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III

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… ungefähr dreitausend Tage später...

Letzte Nacht habe ich von den Ratten geträumt, die uns ganz am Anfang einmal behelligt haben. Wenn ich daran denke, überkommen mich immer noch Schauer der Angst. MUS sei Dank, es war nur ein Traum, hoffe ich jedenfalls. Es hat sich anders angefühlt, als ein prophetischer Traum. Es ist eigentlich nur ein Bild von ein paar Ratten gewesen, die still am See gestanden haben. Was mir daran so viel Angst gemacht hat, weiß ich nicht. Wenn eine Gefahr bestehen würde, müsste Benedikte nicht eine Vision darüber haben?

*

Während die Jahreszeiten wechseln, haben wir mit MUS´ Hilfe einige Änderungen herbeigeführt. Niemand hat heutzutage mehr als zwei Kinder, die eine hervorragende Ausbildung, ihrer Talente entsprechend, erhalten. Manche werden immer noch mit besonderen Fähigkeiten geboren, diese werden im Orden vom Heiligen See unterstützt und verfeinert. Mutter und Custos haben sich verbunden und leben direkt am Heiligen See. Sie gehen jeden Tag nach draußen, helfen sammeln und essen mit uns gemeinsam.

Bene hatte sich uns damals angeschlossen, genau wie Auruma und Bellusa. Satis und Autax wollten das nicht, und sind schon lange verstorben.

Tabitha und Medicus wirken immer noch als Lehrer für Medizin, ihre Kinder sind als Clan der Heimatlosen weggezogen, man hat nie wieder von ihnen gehört. Gemma dagegen unterstützt sie immer noch tatkräftig.

Tara war eines Tage einfach verschwunden, zusammen mit Karl, dem ehemaligen Ratsherrn. Bevor wir ihr anbieten konnten, das Leben mit uns zu teilen, war sie fort gewesen. Der Name ihres Clans ist irgendwie passend gewesen, sie sind in alle Winde verstreut und inzwischen ganz sicher tot.

*

Es ist jetzt Sommer, wir haben den siebten Mond. Benedikte hatte heute morgen eine Vision. Von Westen kommt eine Gefahr auf uns zu, ein schneller Wind, ein großer Sturm. Berti untersucht seine vielen Vorratslager, ob alles trocken und sicher ist.

„Maxi, kannst Du mal kommen?“ Er ruft nach mir. Ich gehe hinüber und schaue mir an, was er mir zeigen will.

„Diese Beeren, etwas hat sie angeknabbert, es sieht fast aus, wie aufgerissen und es war keine Maus!“

Tatsächlich sehen die Bissspuren nicht nach Mäusen aus. Wir hinterlassen andere Abdrücke. Was könnte das gewesen sein, wir hatten noch niemals eine andere Spezies in unserem Bau. Höchst alarmierend also.

Da ertönt ein lauter Pfiff aus dem inneren des Erdbaues. Dieser Pfiff bedeutet eindeutig Gefahr. Cito kommt sofort angerannt, gefolgt von Beatus. Sie stürmen in den Erdbau, Berti und ich folgen ihnen dicht auf den Fersen.

„Da hinten habe ich sie gesehen,“ schreit Activa, „es sind zwei, ein großer und ein kleinerer.“ Sie wirkt aufgeregt. Berti nimmt seine Frau tröstend in den Arm. Activa ist normalerweise nicht so leicht zu erschrecken. Sämtliche Schüler strecken ihre Köpfe aus den Unterkünften, sie bereiten sich gerade auf den Unterricht vor, der bald beginnen soll. Der Alarmpfiff und der allgemeine Tumult haben sie neugierig werden lassen.

Cito und Beatus rennen in die angewiesene Richtung, plötzlich hört man sie lachen. Ich laufe zu ihnen und dann sehe ich den Grund dafür, ein paar Hirschkäfer, er riesig und ängstlich an die Wand gedrückt, sie, wesentlich kleiner steht schützend vor ihm.

„Wehe, Ihr rührt meinen Mann an,“ droht sie mit gefletschten Zähnen. Ich trete vorsichtig einen Schritt nach vorne und spreche sie an.

