Читать книгу Scharfe Klingen (-Stadt) - Ruth Broucq - Страница 4
Geldmangel
Оглавление„Was? Schon halb Zehn? Oh verdammt, ich habe verschlafen! Ich kann doch nicht schon wieder so spät kommen, verflucht. So geht das nicht. Ich brauche einen Wecker!“ schimpfte Ruth während sie schnell ins Bad lief. Schon wieder Katzenwäsche, sie war in Hektik.
Als sie gerade zur Tür raus wollte, stoppte Udo sie: „Halt, du musst mir mal Geld hier lassen. Ich muss mit dem Taxi fahren, dazu hab ich nicht genug Geld!“
Entsetzt starrte sie ihn an, stotterte: „Was? Du willst per Taxi von Solingen nach Barmen fahren? Was soll das denn kosten? Nee, so viel Geld hab ich nicht, und verdiene ich auch nicht. Hast du denn selbst kein Geld?“
„Nein! Woher soll ich Geld haben? Ich habe ja momentan keine Arbeit. Dass die Casinos alle geschlossen wurden, hast du doch sicher mitbekommen, oder schläfst du? Die paar Kröten die ich noch hatte, haben wir in den letzten Tagen gemeinsam ausgegeben. Jetzt musst du mir aushelfen, bis ich wieder angeschafft habe.“
„Ja, für essen und wohnen reicht es, aber doch nicht für ein Taxi nach Wuppertal. Ich kann dir einen Zehner geben, mehr habe ich auch nicht. Dann musst du mit dem Bus fahren!“ schränkte sie konsequent ihre finanzielle Unterstützung ein.
Voller Empörung, als habe Ruth unmögliches von ihm verlangt, rief er aus: „Was? Nee, ich fahre doch nicht mit dem Bus. Weißt du eigentlich wie umständlich das ist? Also wenn ich nicht einfacher und bequemer zum Sportcafe kommen kann, dann müssen wir uns ne Bleibe in Wuppertal suchen. Ich erkundige mich heute mal direkt danach. Aber dann musst du jetzt warten und mich heute eben schnell hinfahren!“
„Nein Udo, ich muss jetzt mal erst arbeiten. Dann bleib hier und warte bis ich dich mittags abhole. Ich kann nicht meine Stelle aufs Spiel setzen. Über alles andere sprechen wir später!“ Wehrte sie energisch ab, legte einen Zehner auf das Bett und rannte hinaus.
Ihre Schwiegermutter sah sie zwar fragend an, aber da Ruth klug genug war, erst die anderen Werbedamen abzuholen, diese also schon im Auto hatte, äußerte die Schwiegermutter sich nicht zu der Trennung.
Geschickt sorgte Ruth dafür, dass sie an diesem Arbeitstag auch keine Gelegenheit mehr fand, das war Ruth recht angenehm. Schließlich musste sie selbst mal erst mit ihrer neuen Situation klar kommen, und hatte gar keine Lust, der Schwiegermutter jetzt Rede und Antwort zu stehen, obwohl keine Kritik zu erwarten war.
Ausgerechnet an dem Tag kam Ruth sehr spät aus der Firma zurück, deshalb rechnete sie schon nicht mehr damit, dass Udo noch in ihrem neuen Heim war.
Ergo fuhr sie gleich zum Sportcafe.
Wieder war es später Nachmittag als Ruth dort eintraf, und an Udos Mimik konnte sie schon erkennen, dass er sehr missgestimmt war.
„Wir müssen mal etwas klären.“ Empfing er sie. „Ich bin mal ausnahmsweise mit dem Bus gefahren, das war ja fast eine Weltreise, ich musste dreimal umsteigen, das mache ich nicht noch einmal. Außerdem habe ich Hunger und würde gerne essen gehen, aber dazu fehlt mir die Knete. Hast du Geld?“
„Zwar nur zweimal, und das tut mir ja auch leid, Schatz, aber ich habe nicht genug Geld, um groß essen zu gehen sicher nicht. Nur für Lebensmittel reicht es noch. Lass uns einkaufen gehen, dann mache ich uns zu Hause etwas zu essen.“ Schlug Ruth vor.
Missmutig knurrte er: „Gut, was bleibt mir anderes übrig? Und danach werden wir mal in Ruhe reden. Komm.“
Auf der Heimfahrt erklärte sie ihm ihre Situation, bezüglich ihrer Anstellung und der Entlohnung.
