Читать книгу Vermisst - Sam Hawken - Страница 22
15
ОглавлениеDas Telefon auf Gonzalos Schreibtisch klingelte zweimal. Er nahm ab. »Soler.«
»Ist da Inspector Gonzalo Soler?«, fragte ein Mann, dessen Stimme Gonzalo nicht erkannte.
»Ja. Wer spricht da?«
»Valdez. Ich arbeite in La Zona.«
»Was kann ich für Sie tun, Oficial Valdez?«
»Ich glaube, Sie sollten herkommen.«
»Jetzt?«
»Ja, jetzt.«
»Worum geht es?«
»Das sehen Sie sich besser selbst an.«
Nur Pepito bekam mit, dass Gonzalo seinen Schreibtisch verließ. »Ich bin bald wieder da«, sagte Gonzalo. »Ich muss nach La Zona.«
»Was ist los?«
»Keine Ahnung.«
»Viel Glück.«
Die Fahrt nach Boy’s Town dauerte nicht lange, diesmal fuhr er durch das Tor und parkte am Polizeirevier. Zwei Polizisten in Uniform standen vor der Tür und winkten ihm zu, als hätten sie ihn schon erwartet. Einer kam auf ihn zu und hielt ihm die Hand hin. »Herminio Valdez.«
»Gonzalo Soler. Was ist denn los?«
»Kennen Sie einen Mann namens Tomás Contreras?«
»Ja, kenne ich.«
»Dann kommen Sie mal mit.«
Valdez führte Gonzalo über die Circunvalación Casanova zu einem Platz, den Gonzalo sofort erkannte, nur stand diesmal ein Krankenwagen auf der Straße, außerdem weitere Polizisten und Sanitäter in neongelben Westen. Gonzalo wusste schon, was er gleich sehen würde: die Leiche von Tomás Contreras in einer Blutlache, eine Hand vor sich ausgestreckt, als hätte er die Kugeln auffangen wollen.
Im Hintergrund bemerkte Gonzalo eine Gestalt. In der offenen Tür mit der Nummer 9 stand Iris Contreras mit einer Decke um die Schultern. Beide Augen waren blaugeschlagen und vom Weinen verquollen. Ein Polizist war dabei, sie zu befragen.
»Was zum Teufel ist passiert?«, wollte Gonzalo von Valdez wissen.
»Das Mädchen sagt, ihr Vater wurde erschossen. Den Mörder konnten wir verhaften«, erwiderte Valdez. »Sie sagt, ihr Vater wäre heute gekommen, um sie nach Hause zu holen, und ist dabei Enrique Guerrero begegnet. Das ist der Zuhälter des Mädchens. Die Männer sind in Streit geraten, es kam zu einem Kampf, und Guerrero hat Contreras aus dem Haus geworfen. Als er nicht gehen wollte, hat Guerrero ihn erschossen.«
»Zeugen?«
»Die Tochter. Sie hat versprochen, umfänglich auszusagen.«
Einer der Notfallmediziner holte einen schwarzen Leichensack aus Plastik aus dem Wagen und breitete ihn neben Tomás Contreras auf dem Boden aus. Zusammen mit seinem Kollegen legte er die Leiche hinein und zog den Reißverschluss zu.
»Kann ich mit dem Mädchen sprechen?«
»Klar. Sobald wir am Tatort fertig sind, kriegen Sie den ganzen Fall übergeben. Die Tochter hat uns Ihren Namen genannt.«
»Danke«, sagte Gonzalo und ging zu Iris.
Er bat den Polizisten, der mit ihr sprach, sie mit ihm allein zu lassen. Iris wirkte bedeutend magerer als bei ihrem letzten Treffen, obwohl das nicht lange her war. Die dunklen Prellungen in ihrem Gesicht sahen schmerzhaft aus.
Gonzalo musste fragen. »Warum sind Sie zurückgekommen?«
»Zu Hause ist kein Platz für mich.«
»Ihr Vater –«
»Hat mich eine Hure genannt und mich geschlagen. Hier bin ich besser dran. Ich bin so schnell wie möglich zurückgekommen.«
»Und jetzt ist Ihr Vater tot.«
»Ja.«
Sie schaute zum Leichensack hinüber. Die Mediziner hoben ihn an beiden Enden hoch, trugen ihn zum Krankenwagen und hievten ihn hinein. Gonzalo sah nur kurz hin. »Haben Sie das gewollt?«, fragte er.
»Nein, natürlich nicht.«
»Glauben Sie, Sie wären jetzt frei, weil Ihr Vater tot ist und Ihr Zuhälter ins Gefängnis wandert?«
»Ich weiß es nicht.«
»Es wird ein anderer kommen, Iris«, sagte Gonzalo. »Und dann noch einer und noch einer. Es ist nicht zu Ende.«
»Ist mir egal«, sagte Iris.
»Hören Sie mir zu, Iris«, sagte Gonzalo.
Die Türen des Krankenwagens wurden geschlossen. Iris blinzelte und schaute weg. Als sie sich Gonzalo zuwandte, merkte er, dass sie meilenweit weg war, in einer völlig anderen Welt. Er wollte fragen, auf was für Drogen sie war, aber es war egal. Sie würde lügen, und er würde wütend werden, und sie würden nicht weiterkommen.
»Ich will hier bleiben«, sagte Iris schließlich.
»Nein.«
»Doch.«
Gonzalo ließ die Hände sinken. Es hatte keinen Sinn zu streiten. »Dann sollen Sie Ihren Willen bekommen. Viel Glück, Iris. Ich melde mich, wenn wir Ihre Aussage brauchen.«
»Auf Wiedersehen«, sagte Iris.
Sie drehte sich im Türrahmen um und verschwand in der Dunkelheit. Gonzalo sah ihr nach.