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7. Kapitel

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Danjal ging es besser, er hatte die Nacht überstanden, und als er sich im Badezimmerspiegel seinen Oberkörper anschaute, konnte er feststellen, dass die Wunde an der Schulter nun auch heilte. Er wagte es sogar unter die Dusche zu gehen.

Jetzt saß er neben Jenna im Auto und sie fuhren gemeinsam zu dem Institut, in dem sie ihre Forschungen betrieb. Das Problem mit ihrer Schwester bestand weiterhin. Sie war zwar nicht mehr so ablehnend ihm gegenüber, aber Jenna und er hatten beschlossen, dass man Lauras Nerven nicht überstrapazieren sollte. Da er nicht wusste wo er hingehen sollte, hatte Jen vorgeschlagen ihn einfach mitzunehmen.

Als sie auf den Parkplatz fuhren und ausgestiegen waren, machte sich ein unangenehmes Gefühl in seinem Bauch breit, er konnte sich an etwas erinnern. Da waren Bilder ...

Er zwängte sich durch ein Loch im Zaun und lief so schnell er konnte einen kleinen Weg entlang. Er hatte Schmerzen und blutete fürchterlich. Er brauchte Hilfe. Es war dunkel und er hatte keine Ahnung wo er war oder wohin ihn der Weg bringen würde, aber er hoffte irgendwo auf einen Menschen zu stoßen. Als der Weg endete, fand er sich auf einen Parkplatz wieder. Es standen nicht viele Autos hier. Er musste sich beeilen, solange er noch bei Bewusstsein war konnte er das wieder hinbekommen, ohne all zu viel Aufsehen zu erregen. Er ging weiter, langsamer, sah sich um nach einer Menschenseele. Ihm war schwindelig. Plötzlich blendeten zwei Scheinwerfer auf, erschrocken blieb er stehen, drehte sich zum Licht. Er spürte eine leichte Berührung, vernahm eine Stimme, dann wurde alles schwarz um ihn herum.

Danjal blieb stehen und schwankte ein wenig. Jenna verstummte, nahm das Handy vom Ohr und schaute ihn besorgt an. Er war blass.

„Was ist los?“, fragte sie und ging den halben Schritt zurück zu ihm.

„Du hast mich angefahren, ich kann mich daran erinnern.“

Sie streckte die Hand nach ihm aus, zog sie dann aber wieder zurück. Schnell beendete sie das Handygespräch, es war alles geklärt. Sie schob das Telefon in ihre Jackentasche. Die Farbe kehrte in sein Gesicht zurück.

„Ich kann mich daran erinnern, dass ich hier hergelaufen bin“, sprach er weiter.

„Aber das ist doch gut, es kommt wieder, ganz langsam.“

Er nickte.

„Wo bist du hergekommen?“

„Keine Ahnung“, log er.

Jenna hatte dafür gesorgt, dass Danjal einen Besucherausweis erhalten hatte, sodass er sich auf dem Gelände offiziell frei bewegen konnte. Eigentlich hatte sie geglaubt ihre Kollegen würden Danjals Auftauchen entspannter aufnehmen. Aber nur Sven war freundlich und wie immer. Matti war zurückhaltend und reserviert, bei ihm konnte sich Jen noch einreden, dass das eben seine Art war, aber Lukas war geradezu unfreundlich und abweisend ihm gegenüber.

„Du brauchst dir keine Sorgen zu machen. Die Polizei ermittelt in seinem Fall und sie suchen nach Angehörigen oder Personen, die ihn kennen“, erklärte sie ihm. „Sie haben keinen Anhaltspunkt, dass er etwas angestellt hat oder gefährlich ist.“

Lukas schaute sie skeptisch an. „Und das reicht dir aus um ihn bei dir aufzunehmen?“, fragte er.

„Er hat doch keinen Ort zu dem er gehen kann und die Ärzte haben gesagt es sei wichtig, dass er sich nicht alleine bleibt, um sich zu erinnern.“

„Und da bist du eingesprungen?“ Lukas schüttelte den Kopf.

Dies war die Geschichte, die sie sich mit Danjal zurechtgelegt hatte. Die Wahrheit konnten sie ihnen nicht sagen.

Sven hatte ihn ein wenig herumgeführt und erklärt, was sie hier machten und es war nicht zu übersehen, er stand auf Danjal. Jen konnte sich ihrer Arbeit widmen und das war auch bitter nötig, morgen war der verhängnisvolle Tag. Sie kamen eigentlich ganz gut voran, wenn man ihnen doch nur noch ein wenig Zeit geben würde, dann würden sie den Durchbruch schaffen. Die Anspannung im Team war zum Greifen.

