einer beispiellosen Akribie pflegte und jätete. Die überaus gepflegten öffentlichen Gärten waren schlampig im Vergleich zum Garten des Yeti, der wegen dieser seiner Leidenschaft von den Kollegen eigentlich Jäti genannt worden war. Obwohl er auch ein wenig wie ein Yeti aussah. Und diesen legendären, geheimnisumwitterten alten Mann wollte Rumpler kontaktieren.

„Unmöglich“, beharrte Moser. „Mit dem Yeti kann keiner einfach so reden.“

„Ich glaub, ich könnts. Er hat mich vor fast zwanzig Jahren nach einem wichtigen Fall zu sich eingeladen, hat mir gratuliert und gesagt, wenn ich einmal wo nicht weiter kann und Hilfe von ihm brauch, dann soll ich zu ihm kommen.“

„Wer weiß, gibt’s ihn überhaupt noch? Er hat ja auch nicht das ewige Leben.“

Rumpler war sich da nicht so sicher. „Schau ma mal.“

„Und wenn er noch lebt, wer weiß, ob er sich noch erinnert, was er dir versprochen hat.“

„Der Yeti vergisst nichts. Niemals.“

Moser grunzte etwas Unverständliches. „Probieren kannst es ja. Erzähl mir, was rauskommt.“

„Mach ich.“

Löwenfisch

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