Udo hörte aufmerksam zu, dann fragte er: „Und was verdienen die Verkäufer? Auch Gehalt?“
Sie lachte kopfschüttelnd: „Nein, dafür würden die nicht verkaufen, das sind freie Vertreter, die arbeiten auf Provision.“
„Wie viel kriegen die?“ wollte er genaueres wissen.
„Zehn Mark pro Quadratmeter. Das lohnt sich schon, wenn man genug verkauft!“
„Wie viel ist das pro Auftrag?“ hakte Udo nach.
Erstaunt erklärte sie: „Das ist doch nicht immer gleich. Die Häuser sind doch unterschiedlich groß. Aber ganz schön viel, selbst bei kleineren Häusern.“
Udo wurde ungeduldig: „Das weiß ich auch, aber da ich keine Ahnung habe wie das gerechnet wird, musst du mir schon genauer erklären wonach es sich richtet.“
Nun war ihre Geduld am Ende: „Meine Güte Udo, das ist doch kinderleicht. Man rechnet die Breite mal Höhe und mal die Anzahl der Seiten die verkleidet werden sollen. Manchmal ist es das ganze Haus, also vier Seiten, oder manchmal auch nur der Giebel oder die Front oder wenn es ein Reihen- oder Eckhaus ist, auch zwei oder drei Seiten. Und wir rechnen Daumen-Peil-Verfahren, also wir schätzen nur. Das halten wir dann im Vertrag fest. Da können zwischen meinetwegen Hundert oder Fünfhundert Quadratmeter bei rauskommen. Wie gesagt, nach Größe des Hauses.“
„Was? Das sind ja Tausend Mark oder mehr. Uff, und da arbeitest du für ein lächerliches Monatsgehalt? Warum verkaufst du nicht selbst? Kannst du das nicht? Hast du keine Ahnung von der Sache?“ wunderte er sich.
„Tja, das kann ich schon. Natürlich weiß ich was wir da verarbeiten. Ich habe ja schon einmal einen Vertrag geschrieben. Aber dann wollte der Chef mir keine Adresse mehr geben, denn die waren rar, und deshalb Gold wert. Dadurch kam ich auf die Idee mit meiner Umfrage-Liste und den Werbedamen. Ja, und meine Idee habe ich mir mit einem Festvertrag mit Festgehalt bezahlen lassen.“ Erklärte Ruth stolz.
„Was ist das für eine Liste?“ wollte Udo Details wissen.
„Ach nix Besonderes, nur der Hinweis auf die Heizkosten-Ersparnis durch Wärmedämmung mit unserer Fassaden-Verkleidung.“ Grinste Ruth
Als Ruth ihm die Einzelheiten erklärt hatte lachte er:
„So blöd kannst du eigentlich gar nicht sein. Dass du die Werbeidee erfunden hast und dich mit Kleingeld abspeisen lässt, oder? Dann gehören die Adressen, die du mit deiner Werbung reinholst, doch dir und sonst niemandem, oder sehe ich das nicht richtig?“ sagte Udo hart.
Seine harte Kritik beleidigte sie, „Ja, im Prinzip schon.“ Bestätigte sie zögernd. „Ich wollte endlich mal eine sichere Festanstellung haben.“
„Quatsch, was ist schon sicher? Also fordere mehr Geld, zum Beispiel eine Super-Provision von jedem geschriebenen Auftrag und sage deinem Chef, dass du ansonsten die Adressen selbst bearbeitest!“ verlangte Udo.
Erschrocken erhob sie Einwand: „Aber das geht doch nicht. Das wäre gegen unsere vertragliche Vereinbarung!“
„Also, jetzt mal ganz genau im Detail. Was steht in deinem Vertrag? Dass du die Rechte an deiner Werbeidee an die Firma abgetreten hast, oder nur dass du die Werbeleitung machst? Wie kann dein Chef den Vertrag für sich verwerten?“ bohrte Udo nach.
„Nein, von der Umfrageliste und den daraus resultierenden Adressen steht nichts in meinem Arbeitsvertrag. Nur welche Aufgabe ich habe, also die Frauen in die Gebiete fahren, dass ich mir selbst die Frauen sowie die Gebiete auswählen kann, und danach im Büro die Kartei zu führen habe. Sonst nichts!“ grübelte sie laut. „Du hast Recht, Udo, wenn ich keine Adressen abgeben würde, könnte der Bert mir nichts! So genaue Details sind in dem Vertrag nicht festgehalten. Ich lach mich kaputt. Im Prinzip müsste der schlaue Herr Meier mich nur fürs Spazieren fahren und im Büro ein paar Karteikarten bemalen, bezahlen. Ha, ha, ha!“ lachte Ruth laut los, als ihr der fehlerhafte Vertragsinhalt klar wurde.