Eigentlich verstanden sie sich gut, heute gab es jedoch nur Streit. Es war sicher die Anspannung. Danjal hatte sich zurückgezogen. Jen war bewusst, dass es ziemlich langweilig für ihn sein musste, aber immer wenn sie nach ihm schaute, versicherte er, dass alles gut sei. Naja, eine Lösung war das nicht. Sie würde ihn nicht immer mit hier her bringen können, aber wenn es ihm besser ging, würde er sicher eigene Wege gehen und er erinnerte sich ja schon, bald würde er alles wieder wissen, und dann?

Mittags hatten sie sich etwas vom Italiener bestellt, er hatte kaum etwas gegessen.

Danjal war zum Parkplatz gegangen. Er hatte Jen gesagt, er wolle sich ein wenig die Beine vertreten. In Wirklichkeit wollte er sehen ob er den Pfad fand, den er in dieser Nacht gegangen war. Er überquerte den Parkplatz. Zur Linken befand sich eine Straße mit Wohnhäusern, einem Supermarkt, einem Imbiss, einem Zeitungsladen einem Blumenladen und einer Bushaltestelle. Zur Rechten befand sich unbebautes Land, dass von kniehohem Gras und Gestrüpp erobert worden war. Weiter weg konnte er Gebäude erkennen.

Er lief in die Richtung, und als der asphaltierte Parkplatz endete, konnte er ein Stück weiter links einen Trampelpfad erkennen. Den lief er entlang, bis ein hoher Zaun seinen Weg stoppte. Er spähte durch die Maschen hindurch und erkannte, dass es sich um ein Areal mit Lagerhallen handelte. Er lief ein Stück am Zaun entlang und entdeckte ein Loch. Dadurch musste er geflohen sein. Geflohen, wovor? Kurz überlegte er, ob er hindurch sollte, um sich auf der anderen Seite umzusehen. Schilder mit der Warnung, dass Unbefugten der Zutritt verboten sei, hingen alle paar Meter. Das hätte ihn nicht abgehalten, aber zwischen den Lagerhallen herrschte reges Treiben, hier wurde gearbeitet. Keine Aufmerksamkeit, hämmerte es in seinem Kopf, nicht in dieser Situation.

Danjal drehte sich um und ging zurück zum Institut.

Am frühen Abend saßen sie noch zusammen, um den Ablauf des morgigen Tages zu besprechen. Gegen elf Uhr würde der Prüfer da sein. Dann kam das Gespräch unweigerlich auf Danjal, der sich bis dahin im Hintergrund gehalten hatte. Sven war immer noch freundlich, Matti starrte ihn einfach nur an und Lukas gab die volle Breitseite. Er stellte ihm Fragen, die er ganz sicher nicht beantworten konnte, er hatte schließlich so gut wie keine Erinnerungen.

Jenna war ungehalten darüber. Sie war sich sicher das Richtige zu tun, sie wollte es so und fand auch Danjals Entscheidungen völlig plausibel. Lukas hinterfragte alles. Jen fand es großartig von Danjal, dass er einfach freundlich blieb und bemüht war Antworten zu geben und sich nicht aus der Ruhe bringen ließ.

„Danke“, sagte sie auf dem Weg zum Auto.

„Wofür?“

„Dafür, dass du Lukas ertragen hast.“

„Ist doch selbstverständlich, sie sind deine Freunde und machen sich Sorgen, wie deine Schwester.“ „Trotzdem, ich hätte nicht so ruhig bleiben können.“

Und er hatte kurzzeitig überlegt, ob er diesem Typen das Herz aus dem Leib reißen sollte.

Zu Hause saßen Laura und Markus auf der Couch und unterhielten sich, als sie beide ins Wohnzimmer kamen. Markus stand auf und kam zu ihr um sie in den Arm zu nehmen und zu begrüßen.

„Schön dich zu sehen“, sagte sie und ließ sich drücken.

„Ich hatte gerade hier in der Nähe zu tun und dachte ich schaue mal vorbei. Laura hat mir gesagt, dass du mich sprechen wolltest Jenna.“

Er ließ sie los und reichte Danjal die Hand „Markus“, stellte er sich vor.

„Wollt ihr auch was trinken?“, fragte Laura aus dem Hintergrund.

„Ja, gerne, ich bringe nur meine Sachen ins Zimmer, dann sind wir bei euch.“

Sie schob Danjal vor sich her und wollte, dass er mit ihr kam. Im Zimmer angekommen schloss sie leise die Tür.

„Markus ist bei der Kripo, vielleicht kann er dir helfen.“

„Du hast einen Polizisten hierher bestellt?“ Er war wenig begeistert.

