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ZEITSTUDIEN

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Aktivitätsprofile von Fußballern werden mittels Zeitstudien unter Wettbewerbsbedingungen erstellt. Sie stellen eine Beziehung zwischen Zeitmessungen und der Belastung beim Gehen, Traben, Laufen, Sprinten, Beschleunigen usw. zu den einzelnen Positionen und Aufgaben im Spiel her (Bangsbo, Nørregaard, Thorsøe 1991). Im späten 20. Jahrhundert erweiterten erste, aus Videoanalysen einzelner Spieler während des Wettkampfs gewonnene Erkenntnisse unser Verständnis der athletischen Anforderungen im Fußball. Forscher konzentrierten sich während eines Wettkampfs auf einzelne Spieler, deren Verhalten mithilfe von Videos oder anderen Methoden aufgezeichnet wurde. Dazu zählten Messverfahren mit Mehrpunkt-Kalibrierung, die sich an Länge und Breite der Spielfläche und bekannten Abständen innerhalb des Spielfelds orientierten.

Tiefe des Strafraums: 16,5 Meter (durch Linien markierte Fläche des Spielfelds vor den beiden Toren, umgangssprachlich als »Sechzehner« bezeichnet)

Breite des Strafraums: 40,32 Meter

Teilkreis am Strafraum: 9,15 Meter

Die Leistung jedes einzelnen Spielers wurde dann hinsichtlich eines spezifischen Bewegungsablaufs (vom Gehen bis zum Sprint) untersucht, gestützt auf kalibrierte Werte aus früheren Testreihen. Anschließend wurden die Anteile der verschiedenen Bewegungsabläufe im Rahmen der gesamten Spielzeit berechnet. Die zurückgelegte Gesamtstrecke ergab sich aus der Multiplikation der für einen bestimmten Bewegungsablauf gemessenen Zeiten mit der Durchschnittsgeschwindigkeit. Diese im Grunde simplen, aber mühsamen Analysen dauerten im Einzelfall Stunden. Solche Pionierarbeiten trugen enorm zu unserem heutigen Verständnis von Fußball bei. Technische Fortschritte bei Kameras und verbesserte Kodierungsverfahren konnten die Detailgenauigkeit der gewonnenen Informationen inzwischen erheblich steigern.

Die Beschäftigung mit diesen älteren Analysen trägt dazu bei, manche heute kaum nachvollziehbare Entscheidung für oder gegen eine bestimmte Trainingsmethode dennoch zu verstehen. Im Zusammenhang mit Abläufen bei Training und Vorbereitung fällt immer wieder der Satz: »Wir haben das schon immer so gemacht.« Solche Äußerungen signalisieren allerdings nicht Desinteresse am Fortschritt, wie ich als Berufsanfänger noch fälschlich unterstellte. Wir sollten die Arbeit unserer Vorgänger respektieren; die Methoden der Vergangenheit verdienen es, überprüft zu werden und als Grundlage für die Arbeit zukünftiger Spieler und Trainer zu dienen. Konzentrieren wir uns lieber auf die positiven Seiten anscheinend überholter Vorgehensweisen. Die ersten Zeitstudien sind ein gutes Beispiel dafür.

Ein anhaltendes und gleichmäßig ausgeführtes Konditionstraining galt früher – und gilt in manchen Bereichen noch heute – als beste Wahl. Als sich die Idee durchzusetzen begann, verstärkt an der Athletik von Spielern zu arbeiten, standen hauptsächlich Informationen über Laufstrecken zur Verfügung. Aber diesen Erkenntnissen fehlte die Exaktheit, weil sie kaum echte Spielsituationen abbildeten. Das Wissen über die subtilen, eher selten vorkommenden Bewegungsabläufe während eines Spiels war dürftig. Was lernen wir daraus? Wir dürfen unsere Perspektive nicht einengen und sollten uns auf angemessen individualisierte Übungsvorschriften auf Basis mehrerer Variablen konzentrieren. Offenheit bei der Suche nach optimalen Lösungen, die am besten zum Trainingsumfeld des Teams und seiner Spieler passen, wird im Ergebnis wohl dazu führen, dass mehrere Trainingsprogramme mit unterschiedlichen Philosophien umgesetzt werden. So sieht die Realität aus, wenn Spitzenleistungen in einer Mannschaftssportart trainiert werden: Ein durchwegs gleicher Trainingsreiz bewirkt nicht automatisch identische Anpassungen, geschweige denn positive.

