Читать книгу Das Mal der Burgherrin - Sabine Müller - Страница 12

Kapitel 8

Оглавление

Am Weihnachtstag machten sich die Burgbewohner fertig, um nach Beeden zu ziehen, um dem Krippenspiel vor der Pfarrkirche beizuwohnen.

Nachdem sich alle im Badehaus gesäubert hatten, zogen sie ihre besten Winterkleider an. Margareta wählte ein Kleid mit einem dicken dunkelroten Rock, roten Ärmeln und einem dunkelgrünen Leibteil, welcher mit Goldfäden durchsetzt war. Grete war ihr mit den Haaren behilflich und setze ihr die Haube auf. Sie hängte sich einen grünen, pelzbesetzten Mantel über und zog braune Pelzhandschuhe an. Philipp nahm mit seinem neuen grünen Wams und den neuen braunen Hosen vorlieb, die Margareta ihm genäht hatte. Auch er trug einen warmen Mantel und einen pelzbesetzten Hut.

Als alle fertig waren, begab man sich zu den Ställen. Margareta, die Edelfrauen und der korpulente, wenig bewegliche Bruder Hubertus verteilten sich auf zwei Wagen. Philipp, die Ritter, Knappen und Walther stiegen auf ihre Pferde und das Gesinde machte sich zu Fuß auf den Weg über den Bergrücken ins Dorf hinunter, wo sich ihnen auch die Dorfbewohner anschlossen. Dann ging es über die Auen nach Beeden, einem kleinen Ort, der auf einer leichten Anhebung lag und sich um eine Kirche gruppierte. Diese war die Pfarrkirche der Gemeinde, ein schon etwas älterer, schlichter zweischiffiger Bau mit seitlichem Turm. Sie war dem heiligen Remigius geweiht.

Es gab einen Platz, wo die Wagen und Pferde abgestellt werden konnten. Der Pfarrer, sowie andere Leute, die in der Gegend wohnten, hatten den Grafen und sein Gefolge bereits erwartet. Sie begaben sich zur Bühne vor der Kirche. Man hatte für die höheren Gäste Bänke zum Sitzen aufgestellt. Eine Gruppe von Musikanten begann, Weihnachtslieder zu spielen. Den Leuten wurde ganz warm ums Herz bei den wunderschönen, feierlichen Melodien. Dann begannen die Dorfkinder damit, die Weihnachtsgeschichte nachzuspielen. Man hatte einen Stall aufgebaut und Maria und Josef erschienen in ihren Gewändern auf der Bühne. Sie ließen sich in dem Stall nieder und Maria zauberte das Jesuskind hervor. Die Engel begannen zu singen und die Hirten kamen um den Stall herum und verneigten sich vor dem heiligen Kind und dem heiligen Paar. Sie jubelten und beteten. Margareta musste bei diesem Schauspiel gleich wieder darüber nachgrübeln, wie gerne sie noch ein Kind gehabt hätte. Laut der Kräuterfrau würden nun ihre fruchtbarsten Tage beginnen. Es musste einfach klappen. Sie betete zu Gott, dass sie ein Kind empfangen möge.

Nach der Vorführung folgte eine Prozession zur Kirche, wo die Christmette stattfand. Margareta und Philipp nahmen in der ersten Reihe Platz. Auch Philipp, der Margaretas Wünsche kannte, betete um einen Erben. Doch er bat Gott auch darum, dass Margareta, die nun keine zwanzig mehr war, die Geburt überleben würde. Er musste an seine erste Frau Cornelia denken. Mittlerweile konnte er mit dem Gedanken leben, dass sein Neffe Walther in seine Fußstapfen treten würde. Dieser war ihm in letzter Zeit oft bei seinen Geschäften behilflich gewesen und stellte sich gar nicht so schlecht an.

Nachdem die heilige Messe vorüber war, verteilten die Leute des Grafen Brote und Kuchen an die Dorfbewohner. Dann machte man sich wieder auf den Weg zur Burg, wo es ein Festessen gab.

Im Rittersaal war alles weihnachtlich geschmückt. Misteln, Tannen- und Eibenzweigen zierten Tische und Wände. Die Gesellschaft verteilte sich im Saal und nahm an den Tischen Platz.

„Ach, gerade heute fehlt mir Simon so. Er hatte Weihnachten immer so geliebt“, seufzte Margareta traurig.

„Ich musste heute auch an ihn denken. In zwei, drei Monaten wäre er nach Zweibrücken gegangen,“ entgegnete Philipp.

Die Pagen begannen, das Essen hereinzutragen. Es gab Fisch, Bohnen, Linsen, Gänsebraten, Spitzkohl und eingelegte Äpfel und Brot. Alle langten kräftig zu. Auch Met und Wein flossen reichlich. Die Gaukler spielten und sangen Weihnachtslieder. Sie waren froh, dass es heute mal wieder fröhlicher zu ging. Auch die Ritter und das Gesinde trauten sich, wieder zu lachen und zu singen.

Margareta wurde müde und gähnte. Aber sie wollte unbedingt auf Philipp warten. Sie sah ihn sanft lächelnd an. Ihre Blicke trafen sich. Margareta berührte Philipps Hand und flüsterte ihm leise zu: “Na, wie lange gedenkst du noch zu bleiben?“

„Warum fragst du?“

„Ich hätte heute noch etwas Besseres vor, als Feiern und Trinken, wenn du möchtest, kannst du mir ja folgen!“

Die Gräfin blickte Philipp lächelnd in die Augen. Dann stand sie auf und wünschte den anderen am Tisch eine gute Nacht und machte sich auf den Weg in die Kemenate. Dort zog sie ihre Kleider aus, hängte sie über einen Stuhl und legte sich nackt ins Bett. Margareta musste nicht lange warten, bis sie Schritte auf dem Flur vernahm und Philipp den Raum betrat.

