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Kapitel 1

Siegt unsere Liebe ein weiteres Mal?

Es ist wieder soweit; wir haben es einmal mehr geschafft – es herrscht erneut Funkstille. Ist es diesmal das endgültige Aus einer tief empfundenen Liebe und hoffnungsvollen Zukunft, das Aus einer Beziehung, die das seltene Glück im letzten Lebensabschnitt verheißt?

Wir sind noch nicht alt, sie 69 Jahre aus Bayern, ich 72 Jahre aus Schleswig-Holstein. Der Kuss ist noch innig und aufwühlend, liebevoll, weil jetzt dankerfüllt. Das unfassbare Glück ist allgegenwärtig, in jedem Blick, jeder Geste, Handreichung, Berührung. Jeder Spaziergang, gemeinsames Einkaufen, die kleinste Aufmerksamkeit hat einen neuen Stellenwert von lebendiger Liebe begleitet.

Nein, es ist nicht aus, das kann und darf nicht sein. Unsere Liebe ist stark; unsere Herzen schlagen im selben Takt.

Dennoch gibt es immer wieder diese Aussetzer. Vernunft im Alter – wo bist du?

Nichtigkeiten, aus Überempfindlichkeit als Kränkung oder Verletzung empfundene Äußerungen führen immer wieder zu wochen- und sogar monatelanger Funkstille. Anrufe werden nicht entgegen genommen, auf sms' nicht reagiert. Diese kontaktfreie Zeit zermürbt, lähmt, quält Seele und Körper: Wie geht es ihr, ist sie gesund, wann werden wir uns endlich wieder in den Armen halten?

Dieses zermürbende Spiel sollte ein Ende haben. Wir wollten uns beweisen, dass wir nicht nur zusammen gehören, sondern auch zusammen leben können.

Eigentlich stand das für uns immer außer Frage. Jetzt wollen wir dieses Wagnis endlich gezielt angehen, ihm einen festen Rahmen geben. Die letzten beiden Monate 2012 sollten uns auf unserem Weg ein überzeugendes Stück voranbringen, den endgültigen Beweis liefern.

Wir wollen nur noch kurzzeitige Trennungen zulassen; das tägliche Miteinander soll uns weiter ermutigen. Wir wollen in unser gemeinsames Leben starten.

Die Gründe für unsere Zerwürfnisse sind schnell aufgezählt. Immer wieder wurden Absprachen nicht eingehalten: da habe ich nicht dran gedacht, für den Tag hatte ich mich schon vor Monaten mit x verabredet, da ist mir letzte Woche etwas dazwischen gekommen, Verabredungen wurden ohne Abgleich mit dem Terminplaner getroffen oder einfach ignoriert. Ein anderer Grund war, dass wir uns nicht aussprachen, wenn Klärungsbedarf bestand, zumindest aus meiner Sicht.

Das führte zuweilen zu unzulässigen, vielleicht auch zu unterstellenden Schlussfolgerungen und Interpretationen.

Das alles dominierende Ereignis aber war für mich und mein daraus resultierendes Verhalten eine wie aus heiterem Himmel erforderliche OP, der ich mich unterziehen musste. Sie warf mich emotional fast aus der Bahn und war überdauernd die Ursache dafür, dass ich nicht immer ausgeglichen und souverän agierte. Ich sah unsere Partnerschaft einer übermächtigen Bedrohung ausgesetzt. Und schließlich hatten wir unsere Beziehung durch längere Trennungen immer wieder unnötigem Stress ausgesetzt.

Alles zusammen führte dann zu zermürbenden Sendepausen, die Sina immer wieder einlegte: Anrufe wurden nicht entgegen genommen, Bitten um Rückruf nicht befolgt. Diese Belastungen sollten ab sofort der Vergangenheit angehören, durch Verlässlichkeit in Absprachen, Reden bei Klärungsbedarf, keine Sendepausen und keine längeren Trennungen, zwei maximal drei Wochen.

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