Moderne Spielanalysen verzerren die tatsächliche Belastung der Spieler häufig, weil in der Vergangenheit Verallgemeinerungen vorgenommen wurden. Beispielsweise legen Fußballspieler während eines Spiels 10 bis 15 Kilometer zurück, wobei sie in hochintensiven Laufphasen ungefähr 750 Meter zurücklegen und in 90 Minuten 20 bis 30 Sprints absolvieren. Aus Sicht eines Laien sind 9,5 Kilometer in 90 Minuten wahrscheinlich nicht bemerkenswert. Tatsächlich ergibt dies unterm Strich magere 9,4 Minuten pro Kilometer. Selbst Spieler, die unter erhöhter Belastung an die 14 Kilometer zurücklegen, kommen allenfalls auf eine Durchschnittszeit von 6,25 Minuten pro Kilometer.

Nur zur Verdeutlichung: Der Weltrekord über 1500 Meter bei den Männern beträgt 3:26,00 Minuten und wurde 1998 von Hicham El Guerrouj aufgestellt. Weltrekordhalterin bei den Frauen über 1500 Meter ist Genzebe Dibaba mit 3:50,07 Minuten. Eliud Kipchoge absolvierte als professioneller Marathonläufer den Berliner Marathon (42 km) 2018 in 2 Stunden, 1 Minute und 39 Sekunden. Paula Radcliffe benötigte für ihren Rekord beim Londoner Marathon 2003 2 Stunden, 15 Minuten und 25 Sekunden. Im Fußball werden also keineswegs die körperlichen Grenzen der menschlichen Leistungsfähigkeit ausgelotet, was Ausdauer und Leistung angeht.

AUF DEM VORHANDENEN AUFBAUEN

Ohne die mühsame Berechnung der individuellen Belastung von Spielern wäre es uns kaum gelungen, Unterschiede in der körperlichen Beanspruchung im Wettkampf wahrzunehmen. Uns hätte schlicht der Ausgangspunkt gefehlt. Diese frühen Untersuchungen schufen eine Grundlage für die Evaluierung des Trainings. Ältere Methoden waren nicht falsch, aber ihre Wirksamkeit war durch die verfügbare Technik begrenzt. Die magere Datenbasis, auf die wir uns damals stützen konnten, floss zwar schon in der Vergangenheit vereinzelt in die Trainingsabläufe ein. Diese wurden aber häufig noch wesentlich von der bestehenden Spielkultur bestimmt, die wiederum stark von den persönlichen Erfahrungen älterer Trainer und Spieler geprägt war. Die vielen detaillierten Informationen, die uns heute bei der Analyse unserer Leistungen helfen, sollten Ansporn sein, auch weiterhin Erkenntnisse darüber zu sammeln, welche Übungen und Trainingsmethoden in einem gegebenen Umfeld angemessen sind.

Der Vergleich mit den Profiläufern führt uns aber deutlich vor Augen, was im Fußball während eines Spiels den Sportlern auf dem Platz läuferisch abverlangt wird. Deren Ziel ist es nicht, in einem Zeitraum von 90 Minuten die weiteste Strecke zurückzulegen. Als Athletiktrainer würde ich niemals Laufleistung als alleiniges Ziel für Fußballspieler ausgeben. Um die körperliche Beanspruchung beim Spiel und die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Vorbereitung auf diese Anforderungen genauer zu definieren, müssen wir nämlich zuerst die teils erheblichen Unterschiede zwischen den einzelnen Positionen auf dem Spielfeld kennen.

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