„Ich hatte mit Laura darüber gesprochen, er ist ihr Exfreund, ich dachte so könnte ich etwas über dich erfahren.“

„Jen“, er stellte sich vor sie und schaute ihr tief in die Augen, „ich habe ein Schließfach aufgebrochen, in dem ich vier offensichtlich gefälschte Pässe versteckt habe. Glaubst du allen ernstes ich bin jemand der mit der Polizei reden sollte?“

Sie konnte nicht sagen, ob er sauer war, seine Miene spiegelte keine Gefühlsregung wider.

„Ich hatte mit Laura darüber gesprochen, bevor du mir im Krankenhaus über den Weg gelaufen bist. Ich wollte mit ihm reden, weil ich wollte, dass er mir hilft.“

Danjal schaute sie weiter an, dann nickte er. „Kein Wort zu ihm über mich.“

Nein, sie würde Markus nichts wegen Danjal fragen.

Zurück im Wohnzimmer setzte sich Jenna zu Markus aufs Sofa, Danjal ging zu Laura in die Küche, nicht nur um ihr bei den Getränken zu helfen.

„Ja, wir haben einen Toten hier in der Nähe gehabt, einen Obdachlosen. Sie haben ihn heute Abend in einem Müllcontainer gefunden. Ganz sonderbar. Keine offensichtliche Gewaltanwendung, aber die Obduktion wird Genaueres zeigen. Ich habe selten so etwas Schauerliches gesehen, in seinem Gesicht war noch immer die pure Todespanik zu sehen. Echt, ich habe schon viel erlebt, aber wenn ich an diesen Ausdruck denke ...“ Markus schüttelte sich.

„Das ist ja furchtbar, hier in der Nähe?“, fragte Laura.

„Ja, um die Ecke, bei dem chinesischen Restaurant. Aber genug davon, ich dachte ein Bier bei euch kann mich davon ablenken. Und du wolltest irgendetwas von mir Jenna?“, fragte er.

Danjal lehnte sich zurück.

„Äh, ja, ich wollte eigentlich nur wissen, ob deine Schwester noch den Brautmodenladen hat“, stotterte sie.

Um das zu erfahren hätte sie eigentlich nur im Internet nachsehen brauchen oder ihn anrufen müssen, aber ihr fiel nichts anderes, Unverfängliches ein.

„Eine alte Freundin möchte heiraten und ich hatte ihr gesagt ich knüpfe den Kontakt.“

„Und ich fand, es wäre eine Möglichkeit dich mal wieder zu sehen“, unterstützte Laura sie, was Jen eigentlich gar nicht verstand, da sie und Danjal nun wirklich keine Freunde waren. Markus lachte. „Ihr habt mich also hierher gelockt. Ja, sie hat den Laden noch, deine Kollegin soll ruhig sagen, dass sie von dir kommt, vielleicht lässt meine Schwester noch ein paar Prozente springen.“

Sie unterhielten sich noch eine Weile. Laura erzählte, dass heute ein neuer Kunde eine Anfrage für ein größeres Projekt gestellt hatte, es schien sehr interessant und lukrativ zu werden. So langsam lief es gut bei ihr und sie hoffte den Auftrag zu erhalten. Morgen wollte sie sich mit dem Mann treffen und ein paar Arbeiten von sich vorlegen.

Danjal war ruhig, hielt sich zurück. Mit Sorgen beobachtete Jen, dass er immer blasser wurde. Irgendwann löste sich die kleine Gruppe auf. Markus bedankte sich dafür, dass sie ihn auf andere Gedanken gebracht hatten, und nahm Jenna kurz zur Seite.

„Ist er dein neuer Freund?“, fragte er.

„Noch nicht“, antwortete sie verlegen.

„Laura mag ihn nicht.“

„Und du?“, fragte sie.

Markus war ziemlich lange mit Laura zusammen gewesen, schon seit der Schulzeit. Ihn hatte es genauso nach Berlin verschlagen wie sie beide und selbst nach der Trennung waren sie noch gute Freunde geblieben. Auch Jenna verband eine tiefe Freundschaft mit ihm, er war wie ein großer Bruder.

„Ich kann mir noch kein Urteil bilden, ich denke er ist O.K. Wir sehen uns ja bald wieder dann kann ich ihn vielleicht richtig kennenlernen. Pass auf dich auf.“ Er gab ihr einen Kuss auf die Wange, verabschiedete sich von Laura und von Danjal und ging.

Diese beschissene Couch! Danjal hatte wieder Schmerzen. Die Schulter ging, aber sein Kopf dröhnte und wieder war er so schlapp und erschöpft. Er versuchte zu schlafen.

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