„Das heißt also, du hast völlig freie Hand, wie, wo und was du mit deinen Ergebnissen machst? Da sehe ich ja schon den Rubel rollen!“ freute sich Udo.
Verächtlich grinsend bestätigte sie: „Und dabei fand der liebe Chef sich so schlau, denn er hat in den Vertrag zusätzlich aufgenommen, dass das Einsatzgebiet von Zeit zu Zeit mit der Firmenleitung besprochen und von ihm neu festgelegt werden kann. Weil er mir zeigen wollte, dass er der Chef ist und mitreden kann, ha, ha, ha.“
Udo nickte zufrieden, und überlegte: „Das heißt also letztendlich, dass du die Adressen geben kannst, wem du möchtest oder auch, dass wir beide den Verkauf machen können. Was ja noch besser ist. Also, wann fangen wir an?“
Ruth zögerte, war sich nicht so sicher, ob dieser Schritt eventuell negative Folgen für sie haben könnte, deshalb schränkte sie ein: „Moment Udo, ja, du hast Recht, aber ich befürchte, dass es finanzielle Nachteile für mich haben könnte, wenn ich einfach die Adressen selbst bearbeite. Zwar kann der Bert mich nicht so einfach entlassen, wir haben ja einen Festvertrag, aber er kann mir das Gehalt sperren. Wovon leben wir dann?“
Ärgerlich erwiderte ihr Freund: „Quatsch, dem muss es doch egal sein, wer die Aufträge reinbringt, oder nicht? Du verkaufst doch zu den gleichen Preisen, oder nicht? Und da er nicht weiß, wie viele Adressen deine Werbedamen rein gebracht haben, fällt es ihm auch nicht auf, wenn eine oder zwei fehlen. Erst wenn du ihm den unterschriebenen Vertrag vorlegst, dann sieht er das. Aber dann wird er froh sein, wieder einen Auftrag mehr zu haben, oder nicht? Oder denkst du etwa, er nimmt den Auftrag nicht an, weil du den geschrieben hast? Das glaube ich nicht. Also gibt es doch kein finanzielles Risiko, sondern mehr Geld wegen der dicken Provision. Klar?“
„Im Prinzip schon, es sei denn er reagiert sauer, weil ich eigenmächtig gehandelt habe, und ist nicht bereit mir die gleiche Provision zu zahlen.“ Versuchte Ruth alle Möglichkeiten zu durchdenken.
Udo wurde kritisch, fragte ungeduldig: „Gibt es denn nur die Firma Meier in dieser Branche? Das kann doch nicht sein. Oder wo gibt es noch Fassaden-Firmen hier in der Gegend? Dann kann man doch auch dort unterkommen. Ich denke, dass du mit deiner Werbung bei jeder ähnlichen Firma sehr willkommen wärst. Warum zögerst du also, endlich Leistungsgerecht bezahlt zu werden? Bist du zu doof deine eigene Arbeit zu nutzen? Jetzt mach aber mal einen Punkt. Ich hatte dich für eine gestandene Frau gehalten. Ich kann nicht glauben, dass du zu feige bist dich zu behaupten!“
Er hatte Ruth an der richtigen Stelle erwischt, entschlossen erwiderte sie: „Ja, du hast Recht. In Mettmann gibt es noch die Brüder Selm, und auch ein ehemaliger Vertreter von Meier hat sich kürzlich selbständig gemacht. Die Firma Güvo ist sogar hier in unserer Nähe ansässig. Die Selms kenne ich nicht persönlich, was zwar kein Hindernis wäre, aber den Walter Volkerts, von der Güvo, kenne ich sehr gut. Egal welche Firma, die würden sicher gerne Aufträge nehmen. Gut, machen wir den Versuch, morgen suche ich mir die beste Adresse raus. Nach Möglichkeit mit kurzfristigem Termin.“ Versprach sie entschlossen.
Zufrieden nickend fragte Udo abschließend: „Aber jetzt erklär mir noch wieso für solche Verträge so hohe Provisionen gezahlt werden? Was ist das denn für ein Material, was ihr da verkauft? Wo ist die Mausefalle? Mit Rechten Dingen kann das doch nicht zugehen?“
Ruth grinste spöttisch als sie ihm berichtete: „Stimmt.
