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Bohrende Fragen ohne Antworten

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So fuhren wir also fort mit unserer Reise in die Erinnerung. Wir waren beide in der Tiefgarage des Hotels angekommen, es muss auch so etwa um dieselbe Zeit gewesen sein, das stand jetzt fest, begegnet waren wir uns dort jedoch offenbar nicht. Es musste in dieser Tiefgarage passiert sein, dass wir beide ohnmächtig wurden, diese Schlussfolgerung hatten wir zumindest aus unseren gemeinsamen Erinnerungen gezogen. Warum und wodurch das alles geschehen war, blieb uns jedoch ein absolutes Rätsel. Wir konnten keine konkreten Bilder von der Tiefgarage und den dortigen Begebenheiten finden, konkret wussten wir lediglich, dass wir vor Ort gewesen waren, alles andere lag im Nebel. Wir stellten uns Fragen über Fragen, die keiner von uns beiden zum jetzigen Zeitpunkt beantworten konnte: waren dort in der Garage noch andere Menschen gewesen? Gab es dort vielleicht irgendein Gas, welches unsere Bewusstlosigkeit ausgelöst haben könnte? Wodurch war sonst unser Bewusstsein geschwunden? Waren noch andere Menschen dort betäubt worden? Warum waren wir, gerade wir beide, jetzt hier eingesperrt? Hat man unsere Ohnmacht absichtlich herbeigeführt? Wer könnte das getan haben? Und warum?

Mir drehte sich alles, ich fühlte mich immer noch ein wenig benommen und durch diese ganzen Gedankenspiele wurde ich auch nicht gerade klarer, mir wurde im Gegenteil schon wieder ganz schwindelig. Ich hätte heulen können, denn ich hatte mich noch niemals vorher so ausgeliefert gefühlt. Und ich wusste nicht einmal, wem oder was ich ausgeliefert war. Denn schließlich musste uns ja hier irgendjemand eingesperrt haben. Und diesem Jemand waren wir nun auf Gedeih und Verderb preisgegeben, ohne dass wir auch nur das Geringste dagegen tun konnten. Was wollte man nur von uns?

„Bist du reich?“ fragte mich der Mann und riss mich damit jäh aus meinen Gedanken. „Ich lebe ganz gut, aber für eine lukrative Entführung bin ich definitiv das falsche Opfer.“ Es war seltsam, ich hatte sofort gewusst, was der Mann sich bei seiner Frage gedacht hatte. Das mag naheliegend klingen, aber mir erschien es in diesem Moment mehr zu sein, diese Vertrautheit zwischen uns beiden begann mich zu beunruhigen. Das kam mir unangemessen intensiv vor. „Dafür eigne ich mich auch nicht.“ sagte er. Wir sahen uns an und unsere Gedanken kreisten nur um die eine Frage: warum? Er nahm mich in den Arm. Das tat so gut. Er schien immer zu spüren, wann ich eine Umarmung nötig hatte. Meine Bedenken ihm gegenüber waren schon wieder verflogen. „Es gibt für uns hier keinerlei Möglichkeit, eine Antwort zu finden. Ich fürchte, das Einzige, was wir tun können, ist warten.“ Und damit hatte er natürlich Recht. Er trocknete eine kleine Träne, die mir die Wange herunterlief. Ich war zwar ganz und gar nicht bereit, mich in mein Schicksal zu fügen, aber er hatte wohl Recht mit dem, was er sagte. Wie froh war ich, dass er bei mir war.

Gefangen

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