Читать книгу See des ewigen Lebens / Maxi II - Sabine Teyke - Страница 5
Zwischenspiel
ОглавлениеMarianne sah die Maus zum ersten Mal, als sie sieben Jahre alt war. Ihre Eltern hatten ihr streng verboten, am Gartenteich zu spielen, aber Marianne war sieben und vergaß schnell, was man ihr verboten hatte.
Auch heute, an ihrem Geburtstag spielte sie in der Nähe des Teiches mit ihrer Puppe. Eine Bewegung veranlasste sie, den Kopf zu heben. Und dann sah Marianne sie. Eine kleine, silbergraue Maus, die ihr direkt in die Augen schaute. Sie wagte kaum zu atmen, um die Maus nicht zu erschrecken. Die Maus wagte kaum, sich zu bewegen, um von Marianne nicht gesehen zu werden. Aber es war für beide zu spät. Sie hatten sich in die Augen geblickt, und keinerlei Furcht oder Aggression empfunden. Plötzlich drehte sich die Maus um, und lief zum Bambus. Vor einen kleinen Haufen aufgeschichteter Steine blieb die sie kurz stehen, sah sich noch einmal nach Marianne um, und setzte sich dann vor die Steine.
Marianne war fasziniert, sie hatte erwartet, dass das Mäuschen flüchten würde. Nie hatte sie genügend Zeit, eine der Mäuse im Garten genau anzuschauen. Regungslos saß sie jetzt im Gras und beobachtete die Maus, die ruhig vor den Steinen saß. Nach einer Weile stand sie auf und lief zu dem alten abgeschnittenen Baumstumpf, den Papa schon vor ihrer Geburt an den Teich gestellt hatte. Irgendwo seitlich schlüpfte die Maus dann in den Stamm.
Das Mädchen wollte es sofort ihrer Mutter erzählen, aber dann fiel ihr ein, dass sie ja gar nicht hier spielen durfte, und ließ es lieber sein.
Den ganzen Sommer über beobachtete Marianne die Maus. Sie wurde ihr so vertraut, dass sie, wenn die kleine Maus einmal nicht auftauchte, sie schrecklich vermisste.
Auch in dem Sommer, als sie acht wurde, war die Maus da. Es passierte immer das Gleiche. Kind und Maus starrten sich eine Weile an, dann setzte sich die Maus vor den Steinhaufen. Dort blieb sie eine Weile, um dann in den Baumstumpf zurückzukehren.
Als Marianne zwölf wurde, vergaß sie die Maus, mit zwölf hatte man andere Sorgen.
Viele Jahre später, Marianne hatte gerade ihr Studium abgeschlossen, besuchte sie ihre Eltern, um sich mal wieder so richtig verwöhnen zu lassen. Sie lag im Garten auf einem Liegestuhl neben dem Teich und döste vor sich hin, als etwas sie veranlasste, ihre Augen zu öffnen. Eine Maus saß vor dem Steinhaufen und starrte sie an. Sie sah genau so aus, wie das süße Mäuschen ihrer Kindheit, aber das konnte doch nicht sein, oder?