„Na, Liebling, schläfst du schon?“

„Nein, natürlich nicht, ich habe bloß das kalte Bett schon vorgewärmt.“

Philipp entledigte sich ebenfalls seiner Kleider und kroch zu Margareta unter die Bettdecke. Sie schmiegten sich eng aneinander und begannen sich zu küssen.

Zur gleichen Zeit war das Weihnachtsfest noch in vollem Gange.

„Margareta und Philipp haben sich früh verabschiedet“, sagte Mabilia zu Eleonore.

„Ich glaube, Margareta will die Gunst der Stunde nutzen. Sie hofft so darauf, noch ein Kind zu bekommen, deshalb ist ihr Philipp wohl bereitwillig gefolgt.“

„Heute wirkte sie zum ersten Mal wieder fröhlich, beten wir, dass sich ihr Wunsch erfüllt!“

Die Gaukler, die gesehen hatten, dass sich Philipp und Margareta zurückgezogen hatten, begannen nun lustige Trinklieder zu spielen und die ganze Gesellschaft feierte ausgelassener, seit das trauernde Paar den Saal verlassen hatte. Walther, der schon ziemlich betrunken war, begab sich zum Tisch des Gesindes, wo sein Reitknecht Jakob, zusammen mit zwei Mägden aus dem Dorf saß. Die beiden Mägde waren Schwestern und hießen Helga und Louise. Sie hatten beide blaue Augen und ihre langen blonden Haare unter einer Haube hochgesteckt. Helga war die ältere und größere der beiden und trug ein dunkelblaues Gewand mit einem weißen Schultertuch. Louise war in ein braunes Kleid mit einem beigefarbenen Schultertuch gekleidet. Beide hatten eine wohlgeformte Figur. Jakob hatte sie im Wirtshaus im Dorf kennengelernt, wo die beiden in der Küche arbeiteten. Für ein paar Heller waren sie gerne bereit, ihm ein paar süße Stunden zu bereiten.

Jakob gefiel Helga, die erfahrener war und deren Rundungen etwas stärker ausgeprägt waren, besser als die jüngere, schlankere Louise. Deshalb war er gerne dazu bereit gewesen, Louise an seinen Herrn Walther abzutreten. So kam es dazu, dass die beiden Mägde heimlich so manche Nacht in der Burg verbrachten. Heute am Weihnachtstag hatte sich Walther dazu entschlossen, die beiden nach der Christmette offiziell einzuladen. Er wollte ihnen eine Stelle in der Küche besorgen. Zum Gesinde der Burg, welches voll und ganz hinter dem Grafen und der Gräfin stand, hatte er nur wenig Vertrauen. Er brauchte unbedingt Leute in der Burg, auf die er sich verlassen konnte. Margaretas Kinderwunsch machte ihm ein klein wenig Angst, wenn er auch nicht wirklich daran glaubte, dass sie nach so langer Zeit schwanger werden würde.

Die beiden Mägde dachten, sie hätten den großen Wurf gelandet. Nach der anstrengenden Arbeit im Wirtshaus nun in der Burgküche bei der Köchin Berta zu arbeiten, die für ihre Gutmütigkeit bekannt war, und dann noch als Geliebte vom zukünftigen Herrn und seinem Knecht! Sie hatten schon weit schwerere Zeiten durchgemacht. Sie waren noch halbe Kinder gewesen, als sie im Wirtshaus angefangen hatten. Morgens früh musste das Haus geschrubbt werden. Dann war man fast den ganzen Tag mit Gemüse putzen und Kochen beschäftigt. Abends musste man Essen und zig Krüge mit Wein, Bier und Met auftragen und bis spät in die Nacht Geschirr waschen. Immer wieder mussten sie die Anzüglichkeiten der betrunkenen Gäste hinnehmen. Manchmal waren sie zwar gewillt darauf einzugehen, um ihr schlechtes Gehalt aufzubessern, aber um so manchen ungepflegten, stinkenden, rohen Kerl hätten sie doch lieber einen großen Bogen gemacht.

„Na, Louise, du wirst nun mit mir kommen“, sagte Walther, der sich kaum noch auf den Beinen halten konnte. Er legte den Arm um die Magd und streifte mit der anderen Hand kurz ihre Brust, als er sich auf dem Tisch abstützte. Seine Augen funkelten gierig. Louise, die nicht wusste, ob man das gutheißen würde und die ihre neue Stelle nicht aufs Spiel setzen wollte, sah sich vorsichtig um und stellte erleichtert fest, dass die, die noch anwesend waren, alle schon so betrunken waren, dass sie am nächsten Morgen nichts mehr davon wissen würden.

Louise stand auf und Walther hängte sich regelrecht an die Magd. Sie musste aufpassen, dass sie nicht das Gleichgewicht verlor, und schleppte den schweren Walther mit Müh und Not aus dem Rittersaal hinaus. Wie sollte sie ihn nur die Treppen hochbekommen? Walther klammerte sich an sie und versuchte ihr Schultertuch zu lösen. In diesem Moment trat glücklicherweise Jakob auf den Flur und half Louise, Walther hoch in seine Kammer zu schleppen. Sie legten ihn aufs Bett. Als Jakob den Raum verlassen hatte, war Walther schon eingeschlafen. Louise war sich nicht ganz sicher, was sie tun sollte. Sie beschloss, sich zu Walther ins Bett zu legen und morgen früh würde sie gleich Helga suchen und mit ihr zurück ins Dorf gehen. Noch hatten sie keine Kammer in der Burg, aber das würde Walther bald ändern.

Das Mal der Burgherrin

Подняться наверх