Wir haben zwei verschiedene Plattenarten im Angebot, Eternit-Asbest-Platten und Asphalt-Verblend-Platten. Beide werden auf eine Unterlattung angebracht und die Ecken- und Enden mit Aluminiumprofilen eingefasst. Die Kunden werden aber nur über den Preis für die Platten informiert, und bekommen gesagt, dass die Einfassung der Platten, mit Aluminium-Eckprofilen, erst nach Fertigstellung aufgemessen werden kann. Und dass die unabhängig von der Breite der Profile, nach laufenden Metern berechnet werden. Da man ja nicht mehr berechnen kann, als ein Haus Ecken und Enden hat, wäre es ja ersichtlich, was dabei letztlich heraus käme.“
„Hm, ja, das stimmt. Aber ich verstehe nicht, wo da der Trick, beziehungsweise der Gewinn liegt?“ wunderte sich Udo.
Ruths Grinsen wurde breiter, aber irgendwie auch ein bisschen schamhaft, als sie ihm erklärte: „Na ja, da kommen schon einige hundert Meter zusammen, sodass die Leute bei der Endrechnung ein Vielfaches mehr bezahlen müssen, als sie erwarten. Da liegt der Gewinn. Die Kunden wissen nicht auf was sie sich einlassen, weil sie keine festen Endpreise im Vertrag stehen haben.“
„Ein Gauner-Geschäft also. Hut ab! Das nenne ich eine lohnende Sache. Auf der Welle schwimmen wir mit!“ entschied Udo.
Im Stillen überlegte Ruth, warum ihr Freund von Gauner-Geschäft sprach. Diese Einstellung wollte sie eigentlich nicht vertreten, weil sich ihr Gewissen dagegen wehrte. Sie fand es erträglicher, die Methode eher als Bequemlichkeit, oder fehlendes Fachwissen der Verkäufer zu sehen, dass diese die Verträge nicht genauer deklarierten. Schließlich wusste Ruth aus Roberts Malergeschäft, dass es eine Irrsinns-Arbeit war, ein genaues Aufmaß zu machen. Sehr oft hatte Robert sich diese umfangreiche Arbeit umsonst gemacht, weil es den Kunden letztendlich, laut Kostenvoranschlag, zu teuer war und sie dann den Auftrag nicht erteilt hatten.
Aber Ruth verzichtete auf weitere Diskussion, denn letztlich war es ihr auch egal aus welchen Gründen die Kunden derart getäuscht wurden. Ihr eigener Vorteil war ihr dabei wichtiger. Vom Pfad der Tugend und der Unschuld war sie schon während ihrer Ehe zwangsläufig abgekommen. Jeder muss sehen wo er bleibt, hatte sie sich zur Devise gemacht. Noch dazu hatte sie auf das ganze Thema keine Lust mehr, weil Udo wieder lange Erklärungen verlangt hätte. Er war einfach zu unwissend in der Baubranche. Klar, als Croupier musste er schließlich andere Dinge wissen.
Bei dem Gedanken, dass Udo als Croupier gearbeitet hatte, fiel Ruth ihr Baden-Baden-Erlebnis mit ihrer Freundin Ellen ein. Wenn Ruth vorher geahnt hätte, dass die Freundin so eine heiße Zockerin war, mit der nicht mehr vernünftig zu reden war, wenn sie beim Roulette-Spiel in den Verlust geriet, hätte Ruth die Freundin niemals in das Spielcasino begleitet. Dieser schrecklich laute Aufstand, den Ellen gemacht hatte, weil Ruth ihr kein Geld geben wollte, hatte Ruth die Schamesröte ins Gesicht getrieben. Dabei hatte die Freundin ihr extra klar und deutlich aufgetragen, ihr ja kein Geld auszuhändigen, wenn sie in den Verlust geriet. Extra deshalb hatte ihr Ellen einen großen Teil ihres Reisegeldes in Verwahrung gegeben. Und dann schrie diese Frau laut, wie von Sinnen, vor allen Leuten, sie wolle ihr Geld haben. Welch eine Blamage. Und in einem solchen Metier hatte Udo gearbeitet? Schrecklich. Nein, damit wollte Ruth nichts zu tun haben.
Udos mangelndes Fachwissen brachte Ruth aber auch dazu, darüber nachzudenken, wie denn der Verkauf mit Udo ablaufen sollte? Mangels Udos fachlicher Kompetenz würde sie wohl das Gespräch führen müssen. Nun gut, kein Problem für sie.
Am nächsten Vormittag blieb Udo im Bett, weil Ruth versprochen hatte, am frühen Mittag zurück zu sein.