„Wir werden Euch nichts tun, aber verratet Ihr mir, wie Ihr hier herein gekommen seid?“

„Nun, wir suchten Schutz vor dem Sturm, der sich zusammenbraut. Ich schaute vorsichtig durch das Loch im Baumstumpf und sah niemanden. Es war groß genug, also brachte ich meinen Mann hier herein, aber er hatte Hunger. Bitte entschuldigt, aber ich habe in Eurer Kammer ein paar Beeren aufgerissen, damit er den Saft auflecken kann. Wenn er hungrig ist, wird er immer etwas unleidlich, und das kann ich heute nicht gebrauchen. Der aufkommende Sturm verursacht mir Kopfschmerzen.“ Ich versuche mein Gesicht nicht zu verziehen und das Lachen zu unterdrücken. Nachdem ich mich etwas gefasst habe, frage ich weiter.

„Und wie seid ihr hier herunter gekommen?“

„Nun,“ antwortete sie, „das war das erste Loch, das wir finden konnten, als wir aus der Kammer stürzten. Leider haben wir zu spät gemerkt, das es hier noch sehr viel mehr Lebewesen gibt. Wir suchten nach einem Ausweg, als plötzlich eines der Wesen laut pfiff. Mein Wolfram hat es mit der Angst bekommen, also habe ich versucht, ihn zu beschützen. Das müsst ihr doch verstehen, ihr würdet Eure Männer doch auch beschützen, oder?“ Sie sieht mich nach Zustimmung heischend an. Inzwischen kichert es aus allen Wohnhöhlen.

„Selbstverständlich,“ sage ich mit ernster Miene.

„Mein Name ist Maxi, das sind Cito und Beatus. Der Name Eures Gatten ist Wolfram, aber wie lautet der Eure?“ Sie schüttelt den Kopf.

„Natürlich, das hatte ich vergessen, Säuger haben es mit der Etikette. Nun gut, meine Name ist Hedwig, und das ist, wie Ihr schon gemerkt habt, mein Mann Wolfram. Eigentlich dringen wir nicht in fremde Heimstätten ein, nur im Notfall, so wie heute, der Sturm, Ihr versteht?“ Wir verstanden.

„Ihr könnt gerne hierbleiben, bis der Sturm vorbei ist.“

„Wo sollen wir denn sonst hingehen,“ sagt Hedwig.

„Wollt Ihr noch etwas Essen?“ Frage ich. Sofort richtet sich Wolfram zu seiner vollen Größe auf, sein Geweih ist fast größer als sein Körper, er ist eine imposante Erscheinung.

„Ein wenig Fruchtsaft oder Nektar könnte ich schon noch vertragen.“ Ich lächle beide freundlich an.

„Gut, dann kommt mit in die Halle, wir werden Euch etwas bringen.“

Mit den Hirschkäfern im Gefolge, gehen wir alle gemeinsam wieder nach oben. Activa holt noch ein paar Beeren und legt sie vor Wolfram und Hedwig auf den Boden. Sofort reißt Hedwig die Früchte mit den gewaltigen Reißzähnen auf und schiebt sie in Wolframs Richtung, der auch gleich beginnt, daran zu lecken.

Hedwig schaut mich fragend an.

„Kann ich mich irgendwo ausruhen? Wie schon gesagt, verursacht der Sturm mir Kopfschmerzen.“ Sie verzieht schmerzgeplagt das Gesicht.

„Vielleicht kann ich Dir helfen, ich bin Heilerin,“ sage ich.

„Heilerin, Du kannst meine Kopfschmerzen wegzaubern?“ Hedwig sieht mich verwundert an.

„Das weiß ich nicht genau, ich habe noch nie einen Hirschkäfer getroffen. Aber ich könnte es einfach mal versuchen.“ Sie sieht auf einmal betrübt aus.

„Ja, wir sind inzwischen selten geworden, deswegen passe ich auch so gut auf meinen Mann auf, einer muss ja noch meine Eier befruchten. Also gut, versuche es mit Deiner Heilkunst, schlimmer können sie ja nicht mehr werden.“ Sie grinst schief.

„Dazu muss ich dich anfassen, geht das?“ Ich sehe sie fragend an. Sie nickt.

„Ja ja, keine Problem,“ brummt sie.

Ich lege vorsichtig meine Hände auf ihren Kopf, weiter hinten, um nicht in Konflikt mit ihren Zähnen zu kommen. Eine Weile passiert gar nichts, und als ich schon denke, bei Insekten funktioniert es nicht, fühle ich, wie die Heilkraft beginnt zu fließen und meine Hände warm werden. Hedwig beginnt genüsslich zu brummen.

