Читать книгу Rabenauge - Sabine D. Jacob - Страница 10

2. Kapitel

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»Hallo? Wer ist da?«

Jeremy atmete erleichtert auf, als endlich abgehoben wurde. »Nolan, guten Abend, hier spricht Jeremy. Ich habe so lange nichts von mir hören lassen. Da dachte ich …«

»Oh, Jey, wie gut, dass du anrufst.«

Es rauschte in der Leitung. Die Verbindung war schlecht. Das lag sicherlich an dem Sturm, der sich draußen zusammenbraute. Jeremy konnte die folgenden Worte nur zum Teil verstehen.

»… hier los ist. … gefährlich … komme … keinen Fall …«

Nolans Stimme klang hektisch. Er redete wie ein Wasserfall. Dennoch drangen nur Wortfetzen an Jeremys Ohr.

»Nolan«, rief er in den Hörer. »Nolan, ich kann kaum etwas verstehen. Was hast …«

Nolan ließ sich nicht unterbrechen. »… sind da. Alles ist schwarz. Wenn du …«

Tuut-tuut-tuut. Die Verbindung wurde unterbrochen.

Beunruhigt goss sich Jeremy noch einen Whisky ein und befühlte die Beule an seinem Hinterkopf. Sein rechtes Ohr war zudem geschwollen. Heftig schüttelte er den Kopf, um das Taubheitsgefühl dort zu vertreiben.

Nolans Stimme hatte aufgebracht geklungen. Die Worte waren regelrecht aus ihm herausgebrochen. Angespannt tippte Jeremy auf die Wahlwiederholungstaste. Es schien eine Ewigkeit zu dauern, bis er die Wähltöne in der Leitung hörte.

»Die von Ihnen gewählte Nummer ist vorübergehend nicht erreichbar«, vernahm er die Stimme vom Band. Er unterbrach die Verbindung und versuchte es erneut.

»Die von Ihnen gewählte Nummer ist vorübergehend nicht erreichbar.« Kurz fragte sich Jeremy, ob Nolan die Leitung absichtlich blockierte. Vielleicht erahnte er den Grund seines Anrufs. Schließlich war es nicht das erste Mal, dass Jeremy seinen Cousin nach Geld fragte. Irgendetwas hatte aber in Nolans Stimme gelegen, das Jeremy stutzig machte.

Er hob einen der Manschettenknöpfe vom Boden auf und drehte ihn zwischen den Fingern, während er überlegte. Das geschliffene Glas reflektierte das Licht der Deckenstrahler. Jeremy kniff die Augen zusammen, und das Licht brach sich in allen Farben des Regenbogens.

Übelkeit stieg plötzlich in ihm auf. Rasch nahm er noch einen Schluck Whisky.

Auf einmal wurde ihm klar, was in Nolans Stimme gelegen hatte: Angst! Er hatte furchtsam geklungen. »… komme … keinen Fall …«, hatte er gesagt. Was bedeutete das? Er, Nolan, würde auf keinen Fall kommen? Aber Jeremy hatte ihn nicht eingeladen. Er wusste auch von keiner Festivität, zu der sie beide eingeladen worden wären. Die Reaktion ergab keinen Sinn.

Aufgewühlt wählte Jeremy erneut die Nummer. Er musste mit Nolan sprechen. Er brauchte das Geld. Dringend!

»Die von Ihnen gewählte Nummer ist vorübergehend …« Jeremy legte auf und warf den Manschettenknopf, den er noch immer nervös zwischen den Fingern drehte, auf die dunkelblaue Couch, bevor er das Telefonamt anrief. Eine Stimme teilte ihm mit, dass zurzeit alle Plätze belegt seien, und überließ ihn mit der Bitte um Geduld einer Dreiklangmelodie in der Warteschleife.

Gereizt legte er auf. Gleich morgen Früh würde er sich auf den Weg machen und die gut zweihundert Meilen, die London von Trinale trennten, hinter sich bringen.

Er musste Nolan persönlich sprechen – von Angesicht zu Angesicht. Das vergrößerte seine Chance, an das Geld zu kommen. Nolan war mehr als gut betucht, und, seit er allein lebte, dankbar für jeden Besuch. Nebenbei würde Jeremy ein nettes Wochenende verbringen.

Da Halfpound Wood nicht wissen konnte, wo Jeremy sich aufhielt, würde er ihn dort auch nicht so schnell finden. Zwar riet ihm eine leise Stimme zur Vorsicht, er ignorierte sie aber. Alles war besser, als hier zu hocken und zu brüten.

Dachte er.


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