Die Frauen hatten gut gearbeitet, sodass sie vier gute Adressen bekam. Weil sie gemeinsam mit Udo, in Ruhe, entscheiden wollte, welche sie selbst bearbeiten würden, fuhr Ruth nicht ins Büro, sondern nach Hause.
Udo betrachtete die ausgefüllten Listen, las die Randbemerkungen der Werbedamen und fragte: „Wer ist denn die Beste? Welche bringt denn die sichersten Adressen rein?“
„Meine Schwiegermutter. Die Adressen sind bei den Vertretern am beliebtesten. Aber auch die Adressen von der Radozek sind gut. Aber meine Schwiegermutter ist selbst Hausbesitzerin, noch dazu quasselt sie gerne, und sie hat Geduld. Sie drängt die Leute nicht. Die Kunden merken sofort, dass sie Ahnung hat, und vertrauen ihr. Ich glaube die flunkert auch ganz schön.“ Grinste Ruth bei dem Gedanken.
Verwundert fragte Udo: „Es ist ja schon sehr erstaunlich, dass du trotz Trennung noch so ein gutes Verhältnis zu Roberts Mutter hast, aber wieso du glaubst, dass die schwindelt verstehe ich nicht. Wie meinst du das?“
Ruth lachte, erklärte: „ Sie ist halt ein Schlitzohr, und sie kennt ihren Sohn, deshalb war sie immer auf meiner Seite, heute sicher auch noch. Außerdem ist sie klug genug, Geschäft und Privat zu trennen. Denn die macht die Werbung sehr gerne. Ich vermute, dass die den Hausbesitzern erzählt sie hätte ihr Haus auch mit den Platten verkleidet. Nur so kann ich mir erklären, dass die Kunden so überzeugt sind, etwas wirklich Gutes zu bekommen. Dabei würde sie die Monteure wegjagen, wenn die ihr diese hässlichen Platten ans Haus nageln wollten. Aber die Vertreter sagen einheitlich, die Woods- Adressen sind Hundertprozentig geschriebene Verträge. Noch leichter könne man nicht verkaufen.“
„Also nehmen wir auch die Adressen von deiner Schwiegermutter. Aber die hat ja drei von den neuen Adressen gebracht. Ja, dann nehmen wir natürlich alle drei.“ entschied Udo.
„Aber Udo, das geht doch nicht. Ich muss doch auch an die Firma denken….“
„Was musst du? Was soll der Quatsch? Du hast doch wohl lange genug an die Firma gedacht, jetzt denken wir mal erst an uns. Außerdem kriegt die Firma doch sogar die geschriebenen Verträge, und keiner muss noch etwas tun. Ist doch sogar besser für deinen Chef, oder nicht?“ unterbrach Udo sie barsch. Sein Ton duldete keinen Widerspruch.
Bedrückt nickte Ruth und schwieg. Seine Dominanz war manchmal sehr hart. Andrerseits mochte sie gerade diesen Charakterzug an ihm, fühlte sie sich doch dadurch behütet und geborgen, was sie bei Robert nicht gekannt hatte, und was ihr immer gefehlt hatte. Dennoch war Ruth nun im Zwiespalt. Zumindest durfte sie entscheiden welche Adresse sie zuerst bearbeiten würden. „Ich würde sagen, hier das Einfamilienhaus ist das aktuellste und außerdem von meiner Schwiegermutter. Sie hat eine Randbemerkung drauf geschrieben. Da steht, dass das die Besitzer Rentner sind, also sind die immer zu Hause.“ Stellte Ruth nach Durchsicht der Listen fest.
„Gut“, meinte Udo, „ da fahren wir gleich hin. Hast du alle Verkaufs-Unterlagen?“
„Klar, hier in dem Koffer ist alles was man braucht.“ Verkündete Ruth stolz und öffnete den Alukoffer.
Udo winkte desinteressiert ab, verwendete keinen Blick darauf, sondern verlangte: „Damit kenne ich mich sowieso nicht aus, das ist deine Sache. Du schreibst die Verträge, ich verkaufe.“
Verwundert sah sie ihn an, ohne Absprache wollte er losgehen? Er hatte keine Ahnung welche Platten von welchem Material waren, deshalb war es ihr ein Rätsel, wie er verkaufen wollte. Aber er ließ ihr keine Zeit zu erklären oder fragen, denn er stand schon an der Tür und forderte: „Komm. Wir wollen mal endlich Geld verdienen!“