„Das tut wirklich gut, was immer Du da machst.“

Ich antworte nicht, sondern konzentriere mich auf ihren Schmerz. Als ich spüre, wie sie sich entspannt, lasse ich die Kraft etwas stärker durch meine Hände fließen. Nach einer Weile öffnet Hedwig die Augen. „Sie sind weg, Du hast meine Kopfschmerzen zum Verschwinden gebracht, ah... das fühlt sich himmlisch an. Danke.“ Ich nicke, während ich meine Hände weg nehme und setze mich neben sie.

„Habt Ihr keine Kinder, Du und Wolfram?“

Sie schüttelt mit einem traurigen Blick den Kopf.

„Bestimmt werden ein paar unserer Kinder durchkommen, aber sicher bin ich nicht.“

Als sie meinen fragenden Blick sieht, holt sie aus. „Weißt Du, ich lege einmal so um die zwanzig Eier, Wolfram befruchtet sie und dann vergraben wir sie. Im Graben ist er gut mit seinem Riesengeweih. Wir müssen sie ganz tief in den Wurzeln eines verrotteten Baumes vergraben, am Besten wäre eine Eiche. Wenn die Kleinen schlüpfen, sehen sie noch nicht so aus wie wir, erst einmal sind es kleine süße weiße Maden. Um groß zu werden, fressen sie das ganze verrottete Zeug, das sie dort vorfinden. Sie brauchen sehr lange um zu wachsen, meistens so um die fünf Jahre. Immer wieder häuten sie sich, bis sie so lang sind, nun, wie Du würde ich sagen. Wenn sie es bis dahin geschafft haben am Leben zu bleiben, verpuppen sie sich und schlüpfen im Frühling. Danach leben sie einen Sommer lang, legen Eier und alles fängt von vorne an. Du siehst also, ich kann meine Kinder gar nicht kennen.“

Das ist bestimmt für Insekten normal, aber mich macht die Geschichte traurig.

„Hier gibt es aber keine Eichen, gehen andere Bäume auch?“ Sie nickt zögernd.

„Ja, manche, aber bei Eichen sind die Chancen, dass ein paar Kinder überleben, am Größten. Wir haben auch nicht mehr viel Zeit, vielleicht noch vierzig Tage. Deshalb ist der Sturm auch so lästig, er hält uns von der Suche ab.“ Dazu kann ich nichts sagen, daher frage ich sie.

„Möchtest Du vielleicht jetzt etwas essen?“

Sie lehnt ab.

„Ich warte, bis mein Mann fertig ist, und esse dann die Reste der Beeren. Er leckt ja nur den Saft auf, und es wäre doch schade, sie wegzuwerfen.“

Benedikte erregt meine Aufmerksamkeit sie hat gerade wieder eine Vision, sie starrt kurz ins Leere. Einen Moment später sieht sie Hedwig an und sagt.

„Du musst nach Nordwesten gehen, da gibt es viele Eichen. Fünf Deiner Kinder werden Überleben.“ Hedwig bricht in Tränen aus.

„Stimmt das? Ganze fünf? Das hätte ich nicht zu hoffen gewagt.“ Ich antworte ihr.

„Ja, meine Tochter ist ein Orakel, eine Seherin. Alles was sie sagt, trifft auch ein.“

„Dann danke ich Dir von ganzem Herzen, Tochter von Maxi, das sind wunderbare Voraussagen.“ Hedwig scheint glücklich zu Lächeln, obwohl man das bei einem Hirschkäfer nur schwer erkennen kann.

*

Bene schrie gegen den Wind an.

„Bellusa, komm endlich rein, ich muss den Eingang verschließen.“

„Wenn ich los lasse, werde ich weggeweht.“ Bellusa traute sich nicht, den Zweig loszulassen, an dem sie sich gerade festhielt. Sie verstand zwar nicht, was Bene sagte, aber was er meinte, schon. Sie wusste, er wollte alles dicht machen, eigentlich wartete er nur auf sie, und sie konnte nicht loslassen. Eine vertrackte Situation, was sollte sie nur tun?

Die Entscheidung wurde ihr abgenommen. Eine Windbö warf eine paar Ästchen und Blätter auf sie und sie verlor den Halt. Sie wurde Richtung Nussbaum geschleudert, und wäre daran vorbei geflogen, hätte Bene sie nicht am Bein erwischt. Er zerrte und zog, bis er sie aus dem Wind hatte. Gemeinsam rannten sie schnell hinein und verstopften das Eingangsloch. Sie setzten sich an den Brunnen zu Auruma, und hörten dem Sturm zu.

*

Der Sturm ist heftig, keiner wagt den Bau zu verlassen. Immer wieder fliegen Gegenstände herum, einige landen im Bambus, andere auf unserem Dach.

Wir ziehen uns aus Sicherheitsgründen, in den Erdbau zurück. Hedwig und Wolfram passen in keine der Wohnhöhlen, deshalb bleiben sie im Tunnel, der höher und breiter ist.

Dieser wirklich heftige Frühjahrssturm wütet zwei ganze Tage lang, während dieser Zeit ist es unmöglich hinaus zu gehen. Dann bricht er unerwartet ab.

Vorsichtig wagen wir uns aus dem Erdbau in die Halle, auch hier ist es ruhig, der starke Wind scheint verschwunden zu sein. Cito geht nach draußen, um nachzusehen. Als er zurückkommt, berichtet er.

„Es ist weniger passiert, als man meinen würde, die hohen Gräser sind gekickt, Äste abgebrochen und hier am See direkt, hat die große Distel dran glauben müssen. Es liegt auch viel Unrat herum, aber nichts, was sich nicht beseitigen ließe.“

Das erleichtert mich, uns alle. Hedwig will wissen, ob sie schon weiterfliegen können. Ich bitte sie noch etwas zu warten, wenigsten diese Nacht noch, bevor sie nach Nordwesten fliegen. Sie ist einverstanden.

„Dann kann sich mein Wolfram noch satt essen, damit er Kraft für den Flug hat. Sein Geweih ist ganz schön schwer zu tragen.“

Hedwig und Wolfram haben beide Wasser aus dem See getrunken, ich weiß nicht was für Auswirkungen das auf Insekten hat. Ob ihr Leben auch verlängert wird, wenn ja, habe ich eine große Verantwortung übernommen. Ich schätze, sie können den Winter nicht allein überleben. Ich muss es ihnen erklären, und sie nach der Eiablage hierher einladen, um zu sehen, ob sie weiter leben, als bis zum achten Mond. Am nächsten Morgen fliegen sie ab, und versprechen wiederzukommen.

Hedwig hat es sehr gefasst aufgenommen.

„Was kann uns schon Schlimmes passieren, wir würden sowieso bald sterben. Wenn es stimmt, was Du sagst, habe ich vielleicht die Chance, eines meiner fünf Kinder, oder sogar alle, zu sehen. Das ist noch keinem Hirschkäfer je gelungen. Also mach Dir keine Sorgen um uns, wir werden einfach wiederkommen und abwarten, zu essen habt ihr ja genug.“ Danach erheben sie sich in die Luft. Wir blicken den Beiden nach, bis sie nicht mehr zu sehen sind.

Ich hoffe beinahe, das der See auch bei ihnen eine Lebensverlängerung bewirkt, es gibt nur noch so wenige von ihnen. In den vielen Tagen meines Lebens, waren das die ersten Hirschkäfer, die ich je gesehen habe. Selbst Hedwig hat, außer Wolfram, nie einen ihrer Artgenossen getroffen. Sie dürfen nicht aussterben, das ist einfach nicht richtig.

*

Wir beseitigten die Verheerungen des Sturmes, so gut es geht. Dabei bekommen wir unerwartete Hilfe. Die Menschen räumen die großen Gegenstände weg, die am und im See liegen, schneiden die umgeknickten Pflanzen ab und klopfen die Palisaden fest. Leider haben sie keine gute Meinung von uns, sonst hätte ich mich gezeigt, um mit ihnen zu reden. Aber ich fürchte, diese Zeit ist noch nicht gekommen. Vielleicht kommt sie auch nie, deshalb verstecken wir uns im Bau und warten bis die Menschen fertig sind.

*

In der Herberge selbst war nichts passiert, auch der Nussbaum hatte es gut überstanden, aber ein paar der Sonnenblumen waren umgeknickt. Bene, Auruma und Bellusa sammelten so viele Kerne wie möglich, sie würden im Winter sehr hilfreich sein. Unterbrochen wurden sie von den Menschen, die nun selbst daran gingen, die Sturmschäden in ihrem Nutzgarten zu beseitigen. Also flüchteten sie in ihr Heim zurück und machten es sich am Brunnen gemütlich. Sie hatten vier Schüler im Moment, aber mit denen war heute nicht mehr zu rechen. Bene hatte sie mit Sonnenblumenkerne, für ihre Familie, nach Hause geschickt.

„Das bin ich gar nicht mehr gewohnt, diese Ruhe, ist ja fast schon unheimlich still hier drin,“ stellte Bene fest. Er setzte sich bequemer hin und putzte sich ausgiebig. Joana und Anorex waren bei Maxi zu Besuch, oder wahrscheinlich eher bei Custos.

„Jemand zu Hause?“ Ein Besucher am Eingangsloch unterbrach seine Gedanken. Er erhob sich und ging nachsehen. Vor ihm stand eine kleine ältere Feldmaus, die ihn ein bisschen an Custos erinnerte. Das lag wahrscheinlich daran, dass dies erst die dritte Feldmaus war, die er je zu Gesicht bekommen hatte. Außer Sieglinde und Custos kannte er keine.

„Was kann ich für Dich tun?“

„Mein Name ist Deumtineo, der Gottesfürchtige. Ich bin Priester und glaube an den einen Gott, und seinen Gegenspieler den Teufel. Ich möchte sein Wort verbreiten und bitte um Einlass.“ Bene hatte noch nie etwas von diesem Gott gehört.

„Tut mir leid, aber Deinen Gott kennen wir nicht. Wir glauben an MUS, die Göttin der Mäuse.“ Deumtineo sah ihn verwundert an.

„Ihr glaubt an eine Frau? Wie kann das sein?“

„MUS hat sich immer um uns gesorgt, uns geholfen und uns das Wasser des Lebens geschenkt. Und was hat Dein Gott für Dich getan?“ Bene ging dieser Deumtineo auf die Nerven, besonders weil er so abfällig von MUS gesprochen hatte.

„Mein Gott lehrte mich, ihn zu ehren und zu fürchten. Niemand liebt ihn mehr als ich, und deswegen will ich sein Wort verbreiten.“ Jetzt reichte es ihm.

„Aber bitte nicht bei uns, wir wollen unsere Ruhe. Und, wir haben wie gesagt schon eine Göttin, Deinen Gott brauchen wir nicht.“ Bene war etwas rüde zu diesem Kerl, aber er sollte rasch wieder gehen. Dieses Geschwafel von seinem Gott, dafür hatte er jetzt keine Nerven, nein, er wollte sich in Ruhe weiter putzen.

„Seid ihr etwa langlebig, habt ihr Euch dem Teufel verschrieben?“ Bene musste an sich halten.

„Geh jetzt bitte, wir sind nicht interessiert.“ Da verwandelte sich Deumtineos Gesicht in eine fast schon bösartige Maske.

„NICHT INTERESSIERT!“ Schrie er, „wenn ich das schon höre, mein Gott wird Euch strafen, er wird Euch alle töten, Ihr werdet es sehen. Und den Teufel noch dazu...“ Abrupt brach er seine Tirade ab, drehte sich um und lief weg.

Bene schüttelte den Kopf, gut er war nicht besonders freundlich gewesen, aber so ein Geschrei zu machen, war auch unnötig. Jeder kann doch glauben, an was er will. Hauptsache man lässt die anderen damit in Ruhe. Er ging zurück zum Brunnen, wo Auruma und Bellusa ihn anstarrten.

„Was war das denn für einer, ein Gläubiger kann er gar nicht sein, wenn er seinen Glauben mit Gewalt verbreiten will.“ Bellusa wunderte sich über diesen seltsamen Priester. Auruma, die selbst sehr religiös war, hatte bis jetzt noch nichts gesagt.

„Ich verstehe nicht, was das mit Langlebigkeit zu tun hat, ich habe ihm genau zugehört, Bene, und er wurde eigentlich erst wütend, nachdem er das erwähnt hatte, die Langlebigkeit, meine ich. Vorher war es zwar nervig, aber da war dieser Deumtineo noch freundlich.“

„Jetzt wo Du es sagst, Auruma, da ist was dran, vielleicht sollte ich Maxi etwas davon erzählen.“ Auruma nickte.

„Warum nicht, aber das machen wir, wenn wir sie das nächste mal besuchen, so dringend wird es nicht sein.“ Auruma widmete sich wieder ihrer Fellpflege und verstummte. Bellusa verdrehte die Augen, stand auf und ging ins Nest. Sachen gibt es, taucht da aus heiteren Himmel so ein Männchen auf.

*

Tabitha räumte gerade die Praxis auf, als Felix hereinkam.

„Kann ich Dir helfen?“ Bot er ihr sogleich an.

„Danke, Felix, das ist sehr nett von Dir, aber ich bin eigentlich fertig und wollte dann nach oben zum Essen gehen.“ Er druckste etwas herum.

„Kann ich Dich etwas fragen?“ Sie lächelte ihm aufmunternd zu.

„Ja, klar, Felix, wenn ich es beantworten kann, kein Problem.“

„Also, ich habe nicht verstanden, was Medicus uns erklärt hat, das mit den Organen, ihre Funktionen meine ich, aber ich traue mich nicht, ihn zu fragen.“

Sie sah ihn verständnislos an.

„Warum? Du bist unser bester Schüler, er erklärt es Dir bestimmt noch einmal.“

„Normalerweise schon, aber ich habe nicht aufgepasst. Er hat bemerkt, das ich ein Mädchen angesehen und ihm deshalb nicht zugehört habe. Medicus hatte am Anfang gesagt, das werde er nur einmal erklären, weil es nicht schwer ist.“ Felix machte ein unglückliches Gesicht. Tabitha musste lächeln, ihr Mann war ab und zu so versunken in seine Arbeit oder in den Lehrstoff, dass er dann kurz angebunden war. Felix war ein sensibler intelligenter Junge, der nichts verpassen wollte. Er würde einmal ein großartiger Heiler werden, wenn es ihm gelang alles zu lernen und seine Gabe zu verfeinern. Sie legte ihm die Hand auf die Schulter.

„Komm, setz Dich, ich erkläre es Dir, es ist wirklich nicht schwer. Also was weißt Du, zum Beispiel über das Herz?“ Felix wirkte erleichtert und überlegte kurz.

„Das Herz ist eine Pumpe, durch die das Blut durch den Körper fließen kann. Es schlägt sechshundert bis siebenhundert mal in der Minute, wenn man aufgeregt ist oder rennt, noch öfter. Ach ja, es liegt ungefähr in der Mitte der Brust.“

„Ja, das stimmt genau, und die Krankheiten rund um das Herz habt ihr noch nicht durchgenommen, also das weißt Du Schon. Wie sieht es mit der Leber aus?“

Die Antwort kam ohne Zögern.

„Die Leber ist ein großes weiches Organ, das im Bauchraum auf der rechten Seite liegt, es filtert das Blut und zieht alle Stoffe heraus, die dem Körper schaden würden.“ Tabitha schmunzelt.

„Gut, und die Nieren?“ Auch hier musste er nicht überlegen.

„Das sind kleine ovale Organe, die den Wasserhaushalt regulieren, sie entgiften auch das Blut, genau wie die Leber. Sie liegen hinten am Rücken im unteren Brustraum.“

„Ja, richtig . Jetzt noch die Milz.“

„Die Milz, sie ist ein kleines rundes Organ, dass links vom Magen liegt, sie filtert das Blut und hilft unserem Immunsystem.“ Tabitha legte ihm die Hand auf die Schulter.

„Felix, Du weißt ja alles, was Ihr bis jetzt gelernt habt, warum dachtest Du, Dir fehlt dieses Wissen? Jede Wette, Du weißt auch über Magen und Darm Bescheid, stimmts?“ Er wirkte sehr erleichtert.

„Ja, dann weiß ich ja wirklich alles, aber ich habe nur an Caris denken müssen, es tut mir leid, wenn ich Dir Mühe gemacht habe.“ Sie lächelt ihn herzlich an.

„I wo, alles gut. Sprich sie doch einfach mal an, Deine Caris, danach kannst Du sicher wieder besser im Unterricht aufpassen, glaub mir.“ Zerknirscht schlich Felix davon. Tabitha lächelte immer noch, als sie auf dem Weg nach oben auf Medicus traf.

„Felix ist schwer verliebt, das scheint ihm Angst zu machen, er hat sich eben von mir abfragen lassen. Sei nett zu ihm, bitte. Die erste Liebe ist immer schwer.“

Medicus lachte.

„Caris, ich weiß, sie ist aber auch süß. Der Bengel traut sich nur nicht, sie anzusprechen.“

„Genau das habe ich ihm auch geraten. Komm Medicus, gehen wir essen.“ Einträchtig liefen sie nebeneinander in die Halle.

See des ewigen Lebens / Maxi II

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